Liebe Petra,
Pragmatismus
Schön und gut, dieses Wort findet bei meinen politischen Artikeln oft einen bevorzugten Platz, aber heute versuche ich, mir zu überlegen, ob das noch Gültigkeit hat? Immer mehr muss ich feststellen, dass die Emotionen Priorität haben und das führt dazu, dass die Besonnenheit immer mehr in den Hintergrund geschoben wird, was nicht unbedingt der Sache dient, im Gegenteil. Woher kann das kommen? Die Prämissen der modernen Technologien verlangen nach einem klaren Kopf, bei dem jede Art von Improvisation das Aus bedeuten kann. Nicht wie in der Kunst, in der Literatur oder selbst in der Philosophie, bei denen die menschlichen Schwankung eingebaut sind. So wäre es auch mit der Politik, aber hier befinden wir uns auf einen schwankenden Boden. Ich stelle fest, dass wenn alles nach der Logik ginge, Emmanuel Macron keine solchen Schwierigkeiten hätte. Alles bei ihm resultiert aus einem mathematischen Gleichgewicht, aber wieder einmal erweist sich, dass das Leben nicht wie eine Gleichung betrachtet werden kann. Klar, um Frankreich aus seiner Krise zu ziehen, braucht das Land eine besser funktionierende Wirtschaft und alles muss getan werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Alles, was er unternimmt hat einen Sinn, aber dabei hat er vergessen, dass der Mensch nicht rational denken kann, wenn es um seine Existenz geht. Auch wenn seine Emotionen, sein Verderben sein könnten, wird er sie kaum abschalten können, wie es die Bewegung der Gelben Westen gezeigt hat und ist der Beweis, dass Pragmatismus alleine nicht greifen kann. Es geht auch um die Seelen, die – wie wir wissen – keine Logik kennen, wenn man sie baumeln lässt.
Der neue Élysée-Vertrag
Er soll am 22. Januar 2019 zwischen Frankreich und Deutschland in Aachen unterschrieben werden und er sieht vor, dass die beiden Länder wirtschaftlich noch enger verbunden, die Grenzregionen besser einbezogen werden und dass die Bildung auf ein gleiches Level gebracht werden soll. Was mir fehlt, ist die soziale Komponente. Um die Bürger zu gewinnen, muss in dieser Richtung mehr gehandelt werden. Ich befürchte, dass – in der zurzeit angespannten Lage -dieses Manko sehr angeprangert wird und mit Recht. Es kann kein europäisches Konstrukt geben, wenn die Belange der Menschen derart bei Seite gedrückt werden. Was mit den Gilets Jaunes passiert, sollte eine Mahnung sein, die Unterschrift dieses Vertragswerkes zu verzögern. Haben die Politiker noch nicht kapiert, dass es keine Wirtschaftspolitik ohne eine Harmonisierung der sozialen Fragen geben kann? Da geht um die Löhne, um die Renten, um die Gesundheit oder den sozialen Niedergang. Wenn das nicht einbezogen wird, da stoßen wir wieder an Grenzen, die weiterhin böses Blut verursachen könne, denn hier wird weder pragmatisch noch emotional geplant. Es handelt sich um einen fundamentalen Denkfehler und da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Widerstand auftaucht. Ich denke, dass es besser wäre, zuerst die Lage in Frankreich zu stabilisieren und aufgrund dessen das Verhandlungspaket neu zu öffnen, um eine herbe Niederlage zu verhindern. Wenn solch ein Abkommen halbherzig von der Bevölkerung aufgenommen wird, kann es zum Desaster führen und der Ruf könnte laut werden, dass Deutschland sich auf dem Rücken der französischen Arbeiter bereichert.
Die Freundschaft besteht nicht aus leeren Parolen
Manchmal habe ich es satt immer wieder schöne Worte zu hören, die keine andere Bedeutung haben als uns einzulullen. Wenn von der wunderbaren Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland die Rede ist, müsste sich noch viel ändern, vor allem das ständige Zögern der Bundeskanzlerin, die alles tut, um alleine ihre Interessen in den Vordergrund zu stellen. Sie hat dazu beigetragen, dass sich alles verzögert. Ich würde ihr auch eine Teilschuld geben, was den Gilets Jaunes angeht. Hätte sie die Option einer engeren Kooperation, wie es im neuen Vertrag steht, schon längst wahrgenommen, wäre es möglich gewesen, einige Schäden zu vermeiden. Eine Anpassung des Steuerrechts ist schon längst fällig, auch die der ganzen Sozialgebung. Ich kann sehr wohl den Frust von Emmanuel Macron verstehen, wenn es um das deutsch-französisches Verhältnis geht. Wenn wir den Neofaschismus in Europa eindämmen wollen, wäre Mut angesagt. Ich verstehe Angela Merkel nicht, sie hat gar nichts mehr zu verlieren und endlich die Zeit mehr Mumm zu zeigen. Ich habe den Eindruck, dass der Wille einfach fehlt. Eine minimalistische Methode Europa aufzubauen, die ich mehr als verurteile. Die widert mich ganz einfach an. Es ginge darum, die derzeitige Bundespolitik drastisch zu verändern und immer mehr vertrete ich die Meinung, dass die Kanzlerin noch vor dem Ende der Legislaturperiode abdanken sollte. Sie ist nur noch eine Bremse und das schadet uns allen.
Und die SPD in Sachen Europapolitik?
Sie soll mir gestohlen bleiben! Neben schöne Parolen, nur heiße Luft. Das sage ich als Mitglied und bin stinksauer, glaubt mir. Auch diese Partei duckt sich, was Europa angeht, und das vor dem Populismus! Nur nicht anecken, anstatt bewusst in die Offensive zu gehen. Nach der großen Europa-Rede von Emmanuel Macron am 2. September 2017, hätte die SPD, trotz Wahlkampf, seine Gedanken offensiv aufnehmen sollen. Da das Wahldesaster schon fest lag, war nichts mehr zu verlieren. Ich hätte endlich den Eindruck gehabt, es mit Menschen mit Rückgrat zu tun zu haben. Es ist besonders schmerzhaft, wenn es um Genossen geht, denen man nahe steht und ich habe den Eindruck, dass sie nichts dazu gelernt haben und das kotzt mich an. Auch sie sind Meister geworden, wenn es um leere Floskeln geht. Ich stimme Frau Nahles zu, wenn sie um das soziale Europa ringt. Aber warum ist sie nicht nach Paris gefahren, um den gedrängten Präsident Hilfe anzubieten? Ihn auf eine Art deutsch-französische soziale Charta einzustimmen? Und dann sie als Bedingungen für das Überleben der großen Koalition zu machen? Aber nein, man zaudert weiter, das ist absolut beschämend und zeigt, dass man es mit Angsthasen zu tun hat. Ich weiß manchmal wirklich nicht, was ich in solch einem Larven-Verein verloren habe? Niemand sollte sich wundern, dass Salvinis die Macht übernehmen werden. Schluss, ich würde mich noch verleiten lassen, Grausames zu schreiben. Ich koche vor Wut. Nicht sehr pragmatisch, nicht wahr?
Das Gedicht
Ich bin nur aus Haut und Knochen. In mir
fließt Blut, und es kocht! Ich habe es satt,
die Vernunft zu verkörpern, schöne Gedanken
zu verzapfen, die meinen Gefühle widersprechen.
Und doch kann ich nicht anders handeln, als an
die Vernunft zu appellieren, sonst hätten wir Krieg.
Bedeutet das alles zu dämpfen, zu verstehen, zu
befürworten? Deutschland hat Emmanuel Macron
im Stich gelassen und das aus Angst vor den
Populisten. Eine Schande, der Ausdruck der Feigheit,
die in diesem Land herrscht.
Die Märtyrer der SPD, während der Hitler-Zeit, fragen
sich sehr wahrscheinlich, was aus ihrer Partei geworden
ist? Ein angepasster Verein, von Ja-Sagern, die ihr Rückgrat
in der Garderobe liegen haben lassen. Haben sie den
Verstand verloren, als Wegbereiter der Populisten, durch
ihre Feigheit zu agieren? Als Uraltes-Gestein der Sozial-
Demokraten fühle ich mich von der Partei irgendwie
verraten. Haben wir es mit selbstgefälligen Figuren zu tun,
die sich nur sehnen, ihre Fresse in die Kameras zu zeigen?
Es tut weh, es zermürbt mich… wurde ich von meinen Idealen
geblendet oder leide ich heute an Demenz?
Bist du bereits Mausetot SPD?
Schadenfreude ist unangebracht, liebe Deutsche.
Wenn Emmanuel Macron scheitert, scheitert
die Bundesrepublik, kapiert?
Ihr glaubt nicht, dass dies der Fall ist, sonst würdet ihr
ihn unterstützen. Was hier passiert, ist nicht nur der
Fehler einer Regierung, das ist eine Grundeinstellung,
die mir viel Sorgen macht. Deutschland über alles,
aber das hat nie geklappt, heute weniger denn je!
Ohne Europa ist der Niedergang angesagt, so ist es
ihr Weicheier. Merkt ihr nicht, dass wir vor dem Abgrund
stehen? Desto mehr wenn Frankreich herunterkippt.
Und dann lebe wohl, Kanzler Gauland!
Ob es ein gutes Jahr wird, wird sich zeigen. Wenigstens bin ich kämpferisch.
Im umarme dich!
Pierre
//pm