Junge Menschen möchten nicht mehr arbeiten als sie müssen, sie kündigen innerlich: Das jüngste Phänomen auf dem Arbeitsmarkt der Generation Z nennt sich „Quiet Quitting“. Eigentlich gibt es das schon länger. Neu ist, dass es jetzt um die Generation Z geht, also die heute 15- bis 30-Jährigen, die langsam auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. „In den USA gab es in den vergangenen zwei, drei Jahren einen sehr positiven Arbeitsmarkt“ (Frédéric Pirker,
Unternehmensberater, capital.de). Wer gerade nach einem Job suche, habe oft sogar mehrere Angebote auf dem Tisch liegen – und könne höhere Ansprüche stellen. Quiet Quitting bedeutet sich von der Idee und Vorstellung zu verabschieden, dass Arbeitende übers Limit hinausgehen, Überstunden und Extra-Arbeit machen, die vertraglich gar nicht von ihnen verlangt werden. Auf verschiedenen Plattformen kann man lesen: „Mit Quiet Quitting sagen wir: Wir leisten nur das, für das wir bezahlt werden“. Das allerdings stellt Betriebe in Deutschland vor große Aufgaben: Denn der Personalmangel bedeutet für die Unternehmen derzeit: Weniger müssen mehr leisten. Um neue Leute zu bekommen, brauchen die Firmen neue Anwerbekonzepte. Klar definierte Arbeitszeiten, die eingehalten werden und klar genannte Aufgabengebiete, die Zeit für Familie und Freizeit lassen, können hochattraktiv für potenzielle neue
Arbeitnehmer/-innen sein. Das Konzept des Quiet Quitting liegt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen –
einer stark emotionalen Verbundenheit auf der einen Seite und dem kühl kalkulierten Eigennutz auf der anderen. Menschen, die sich im Zustand der Quiet Quitting befinden, sind nicht bereit, mehr als die Arbeit zu leisten, die vertraglich festgeschrieben wurde. Mehr noch: selbst bezahlte Überstunden lehnen sie zum Teil ab. Dies bedeutet
allerdings nicht zwangsläufig, dass sie keinerlei emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber aufweisen oder bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zur Konkurrenz überlaufen. Sie setzen ihrem Arbeitgeber jedoch klare Grenzen an der Schnittstelle zwischen beruflichem und privatem Leben.

Wenn das ein echtes Problem wäre, müsste die Wirtschaft deutlich schlechter dastehen. Etliche der quiet quitters, die sich bisher in der Debatte zu Wort meldeten, sehen die innere Kündigung als Burn-out-Prophylaxe; Selbstfürsorge statt Ausbrennen. Die Bewegung, wenn man sie denn als solche zusammenfassen will, denkt das Konzept Arbeit eben nicht als Lebensinhalt, sondern als Mittel zum Zweck. Unbezahlte Überstunden mehren nicht den Lebenssinn, und warum sollte man Aufgaben zusätzlich übernehmen, für die man gar nicht bezahlt wird? In Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt 4,5 Millionen Menschen im vergangenen Jahr Überstunden geleistet – davon ein gutes Fünftel unbezahlt (spiegel.de, 30.08.2022). Hinter dem Phänomen „Quiet Quitting“ könnte also letztlich einfach das Gesetz des Marktes stecken. Wenn Arbeitnehmer durch den Fachkräftemangel in einer so guten Verhandlungsposition sind, dass sie nicht auf Gedeih und Verderb alles mit sich machen lassen müssen, um den Job zu behalten, dann tut es auch die simple Vertragserfüllung.

Wählerwille
Annalena Baerbocks Auftritt auf einer Podiumsdiskussion in Prag sorgt weiter für Diskussionen. Auf Englisch hatte die Ministerin dort gesagt, dass sie den Ukrainern Unterstützung zugesagt habe und dass sie ihnen beistehen wolle, solange es nötig sei – unabhängig davon, was ihre deutschen Wähler darüber denken („no matter what my German voters think“ deutschlandfunkkultur.de, 03.09.2022). Die Ansicht, der Wählerwillen müsse (für Frau Baerbock) oberste Priorität haben, kann so nicht uneingeschränkt gelten. Der Wählerwille artikuliert sich in den Wahlen. Die Regierung hinterher tut Dinge, die der Wähler im Moment der Wahl nicht wollte. Machte man es anders, könnte man
einfach Meinungsumfragen regieren lassen. Der Weg zum Populismus wäre geebnet … (Ursula Weidenfeld, Journalistin, a.a.O.).
Schnell verbreiteten sich nach dem Interview kurze Videoausschnitte von Baerbocks langer, auf Englisch gehaltener Antwort in den sozialen Netzwerken. In einer Telegram-Gruppe war ein Clip mit der Bemerkung versehen: Die deutsche Außenministerin verspricht, dass die Ukraine an erster Stelle komme, ́egal, was deutsche Wähler denken` oder wie hart ihr Leben wird“. (nzz.ch). Auf Twitter wurde ein entsprechendes Video 1,7 Millionen Mal aufgerufen. Ein User versah es mit der Einleitung, dass in der Demokratie das Volk die Staatsgewalt ausübe, und stellte dem
Baerbocks Äußerungen zugespitzt gegenüber -für sie käme die Ukraine zuerst, egal, was ihre deutschen Wähler dächten. Fakt ist, dass das verbreitete Video erkennbar geschnitten ist. Andere Accounts etwa auf Telegram erweckten zudem den Eindruck, Baerbock seien die Folgen der Sanktionspolitik für die deutsche Bevölkerung egal. Tatsächlich versprach sie aber sowohl den Deutschen als auch den Ukrainern die Solidarität des deutschen Staates.
Es ist richtig, dass prorussische Kanäle Baerbocks Aussagen verkürzt wiedergegeben haben. Dennoch bleibt ihre Aussage bestehen, die Ukraine unabhängig von der Zustimmung ihrer deutschen Wähler unterstützen zu wollen.
Zur Verteidigung der Ministerin zur Verteidigung ist darauf hinzuweisen, dass es in der repräsentativen Demokratie gerade keine imperativen Mandate gibt. Staatspolitische Verantwortung drückt sich zudem mitunter auch darin aus, als richtig Erkanntes trotz mangelnder demoskopischer Unterstützung durchzusetzen. Dennoch ist der Ministerin hier wohl ein kommunikativer Lapsus unterlaufen. Baerbocks Aussage ist inhaltlich kein Skandal. Dass eine Politikerin an dem, was sie als richtig erkannt hat, festhalten will, selbst wenn die Umfragen zwischenzeitlich mal in den Keller rutschen sollten, ist kein Amtsmissbrauch, sondern ehrenwert (merkur.de, 08.09.2022). Dass es nicht selten andersrum läuft und aus Angst vor dem Unmut der Wähler nicht oder falsch gehandelt wird, ist einer der Gründe dafür, dass manche Probleme immer größer werden – zum Beispiel in der Rentenpolitik. Gerade deswegen entscheiden in einer Demokratie am Ende immer die Wähler, nur eben nicht täglich, sondern alle vier oder fünf Jahre. Der Verfassungs- und Gesetzgeber hat sich bei den Wahlperioden offensichtlich etwas gedacht. Und das ist gut so …
Die vollständige Antwort der Ministerin – aus welcher der Satz propagandistisch herausgerissen wurde – findet sich in deutscher Übersetzung u.a. auf TELEPOLIS, heise.de vom 02.09.2022.

Michail Gorbatschow ist im Alter von 91 Jahren gestorben. In den vergangenen Jahren hatte sich der Friedensnobelpreisträger zurückgezogen. Er war der Mann, dem die Deutschen maßgeblich ihre politische Einheit zu verdanken haben, war in seinen letzten Lebensjahren fast völlig aus der Öffentlichkeit verschwunden: Der Friedensnobelpreisträger lebte zurückgezogen in einer Datscha in einem Vorort von Moskau. Schon längere Zeit hieß es, es gehe ihm gesundheitlich nicht besonders gut. Der letzte Generalsekretär der KPdSU und erste Präsident der Sowjetunion leitete die Perestroika (deutsch: Umstrukturierung) und somit das Ende des kalten Krieges zwischen dem Westen und Osten ein. Am 1. November 1987 erschien in der UdSSR Michael Gorbatschows Buch Perestroika. Vier Jahre später, 1991, wurde Gorbatschow als Folge des Augustputsches entmachtet. Wie steht es um das historisches Ansehen dieses letzten Generalsekretärs und ersten Präsidenten der Sowjetunion? Stellt man diese Frage in Russland, fällt die Antwort wohl in den meisten Fällen eher negativ aus. Für viele Menschen gilt Gorbatschow als Verräter, der eine Supermacht auf dem Gewissen hat. Es hat auch etwas mit der aktuellen innen- wie außenpolitischen Situation Russlands zu tun. Bei den aktuellen Spannungen mit dem Westen wegen des Ukrainekrieges und der zunehmend schweren Wirtschaftslage wird die Sowjetunion zu einem historischen Sehnsuchtsort. Gerade Wladimir Putin wird immer wieder wie folgt zitiert: „Der Zerfall der UdSSR ist die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“. Es gibt natürlich auch andere Stimmen. Menschen, die vor allem an die Freiheit denken, die Gorbatschows Reformen den sowjetischen Bürgern gebracht haben. So hat der Friedensnobelpreisträger zu seinem 80. Geburtstag 2011, fast 20 Jahre nach dem Ende seiner politischen Karriere, vom Präsident Medwedew den höchsten Orden des russischen Staates zuerkannt bekommen. Heute wäre das bei der derzeitigen Stimmung in Russland undenkbar …

Es gab auch die Kehrseite Gorbatschows: Ethnische Konflikte und nationale Unabhängigkeitsbestrebungen in den sowjetischen Teilrepubliken versuchte er mit Gewalt zu unterdrücken, andere ignorierte er so lange, bis sie explodierten. Das macht Gorbatschow in vielen Nachfolgestaaten des Sowjetimperiums zu einer umstrittenen Figur, etwa in Georgien oder Litauen (welt.de, 31.08.2022). Ja, unter dem Strich war er – von russischer Seite betrachtet – der „Totengräber“ der Sowjetunion. Gescheitert ist er mit dem Ziel, das sowjetische Imperium zu erhalten. Die desolate Wirtschaftslage zwang den kommunistischen Machtblock letztlich in die Knie, gerade weil die von ihren Rohstoffverkäufen abhängige Sowjetunion durch den niedrigen Ölpreis kaum noch Einnahmen erzielte. Gorbatschow hat von Wirtschaftsfragen wenig verstanden, er war diesbezüglich wankelmütig und zaudernd
(Ignaz Lozo, „Gorbatschow. Der Weltveränderer“).

Aber: „Gorbatschow hat mehr als 164 Millionen Menschen in die Freiheit entlassen: 38 Millionen Polen, fast 16 Millionen Tschechen und Slowaken, 23 Millionen Rumänen, jeweils fast neun Millionen Bulgaren und Ungarn sowie rund 16 Millionen Deutsche in der DDR“ (Lozo, a.a.O.). Ja, wir Deutschen verdanken „Gorbi“ Freiheit, volle Souveränität und schließlich die Wiedervereinigung. Danke, Michail Gorbatschow! Requiescat in pacem!

Wär ́s ein Buch, es wäre leer.
Am Anfang weiße Seiten.
Das Licht der Welt entdecken,
Mach den Buchdeckel auf.
Die Freude des neuen Anfangs.
Feder und Tinte hinterlassen erste Spuren,
Prägungen unschuldigen Daseins.
Wille und Phantasie tragen uns.
Einzigartigkeit entfaltet sich.
Ungestört, blauer Himmel …
Andere betreten die Bühne,
Zweiter Akt, Bohlen knarzen.
Lektoren tun sich breit,
Beginnen mit dem Lesen.
Korrekturen, auf zum richtigen Weg!
Lerne das Schreiben,
Auf dass es passe in weiteren Kapiteln.
Nicht alles verkauft sich,
Was die Vorstellung wünscht.
Die Oberfläche, geputzt und blank …
Denn: im Regal stehen noch mehr.
Dicker, größer und vielleicht interessanter.
Bleibe in der Reihe!
Schreibe weiter; wer wird ́s lesen?!
Staub setzen wir alle an.
Das letzte Blatt, die letzte Seite …
vorbehalten einem Résumé.
Was fügt sich, worin lag der Sinn?
Wer entscheidet: der Stift,
Oder das Leben selbst?
Dachboden oder Flohmarkt?