Lieber Pierre,
ein hochbrisantes Thema, dieser MARTIN LUTHER, der als Reformator, Held und Nationalfigur gefeiert wird. Wer sich einmal damit beschäftigt, welche Theorien und Dogmen er tatsächlich vertreten hat, wird sich angewidert abwenden – es sei denn es handelt sich um rechtsradikal und rassistisch eingestellte Menschen. Die begrüßen schließlich Luthers Thesen, denn er gilt zweifellos als Vordenker der NAZIS. Nicht ohne Grund lobte Adolf Hitler den Kirchengründer schon 1923 als antisemitischen Vordenker. 2017 ist das feierliche Jubiläumsjahr eines Reformators, der die Verbrennung aller Juden, die Tötung aller Gebrechlichen forderte und Frauen für minderwertige Wesen hielt, deren einzige Aufgabe es war, Männer zu gebären.
Was gibt´s da zu feiern, lieber Pierre? Geht das etwa so weit, dass die negativen Dinge totgeschwiegen werden? Es gab es einen Film über Luther, in dem er als Reformator hochgelobt wurde und keinerlei Kritik an ihm zulässig war. Man wollte den Helden „sauber“ genießen, Leinwandhelden sind nun mal spannender als die Wahrheit. Wollen wir 2017 nach Wittenberg gehen und dort ein wenig aufklären, lieber Pierre? Ich denke nur, dass wir dort nicht sehr willkommen sein werden – wie so oft, wenn man Helden als menschenverachtenden Antisemiten, Frauenhasser, Rassist und gnadenlos Obrigkeitshörigen entlarvt. Klar, es gibt auch bemerkenswerte gute Geschichten um Martin Luther, aber was sind sie wert, wenn man das gegenüberstellt? Nichts.
Nehmen wir die heutigen Fakten, verstehe ich nicht, warum die evangelische Kirche Luther und seine Thesen nach wie vor als Vorbild und Helden anpreist. Nach heutiger Gesetzgebung drohen ihm hohe Strafen wegen Volksverhetzung, Brandstiftung, Beihilfe zu Mord und anderen Delikten. Man würde ihn heute umgehend hart bestrafen und hinter Gitter bringen. Davon abgesehen trägt er durchaus psychopathische Züge, wie sein Hexenverbrennungs-Wahn deutlich macht. Wäre Luther vielleicht heute in einer geschlossenen Anstalt? Kann ich mir gut vorstellen, lieber Pierre, aber wir feiern was das Zeug hält ab Pfingsten über Wittenberg, den Kirchentag, den Thesentag bis zu seinem Geburtstag Ende 2017. Helau! Ach nein, Fasching ist vorbei…. es lebe die Kirche, der Glaube an Helden, die noch heute Vorbild für eine Dialektik sind, die für die Nazis/ Rechtpopulisten oder dem IS gelten.
Lieber Pierre, ich feiere nicht mit… oder sollte ich doch im November an Martin Luthers Geburtstag ein Lagerfeuer machen und die Balken, die vor den Köpfen der Leute sind, die Martin Luther trotz allem als HELDEN feiern, verbrennen? Dabei könnte ich einen Feuertanz machen und dunkle Theorien vom Untergang des klugen Verstandes, der Ignoranz und den damit verbundenen Folgen vor mich hin murmeln. Käme ich dann in den Himmel oder in die Hölle? Bei Luther wäre ich sicher als Hexe verbrannt worden, aber noch lebe ich und möchte an dieser Stelle – ebenso wie du – für dieses Thema sensibilisieren und mit einer immer wiederkehrenden Aufklärung und einem klugen Widerstand auf die grausame Wahrheit hinweisen, bei der es tatsächlich nichts zu feiern gibt.
© Petra M. Jansen