Polens Verfassungsgericht ist seit Jahren nur noch der verlängerte Arm der Regierungspartei PiS, das Oberste Gericht ist auf dem Weg dorthin weit fortgeschritten. Schon urteilen dort neben alten, legal ernannten und unabhängig urteilenden Richtern 43 politisch kontrolliert ernannte, linientreue Richter einschließlich der selbst rechtswidrig ins Amt gekommenen Gerichtspräsidentin Małgorzata Manowska. Im September 2020 erklärten Richter (zeit.de, 02.03.2021) einer vom EuGH Monate zuvor verbotenen, weil politisch abhängigen Disziplinarkammer am Obersten Gericht, ein Grundsatzurteil des EuGH zum Rechtsstaatsabbau in Polen vom 19. November 2019 könne nicht für bindend auf Grundlage der polnischen Rechtsordnung angesehen werden.

Die Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit und des Zugangs zu einer unabhängigen Justiz gelten ausnahmslos für alle Mitgliedstaaten. Angesichts der großen Krisen von Brexit bis zur Corona-Pandemie besteht die Gefahr, dass die fortschreitende polnische Justizreform in den EU-Staaten nicht die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient.

Für die Regierung in Warschau mag dies von Vorteil sein. Sie hat ja öffentlich erklärt, dass Polen nicht unbedingt an die Entscheidungen des EuGH gebunden sei. Für die Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Europäischen Union ist die sogenannte Justizreform in Polen eine ernste Bedrohung.

Denn wenn auch in anderen EU-Ländern Regierungen mit einer ähnlichen politischen Ausrichtung wie die PiS-Partei an die Macht kämen, wäre die unabhängige Justiz in der gesamten EU in Gefahr. Wenn jeder Mitgliedstaat beginnen würde, den EuGΗ systematisch zu ignorieren, hätten die europäischen Werte für die EU selbst keine Bedeutung mehr.

Am Ende vergisst die polnische Regierung im Streit mit der EU etwas sehr Wichtiges: Die Implementierung europäischen Rechts und die Einhaltung von EuGH-Entscheidungen ist weder eine Geschmackssache noch eine Frage der Wahl nach eigenem Ermessen. Es ist eine Verpflichtung, die sich aus dem freiwilligen (dw.com) EU-Beitritt ergibt.

Deshalb fürchtet die polnische Regierung auch eine jüngst mit qualifizierter Mehrheit beschlossene Bindung von EU-Zahlungen inklusive Corona-Hilfsgeldern an rechtsstaatliche Prinzipien. Sind diese nicht gegeben, dann können EU-Gelder gekürzt oder gar insgesamt verweigert werden.

Ob es bei den systematischen Rechtsstaatsverstößen in Ungarn und Polen dann aber auch wirklich zu einer Mittelkürzung für diese Länder kommen wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Hürden sind extrem hoch: In jedem einzelnen Fall muss die EU-Kommission beweisen, dass ein spezifischer Verstoß auch die rechtmäßige Verwendung von EU-Geldern verhindert. Viele Rechtsstaatsverstöße werden damit von vornherein nicht erfasst. Aber mehr war politisch nicht drin. Dabei wird EU-Recht immer häufiger gebrochen, neuerdings auch in Slowenien.

In Wahrheit ist die neue, mit großem Getöse angekündigte Daumenschraube bei Rechtsbrüchen ein Placebo. Es ist bitter: Die Rechtsgemeinschaft EU wird auch künftig bei Fehlverhalten gegen ihre eigenen Fundamente ziemlich machtlos bleiben.

Als George Kennan – amerikanischer Diplomat – am 17. März 2005 verstarb, war er längst zu einem der einflussreichsten Karrierediplomaten der USA geworden. Wenige Diplomaten seines Landes haben die außenpolitische Strategiedebatte so intensiv beeinflusst, wie es ihm gelungen war. Nicht zu Unrecht betrachten viele Historiker ihn als einen der Väter des (vermeintlich) westlichen Sieges im Kalten Krieg. Aber die Grundthemen seiner historischen Mission sind heute die gleichen wie vor 75 Jahren: Wie sollen die USA mit einem kommunistischen, diesmal überdies auch noch ökonomisch außerordentlich erfolgreichen Herausforderer umgehen, und wie lässt sich Demokratie zu Hause und auf globaler Ebene stabilisieren?

China hat als Reaktion auf Sanktionen wegen der Unterdrückung der Uiguren am Samstag auch Strafmaßnahmen gegen Politiker aus den Vereinigten Staaten und Kanada verhängt. Betroffen von dem Einreiseverbot sind zwei Mitglieder der amerikanischen Kommission für internationale religiöse Freiheit, Gayle Manchin und Tony Perkins, sowie der kanadische Abgeordnete Michael Chong und der kanadische Menschenrechtsausschuss (faz.net).

Zuvor hatten nach der Europäischen Union und Großbritannien auch die Vereinigten Staaten und Kanada Sanktionen gegen China wegen des Vorgehens gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang verhängt. 

Die Konfliktlinien zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China nehmen immer schärfere Konturen an. Die USA setzen hierbei primär auf strategische Partnerschaften, China hingegen auf ökonomische Bindungen. Die Frage ist, was sich am Ende als wirkmächtiger erweist.

Die Chinesen wähnen die Geschichte auf ihrer Seite. Sie bauen darauf, dass das Gros der Staatenwelt die universellen Werte ablehnt, die Amerika verficht, und auch die Regeln nicht länger anerkennt, die von der westlichen Minderheit für die Weltordnung gesetzt worden sind. Sie verlassen sich darauf, dass Chinas Wirtschaftsleistung vor dem Ende des zwanziger Jahrzehnts die amerikanische übertreffen wird und das Reich der Mitte bis 2035 (zeit.de) technologische Dominanz in allen wesentlichen Sektoren einschließlich der Künstlichen Intelligenz erlangt. 

Allzu sicher fühlen sollten sich transatlantische Partner nicht, dass die USA ihre einstige Führungsrolle mit voller Kraft ausüben können. Schon früh in der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden zeichnet sich ab, dass er seinen Ansprüchen als Multilateralist nur zum Teil gerecht werden wird.

Das liegt zum einen an globalen Umständen, die jenseits von militärischen Konflikten schnelle Reaktionen erfordern. Doch die Welt verändert sich schneller, als Institutionen wie die NATO oder Formate wie G7 Schritt halten. Im Kampf gegen das Coronavirus herrscht „Impfstoffnationalismus“ (handelsblatt.com), und in der Abwehr von Cyberterrorismus zaudern die USA und Europa mit einer gemeinsamen Strategie, obwohl beide Kontinente betroffen sind.

Die eigene Stärke sollte Grundlage für machtpolitische Dominanz bleiben. Die kompromisslose Verfolgung nationaler Interessen und die Pflege von Allianzen sollten helfen, Verwerfungslinien im politischen System Chinas, insbesondere die Politik des Präsidenten zu benennen und zu kritisieren, ohne China als Ganzes anzugehen.

Es war immer die Frage:

Was wäre gewesen, wenn …?“

Versäumt und vorbei?

It´s all over!

Chance verpasst, oder?!

Es ist nie zu früh,

Immer zu spät!

Du stehst in der Tür,

Und es hält Dich zurück.

Was mag es sein?

Der Sommer der Verrückten.

Das ist lange her!

1969, die Zahlen sind anders.

Give peace a chance!“,

riefen sie seinerzeit.

Es war bunt und unbeschwert.

Wo sind sie alle hin?

Wir sitzen hier in unserem

Kleinbürgerlichen Milieu …

Und hoffen! Auf was oder wen?

Wir warten bis der Wecker klingelt

Und die Jalousien runtergehen.

Warten auf Godot

Oder wen auch immer.

Nur Hoffnung? Beweg Dich!

Die Erlösung ist weit weg,

Die Sünde ist nah.

Wir kennen sie beide,

Seit Urzeiten gepredigt.

Alles falsch!

Schöpfer kommt von „Schöpfen“.

Aus was schöpft er,

Aus welcher Quelle?!

Sie sprudelt immerzu,

Sind wir doch längst dran vorbei.

Blick aus dem Fenster,

Laubloser Baum im Wind.

Der Frühling wird kommen,

Mit ihm die Blumen.

Es ist in uns …

China hat sein Wort gebrochen …

1997 war das Jahr, in dem Großbritannien die ehemalige Kronkolonie an China zurückgab. Unter der Prämisse „Ein Land, zwei Systeme“ wurde den Menschen damals versprochen, dass sie ihre Freiheitsrechte und Autonomie auch unter chinesischer Führung noch lange behalten würden.

Peking unterwanderte die Verabredung, zuletzt griff es hart gegen die Demokratie-Bewegung in der Sonderverwaltungszone durch. Am 30. Juni letzten Jahres gipfelte das in dem neuen Sicherheitsgesetz, das de facto jede politische Verfolgung legitimiert. Weitere Maßnahmen folgten.

In Hongkong lebten Chinesen viele Jahre lang mit Freiheitsrechten nach demokratischen Standards. Die wenigsten können sich ein Leben ohne das vorstellen. 

Das sogenannte Nationale Sicherheitsgesetz hat den Brain Drain (tagesschau.de, 31.01.2021) aus Hongkong beschleunigt. Das Gesetz vom vergangenen Sommer ist der bislang weitestgehende Eingriff Pekings in die Autonomierechte der Stadt – und erlaubt deutliche Einschränkungen der Freiheitsrechte. Viele Menschen machen sich daher Sorgen um die Zukunft. 

International gab es scharfe Kritik am sogenannten Sicherheitsgesetz. Am weitesten geht Großbritannien mit den Einwanderungserleichterungen. Wer vor der Rückgabe Hongkongs an China – also vor 1997 – geboren ist, hat neben einem Hongkonger Reisepass auch Anspruch auf einen sogenannten BNO – einen britischen Überseepass.

Bislang waren damit nur kurze Besuche in Großbritannien erlaubt. Jetzt aber dürfen BNO-Inhaber bis zu fünf Jahre dort leben und arbeiten. Danach steht einem Antrag auf Einbürgerung nichts mehr im Wege. Wir erfüllen damit unsere historische Verantwortung gegenüber den Menschen in Hongkong“ (Dominic Raab, britischer Außenminister, Januar 2021).

China hat scharfe Kritik an einem britischen Einwanderungsprogramm geübt, das Hongkongern einen dauerhaften Aufenthalt im Vereinigten Königreich ermöglicht. Großbritannien versuche, eine große Zahl an Hongkongern zu britischen Bürgern zweiter Klasse zu machen (faz.net, 29.01.2021).

Die Regierung in London hat sich also entschlossen, nicht bloß diplomatisch zu protestieren, sondern sich etwas einfallen zu lassen. Wegen der kolonialen Vorgeschichte besitzen etwa 350.000 Hongkonger Pässe als britische Übersee-Bürger, und mehr als zweieinhalb Millionen (zeit.de, 10.07.2020) haben Anspruch auf diesen Status. Damit war normalerweise nicht das Recht auf Ansiedlung im Vereinigten Königreich verbunden.

Zwischen Loyalität und Rebellion schwanken die Hongkonger. Pekings Griff nach der ehemaligen Kronkolonie hat die Metropole zur Frontstadt zwischen den Blöcken, zwischen China und der westlichen Welt gemacht. Joshua Wong, einer der bekanntesten Führer der Demokraten, spricht von einem neuen Berlin“ (SPON).

Es geht uns im Moment nicht gut. Corona hat uns – auch wenn sich schon einiges bewegt hat, u.a. in puncto Impfung – nach wie vor fest im Griff. Wir jammern, es mag hierzu auch einigen Anlass geben. Die Aussichten sind momentan nicht ganz rosig.

Was wird aus dem Job, meinem Unternehmen? Erwischt mich oder jemand meiner Angehörigen und Freunde doch noch eine Corona-Mutante?

Gefühlt ging es uns noch nie so dreckig wie heute. Stimmt das? Ein Blick in die Vergangenheit lohnt immer! Wie war es denn so, heute, vor hundert Jahren?

1921 war kein leichtes Jahr: Der Erste Weltkrieg noch zu spüren, die Spanische Grippe am abklingen. Vor 100 Jahren war der Große Krieg etwas mehr als zwei Jahre vorbei, die Republik war gegründet. Hyperinflation, Weltwirtschaftskrise und Nationalsozialismus standen den Menschen noch bevor.

Die Goldenen Zwanziger waren noch nicht da, denn damit sind eigentlich nur die Jahre des Wirtschaftsaufschwungs 1924 bis 1929 gemeint. 100 Jahre später, im Jahr 2021, steckt Deutschland wieder in einer schwierigen Phase. Die Corona-Pandemie zeitigt viele Folgen.

Die Spanische Grippe der Jahre 1918 bis 1920 war kein großes Thema im Alltag, auch wenn in Deutschland etwa 300.000 Menschen daran starben, weltweit 25 bis 40 Millionen. Die Deutschen sprachen auch 1921 noch eher über die Kriegsfolgen und den Friedensvertrag von Versailles als über die Pandemie.

In der Presse stand wenig über die Spanische Grippe. Die Regierungen hatten verboten, darüber zu informieren, mit der Begründung, dass das die Moral der Bevölkerung schwächen würde. Das einzige Land, in dem ausführlich berichtet wurde, war das neutrale Spanien. So kam es auch zum Namen Spanische Grippe und dem Eindruck im Ausland, die Iberische Halbinsel sei viel stärker betroffen.

Nach den Ergebnissen der Sterbetafel für 1924/1926 hatten Männer damals eine Lebenserwartung bei Geburt von 56 Jahren und Frauen von knapp 59 Jahren. Nach den Ergebnissen der aktuellen Sterbetafel 2017/2019 betragen diese Werte mittlerweile fast 79 (Männer) beziehungsweise 83 Jahre für Frauen.

Am 15.03.1921 protestiert das Deutsche Reich beim Völkerbund gegen die Sanktionen der Alliierten im Ruhrgebiet (chroniknet.de), die in Folge der gescheiterten Londoner Konferenz eingeleitet wurden.

Gleichentags (a.a.O.) wird in Berlin der türkische Politiker Mehmet Talat Pascha von einem Armenier ermordet. Talat Pascha war als Großwesir 1917/18 maßgeblich an der Vertreibung der Armenier aus dem Osmanischen Reich beteiligt.

Viele Kinder waren nun Halbwaisen, da ihre Väter im Krieg gefallen waren. Sie standen jetzt mit ihren Müttern allein da. Jene bekamen etwas Geld vom Staat, was kaum ausreichte. Oft halfen die Kinder ihren Müttern. Auf dem Land arbeiteten sie auf den Feldern mit, in der Stadt mussten sie zuweilen Mülltonnen nach Essensresten durchsuchen. Manche Kinder bekamen ihre einzige richtige Mahlzeit am Tag in der Schule, wo Essen ausgegeben wurde. Viele der Kinder waren sehr schwach und oft krank.

Und gehen wir noch ein knappes Vierteljahr zurück: Am 22. Dezember 1920 (dw.com, 24.12.2020) wurde in Deutschland die erste Radiosendung ausgestrahlt. Das Interesse an dem neuen Medium war groß. Bald gab es Live-Berichte, Musikprogramme, Werbung – und schließlich politische Propaganda.

Ja, es gab auch Fortschritt, von welchem wir heute zehren …

Es geht uns nicht gut im Vergleich zu 2019 – aber sehr wohl gegenüber 1921!

In Beit Schemesch/Israel versuchte die Polizei vor Wochen, eine von Hunderten Ultraorthodoxen besuchte Hochzeit aufzulösen und wurde mit Steinwürfen vertrieben. In Jerusalem gossen religiöse Randalierer Zement auf die Gleise der Stadtbahn. Bei ihnen handelt es sich zwar nur um eine kleine Minderheit der Gottesfürchtigen. Der sephardische Oberrabbiner Jitzhak Joseph sprach von „Randalierern“, die „Gottes Namen entweihen“ (faz.net, 25.01.2021). Doch halten sich wesentliche Teile der strengreligiösen jüdischen Gemeinden nicht an die Corona-Bestimmungen. Auch wenn säkulare israelische Politiker meist darauf bedacht sind, nur einer Minderheit der Ultraorthodoxen die Schuld an Ausschreitungen und dem oft völligen Missachten der Corona-Regeln zu geben, tat die ultraorthodoxe Führung lange Zeit wenig gegen das Verhalten.

Während die Lage im ultraorthodoxen Israel und auf dem Arbeitsmarkt dramatisch bleibt, setzt das Land seine erfolgreiche Impfkampagne fort. Mehr als zweieinhalb der gut neun Millionen Israelis haben bereits eine Erstimpfung erhalten, mehr als eine Million bereits ihre zweite Impfung. Auch Teenager können mit Zustimmung ihrer Eltern mittlerweile geimpft werden. Dies scheint einem Bericht der Zeitung „Haaretz“ zufolge auch nötig, da Herdenimmunität in Israel erst bei 80 Prozent geimpfter Bevölkerung erreicht sei, weil die „britische“, ansteckendere Virus-Mutante auch in Israel längst angekommen ist. Ein großer Teil der infizierten Bevölkerung trägt sie bereits in sich. 

Israel impft zwar so schnell wie kein anderes Land gegen das Coronavirus. Die Infektionsrate ist aber ebenfalls auf einem weltweiten Rekordhoch. Etwa 40 Prozent aller Infektionen in Israel werden bei Ultraorthodoxen nachgewiesen. Obwohl die nur etwa zwölf Prozent der Bevölkerung ausmachen (deutschlandfunk.de).

Ein weiterer möglicher Grund für die hohen Infektionszahlen: Nicht überall wurden die geltenden Lockdown-Regeln beachtet und durchgesetzt. So kamen trotz Versammlungsverbot mehr als 10.000 strenggläubige Männer nach dem Tod von Meschulam Dovid Soloveitschik zusammen – ohne Abstand zu halten und meist ohne Maske. Erlaubt waren Treffen von maximal 20 Personen, doch das schien die Teilnehmer des Trauerzugs nicht zu interessieren (focus.de, 01.03.2021). Der Rabbiner war am 31. Januar gestorben – an den Folgen von Covid-19.

Israel setzt im Kampf gegen Corona extrem große Hoffnung auf die Impfungen – und kommt dabei besser voran als die meisten anderen Länder.

Israel hat sich dafür entschieden, das Vakzin nicht nur in speziellen Impfzentren zu verteilen, sondern auch in Krankenhäusern. Das Gesundheitssystem ist sehr breitflächig angelegt, so dass jede Nachbarschaft, jede Kleinstadt eine eigene Klinik hat.

Der große Vorteil: deutlich mehr Impfstationen und kurze Wege für alle Impfwilligen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich langfristig negative Folgen dieser Strategie zeigen werden. Sind Krankenhäuser mit Impfen beschäftigt, bleiben eventuell andere wichtige Behandlungen auf der Strecke.

International wurde Israel auch gerügt, weil die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen vom israelischen Impfprogramm weitgehend ausgenommen sind.

Während der Lockdowns in Israel verloren Hunderttausende Menschen ihre Arbeitsplätze, Unternehmen gingen bankrott. Die Öffentlichkeit reagierte außerdem verärgert auf die Missachtung der Restriktionen besonders unter den Ultraorthodoxen, die eine wichtige politische Stütze des Ministerpräsidenten bilden. 

Die Linksfraktion ist mit einer Klage gegen den Bundestag wegen dessen Rolle beim vorläufigen Start des europäisch-kanadischen Handelsabkommens CETA gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wies ihren Antrag als unzulässig ab. Die Fraktion habe weder eine mögliche Verletzung ihrer eigenen Rechte noch von Rechten des Deutschen Bundestags substanziiert dargelegt, sagte Vizegerichtspräsidentin Doris König bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe (Az.: 2 BvE 4/16).

Die Linke-Abgeordneten hatten beanstandet, dass der Bundestag im September 2016 auf Antrag von CDU/CSU und SPD zu CETA nur eine Stellungnahme und kein Gesetz beschlossen hatte. In dieser Stellungnahme erlaubte der Bundestag der Bundesregierung unter bestimmten Voraussetzungen, im EU-Rat die vorläufige Anwendung von CETA zu unterzeichnen. Die Linke sah dadurch das Grundgesetz verletzt. Es sei nicht sichergestellt, dass die EU nicht außerhalb ihrer Kompetenzen handle.

Knapp 98 Prozent der Zölle zwischen den beiden Volkswirtschaften der EU und Kanada werden mit dem geplanten Handelsabkommen CETA abgebaut. Das schafft neue Absatzmöglichkeiten für Waren und Dienstleistungen auf beiden Seiten des Atlantiks: Nicht nur für industrielle Produkte, sondern auch für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Anbieter von Dienstleistungen wie etwa im Post- und Telekommunikationsbereich werden mit CETA einen vereinfachten Marktzugang haben und auch im Bereich der Seeschifffahrt hat sich Kanada auf einigen Teilstrecken geöffnet (bmwi.de).

Der Entscheidung vorangegangen war eine grundlegende Frage. Gemäß Art. 23 Grundgesetz trifft den Bundestag eine Integrationsverantwortung, das heißt, er wirkt in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Daraus ergebe sich „das Recht, zugleich aber auch die Pflicht des Parlaments, seine Integrationsverantwortung effektiv wahrzunehmen“, betont das BVerfG. Was genau muss der Bundestag dafür tun?

Die Koalition aus CDU, CSU und SPD hatte am 22. September 2016 eine Stellungnahme zur vorläufigen Anwendung von CETA verabschiedet. Darin forderte der Bundestag die Bundesregierung unter anderem dazu auf, das Parlament zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit CETA weiterhin umfassend und frühzeitig zu informieren. Außerdem solle CETA als gemischtes Abkommen auf den Weg gebracht werden, das sowohl von der EU wie auch den Mitgliedstaaten abgeschlossen wird – so kommt es zu dem laufenden Ratifizierungsverfahren. Zudem sollte die Bundesregierung Ausnahmen von der vorläufigen CETA-Anwendung vereinbaren, insbesondere im Bereich des Investitionsschutzes. 

Nach Ansicht der Linken reichte das nicht aus. Erforderlich war ihrer Auffassung nach vielmehr ein förmliches Gesetz, also ein Mandatsgesetz, das der Bundesregierung vorschreibt, wie sie sich in den Verhandlungen und bei der Abstimmung im Rat zu verhalten hat. Zugleich betonten die Abgeordneten der Linken, dass sie die vorläufige Anwendung von CETA für einen Ultra-vires-Akt halten: Die EU handele außerhalb ihrer Kompetenzen.

Hier hakte der Zweite Senat in seinem am Dienstag veröffentlichten Urteil ein. Sollte es sich um einen Ultra-vires-Akt handeln, hätte ein förmliches Gesetz auch nicht weitergeholfen, befanden die Verfassungsrichter/-innen. Das Grundgesetz kenne gerade kein Mandatsgesetz, das eine Inanspruchnahme von Hoheitsrechten durch die Europäische Union oder andere zwischenstaatliche Einrichtungen ultra vires legitimieren könnte“ (lto.de)

Anders ausgedrückt: Nimmt die EU Hoheitsrechte war und überschreitet dabei die ihr vertraglich eingeräumten Kompetenzen oder berührt die Verfassungsidentität, dann handelt sie verfassungswidrig. Ein solches Handeln kann das Parlament aber nicht im Vorhinein legitimieren. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber dürfe die Bundesregierung schon gar nicht dazu ermächtigen, einem Ultra-vires-Akt zuzustimmen. 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen, so behandeln und beobachten. Das BfV darf auch nicht erneut eine Einstufung oder Behandlung als Verdachtsfall bekanntgeben. Das geht aus einem Beschluss des Kölner Gerichts hervor, der den Prozessbeteiligten am Freitag zugestellt worden ist (Beschl. v. 05.03.2021, Az. 13 L 105/21). Es war bereits der zweite Antrag der AfD auf Erlass einer Zwischenentscheidung, dem sogenannten Hängebeschluss, in dieser Sache.

Dem zweiten Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses hat das VG Köln nun stattgegeben. Zu Begründung erklärte das Gericht, es werde in unvertretbarer Weise in die Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen. Alles spreche dafür, dass sich das BfV nicht an seine  Stillhaltezusagen gehalten beziehungsweise nicht hinreichend dafür Sorge getragen hat, dass keine Informationen zu dem Verfahren nach außen gelangen.

Zudem habe das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seiner Entscheidung die Stillhaltezusage ausdrücklich dahingehend verstanden, dass nicht nur eine öffentliche Bekanntgabe etwa im Wege einer Pressemitteilung unterlassen werde, sondern jegliche in ihrer Wirkung gleichkommende Maßnahme der Information der Öffentlichkeit. In der Medienberichterstattung vom 3. März sei die Einstufung der AfD als Verdachtsfall durchgestochen worden, was dem BfV zuzurechnen sei. Dadurch habe das BfV die Vertrauensgrundlage mit dem VG Köln zerstört. Der Hängebeschluss sei notwendig, obwohl die Einstufung als Verdachtsfall nunmehr in der Welt sei. Denn mit jeder Verlautbarung vertiefe sich der Eingriff in die Chancengleichheit der politischen Parteien. 

Der Rechtsstreit geht schon länger. Ende Januar diesen Jahres hatte die AfD den gegen die Bundesrepublik Deutschland – vertreten durch das BfV – gerichteten Antrag gestellt, nicht als Verdachtsfall oder gesichert extremistische Bestrebung eingestuft oder so behandelt zu werden und dies öffentlich bekanntzugeben. Zugleich hatte sie beantragt, bis zu der Entscheidung über diesen Eilantrag einen Hängebeschluss zu erlassen. Diesen hatte das Gericht jedoch Ende Januar abgelehnt, nachdem das BfV eine Stillhaltezusage abgegeben hatte. Diese sah vor, dass sich das BfV bis zum Abschluss des Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht nicht öffentlich zu einer Einstufung äußere und bis zu einer Entscheidung auf den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zum Ausspähen von Abgeordneten und Kandidaten der AfD verzichte.

Die Beschwerde der AfD gegen den damaligen Beschluss des VG Köln Ende Januar vor dem Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos.  

Man muss nicht das Geringste für die AfD, ihre Mitglieder, Mandatsträger, ihre Wähler/-innen oder politischen Ziele übrighaben, um den Umgang des BfV mit der leider stärksten deutschen Oppositionspartei befremdlich zu finden. Die öffentliche Einstufung schadet ihr und das soll sie auch. Weil es darum derzeit noch ein laufendes Gerichtsverfahren gibt, hatte das Bundesamt zugesagt, sich dazu öffentlich nicht zu äußern.

Hier wird ein Missstand vor Augen geführt, von dem die Öffentlichkeit recht wenig weiß, weil namentlich viele Medien selbige vor ihm zu verschließen pflegen. Was wie investigative journalistische Recherche wirkt, ist nicht selten eine von vielfältigem Tauschhandel begleitete vertrauliche Kooperation zwischen Amtsträgern und ihren medialen Beobachtern (tagesspiegel.de).