Russlands Präsident Wladimir Putin hat im März diesen Jahres zwei neue Mediengesetze unterzeichnet. Auf einem Internetportal der Regierung wurde bekanntgegeben, dass die Behörden künftig hohe Geldstrafen gegen Medien für die Verbreitung mutmaßlicher Falschnachrichten verhängen können. Kritiker warnten vor Zensur und Einschränkungen für die Meinungsfreiheit.
Das erste Gesetz stellt Falschnachrichten unter Strafe, welche die öffentliche Sicherheit gefährden oder „massive Unruhen“ auslösen können. Was dabei als Falschnachricht eingestuft wird, kann die Staatsanwaltschaft entscheiden. Die Medienaufsichtsbehörde kann dann gegebenenfalls die Löschung von Nachrichten anordnen und Geldstrafen in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Rubel, umgerechnet 20.500 Euro, verhängen.
Ein zweites Gesetz sieht Bußgelder für die Veröffentlichung von Materialien vor, die Respektlosigkeit gegenüber dem Staat, seinen Symbolen oder Regierungsorganen ausdrücken. Wiederholungstätern droht eine Gefängnisstrafe von 15 Tagen.
Das Fake-News-Gesetz ist Teil einer neuen Strategie, um das Internet stärker unter die Kontrolle der Regierung zu bringen. Denn die russische Regierung arbeitet auch an einem Gesetz, laut dem der russische Internetverkehr nicht mehr über ausländische Server laufen soll.
Putin bewirbt solche Initiativen als Maßnahmen für ein „souveränes Internet“ (netzpolitik.org). Ein abgeschirmtes Netz solle vor Cyber-Angriffen durch fremde Mächte schützen (bloomberg.com). Dabei ist es offensichtlich, dass es vor allem um die Unterdrückung unliebsamer Stimmen im eigenen Land geht.
Es besteht somit nicht nur die Gefahr, dass staatliche Behörden schärfer gegen Kritik von Opposition und Aktivisten vorgehen werden und unliebsame Inhalte löschen. Auch die Arbeit von Journalisten wird erheblich betroffen sein. Mehr als hundert Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kritisieren das Gesetz in einer Petition als „direkte Zensur“, das gegen die Freiheit der Medien verstoße.
Genauso ist zu befürchten, dass Journalisten sich zunehmend selbst zensieren werden. Da sich die unabhängige Berichterstattung fast komplett ins Internet verlagert hat, wären auch sie durch das Gesetz betroffen und fürchten nun empfindliche Strafen.
Russland kam im März mit einer Gesetzgebung, die zum Negativbeispiel zum Umgang mit sogenannten „Fake News“ in anderen Ländern werden kann. Seit den großen Demonstrationen gegen Wahlfälschungen und Korruption in den Jahren 2011 und 2012 und seit der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ukraine waren in Russland schon eine Reihe von Gesetzen verabschiedet worden, um die freie Berichterstattung von Medien einzuschränken.
Der Straftatbestand für Hochverrat war 2012 wieder eingeführt worden, kritische Webseiten und Blogs werden seit 2014 wegen vorgeblichem „Extremismus“ von der Internetkontrollagentur Roskomnadzor gesperrt, seit 2015 dürfen ausländische Eigentümer nur noch maximal 20 Prozent an russischen Medien halten und seit 2017 werden ausgewählte ausländische Medien in Russland als „Ausländische Agenten“ (freiheit.org) gebrandmarkt.
Eigentlich sollte Roskomnadzor die technische Seite betreuen. Die Behörde, die mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattet wurde, soll nun nicht nur den Datenverkehr über eine eigene Zentrale überwachen, sondern wird den Providern auch Anweisungen geben, sämtlichen innerrussischen Internetverkehr im Fall der Fälle so zu lenken, wie es gewünscht wird: nämlich über Austauschknoten und Server im eigenen Land.
Bisher konnten sich Kremlkritiker noch weitgehend frei in den sozialen Medien äußern. Allerdings wurden inzwischen von der Medienbehörde rund 160.000 Seiten blockiert (SPON 11.04.2019) und Hunderte User verurteilt, weil sie Posts teilten, welche die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Moskau kritisierten oder angeblich die Kirche beleidigten.
20 Milliarden Rubel (275 Millionen Euro) waren für die Umsetzung des Gesetzes zunächst vorgesehen, inzwischen ist die Rede von 30 Milliarden (413 Millionen Euro) (SPON a.a.O.). Experten schätzen, dass die Maßnahmen noch teurer werden könnten.
Zensur kommt teuer zu stehen, in mehr als einer Hinsicht.