Februar 1933 wurde Yoko Ono, die berühmte Vertreterin der Fluxus-Bewegung, in Tokio geboren. 90 Jahre ist die Lady die Tage geworden, Zeit für einen Rückblick. An der Karriere von Yoko Ono kann man einiges über die US-amerikanische
Kunstgeschichte der Nachkriegszeit erzählen. Anfang der 1950er-Jahre kam die Tochter einer wohlhabenden japanischen Bankerfamilie nach New York und heiratete
dort den John-Cage-Schüler Toshi Ichiyanagi, mit dem sie bis 1962 zusammenblieb. Sie wurde Teil der Fluxus-Bewegung und machte Konzeptkunst, bevor sich der Begriff überhaupt etabliert hatte. Sie legte Leinwände auf den Boden, auf denen „A Work To Be Stepped On“ stand und die betreten werden durften. In ihrem „Cut Piece“ ließ sie sich 1965 vom Publikum die Kleider vom Leib schneiden und machte noch vor Performance-Pionierinnen wie Marina Abramovic oder Ana Mendieta den weiblichen Körper zu einem Austragungsort von Machtspielen. Im „Film No.4 (Bottoms)“ von 1966 filmte sie mit forschendem Interesse eine Reihe nackter Hintern berühmter Londoner Persönlichkeiten – ein Werk, das nicht nur einen leisen Humor mit Zen-Idealen paart, sondern auch eine unbeeindruckte Haltung gegenüber der Verehrung von Stars einnimmt. Auch die Installation “We Are All Water“ von 2006 zielt darauf ab, dass wir letztlich alle aus denselben, wenig glamourösen Zutaten bestehen (monopol-magazin.de).
Viele sehen sie nur als Witwe von John Lennon oder als die Frau, die die Beatles zerstört habe. Fans nannten sie die „böse Hexe im Beatles-Märchen“. „Ich bin in sie verliebt“, soll John Lennon Ende der 1960er Jahre der versammelten
Presse, während Yoko Ono daneben saß und zu diesem Thema schwieg. Schnell machte der Verdacht die Runde, der Musiker sei seiner sieben Jahre älteren Partnerin hörig. 1969 heirateten die beiden. Ein Jahr später kündigte Paul McCartney an, die Beatles zu verlassen, nicht ohne zu erwähnen, dass Johns Hang zu Yoko durchaus einen Anteil an seiner Entscheidung hatte (dw.com). Ob und wie weit sich die Bandmitglieder schon vor dieser Beziehung voneinander entfernt hatten, musikalisch wie menschlich, das blieb offen. Der Stempel, der Sargnagel der berühmtesten Band der Geschichte zu sein, trübt seitdem das Image von Yoko Ono.
Whatever happened …
Yoko Ono als Stereotyp für die ewig Schuldtragende, in direkter Ahnenreihe mit Eva: Als perfekter Sündenbock für die Katastrophe, die für Millionen von Musikfans das Ende einer der legendärsten Pop-Bands bedeutete, ist sie selber zu einem popkulturellen Phänomen geworden. „Yoko-Ono-Effekt“ (nzz.ch) heißt seitdem die Störung einer harmonischen Personenkonstellation durch einen fremden Eindringling
– jüngstes Beispiel: Meghan Markle. Ihr eingängiger Name, bestehend aus zweimal zwei Silben, klingt selber wie ein
Konzept: Die beiden chinesischen Schriftzeichen ihres Vornamens bedeuten „Kind des Ozeans“. Gelesen werden können sie aber auch als „Mädchen des Westens“ (a.a.O.). Und Yoko Ono ist immer beides gewesen: eine Person des Ostens wie auch des Westens, eine Japanerin und eine Amerikanerin – das Kind eben, das über den Ozean kam.