Lieber Pierre,

in den sozialen Netzwerken ist unter dem Hashtag #Thisisacoup ein reger internationaler Austausch, der die Gemüter erhitzt. Die Debatte, zäh wie Kaugummi, ein Hin und Her, aber von großer, richtungsweisender Bedeutung. Ein Land der EU ist pleite (die Gründe kennen wir alle ausreichend) und wir schießen Milliarden in die Rettungs-Zahlungen, um zu helfen. Vordergründig betrachtet. Helfen würde diesem Land nur Reformen und konstruktive Vorschläge zur Gesundung. Was hier passiert, sehe ich eher als eine Diktatur der finanzstarken Partner und Tzipras versucht, ihnen die Stirn zu bieten. Versucht es zumindest und kämpft als einer der Ersten, der auch das junge Volk anspricht, um sein Land und Leute. Ich gebe zu, er ist auch zähflüssig und es geht hin und her mit den Absichten. Tatsache ist, dass Europa und speziell das Ansehen Deutschlands schwer gelitten hat. Viel Schaden hat sowohl Tsipras´ Verhalten als auch die harten Forderungen Deutschlands angerichtet und das große Drama wird noch lange nicht vom Tisch sein. Milliarden werden an einen Pleitestaat überwiesen und diese werden sie nie zurückzahlen können. Die Eurokraten feiern das in Brüssel als einen Sieg?! Ich kotze, Verzeihung, lieber Pierre. Schamloser kann man sich und andere nicht belügen. Wenn nun die Stimmen laut werden, wir würden Milliarden in einen Pleitestaat investieren, dann sage ich das ist nicht wahr. Mithilfe des missbrauchten Namens „Hilfe“ werden Milliardenkredite tatsächlich zur Ablösung alter Milliardenkredite gebraucht und genutzt! Dem Land Griechenland dürfte das keinesfalls helfen, den Deutschen auch nicht, der EU auch nicht. Wem hilft es tatsächlich? Genau denen, die an diesen Krediten verdienen! Traurig, aber wahr.
Das Ganze ist ein schwer erniedrigender Batzen von angeblichen Hilfeleistungen für den/die stolzen Griechen, ein Pokern mit Milliarden und Griechenland wird in meinen Augen gefoltert. Das sage ich aus Überzeugung und denken wir an den Privatisierungsfonds – kontrolliert von den Gläubigern selbstverständlich – dann sprechen wir nicht mehr von Demokratie sondern von einem kreditwuchernden Konglomerat und die Vergangenheit lässt grüßen. Tzipras in die Knie zwingen, um jeden Preis, lautet die Devise. Er ist nicht schuld an den Versäumnissen seiner Vorgänger, das müssen wir einmal klar sehen.
Was Wolfgang Schäuble da tut? Für mich ist er ein Drecksack, ein frustrierter Drecksack, die größte Bedrohung Europas! Er weiß genau, dass er Finanzminister des mächtigsten Staates in Europa ist und man kann ihm kaum etwas entgegensetzen. Unsympathisch, aber sicher gut ausgebildet und klug, das ist er wohl. Er zollt Griechenland keinen Respekt, er fordert und setzt seine Interessen in einem Ton um, der jenseits von Ethik, Respekt und Anstand ist. Diplomatie ist das jedenfalls nicht. Wäre Merkel nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt, würde sie ihn feuern und zwar sofort. Aber, lieber Pierre… sie spielen so gerne und mischen die Karten, die feinen Demokraten unseres Landes. Die Gezinkten verstecken sie hinter dem Rücken und auch Brüssel klatscht in die Hände, wenn sie ein Land in die Knie zwingen. Gemeinschaft? Europa? Das dürfte nicht aufgehen, diese einst gut gedachte Union, in der man sich gegenseitig hilft. Fairness wäre die Voraussetzung und die hieße: An den Tisch zusammen mit der Regierung Griechenlands setzen und ihnen wirklich helfen, anstatt n i c h t m e h r als Kredite als Zeichen der Solidarität zu offerieren. Prima Hilfe, wenn sie dann noch Erpressungsversuchen ähnelt. Wir erinnern uns: Griechenland hat den Deutschen 1953 seine Schulden erlassen.
Mögen die Deutschen verstehen, dass Schäuble eine Kanone gegen den Frieden ist, ebenso wie Merkel, wenn sie nicht fähig ist, die Fehler ihres Finanzministers zu erkennen und entsprechend zu handeln. Hilfe sieht für mich anders aus als Macht, Druck und der Einstellung „tue, was wir diktieren oder verrecke.“ Sagte Schäuble nicht so ungefähr genau das, als er von Grexit auf Zeit sprach. Es interessiert ihn doch nicht wirklich, was mit Griechenland und mit Europa passiert.
Herzliche Grüße aus der Hitze Frankfurts,
der Metropole des Geldes und der Banken (inkl. EZB)

 

© Petra M. Jansen
http://jansen-marketing.de

Liebe Petra,

die Griechen nerven mich, aber auch Wolfgang Schäuble mit seinem Grexit auf Zeit. Das ist eine total bescheuerte Lösung. Um wieder zur Drachme zu kommen, bedarf es eines riesigen Aufwands und das für ein Geld, was nichts wert ist! Die Preise würden drastisch sinken – gut für die Touristen, aber auf der anderen Seite, würden die Importe so teuer sein wie noch nie und damit würde sich das Land kaum erholen. Aber daraufhin wollte ich nicht kommen, viel mehr, dass manchmal das Schweigen eine Tugend sein könnte. Unser Finanzminister kann leider nicht mehr seine Klappe halten und das ist für Europa schädlich. Ich habe totales Verständnis, dass er sehr durch die hämische Satire in Griechenland verletzt ist, mehr noch, dass er sich diffamiert fühlt, aber er hat mit Sicherheit etwas dazu beigetragen. Mit seinem Gehabe kommt er nicht gut an, denn einen Oberlehrer brauchen wir nicht! Dass seine Äußerungen als Diktat empfunden werden, auch wenn das ungerecht ist, sollte ihn zum Nachdenken bringen. Hier geht es nicht um seine Kompetenzen, die groß sind, es geht vielmehr um das „wie“. Und dieses „Wie“ ist mehr als unangenehm, denn das schadet der Bundesrepublik und erweckt Erinnerungen aus der Vergangenheit.

Ich weiß, dass der glühender Europäer und Demokrat, der Wolfgang Schäuble ist, es nicht so gemeint hat. Er will sich keineswegs nur als einen Besserwisser darstellen und seinen Willen mit der Brechstange durchsetzen, wie oft in Griechenland behauptet wird und wer ihn besser kennt, weiß das. Aber seine schroffe Art kommt bei unseren Nachbarn nicht gut an und wird allmählich zum Problem. Ich denke, liebe Petra, dass der Druck, dem er ausgesetzt ist, ihn so reizt, dass er gar nicht anders mehr kann und dazu kommt die brachiale Energie, die er vorbringen muss, um gesundheitlich zu bestehen. Ich habe sehr großen Respekt vor seiner Disziplin und finde sie beispielhaft. Ist das aber der Grund, warum er immer mehr stichelt und provoziert? Das kann ich sehr gut verstehen aber stelle mir die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn er irgendwann ausscheiden würde? Ich bin vier Jahre jünger als er und kann mir sehr wohl vorstellen, was in ihm so vorgeht. Nicht ohne Schaden ist die herbe Kritik an ihm vorübergegangen und als SS dargestellt zu werden hat ihm mit Sicherheit stark zugesetzt. Es ist nicht erstaunlich, dass er die Griechen nicht in seinem Herzen trägt, aber mit seinem Groll hilft er nicht, mehr Lösungen zu finden.

Liebe Petra, zu oft vergisst man, dass Politiker nur Menschen sind. Ich versuche es nicht zu tun, aber es gibt leider Prioritäten, die eingehalten werden müssen. Persönliche Empfindsamkeiten haben im staatlichen Alltag nichts zu suchen und so wütend man sein mag, dies darf nicht Überhand nehmen. Ist das der Fall, muss gehandelt werden. In diesem Sache sollte sich Frau Merkel die Frage stellen, ob ein anderer Ton nicht geeigneter sei. Natürlich sind die Äußerungen von einem Alexis Tzipras nicht besser, aber warum sollte man diesem Beispiel folgen? In der Diplomatie sind leise Sprüche angebrachter, denn nur eines zählt am Ende: das Ergebnis. Mit dem Abkommen mit dem Iran, hat die Welt feststellen können, was Ausdauer bedeutet. 12 Jahre lang wurde hartnäckig verhandelt und dann die Unterschrift. Das ging relativ leise vor sich, was der Sache diente. Das Gleiche sollte wieder in Europa einkehren und ich hoffe, dass Wolfgang Schäuble dies einsehen wird. Politik besteht bei weitem nicht nur aus Sachlichkeit, auch die Stimmung und die Empathie spielen dabei eine essentielle Rolle. Ich habe meine Zweifel, dass unser Finanzminister in der seelischen Lage ist, sich zurückzuhalten. Bei jeder Provokation wird er explodieren. Das würde ich vielleicht auch tun, wenn ich der Häme so ausgesetzt wäre.

Nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches war es klar, dass Deutschland sich sehr zurücknehmen sollte, wenn es um internationale Politik geht und das wurde Jahrzehnte lang eingehalten. Es darf nicht mehr dazu kommen, dass erneut ein Gefühl der Arroganz aufkommt, deshalb wünsche ich es mir sehr, dass Wolfgang Schäuble seine Aussagen ein wenig zügelt. Wenn nicht, ist er fehl am Platz!

In diesem Sinne,

alles Liebe aus dem warmen München
Pierre
//pm

Lieber Pierre,
es sind vielmehr die Verflechtungen und Dinge, die wieder hinter den Kulissen ablaufen, was dem investigativen Journalismus einen Strich durch die Rechnung macht. Vielerlei Gründe spielen dabei eine Rolle: Tatsache ist, dass Journalisten von der Industrie „geschmiert“ werden. Beispiel: Testfahrzeug Typ XX wird dem Journalisten eines Autojournals kostenfrei für eine begrenzte Zeit zur Verfügung gestellt. Eine nette Einladung für einige Tage Probewohnen im 5-Sterne-Hotel „Karibik“ lockt den Reisejournalisten. Klar, berichten die nur Gutes. Sicher würden Journalisten gerne ehrlicher berichten, wäre da nicht oft der Chefredakteur mit den Worten „da sind wir zu weit links, zu weit rechts…es würde unsere Werbepartner verprellen.“ Schließen wir nicht die Augen vor solchen nahezu korrupten Machenschaften. Erschwerend kommt hinzu, dass heute Geld für eine ausführliche Recherche fehlt. Es arbeiten weniger Journalisten für weniger Geld an mehr Informationen und Artikeln, ohne gezielt recherchiert zu haben (Zugriff auf sogenannte „Pools“). Laut Verfassung gibt es keine Medien- und Pressezensur, so steht es zumindest geschrieben. Aber was ist das Blatt wert, wenn die Blätter allesamt keine Eier in der Hose haben, wenn es um eine wirklich knallharte, objektive Berichterstattung geht? Die Presse ist in vielerlei Hinsicht abhängig und verflochten, was selbstverständlich Einfluss auf die allgemeinen Fernseh- und Rundfunkmedien hat. Wie ich sagte, es ist zum einen die ökonomische Abhängigkeit (Anzeigen-/Werbekunden), dann die politischen Abhängigkeiten (Medienleute und Journalisten werden zu Komplizen gemacht). Es bildet sich eine regelrechte Szene, man geht zu gemeinsamen Empfängen und Partys, egal welches Blatt dort vertreten ist. Jeder kennt jeden und die heiraten sogar manchmal, wie der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schröder und seine Focus- /BILD- Journalistin Doris Köpf. Und seitdem Schmidt nicht mehr das Amt des Kanzlers bestreitet, ist er Herausgeber des sehr einflussreichen Blatts „Die Zeit“. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen Medien/ Presse und Politik bzw. Wirtschaft, darüber sind wir uns im Klaren. Genau, das was nicht passieren sollte, geht nahtlos über in einen gemeinsamen Scheißhaufen, der sich nach vielen Seiten richtet, wo es halt am erträglichsten ist. Und zu guter Letzt spreche ich von der Zielgruppe eines Blatts oder einer Sendung: es sollte so sein, dass die Medien das Publikum beeinflussen, aber es ist andersrum. Das Publikum hat großen Einfluss auf die Berichterstattung und die erscheinenden Artikel/ Reportagen. Was nicht geguckt wird und hohe Auflagen/ Einschaltquoten garantiert, wird umgemodelt, zensiert oder geändert – oder gar nicht erwähnt und fällt unter den Tisch. Deutsche Schlagzeilen bestehen aus dem Stoff, der die Massen aufrührt und die Zielgruppe erwischt. Das gibt sicher kein Journalist zu, kann er auch nicht. Aber wenn das hier einer lesen sollte, bitte an die eigene Nase fassen und sich hinterfragen, ob es wirklich dem Berufsethos entspricht, was man da tut. Wahrheiten bedeuten in jedem Fall keinerlei Unterordnung, keine Angst, sehr viel Mut und mit Sicherheit – zieht man das durch – hat man eine schwere Aufgabe. Manche bezahlen es mit dem Leben oder werden verfolgt. Nimm Edward Snowden, lieber Pierre. Ich ziehe meinen Hut vor ihm und …tja, es stimmt, was Du über mich schreibst… man wird verarscht, Rebellion wird bestraft und man kann sich nicht einmal outen. Tut man es, ist man fast tot in Deutschland…

herzliche Grüße und geh einfach nicht mehr hin zu diesen Versammlungen, wenn Du nicht kotzen willst. Es ist ohnehin eine Farce.

Petra

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

vor ein paar Jahren habe ich im Presse-Club in München, deren Mitglied ich bin, eine Diskussion organisiert mit dem Thema Meinungsfreiheit. Nur einige Kollegen kamen trotz intensiver Werbung, was ich beschämend fand. Hatten sie Angst, sich zu outen, dass man sie als Störenfried betrachten könnte? Ich kann nur feststellen, dass die Scheren-Industrie bei den Journalisten immer mehr Umsätze macht, da sie sich freiwillig kastrieren. Bei der Debatte mussten wir konstatieren, dass sie immer mehr unter Druck gesetzt werden und wenn sie trotzdem „aus der Reihe tanzen“, rausgeschmissen werden. Früher nahm man seinen Hut und ging zur nächsten Zeitung oder Fernsehanstalt, wo man gute Chancen hatte, einen Job zu finden. Heute sind diese Aussichten stark vermindert, da die Investoren oft die gleichen sind, egal welche Couleur die Zeitung hat. Ein richtiger Supermarkt, bei dem jeder Klient sein Produkt finden kann. Der verbrannte Journalist hat daher oft nur eine Alternative: stempeln gehen. Mit der Absicht, den Springer-Verlag mit Pro7/Sat1 zu fusionieren, verstärkt sich dieser Prozess der Intoleranz. Ich kann nur hoffen, dass das Kartellamt das nicht schlucken wird, sonst wäre das einmal mehr einen Beitrag zur Volksverdummung.

Es wäre nicht gerecht, den einfachen Journalisten alleine zu verdammen, denn er muss sehen, dass er die Kröten verdient, um seine Familie zu ernähren. Plappert er zu viel, aus mit dem kleinen Wohlstand! Es geht vielmehr darum, dass die „Konsumenten“ ihre Stimme gegen die Platituden, die die Presse verzapft, erheben. Ihre Rolle wäre die Politik unter Druck zu setzen und zu verlangen, dass das Recht auf freie Meinung, wie es im Grundgesetz steht, wirklich eingehalten wird. Es genügt nicht, kein Geld mehr in Zeitungen zu investieren, um seiner Wut Ausdruck zu geben. Was mit der Presse passiert, ist auch bei jedem unter uns festzustellen. Es geht immer nur um das große Geld. Wenn wir nicht passen, werden wir erdrückt und wegrationalisiert. Es ist also die Rolle des Bürgers, sich gegen solch einen Trend zu wehren, mehr noch, neue Wege zu ebnen. Wie du siehst Petra, ist das ein Politikum. Ich befürchte nur, dass wir sehr weit davon entfernt sind. Ich lebe, wie du weißt, in der Nähe der Uni in München – seit Jahren herrscht dort eine Friedhofs-Ruhe. Kein Student wagt sich mehr auf die Straße, um persönliche Forderungen publik zu machen. Zu groß ist die Befürchtung, dass solch eine Präsenz, der Karriere schaden könnte. Anders wenn es um die Welthungerhilfe oder den Umgang mit Ausländern geht. Da eine Mehrheit dahinter steht, hat man nichts zu befürchten. Die 68ziger sind weit, sehr weit entfernt und auch hier ist der Trend der Uniformität voll im Gange.

Du gibst als Beispiel deine Tattoos, liebe Petra. Ich habe dazu eine bestimmte Meinung. Heute ist fast jeder Zweite damit „dekoriert“ und das ist für mich OK, solange es kein geistiger Missbrauch ist. Es ist kein Zeichen des Protests mehr, nur noch eine Mode. Alleine eine Flagge zu tragen, reicht nicht aus, es muss mehr dahinter stecken. Ich weiß, dass es bei dir der Fall ist, aber du bist eine Ausnahme. Auch in der Rockszene gibt es eine Großzahl von Spießern, die sich jedes Wochenende, wie im Maskenball verhalten. Wären sie bereit, die Gesellschaft umzukrempeln, wie es in diesem Milieu einmal gedacht war? Ich habe daran meine Zweifel, wie bei den Journalisten auch. Wir sind in einem Zeitalter, in dem der Anschein mehr wert ist, als eine innere Gesinnung und fast niemand ist bereit, sich für eine Idee prügeln zu lassen. Auch hier die totale Anpassung, die weder mit den Klamotten, noch mit den Tattoos vertuscht werden kann.

Du gehörst nicht dazu und musst es leider ertragen, verarscht zu werden. Gerade von denjenigen, die sich als besonders sozial und tolerant empfinden. Ich persönlich bin lieber mit harten Brocken konfrontiert als mit den Chamäleons, die sich immer wieder anpassen. Aber es ist mir auch bewusst, dass eine ständige Revolution nicht zu unserem Wesen passt. Sie kostet viel Kraft und ist daher so inexistent in unserer Gesellschaft. Fast jeder scheut sich vor dem Risiko. Schade, schade.

In diesem Sinn liebe Petra,

herzliche Grüße aus München

Pierre

//pm

Liebe Petra,

was gibt es Wertvolleres für einen Intellektuellen oder einen Künstler als die Meinungsfreiheit? Immer wieder steht sie in der Schusslinie von Menschen, die einen Hang zur Macht haben. Der schrecklichste Angriff gegen dieses hart erkämpfte Gut, war das Attentat gegen Charly Hebdo. Hier wollten die Täter die Geistesfreiheit mit einem Maschinengewehr ausschalten. Ohne aber Blut zu vergießen, wächst der Hang zur Intoleranz und dieser Tage gab es dazu ein neues Beispiel aus Frankreich. Der Hauptaktionär eines kommerziellen Fernsehsenders wollte eine satirische Sendung, die einen Kultcharakter hat, killen, aus welchem Grund auch immer. Er ist einer der Barone der französischen Wirtschaft und übt sehr viel Macht aus. Die Reaktion dagegen war mehr als positiv. Die Politik, die von den „Guignols“ scharf attackiert wird, stemmte sich gegen diese Absicht und zeigte Solidarität zu den Machern. Von François Hollande, der die Satire als ein nationales Kulturgut beschreibt, bis zum ehemaligen konservativen Premier, Alain Juppé, alle protestierten. Dazu auch zehntausende Zuschauer, die dem Sender eine Petition zukommen ließen. Der Entschluss die Sendung aus dem Programm zu nehmen, wurde einen Tag später rückgängig gemacht und ist der Beweis, dass es sich lohnt, für die Freiheit zu kämpfen.

Die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, wenn es um Geld geht. Der Starfotograf Juergen Teller hat in einem Interview des SZ-Magasins gesagt: (Zitat) „Die Freiheit stirbt in der Sekunde, in der du einen kommerziellen Job annimmst“. Diese Behauptung hat ihre Richtigkeit. Aber Teller hat auch bewiesen, wie man sich gegen solch eine Tatsache verhalten kann. Als Kontrapunkt zu seinen beruflichen Aktivitäten, macht er große künstlerischen Aktionen, wo er sich oder andere in Szene setzt, wie zum Beispiel die fotografische Reihe, in der er Nacktaufnahmen von Charlotte Rampling oder sich selbst veröffentlicht. Auch wenn ich bedaure, dass es keine totale Freiheit bei Auftragsproduktionen geben kann, sehe ich in diesem Beispiel ein Ventil für seine Selbstverwirklichung. Anders zum Beispiel in China, wo große Künstler wie Ai Weiwei in Hausarrest gesteckt werden, weil sie ganz einfach das Regime stören. Solch eine Entwicklung, liebe Petra, nimmt mehr und mehr Überhand und muss abgewandt werden. Was den Künstlern widerfährt, kann eines Tages den einfachen Bürger erfassen und wenn der Geist angegriffen wird, ist es das Ende der Demokratie und des Friedens. Dann ist der Weg zur entarteten Kunst oder zur Vernichtung einer uralten Kultur durch die IS in Mossul oder anderswo geebnet. Er hat immer als Ziel, die Unterdrückung von Menschen um Macht zu beweisen.

Ich habe persönlich immer vehement für meine Meinungsfreiheit gekämpft und das mit einem gewissen Erfolg. Wenn der Versuch unternommen wurde mich einzuschränken, habe ich immer das Grundgesetz zitiert, in dem die freie Wortwahl als Stütze unserer Demokratie bezeichnet wird. Niemand konnte mich biegen und darauf bin ich gewissermaßen Stolz. Aber liebe Petra, im Detail steckt oft der Wurm. In dem Augenblick, in dem man finanziell abhängig ist, werden viele vorsichtiger und kastrieren sich selbst, das nennt man im Fachjargon die Schere im Kopf. Das ist eine schleichende Eigenzensur, die höchst pervers ist. Ich weiß nicht wie ich es geschaffen habe, davon keinen Gebrauch gemacht zu haben, vielleicht war ich zu blauäugig. Ich habe mir nie so sehr Gedanken über die persönliche Konsequenzen gemacht, und das auch, wenn meine Familie sehr darunter gelitten hätte. Ich habe drei Jobs aus prinzipiellen Gründen an den Haken gehängt und das mit Frau und Kind. Ich war nie bereit, Kröten zu schlucken und bin es heute auch nicht! Auch wenn es dem Geschäft schaden würde, werde ich niemals meinen Geist aus opportunistischen Gründen in den Müll werfen, glaube mir!

Noch eines, Liebe Petra, wenn alles in dieser Welt so schief geht, liegt es daran, dass sich immer mehr Menschen anpassen und fatalistisch alles über sich ergehen lassen. Es ist unsere Aufgabe uns als Literaten oder Journalisten gegen die Willkür zu stemmen, zu kämpfen. Wir können nicht neutral sein.

In diesem Sinne

Herzlichst,
Pierre
//pm

Liebe Petra,

die Politiker geben uns nicht immer Anlass zur Freude, da widerspreche ich dir nicht. Sehr viel mehr macht mir das Volk zu schaffen. Es ist zurzeit völlig vom Konsum verseucht und wirkt zu oft passiv. Zugegeben es gibt Ausnahmen, wie die Anti-Pediga-Demonstrationen es gezeigt haben, aber das sind für mich Lichtblicke in einer verödeten Landschaft. Die Energie-Debatte zeigt, wie der Egoismus Vorrang hat, wenn es um Fragen geht, die eine ganze Nation angehen. Das Beispiel Bayern ist eklatant. Die Landesregierung weigert sich den Zugang von Stromtrassen zuzulassen, die den Ökostrom, der in den Windanlagen in der Nordsee erzeugt wird, in den Süden der Republik zu befördern. Das soll Hessen und Baden-Württemberg erledigen. Das ist wahrhaftig eine solidarische Haltung, eher Bauchnabel-Populismus, so würde ich das bezeichnen. Es geht für die CSU nur darum ihre Wähler bei Laune zu halten. Herr Seehofer betont immer wieder, wie sehr er sich für eine nachhaltige Energie einsetzt. Da lachen die Hühner! Und das Volk? Es spende Applaus, weil es sich so gehört. Wer sich gegen die Atomenergie oder die Kohlenkraftwerke ausspricht, muss auch einige Hindernisse in Kauf nehmen. Es gilt immer das Prinzip, dass der Nachbar gefällig seine Hausaufgaben machen soll und wenn er sich weigert es zu tun, wird er als Störenfried beschimpft. So funktioniert halt die Demokratie…

Was will ich damit beweisen, liebe Petra? Eines nur: die Politiker sind ein Spiegelbild des Volkes. Sie richten sich nach deren Befindlichkeiten und folgen blind was ihnen diktiert wird, denn sie wollen halt wieder gewählt werden. Sich über sie zu beklagen, ist aus meiner Sicht der einfachste Weg. Wir sollten uns eher fragen, welche Verantwortung wir tragen, wenn alles aus den Fugen geriet? Die übliche Rede, dass wir machtlos sind, kann ich nicht walten lassen, denn das ist einfach eine Lüge. Aber ein Engagement kostet Arbeit und Zeit und das wollen die wenigsten. Aus meiner Erfahrung, kann ich dazu ein Beispiel geben. Jahrelang war ich im Vorstand meiner Gewerkschaft. Unser Anliegen war es, die Arbeitsbedingungen der Kollegen zu optimieren. Wenn es aber hart zuging, waren die Bittsteller auf einmal verschwunden. Aus Angst, bei den Chefs unangenehm aufzufallen? Aus Bequemlichkeit? Ich würde nicht so weit gehen, dieses Verhalten als feige zu bezeichnen, aber er lässt mir einen bitteren Nachgeschmack und wenn etwas schief lief, waren wir alleine daran schuld. Leute, so geht es nicht, denn jeder trägt eine Verantwortung, auch für den Staat. Ich habe es satt, diese ständigen Klagelieder mir anzuhören, die gehen in die gleiche Richtung wie der Stammtischdiskurs: Jammerei ohne konkretes Ziel. „Die da oben…“ und das war es!

Es geht mir viel mehr darum, der Jugend zu vermitteln, dass sie sich ruhig aufmüpfig verhalten soll und nicht jede Absurdität hinunter schlucken soll, wie zum Beispiel das heutige Uni-System, das ein verlängerter Arm der Schule ist. Von akademischer Freiheit kann keine Rede sein, denn es geht vor allem um die Examen, nicht um den Geist. Maschinen werden erzeugt, die zu funktionieren haben und Fragen stellen wirkt schon als abnorm. Es geht letztendlich nur um die Kohle, um einen fahlen Wohlstand zu finanzieren, nicht um die Fragen der Zukunft. Ein fundamentales Denken ist unerwünscht, das ist die Realität und da darf man sich nicht wundern, dass sich die Politik anpasst. Wer aus der Reihe tanzt wird schief angeschaut und entweder ein Spinner, den man nicht ernst nehmen darf oder ein Revoluzzer, der so schnell eingekerkert werden soll. Das Übel ist, dass die Mittelmäßigkeit zur Richtlatte erklärt wird. Da soll man sich nicht wundern, dass einiges schief läuft. Und wenn alles zerbricht, was macht das Volk? Es hisst Schwachköpfe an die Macht, die noch größeren Schaden erzeugen und Beispiele um uns herum gibt es genügend. Der Despot wird zum Retter deklariert, Nordkorea lässt grüßen und wenn sich einer eine Kritik erlaubt, Rübe ab! Die generelle Gleichgültigkeit, was die Politik angeht, führt dazu, dass die Henker das Sagen haben und es war leider immer so. Ich befürchte, dass der Mensch sich nicht ändern wird. Der Leithammel ist noch immer die Galionsfigur der Staatsräson. Ein Armutszeugnis.

In diesem Sinne.

Alles Liebe und Prost Neujahr,

Pierre
//pm

Lieber Pierre,

ich spreche mit der Stimme des Volkes, wie du weißt. Es geht um das internationale Volk und die Gemeinschaft zur Teilung und Erhaltung des Lebensraumes – für uns und für unsere Nachwelt. Derzeit brodelt es an allen Ecken und du hast Recht. Die Farce im Dirndl und Lederhosen ist eine lächerliche Nummer und absolut inakzeptabel was die immense Geldverschleuderung darstellt. Wer kann das hinnehmen, dass sie sich allesamt den fetten Bauch vollschlagen und so tun, als ob nichts wäre? Es sind alles lahme Enten in der Politik und ich behaupte, sie arbeiten an den eigentlichen Zielen vorbei. Sei es, dass sie überfordert sind und keine Lösungen haben oder inkompetent agieren. Zweifellos geht die Rechnung weiterhin nicht auf und wir hören es in den täglichen Nachrichten. Ich fürchte nur, der Mensch hat sich in ein Loch hinein manövriert und bemerkt nicht einmal in seinem nahem Umfeld, was man wirklich tun müsste, um eine Besserung herbei zu führen. Ein Anfang wäre sicherlich, sich gegen die aufoktroyierten Medienmanipulationen und Überwachungsmethoden zur Wehr zu setzen. Eine andere Möglichkeit wäre, Empathie walten zu lassen – aber das schaffen die Egomanen noch nicht einmal in ihren privaten Beziehungen. Zudem ist Deutschland ein sehr intolerantes und engstirniges Land mit behäbigen Strukturen, die dringend einer Erneuerung bedürfen. Was gut ist, ist gut und gut ist es, lautet das allgemeine Motto. Warum sich den Kopf zerbrechen über internationale Dinge und was geht es mich denn an, was wir „sollten“? Die Dummheit ist durch nichts zu übertreffen und die Gleichgültigkeit hat Einzug erhalten. Anders sieht es natürlich aus, wenn jemand selbst betroffen ist und in Schwierigkeiten steckt, dann fordert man unabdingbare Zuwendung und grenzenloses Verständnis für die eigenen Sorgen. Ich versuche seit Jahren, der Verrohung, Gleichgültigkeit, Intoleranz etwas entgegenzusetzen und das Verständnis für einen globalen Blick zu schüren und das auch tun viele, viele Künstler auf der Welt. Nur… die Politiker geben jahrelang den gleichen unqualifizierten Senf von sich, der nichts bewirkt. Ich glaube, lieber Pierre, sie alle haben keine echte Lösung für diese Misere und obwohl das – im Sinne des Kommerz und der Massen-Lenkbarkeit alles gewollt war – stehen sie nun ratlos vor einem internationalen Scherbenhaufen und bespitzeln sich gegenseitig. Was kann man noch retten, wenn in allen Business-Bereichen die Korruption die Spielregeln diktiert? Sei es das Musikbusiness, sei es die Politik. Es gibt nur einen einzigen Weg: neue Strukturen, Politiker mit einem klugen, sachkundigen Blick, Menschen mit Weitblick und Ideen und immer wieder Fleiß, Mut, Engagement und vor allem ein ethisch wertiges Verhalten untereinander. Es regiert der Hass, die Gleichgültigkeit, der Neid, die Egozentrik und schon im „kleinen Leben“ tappen allesamt über die Grenzen des Benehmens, des Respekts und der Wahrheit. Prosten wir uns also alle zu und schauen wir mal in Deutschland, wie uns die Zügel aus der Hand genommen werden, weil wir unfähige Politiker wählen (was anderes wird uns ohnehin nicht vorgeschlagen) und uns nicht einmal der internationalen Welt wirklich öffnen. Zu dumm? Kein Englisch? Keine Bildung? Nun, die Besten unseres Landes verlassen das Land und viele junge Menschen gehen. Was übrig bleibt? Fickende, dumme, egoistische, geizige, intolerante Deutsche, die sich verarschen lassen, ihren Reihenhausgarten akkurat pflegen und mehr meckern und sich beschweren, anstatt konsequent und verantwortungsbewusst zu handeln. Servus, Deutschland!
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

toll! Ich habe mit großer Spannung deinen Brief über die Freiheit gelesen und ich werde versuchen, deine Gedanken weiter zu führen. Die Philosophen haben sich immer wieder mit dem Faktor Raum und Zeit befasst. Heute ist zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen isolieren, um angeblich frei entscheiden zu können. Eine Haltung, die vom Autismus geprägt ist. Sie stürzen sich auf ihre Tablets und lassen selbst in der U-Bahn keine Gefühle zu. Die Anonymität nimmt Ausmaße an, die ich immer mehr als unerträglich empfinde. Der Raum, der ein Forum sein sollte, verkommt zu einer bedrückende Zone, wo die Zeit stehen geblieben scheint und die Passivität wird als Tugend zelebriert. Wenn jemand angegriffen wird, drehen sich die Blicke einfach woanders hin! Haben die Menschen vergessen, dass Freiheit mindestens in einer Zweisamkeit erlebt werden kann? Nein, sie haben sich vom Virtuellen einfangen lassen und sie glauben, dass das, was sie im Internet abrufen, den taktilen Kontakt ersetzen kann. Sie scheuen jede Art von Konfrontation und ignorieren dabei, dass die Freiheit hart erkämpft werden muss, um sie richtig genießen zu können.

Ist Liebe nicht der höchste Begriff der Entfesselung, liebe Petra? Oder ist sie ganz einfach Sklaverei? Es reicht nicht, seine Zuneigung in eine Waagschale zu werfen, es muss ständig dafür gerungen werden und dass sie auch Verpflichtungen mit sich bringt, kann nicht verleugnet werden. Was wäre die Freiheit, wenn es keine Schattenseiten geben würde? Würden wir sie wirklich erfahren können? Wer sich für einen Mitmenschen engagiert, muss allerdings Rücksicht nehmen und das kann ich nicht als einen Entzug der Freiheit betrachten, solange die Gefühle stimmen. Aber machen wir uns nichts vor, die Spanne zwischen einem freiwilligen Engagement und die Bürde einer Last sind sehr eng liiert. Viele Partnerschaften können sich sehr schnell in einer Hölle verwandeln. Es genügt oft nur ein Wort oder eine Geste und schon kommt alles ins Wanken. Man erwacht eines Morgens und hat den Eindruck, dass Handfesseln angelegt wurden und dass man buchstäblich erstickt. Der Raum und die Zeit, die bisher harmonisierten, verlieren das Gleichgewicht und stürzen in ein schwarzes Loch. Menschen, die sich selbst nicht mehr konfrontieren, sind hilflos und geraten unter die Räder des Schicksals. Die hochgelobte Freiheit der Liebe wird zu einer Illusion degradiert und wirkt dadurch aseptisch. Ein Thema für das IPhone.

Was will ich damit sagen, liebe Petra? Ich bin der Meinung, dass Freiheit ohne Kampf nicht möglich ist und zu denken, dass sie uns ab Geburt verliehen wurde, ist Wunschspinnerei. Nicht ohne Grund fließt viel Blut in ihrem Namen. Die große Revolution ist ein verwirrendes Beispiel dafür. Können Grausamkeiten den Weg der Befreiung bahnen? Ist Willkür angesagt, um endlich frei entscheiden zu können? Wie man sieht, ist das Gute und das Schlechte Schulter an Schulter und es ist zu beobachten, dass die Macht immer wieder eine große Rolle spielt. Nein, Freiheit ist keine Idylle. Wer sie sich nicht leisten kann, verkommt. Sie ist kein zuckersüßer Leckerbissen, im Gegenteil, sie kann sehr bitter schmecken, wenn die Kohle fehlt. Möglicherweise ist der Tod die ehrlichste Form der Freiheit. Warum? Weil niemand davon ausgeschlossen ist, aber niemand kann hier auf Erden wissen, was danach geschieht. Vielleicht der Beweis, dass der Begriff Freiheit für uns Menschen ein Geheimnis bleibt. Was die Einen als Befreiung empfinden, ist für Anderen eine unerträgliche Last. Deshalb ist es aus meiner Sicht unmöglich, sie präzise zu definieren. Für meinen Teil bin ich noch immer auf Suche und – ganz ehrlich – ich habe noch nicht das Gefühl, sie gefunden zu haben, weil ich mich nicht sorgenlos bewegen kann. Mein Kopf macht ganz einfach nicht mit, was mich schon frustriert.

In diesem Sinne.
Ich nehme mir die Freiheit, dich zu umarmen.

Pierre
//pm