Lieber Pierre,

wenn man Napoleon einfach den Kopf abschlägt, ist die Geschichte irgendwie verunreinigt, nicht wahr? Da kann selbst der Triumph-Bogen nicht mehr triumphieren und das stinkt gewaltig nach Instrumentalisierung des einfachen Mannes, der mal seinen Frust loswerden will und – ohne es zu ahnen – wird aus der kämpferischen Hummel in gelber Weste eine gefährliche Hornisse der Links- und Rechtsextremisten. Sie wissen gar nicht wie ihnen geschieht und Schwups ist der Pöbel mittendrin in einem fast-Bürgerkrieg, der mit der reinen Benzinpreiserhöhung vom Ursprung rein gar nicht mehr zu tun hat. Hach ja, und die Italiener hauen auch in dieser Kerbe und haben schon ihr eigenes Land nicht nur in Grund und Boden gewirtschaftet sondern auch noch fremdenfeindlich gestimmt. Ob ich dahin noch in den Urlaub fahre, lasse ich mal dahin gestellt.

Es ist wie es leider ist, lieber Pierre, Europa schaut zu und dabei braucht dieser mutige französische Präsident dringend Hilfe von außen um diesem Irrsinn ein deutliches Ende zu setzen. Zugeständnisse? Zwangs-Rückschritt aufgrund von Gewaltaktionen? Lassen wir das gelten und schauen weg, ist es in Deutschland nicht weit entfernt von einem weiteren Gelbwesten-Gehetze des Volkes, die allzu gerne auch dann wieder von Fundamentalisten missbraucht werden. Irgendwie ist das so wie mit einer Kultur, die man anlegt und wartet, bis der Pilz Sporen bildet, wächst und sich ausbreitet. Ob der dann giftig ist, interessiert zunächst offenbar niemanden. Erst mal zuschauen, wachsen lassen und sehen was dabei rauskommt.

Ja, schauen wir alle weg, wird besser sein – bloß nicht einmischen, wenn jemand dem Volke klarmacht, dass es keinen Wohlstand und keine Honoration für Faulheit gibt. Wir sind viel zu verwöhnt, es war zu lange das Paradies auf Erden und es demonstrieren diejenigen, die in der Welt des kleinen Mannes leben. Sie halten sich für die Verlierer des Lebens und haben 2017 auch nicht für  Macron sondern für die Populisten vom rechten und linken Rand gestimmt. Es geht ihnen um eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und um einen Ausgleich des „sozialen Bruchs“. Dringender denn je der Appell an die Politiker Europas, den Menschen berufliche Perspektiven zu geben, der drohenden Altersarmut etwas entgegenzusetzen, die Arbeitslosigkeit weiter zu verringern und dem Niedriglohnsektor weitere Zugeständnisse zu machen. Vielleicht ist das viel diskutierte Modell des bedingungslosen Grundeinkommens eine gute Lösung oder aber eine deutlich höhere Besteuerung der Großverdiener, was wiederum dem Topf der unteren Einkommensklassen gutgeschrieben würde? In jedem Fall muss ein neues Modell her, damit alle Menschen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben bekommen und somit ihre Unzufriedenheit kein weiteres Ventil benötigt. Wären da bloß nicht die fleißigen Chinesen, die alles billiger und besser machen, aber das wäre eine andere Geschichte (sie kaufen ohnehin alles auf, was nicht niet- und nagelfest ist und Frau Merkel schaut zu).

Aber wir müssen wissen, dass wir ein reiches Europa sind und die Möglichkeiten durchaus verfügbar sind, neue gesellschaftliche Wege zu gehen und das soziale Ungleichgewicht zu vermeiden – vorausgesetzt die  jeweiligen Regierungen wollen das auch wirklich. Die breite Masse hat das Vertrauen in die Politik verloren, fühlt sich nicht ernst genommen. Es muss ein sofortiges Umdenken erfolgen oder der Unmut wächst weiter und die sozialen Medien tun mit der Hetze der Leute ihr Übriges.

Gewalt führt nicht zu konstruktivem Austausch und erzeugt eine äußerst schlechte Stimmung und doch sind es ernstzunehmende Probleme der normalen Bürgerschicht, die damit überhaupt erst angefangen haben. Aber, lieber Pierre, das alles ist nicht n u r auf dein Frankreich beschränkt – es ist ein genereller Angriff auf ein freies und starkes Europa! Insofern ein absolutes Muss, dass Macron unterstützt wird und ebenfalls ein Muss, dass niemand mehr wegschauen darf. Darüber dürften wir uns alle im Klaren sein, dass es diesen Unrat von Neofaschisten, Rechtspopulisten und Fundamentalisten nicht geben darf und jeder Einzelne von uns das aufhalten muss. Frei nach dem Motto „Wir wollen Europa!“ Chapeau Frankreich.

 

© Petra M. Jansen

 

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Liebe Petra,

Pragmatismus

Schön und gut, dieses Wort findet bei meinen politischen Artikeln oft einen bevorzugten Platz, aber heute versuche ich, mir zu überlegen, ob das noch Gültigkeit hat? Immer mehr muss ich feststellen, dass die Emotionen Priorität haben und das führt dazu, dass die Besonnenheit immer mehr in den Hintergrund geschoben wird, was nicht unbedingt der Sache dient, im Gegenteil. Woher kann das kommen? Die Prämissen der modernen Technologien verlangen nach einem klaren Kopf, bei dem jede Art von Improvisation das Aus bedeuten kann. Nicht wie in der Kunst, in der Literatur oder selbst in der Philosophie, bei denen die menschlichen Schwankung eingebaut sind. So wäre es auch mit der Politik, aber hier befinden wir uns auf einen schwankenden Boden. Ich stelle fest, dass wenn alles nach der Logik ginge, Emmanuel Macron keine solchen Schwierigkeiten hätte. Alles bei ihm resultiert aus einem mathematischen Gleichgewicht, aber wieder einmal erweist sich, dass  das Leben nicht wie eine Gleichung betrachtet werden kann. Klar, um Frankreich aus seiner Krise zu ziehen, braucht das Land eine besser funktionierende Wirtschaft und alles muss getan werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Alles, was er unternimmt hat einen Sinn, aber dabei hat er vergessen, dass der Mensch nicht rational denken kann, wenn es um seine Existenz geht. Auch wenn seine Emotionen, sein Verderben sein könnten, wird er sie kaum abschalten können, wie es die Bewegung der Gelben Westen gezeigt hat und ist der Beweis, dass Pragmatismus alleine nicht greifen kann. Es geht auch um die Seelen, die – wie wir wissen – keine Logik kennen, wenn man sie baumeln lässt.

Der neue Élysée-Vertrag

Er soll am 22. Januar 2019 zwischen Frankreich und Deutschland in Aachen unterschrieben werden und er sieht vor, dass die beiden Länder wirtschaftlich noch enger verbunden, die Grenzregionen besser einbezogen werden und dass die Bildung auf ein gleiches Level gebracht werden soll. Was mir fehlt, ist die soziale Komponente. Um die Bürger zu gewinnen, muss in dieser Richtung mehr gehandelt werden. Ich befürchte, dass – in der zurzeit angespannten Lage -dieses Manko sehr angeprangert wird und mit Recht. Es kann kein europäisches Konstrukt geben, wenn die Belange der Menschen derart bei Seite gedrückt werden. Was mit den Gilets Jaunes passiert, sollte eine Mahnung sein, die Unterschrift dieses Vertragswerkes zu verzögern. Haben die Politiker noch nicht kapiert, dass es keine Wirtschaftspolitik ohne eine Harmonisierung der sozialen Fragen geben kann? Da geht um die Löhne, um die Renten, um die Gesundheit oder den sozialen Niedergang. Wenn das nicht einbezogen wird, da stoßen wir wieder an Grenzen, die weiterhin böses Blut verursachen könne, denn hier wird weder pragmatisch noch emotional geplant. Es handelt sich um einen fundamentalen Denkfehler und da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Widerstand auftaucht. Ich denke, dass es besser wäre, zuerst die Lage in Frankreich zu stabilisieren und aufgrund dessen das Verhandlungspaket neu zu öffnen, um eine herbe Niederlage zu verhindern. Wenn solch ein Abkommen halbherzig von der Bevölkerung aufgenommen wird, kann es zum Desaster führen und der Ruf könnte laut werden, dass Deutschland sich auf dem Rücken der französischen Arbeiter bereichert.

Die Freundschaft besteht nicht aus leeren Parolen

Manchmal habe ich es satt immer wieder schöne Worte zu hören, die keine andere Bedeutung haben als uns einzulullen. Wenn von der wunderbaren Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland die Rede ist, müsste sich noch viel ändern, vor allem das ständige Zögern der Bundeskanzlerin, die alles tut, um alleine ihre Interessen in den Vordergrund zu stellen. Sie hat dazu beigetragen, dass sich alles verzögert. Ich würde ihr auch eine Teilschuld geben, was den Gilets Jaunes angeht. Hätte sie die Option einer engeren Kooperation, wie es im neuen Vertrag steht, schon längst wahrgenommen, wäre es möglich gewesen, einige Schäden zu vermeiden. Eine Anpassung des Steuerrechts ist schon längst fällig, auch die der ganzen Sozialgebung. Ich kann sehr wohl den Frust von Emmanuel Macron verstehen, wenn es um das deutsch-französisches Verhältnis geht. Wenn wir den Neofaschismus in Europa eindämmen wollen, wäre Mut angesagt. Ich verstehe Angela Merkel nicht, sie hat gar nichts mehr zu verlieren und endlich die Zeit mehr Mumm zu zeigen. Ich habe den Eindruck, dass der Wille einfach fehlt. Eine minimalistische Methode Europa aufzubauen, die ich mehr als verurteile. Die widert mich ganz einfach an. Es ginge darum, die derzeitige Bundespolitik drastisch zu verändern und immer mehr vertrete ich die Meinung, dass die Kanzlerin noch vor dem Ende der Legislaturperiode abdanken sollte. Sie ist nur noch eine Bremse und das schadet uns allen.

Und die SPD in Sachen Europapolitik?

Sie soll mir gestohlen bleiben! Neben schöne Parolen, nur heiße Luft. Das sage ich als Mitglied und bin stinksauer, glaubt mir. Auch diese Partei duckt sich, was Europa angeht, und das vor dem Populismus! Nur nicht anecken, anstatt bewusst in die Offensive zu gehen. Nach der großen Europa-Rede von Emmanuel Macron am 2. September 2017, hätte die SPD, trotz Wahlkampf, seine Gedanken offensiv aufnehmen sollen. Da das Wahldesaster schon fest lag, war nichts mehr zu verlieren. Ich hätte endlich den Eindruck gehabt, es mit Menschen mit Rückgrat zu tun zu haben. Es ist besonders schmerzhaft, wenn es um Genossen geht, denen man nahe steht und ich habe den Eindruck, dass sie nichts dazu gelernt haben und das kotzt mich an. Auch sie sind Meister geworden, wenn es um leere Floskeln geht. Ich stimme Frau Nahles zu, wenn sie um das soziale Europa ringt. Aber warum ist sie nicht nach Paris gefahren, um den gedrängten Präsident Hilfe anzubieten? Ihn auf eine Art deutsch-französische soziale Charta einzustimmen? Und dann sie als Bedingungen für das Überleben der großen Koalition zu machen? Aber nein, man zaudert weiter, das ist absolut beschämend und zeigt, dass man es mit Angsthasen zu tun hat. Ich weiß manchmal wirklich nicht, was ich in solch einem Larven-Verein verloren habe? Niemand sollte sich wundern, dass Salvinis die Macht übernehmen werden. Schluss, ich würde mich noch verleiten lassen, Grausames zu schreiben. Ich koche vor Wut. Nicht sehr pragmatisch, nicht wahr?

Das Gedicht

Ich bin nur aus Haut und Knochen. In mir

fließt Blut, und es kocht! Ich habe es satt,

die Vernunft zu verkörpern, schöne Gedanken

zu verzapfen, die meinen Gefühle widersprechen.

Und doch kann ich nicht anders handeln, als an

die Vernunft zu appellieren, sonst hätten wir Krieg.

Bedeutet das alles zu dämpfen, zu verstehen, zu

befürworten? Deutschland hat Emmanuel Macron

im Stich gelassen und das aus Angst vor den

Populisten. Eine Schande, der Ausdruck der Feigheit,

die in diesem Land herrscht.

Die Märtyrer der SPD, während der Hitler-Zeit, fragen

sich sehr wahrscheinlich, was aus ihrer Partei geworden

ist? Ein angepasster Verein, von Ja-Sagern, die ihr Rückgrat

in der Garderobe liegen haben lassen. Haben sie den

Verstand verloren, als Wegbereiter der Populisten, durch

ihre Feigheit zu agieren? Als Uraltes-Gestein der Sozial-

Demokraten fühle ich mich von der Partei irgendwie

verraten. Haben wir es mit selbstgefälligen Figuren zu tun,

die sich nur sehnen, ihre Fresse in die Kameras zu zeigen?

Es tut weh, es zermürbt mich… wurde ich von meinen Idealen

geblendet oder leide ich heute an Demenz?

Bist du bereits Mausetot SPD?

Schadenfreude ist unangebracht, liebe Deutsche.

Wenn Emmanuel Macron scheitert, scheitert

die Bundesrepublik, kapiert?

Ihr glaubt nicht, dass dies der Fall ist, sonst würdet ihr

ihn unterstützen. Was hier passiert, ist nicht nur der

Fehler einer Regierung, das ist eine Grundeinstellung,

die mir viel Sorgen macht. Deutschland über alles,

aber das hat nie geklappt, heute weniger denn je!

Ohne Europa ist der Niedergang angesagt, so ist es

ihr Weicheier. Merkt ihr nicht, dass wir vor dem Abgrund

stehen? Desto mehr wenn Frankreich herunterkippt.

Und dann lebe wohl, Kanzler Gauland!

 

Ob es ein gutes Jahr wird, wird sich zeigen. Wenigstens bin ich kämpferisch.

Im umarme dich!

Pierre

//pm

 

 

 

Lieber Pierre,

Chekatt ist tot. Er nahm unschuldige Menschen mit in seinen psychisch kranken Wahn des großen Gottes, der Fanatismus hat wieder einmal bitterböse zugeschlagen. Ein gefundenes Futter für die Rechtspopulisten, zumal dies auf einem weltbekannten Weihnachtsmarkt stattgefunden hat. Berlin, Straßburg, Nizza und so weiter. Und immer sind es terroristische Akte, die niemals – mit keiner Präventionsmaßnahme und durch nichts – vorhergesagt  oder verhindert werden können. Umso schlimmer, wenn es in die christlich-besinnliche Weihnachtszeit trifft, in der diese Familien ihre Liebsten verloren haben. Doch, was bleibt mir übrig, zu sagen? Es wird wieder geschehen, vielleicht an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit. Es macht es nicht einfacher, unsere muslimischen Mitbürger zu akzeptieren und zu mögen, obwohl wir denen gegenüber sehr ungerecht sind, die damit nichts zu tun haben und tatsächlich hilfesuchende Menschen sind, die unsere gesellschaftlichen Regeln anerkennen und mitnichten radikalisiert sind. Wir sprechen hier im Falle der Attentäter immer – und zwar ohne Ausnahme – um psychisch gestörte Menschen, die ihre Religion grundsätzlich missverstehen, denn das hat nichts mit Allah zu tun und auch nichts mit irgendeinem Gott oder dämlichen Jungfrauen, die man im Himmel vögeln kann. Es sind kranke, hasserfüllte Menschen, die anderen Menschen Leid zufügen. Leider führen solche Taten eben tatsächlich zu einer Pauschalierung bezüglich der Ausländerfeindlichkeit in unserem Land und in Europa generell. Wir sind ein starkes Land und das Feindbild im Westen, das – in Augen der radikalisierten Islamisten – auszurotten gilt. Da haben wir es wieder, lieber Pierre… Hass und Feindseligkeit, Unwissen und Gier, wir drehen uns im Kreis. Wundert es uns, wenn wir vor unserer Haustüre den Arbeiter sagen hören: „Die sollen alle gehen, wir wollen die nicht. Sie vergreifen sich an unseren Frauen, an unserer Gesellschaft… sind alle Dreck.“ Das hört man tatsächlich, erschreckend und trotzdem präsent, denn es geht um Angst. Die Menschen haben Angst um ihre Sicherheit, sie haben Angst, dass es nicht so bleibt, wie es ist und wir den Feind in unser Land geholt haben. Dabei vergessen sie natürlich, dass nur ein sehr geringer Teil wirklich straffällig wird und tatsächlich nur ein sehr geringes Ansteigen der Kriminalitätsstatistik zu verzeichnen ist. Die Medien tun übrigens ihr Übriges, das mal am Rande. Anstatt eine positive Stimmung aufkommen zu lassen, schüren sie noch mehr Angst und zeigen vermehrt negative Ereignisse als positive.

Weihnachtszeit, heilige Zeit, heile Zeit? Es wird Zeit, dass wir grundsätzlich Regeln für ein Miteinander der Völkervielfalt setzen und zwar nach unseren Regeln. Es wird Zeit, dass wir scharf gegen Verbrecher vorgehen, die Stimmen unseres Volkes aufnehmen und dennoch dem Rechtspopulismus und dem damit aufkeimenden Verfall der demokratischen Ordnung die rote Karte zeigen. Neonazis braucht niemand, fundamentalistische Gedanken auch nicht – aber eine klare Strategie, wie wir gegen Attentäter und Gewaltakte wider unseres Volkes, umgehen. Genau das taten sie in Frankreich und fassten den Täter, der dieses Unheil anrichtete. DAS sollte den Leuten klar sein, dass niemand in Europa ungestraft davon kommt und genau DAS sollten die Menschen erkennen, bevor sie pauschal auf alle Moslems losgehen und rassistisches Gedankengut streuen. Dennoch liegt eine große Aufgabe vor uns, es wird uns allen noch viel abverlangt werden und das Ende von Terroranschlägen oder Attentaten ist nicht in Sicht. Das liegt schlicht und einfach daran, dass Menschen auf der ganzen Welt generell auch das Böse in sich tragen und wir diesen Hass niemals wirklich überall stoppen können. Damit müssen wir leben und uns darüber im Klaren sein, dass es niemals und nirgendwo eine wirklich sichere Situation geben wird. So sind Menschen eben.

 

Frohe Weihnachten aus Frankfurt,

Petra

 

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Liebe Petra,

wie du es dir vorstellen kannst, sehe ich mit großer Furcht was sich in Frankreich ereignet. Wir stehen leider vor einem Bürgerkrieg, wenn nicht rasch eine Lösung gefunden wird. Hier ein paar Gedanken zu der dortigen Lage:

Die Krawallmacher sind die Sieger.

Man muss die Lage so beurteilen, wie sie ist. Der Schwarze-Block hat in Frankreich gesiegt. Die Gewalt hat sich für die Gilets Jaunes gelohnt, da Emmanuel Macron kapitulieren musste. Diese Erkenntnis ist sehr schwer für mich zu akzeptieren, denn das würde bedeuten, dass der Verfall der Demokratie überall im Gange ist. Wenn der Mob siegt, werden die Neonazis wieder auftauchen und wir sind auf dem guten Weg zur Diktatur. Waren es nicht die SA in der Weimarer Republik, die Hitler den Weg zur Macht ebneten? Es könnte sich so auch in Frankreich abspielen, wenn der Élysée-Palast sich weiter einschüchtern lässt. Die Lage kann nur korrigiert werden, wenn die Regierung zu unkonventionellen Methoden greift. Es wäre vielleicht die beste Karte, die volle Demokratie zu wagen und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Basis an den notwendigen Maßnahmen, die getroffen werden müssen, aktiv teilnimmt. Das würde konkret bedeuten, dass der Präsident den Räten Vorschläge macht, die im ganzen Land tagen und die von denen modifiziert werden könnten. Es können aber auch Initiativen von unten gemacht werden, die als Vorlage für neue Gesetze dienen könnten. Ich beziehe mich auf das schweizerische Modell, das bis heute sich bewährt hat. Niemand könnte dann sagen, dass er nicht an Entscheidungen beteiligt ist – jeder Franzose hätte das Recht, in den Räten aktiv zu sein.

Schadenfreude wäre nicht angebracht.

Was in Frankreich passiert, könnte sich auch schnell in Deutschland entwickeln. Wenn durch die verrückte Politik von Donald Trump – was die Zollgebühren anbelangt – die Wirtschaft einen Knick bekommt, wäre es aus mit der Ruhe und man kann sich sehr leicht vorstellen, dass es auch hier eine Bewegung, wie die Gilets Jaunes geben könnte. Die politische Lage ist derart labil, dass es keine Garantie für die Stabilität gibt. Alles geht heute so schnell, dass man kaum ahnen kann, was passieren könnte. Als Beispiel kann man 1913 nehmen. Niemand hätte den 1. Weltkrieg voraussehen können. Den Leuten ging es relativ gut und auf einmal änderte sich alles. Millionen Tote waren die schreckliche Rechnung, deshalb warne ich davor, die Situation in Europa auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir dachten bis vor kurzem, dass Emmanuel Macron ein Fels in der Brandung sei, aber es hat sich erwiesen, dass dies nicht der Fall ist. Sollte er scheitern, wäre in der EU alles möglich. In Deutschland droht – bis zum Ende der Ära Merkel – alles den Bach runter zu gehen und schon die ersten Schwächen in der Industrie lassen sich blicken. Bei Bayer ist die Rede von zahlreichen Entlassungen. So wird es auch bei der Autoindustrie sein, wenn sie sich auf E-Autos umstellt. Man spricht heute von einem Verlust von 100.000 Stellen und wenn man die Werkstätten dazu rechnet, wird die Zahl noch viel größer sein. Die Jahre der fetten Kühe scheinen endgültig vorüber zu sein.

Was können wir selbst leisten?

Es wäre unverantwortlich, sich von der Gewalt leiten zu lassen. Jeder sollte daran denken, welche Vorteile er bis heute hatte, mit dem, was die Demokratie uns gebracht hat. Es kann nicht möglich sein, alles wegzuschmeißen und den Populisten Vertrauen zu schenken, weil sie ganz einfach große Sprüche von sich geben. Wer glaubt, dass es ihm besser gehen würde, irrt sich gewaltig. Es ist höchste Zeit sich zu besinnen und sich der Realität zu fügen. Ich halte gar nicht von Protestwählern, die einfach die Diktatur bejahen, um der Demokratie eins auszuwischen. Wir wissen allzu gut, was daraus entstanden ist. Es ist dringend nötig, dass  wieder überall der Dialog stattfindet, mit dem Bewusstsein, dass die Politik darauf angewiesen ist. Den Kopf in den Sand zu stecken nützt wahrhaftig nichts. Es ist sehr schwer. für mehr Vernunft zu plädieren, wenn man Wut im Bauch hat und doch wäre es die einzige Lösung, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Es wäre deshalb wichtig, dass die Leute miteinander sprechen, zuhören und auch andere Meinungen akzeptieren. Ich weiß, das ist sehr idealistisch, aber gibt es andere Lösungen als sich gegenseitig zu beraten? Es wäre einen Versuch wert. Das Beispiel Frankreich stimmt mich zurzeit sehr skeptisch, weil die Maschinerie der Gewalt sehr schwer anzuhalten ist. Die nächsten Wochen werden uns vielleicht eine bessere Antwort geben, das ist zu hoffen.

Ehrlichkeit macht sich nicht bezahlt.

Die Europawahl könnte der Anlass sein, uns neu zu definieren und es wäre zu primitiv, alles was schlecht läuft, darauf zu beziehen. Brüssel ist nur ein Teil des Problems. Es geht vielmehr darum, dass die Parteien seit Jahrzehnten alles getan haben, um die wahren Schwierigkeiten zu benennen. Hiobsbotschaften, sind kein Wählermagnet. Es wurde immer wieder verschleiert, schöngeredet und die Bescherung haben wir heute. Emmanuel Macron war zu ehrlich für einen normalen Politiker. Er hat immer gesagt, wo der Schuh drückt und dass das Volk schwere Jahre mitmachen würde, um die Lage wieder teilweise ins Lot zu bekommen. Das bedeutet tiefe Einschnitte im Familienbudget. Das ist die Realität, wenn man überschuldet ist und dadurch die Staatskassen leer sind, es gibt leider nichts mehr zu verschenken. Aber wie haben es die anderen Präsidenten gemacht? Sie haben auf Pump gelebt und heute muss die bittere Rechnung bezahlt werden. Die dicke Zinszurückzahlung verhindert wahre Reformen in den Griff zu bekommen, so die Realität. Eine sehr bittere Erkenntnis, die heute hundert Tausende von Menschen in die Straßen führen. Sie können laut schreien, Monumente verschmieren, Feuer anlegen, aber deswegen wird sich die Lage keineswegs verbessern. Das ist die Erkenntnis, die wir aus der Revolte der Gilets Jaunes heute ziehen können. Wahrhaftig eine Sackgasse!

Es regnet in München… auch in meinem Herz.

 

Alles Liebe

Pierre

 

//pm

Frankreichs Regionen, Départements und Städte sollen nach dem Willen der Regierung in Paris in den kommenden Jahren deutlich sparen. Laut Haushaltsminister Gérald Darmanin sollen die Gebietskörperschaften ihre Ausgaben bis 2022 um 13 Milliarden Euro senken. Im Wahlkampf hatte der neu gewählte Präsident Emmanuel Macron noch von zehn Milliarden Euro gesprochen.

Der konservative Oppositionspolitiker und Vorsitzende des Bundes französischer Bürgermeister, François Baroin, kritisierte die Ankündigung. „Man kann nicht wieder die Schuhe an den Gebietskörperschaften abtreten“, sagte er.

Die Kommunen würden bei so weiten Kürzungen untergehen.

Die Pariser Regierung und Vertreter von Städten, Départements und Regionen berieten bei einer Konferenz in Paris über die Finanzbeziehungen zwischen Zentralstaat und Gebietskörperschaften. „Harte und langwierige“ Verhandlungen …

Macrons Regierung hatte versprochen, das französische Defizit in diesem Jahr unter die EU-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken. Die Regierung kündigte kürzlich zusätzliche Einsparungen von 4,5 Milliarden Euro an, um dieses Ziel einzuhalten. Frankreich überschreitet die letzten zehn Jahre die EU-Haushaltsvorgaben.

Bei den Beratungen herrscht nicht nur wegen der geplanten Einsparungen eine aufgebrachte Stimmung. Die französischen Städte und Gemeinden sind besorgt über Macrons Pläne, 80 Prozent der Haushalte von einer Wohnungssteuer auszunehmen, die bislang den Kommunen zugute kommt. Die Regierung hat Ausgleichszahlungen versprochen. Die Städte und Gemeinden bezweifeln aber, dass diese auch langfristig zur Verfügung gestellt werden können.

Insgesamt will Macrons Regierung in seiner fünfjährigen Amtszeit 60 Milliarden Euro einsparen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobte die angekündigten Sparmaßnahmen. Frankreichs Wachstumsprognose für dieses Jahr hob der Währungsfonds leicht auf 1,5 Prozent an und lobte außerdem auch Macrons Reformvorhaben. Die „ehrgeizigen und mutigen“ Reformen könnten einen bedeutenden Teil zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme des Landes beitragen.

In der Mitteilung des IWF hieß es weiter, ein Haushaltsungleichgewicht, eine hohe Arbeitslosigkeit und eine schwache Wettbewerbsfähigkeit seien schon seit langem Probleme in Frankreich. Es bedarf zur Ankurbelung der wirtschaftliche Konjunktur eines umfassenden Reformpaketes.

Macron hat unter anderem eine Arbeitsmarktreform auf den Weg gebracht, um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Für Unternehmen hat er Steuerentlastungen angekündigt.

Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen ihre Grundbedürfnisse erfüllen können und die bestmöglichen Chancen haben. Dazu brauchen wir in allen Ländern Investitionen, besonders im Bereich der Bildung. Die Umsetzung muss auf europäischer Ebene geschehen, Frankreich alleine schafft das nicht.

Soziale Gerechtigkeit ist eigentlich ein Pleonasmus, denn Gerechtigkeit bezieht sich immer auf den Umgang mit verschiedenen Menschen. Im engeren Sinne bedeutet soziale Gerechtigkeit, dass Menschen in der Gesellschaft in Bezug auf ihre Arbeitsleistung, ihre soziale Sicherung, ihre Bildung und ihre Gesundheitsversorgung so gestellt sind, dass sie ihre Grundbedürfnisse gut erfüllen können.
Aristoteles hatte gründlich darüber nachgedacht, wie das Verhältnis von Gleichheit und Gerechtigkeit ist. Es gibt zwei Konstellationen: Zum einen die Verteilung – entweder entsprechend der Leistung oder auch entsprechend der Bedürftigkeit.

Leistung allein wird nicht reichen, denn viele Menschen können nicht in dem Maß leisten, wie es andere können. Hier bedarf es einer zweiten Konstellation: den Ausgleich durch öffentliche Güter. Sie umfassen Dinge, die für alle frei sind – Kindergärten, Schulen usw..

Auch Kompensationszahlungen, die Bedürftige erhalten, gehören dazu. Diese Güter sollten nicht mit Blick auf Gerechtigkeit verteilt werden, sondern mit Blick auf Gleichheit.
Leistung und Bedürftigkeit gehören zu den wichtigsten Kriterien für soziale Gerechtigkeit und inneren Frieden.

Leistungsgerechtigkeit hat darüber hinaus auch eine psychologische Bedeutung. Man sieht dies am Ärger über ungleichen Lohn für gleiche Arbeit, der oft für Frauen gezahlt wird.

Natürlich trifft es das Selbstwertgefühl der Menschen, wenn ihre Leistung nicht honoriert wird. Mit Blick auf Leistung muss zumindest eine grundlegende Entsprechung existieren zwischen dem, was eine Person an Arbeit bietet und dem, was entlohnt wird.

Sparen die Franzosen zu viel im Bereich der Bedürftigen, wird die Wählerschaft dies nicht lange dulden. Die Frage ist, ob man die Maastricht-Kriterien nicht überdenken sollte.

Der Kreml und seine Medien bestreiten vehement jegliche Einmischung bei der französischen Präsidentschaftswahl. Dennoch sind die französischen Geheimdienste ernsthaft alarmiert. Einem Bericht von Le Canard enchaîné zufolge ist im Élysée Palast ein Treffen des Verteidigungsrats zur Diskussion von Abwehrmaßnahmen geplant.

Russland wird definitiv in den französischen Wahlkampf eingreifen, ist man überzeugt. Das habe ähnliche Gründe wie 2014 bei der Europawahl, erläutert die Expertenseite. Russland verfolge mit der Unterstützung euroskeptischer und russlandfreundlicher Kandidaten mehrere Ziele: die EU zu destabilisieren und für sich selbst eine Aufhebung der Sanktionen zu beschleunigen. Das russlandfreundliche Netz spanne sich daher über ganz Europa, auch zur AfD in Deutschland oder der FPÖ in Österreich.

Putin wolle eine Botschaft an die Welt schicken, dass Russland den Ausgang der französischen Wahlen beeinflussen kann. Das könnte eine weitere Geldspritze an den Front National (FN) implizieren: Man könne sich finanzielle Hilfe aus Moskau an Le Pen in den kommenden Wochen durchaus vorstellen, so Insidermeinungen. Die Frage ist nur, ob man davon erfährt …

Ein Millionenkredit wurde bereits gewährt im EU-Wahlkampf 2014, als die französischen Banken dem FN Kredite verweigerten

Die rechtslastige Partei war schon lange vor dem Kredit russlandfreundlich, das zeigt nicht nur Marine Le Pens immer wieder offen bekundete Bewunderung für Wladimir Putin. Sie spricht sich für ein Ende der EU-Sanktionen aus, der Austritt aus der EU und die Annäherung an Russland sind klare außenpolitische Ziele. Le Pen und Parteikollegen besuchen seit 2012 mehrmals im Jahr Moskau und die Krim und werden dort von ranghohen Politikern empfangen. Zum FN-Parteitag in Lyon 2014 kommt als Ehrengast Andrej Isajew, Vize-Sprecher der Duma. Auch in Paris werden die Verbindungen gepflegt: Marine Le Pens Nichte, die Parlamentsabgeordnete Marion Maréchal-Le Pen, besucht regelmäßig die russische Botschaft (Süddeutsche Zeitung).

Im Präsidentschaftswahlkampf 2017 wiederholt sich das Spiel, wieder sucht der FN nach einer Finanzierungsmöglichkeit. Le Pen wird den Umfragen zufolge mit etwa 25 Prozent zumindest den ersten Durchgang der Wahl gewinnen. In Frankreich werden die Wahlkampfkosten für Kandidaten, die mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen, zurückerstattet. Die Rückzahlung eines Kredits dürfte also kein Problem sein. Dennoch findet sich keine Bank, weder in Frankreich noch im Ausland. „Das Misstrauen der etablierten Financiers hat weniger ideologische Gründe, sondern vielmehr mit dem Finanzgebaren der Partei zu tun, das immer wieder an der Grenze zur Illegalität ist“, wird vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg bestätigt.

Auch der weitere französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron ist nach Angaben seiner Partei „En Marche“ ins Visier der russischen Medien geraten. Demnach würden staatlich kontrollierte Einrichtungen falsche Berichte über den europafreundlichen Politiker verbreiten, um Stimmung gegen ihn zu machen, sagte Generalsekretär Ferrand.

Außerdem gebe es Hunderte, vielleicht gar Tausende Angriffe auf das Computersystem des Wahlkampfteams, die von Russland aus gesteuert würden. Man nimmt an, Macron sei Ziel Moskaus, da er für ein geeintes und starkes Europa stehe, das auch Russland die Stirn bieten könne. Macron ist Umfragen zufolge für die Wahl im Mai Favorit.

Ferrand kritisierte den Sender Russia Today und die Agentur Sputnik, die beinahe täglich Falschmeldungen verbreiteten, die andere Medien wiederum aufgreifen. Er appellierte an die Behörden, gegen jeglichen Einfluss von außen vorzugehen. Er verwies aber auch auf die USA, wo Geheimdienste von einer gezielten Einflussnahme Russlands zugunsten Donald Trumps berichteten. Russland hingegen hat diese Vorwürfe zurückgewiesen.

Es wird wohl zu einer Stichwahl kommen. In jener würde Macron – den Erhebungen zufolge – deutlich gewinnen. Le Pen hat sich für bessere Beziehungen zu Russland ausgesprochen. Selbst Fillon – sollte er in die Stichwahl kommen – werden zurzeit bessere Chancen als Le Pen eingeräumt.

Aber der FOCUS schreibt: „Einen Le-Pen-Sieg definitiv zu verneinen, ist Wunschdenken.“ Vor fünf oder zehn Jahren war das noch anders. Le Pen hat die Entdiabolisierung der Front National vorangetrieben. Und Brexit sowie Trump-Sieg haben gezeigt, dass Umfragen irren können und alles möglich ist.

Es ist erschreckend, wie verwundbar unsere Werte, wie unter anderen Demokratie und Freiheit, geworden sind. Wie schnell geraten sie ins Strudeln. Demokratie begann einmal als Macht des Volkes. Wie mächtig ist dieses noch, wenn der Sieger bereits zu Beginn der Wahlen – pekuniär und durch „alternative Fakten“ bedingt – feststeht?! Quo vadimus, in Zeiten, in welchen Institute wie die Europäische Union und die NATO zu bröckeln beginnen?

Es ist ernsthaft an der Zeit, sich Gedanken zu machen …

Liebe Petra,

heute will ich die Sau herauslassen, aber nicht wie Jeder meinen könnte. Eines möchte ich im Voraus sagen: Ich mag sehr gerne Schweinefleisch und habe nichts gegen einen saftigen Braten, gespickt mit zahlreichen Knoblauchzehen, aber wenn ich lese, was sich in einer Stadt wie Chalon-sur-Saône abspielt, bekomme ich eine Sau-Wut. Die Stadträte dieser kleinen Stadt, durch ihre Weine weltbekannt, haben sich vorgenommen, in den Schulkantinen kein Essen mehr für die Kinder islamischen Glaubens anzubieten, wie es seit Jahrzehnten immer der Fall war. Wie jeder wissen sollte – im Koran, wie auch für die Juden in der Thora – ist der Konsum des Schweinefleisches untersagt. Darüber kann man streiten, aber dieses Verbot war aus Seuchengründen damals gerechtfertigt und dass es zum Dogma erhoben worden ist, kann stören, sollte aber respektiert werden. In dieser kleinen Provinzstadt wird somit die Meinungs- und Religionsfreiheit ins Absurdum getrieben, mehr noch: Sie wird verletzt, was gar nicht im Einklang mit der Verfassung ist, aber niemand geht auf die Barrikaden, weil es sich „nur um Araber handelt“ – für viele ein Störenfried, der unsere so tolle abendländische Zivilisation durchmischt und Frankreich sollte den Weißen gehören. Das behauptet Nadine Morano, eine europäische Abgeordnete der Republikanischen Partei von Nicolas Sarkozy. Deswegen wurde sie gerügt und wird wahrscheinlich bei den Regionalwahlen nicht als Spitzenkandidatin aufgestellt werden, aber eines ist nahezu sicher, sehr viele Franzosen denken wie sie.

Stelle dir vor, liebe Petra, wenn die Vegetarier und die Veganer keine Ess-Auswahl mehr hätten – und das ist in Chalon der Fall – würde das Volk in Deutschland auf die Barrikaden gehen und das mit Recht, weil es ganz einfach eine Provokation ist. Das Argument, dass in einem laizistischen Schulsystem – wie es in Frankreich der Fall ist – solche religiösen Dogmen nicht beachtet werden sollten, widerspricht die Grundregeln der Toleranz. Die Trennung von Kirche und Staat begrüße ich, das heißt aber noch lange nicht, Menschen wegen ihrer Wurzeln zu quälen, im Gegenteil. Es geht darum, religiöse Debatten vom Schulhof fernzuhalten, das Prinzip der Gleichheit, egal zu welcher Gemeinde man gehört, zu fördern und den Glaubenskrieg zwischen den Schülern möglicherweise fern zu halten. Eine humanistische Haltung, die total im Sinne der Aufklärung betrachtet werden kann.

Solche Schikanen wie in Chalon-sur-Saône, haben die Qualität der Hetztiraden des „Stürmers“ von Julius Steicher vor und während des Dritten Reiches. Ich würde ab sofort den Stadträten empfehlen, die Parkbänke nur für die Weiße frei zu halten und weiterhin den Zutritt für Hunde und für Araber – Juden gibt es zu wenige – zu untersagen. Die Schulen könnten dann folgen und um den Mob zu befriedigen, könnte man eine neue „Reichskristallnacht“ inszenieren – natürlich mit einer Menge Fackeln, um die Moscheen in Brand zu setzen. Dann könnten die KZ folgen und logischerweise auch die Endlösung, wie in Birkenau. So weit wird es hoffentlich nicht kommen, aber diese Grundstimmung erfüllt mich mit Sorge. Die Geschichte hat gezeigt, wie schnell der Mensch jede Zurückhaltung verliert, wenn sein Herz mit Hass gefüllt ist und niemand ist dagegen immun, egal ob Proletarier oder Intellektueller.
Die Stadträte von Chalon, sind in ihrer Mehrheit keine Nazis – nur Kleinbürger mit einem beschränkten Rundhorizont. Das war auch der Fall bei denen, die Adolf Hitler unterstützt haben. Leute, die keiner Fliege etwas antun könnten und die nach außen den Anstand hoch zelebrieren. Liebe Petra, ich ziehe waschechte Nazis vor, weil man dann wenigstens weiß, woran man ist. Die sogenannte „stille Mehrheit“ ist in ihrer Engstirnigkeit viel gefährlicher, weil sie Demagogen die Toren der Macht eröffnet, wie es 1933 für die NSDAP der Fall war. So etwas könnte uns in Europa blühen, wenn wir nicht verdammt aufpassen.

 

In diesem Sinne.
Ich umarme dich, liebe Petra.
Pierre

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Liebe Petra,

ja, Julius Streicher, der infame Herausgeber des „Stürmers“ würde sich über die Haltung einiger Franzosen freuen. Zum Beispiel haben sich einige Bürgermeister einen guten Witz einfallen lassen: In den Schulkantinen ihrer Städte wird nur noch ein Menü serviert und dies mit Schweinefleisch. Sowohl islamische als auch jüdische Kinder gehen somit leer aus, wenn sie die Gesetze ihrer Religion folgen. Lustig, nicht wahr? Schweine gehören zu unserer christlichen Zivilisation, basta! Nichts gegen einen Braten, aber nicht unter solchen Bedingungen. In diesen Gemeinden gibt es kaum einen Widerstand seitens der Bürgerschaft, denn es ist für sie eine Waffe, mit der sie die Ungläubigen bekämpfen wollen. Hatte Charles Martel, 732 in Poitiers, nicht dem Islam Paroli geboten? Das Christentum wurde auch – dank der Wiener – vor den Toren der Hauptstadt im Jahre 1683 gerettet. Das wird in den Geschichtsbüchern nicht berichtet und als die Osmanen Wien zwischen dem 14. Juli und dem 12. September belagerten, wurde Schweinefleisch vom Gemäuer herunter geschmissen. Das war effektiver als flüssiges Blei. Allah ordnete den sofortigen Rückzug an, aus Angst, dass die Soldaten es lecker finden könnten. Ich kann weiterhin solch einen Quatsch verzapfen, aber so entfernt von der heutigen Realität ist er nicht, denn wir haben den Beweis dafür!

Auch der Bürgermeister von Roanne, einer Stadt nördlich von Lyon, hat von sich hören lassen. Er wird nur christliche Flüchtlinge aus Syrien empfangen, aus Angst, dass sie muslimische Terroristen seien. Da liegt er nicht weit von der faschistischen Haltung eines Viktor Orbán entfernt, der die Migranten schlecht behandelte, um das Abendland zu retten. Das angeblich im Namen des Evangeliums! Ein anderer Grund, sich kaputt zu lachen: Marine Le Pen will, sollte sie die Macht übernehmen, die illegalen Flüchtlinge ohne medizinische Versorgung krepieren lassen. Wenn das nicht patriotisch ist, gebe ich mir die Kugel. Alles Grund für mich, zu jubeln! Ich bin zufrieden, dass der Humor wieder entsteht, endlich… und, wenn er sich gegen die Schwächeren richtet, ist er noch komischer! Wie zum Beispiel die Zeichnung des ewigen Juden im „Stürmer“. Petra, wenn das nicht so tragisch wäre, könnte man es ignorieren, aber das ist heute nicht mehr möglich. Jede Äußerungen dieser Art muss gekontert werden und das in aller Entschiedenheit. Ich meine es bitter ernst.

Und im gleichen Moment passiert in Deutschland ein Wunder. Während überall die Asylantenheime von Hohlköpfen in Brand gesetzt werden, stemmt sich eine große Mehrheit von Bürgern gegen diese unwürdigen und mörderischen Anschläge. Die Migranten werden im Hauptbahnhof von München gefeiert, anstatt angepöbelt zu werden, Hilfe von überall her wird angeboten, die Würde gebeutelte Menschen wieder hergestellt – ein Kontrastprogramm der dritten Art. Liebe Petra, ich bin schon über diesen Verlauf sehr angetan, der viel Achtung in der französischen Presse fand. Nur Marine Le Pen fand diese Haltung vom Business geprägt. „Deutschland braucht sie, um seine Wirtschaft gegen uns aufrecht zu halten!“ Der Grund: Es wird zu wenig gevögelt und wenn ja, nur mit Gummi, Ersatz muss her. Als ob dieser Empfang der Flüchtlinge als Komplott gegen Frankreich ausgerichtet sei. Grund für sie, wie Orbán und Netanjahu, die Grenzen dicht zu machen, die EU zu killen und dann ab in den Walser mit Putin an ihrer Seite. Wieder ein Grund zu jubeln?

Ich kann nur hoffen, dass die Solidarität, die wir jetzt in Deutschland erfahren, langfristig anhalten wird, dass die Stimmung nicht umkippen wird. Ich muss zugeben, dass mir alles ein wenig unheimlich vorkommt. Ein Wechselbad zwischen Hass und Liebe. Natürlich hoffe ich, dass dieser Elan sich auf ganz Europa auswirken wird, aber ich mache mir keine Illusionen, wenn ich Ungarn, Polen oder andere Länder beobachte. Ein Funke kann den ganzen Kontinent in Schutt und Asche verwandeln. Erleben wir nicht eine gleiche Stimmung wie im Dreißigjährigen Krieg, bei der die Verbrennung von Hexen Volksjubel erzeugte? Wo jede Art von Grausamkeit als Belustigung betrachtet wurde? Tanzen wir nicht auf den Vulkan? Ich könnte leicht auf solch eine Party verzichten.

In diesem Sinne,
ich umarme dich, solange ich es noch kann,
alles Liebe
Pierre

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