Liebe Petra,

wäre es nicht an der Zeit, dass uns die Frauen retten? Ich meine es ernst, wenn ich sehe welche Nieten die Männer sind!

Frauen, rettet uns

Alexandria Ocasio-Cortez wurde am 13. Oktober 1989 in New York City geboren. Sie gehört der Generation Hoffnung, dass die Frauen den Männern endlich Paroli bieten werden. Sie ist die jüngsten Abgeordnete des Repräsentantenhauses der USA. AOC, wie sie überall genannt wird, gehört zum linken Flügel der demokratischen Partei. Sie vertritt sozialdemokratische Ideen und kämpft für mehr Gerechtigkeit und gehört mit ihren neuen Kolleginnen zu denen, die den Versuch unternehmen werden, die Aura der Machos einzuschränken – diese Männer, die sich wie die Supergestalten der Western benehmen und heute Amerika desavouieren. Sie merken wohl nicht, dass sie die Vergangenheit verkörpern. Ein Ur-Konservatismus, der mit dem Fortschritt nichts am Hut hat. Donald Trump ist das Oberfossil, das die Starrheit seines Landes herbeiführen will, ein Nostalgiker einer diskriminierenden Gesellschaft. AOC hat sich als Ziel vorgenommen, ihre Landsleute wachzurütteln und das ist dringend notwendig, um zu vermeiden, dass die Staaten in die Dekadenz verfallen. Sie übt Widerspruch, wenn es darum geht, durch Gewalt eine pietistische Gesellschaft aufrecht zu erhalten, die die Grundregeln des Evangeliums verwirft, wie die der Nächstenliebe. Wie können diese Pharisäer sich gegen die Krankenversicherung für jeden derart sperren? Oder den Rassismus als eine patriotische Tugend hochleben lassen, auch wenn sie das nicht behaupten! Ich kann nur hoffen, dass Alexandria Ocasio-Cortez ihren Landesbürgerinnen den Mut zum Kampf verleihen wird. Das wird ein langer ein Prozess werden, bis sich etwas Tiefgreifendes ändern wird, aber ich denke, dass solche Frauen, keine Scheu vor dieser Herausforderung haben werden.

Die Männer versagen, weil sie schwach sind.

Viele Männer machen schlapp, weil sie in einer tiefen Lebenskrise stecken. Sie machen mir den Eindruck, den Frauen nicht mehr gewachsen zu sein, seitdem sie sie nicht mehr so unterdrücken können, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Sie haben Mühe, sich darüber im Klaren zu sein, dass das „schwache Geschlecht“, sehr gut ohne ihre finanziellen Hinwendungen zurechtkommen kann und dass sie nicht mehr auf sie angewiesen sind. Der ständige Kampf in den sie seit Jahrzehnten verwickelt sind, hat den Frauen sehr viel Kraft verliehen. Aber anstatt für ihre Grundrechte zu sorgen, üben viele Göttergatten den Widerstand – ein Beweis ihrer bodenlosen Dummheit. Haben sie nicht verstanden, dass sie von der Emanzipation letztendlich profitieren? Dass die Lasten gerechter verteilt werden können? Aber so weit sind wir noch längst nicht, auch wenn es Frauen wie Angela Merkel oder Teresa May gibt, die ganze Länder regieren. Um wirklich Änderungen herbeizuführen, muss sich zuerst im Rahmen der Familie etwas ändern und das fängt mit der Gleichstellung der Eheleute an. Da beide in den meisten Fällen für die Geldeinnahmen sorgen, wäre es normal, dass die täglichen Aufgaben besser verteilt werden. Die Männer dürfen keine Priorität mehr haben, weil das in den meisten Fällen einfach nicht mehr den Tatsachen entspricht. Es ist für mich normal, dass jede Abweichung an diesen Prinzipien angeprangert werden soll. Warum sollten die Männer nicht das Geschirr abtrocknen oder das Wohnzimmer aussaugen? Die Emanzipierung fängt bei kleinen Sachen an, wie man sieht!

Das Rollenspiel der Mädchen

Ich werde nichts dagegen haben, wenn Mädchen bevorzugt mit Puppen spielen, aber das darf nicht zum Dogma werden. Ich habe dennoch den Eindruck, dass man sie in ein Rollenspiel versetzt, das den Vorstellungen der Männerwelt entspricht. Das bedeutet, dass die Frauen für die Kinder, für den Haushalt und für die „Liebesdienste“ zuständig sind und dass man ihnen nicht zutraut, andere Aufgaben wahrzunehmen. Warum ist es noch ungewöhnlich, dass Mädels sich für die gleichen Spiele wie die der Jugendlichen interessieren? Sie werden als zukünftige Mütter einprogrammiert und haben in vielen Fällen nicht die Gelegenheit sich dagegen zu wehren, wenn sie klein sind und es ist für sie extrem schwer, von diesen Klischees Abstand zu nehmen. Man macht noch immer  Dienerinnen aus ihnen. Ich weiß, dass das in vielen Fällen nicht mehr der Fall ist, aber ich gehe davon aus, dass es bei weitem noch nicht die Mehrheit ist. Solange die Spielzeug-Industrie sich noch immer so sexistisch benimmt, kann man keine Wahrnehmung erwarten. Ich würde dafür plädieren, dass man Spiele entwickelt, bei denen jedes Geschlecht einbezogen ist und das bedeutet auch von klein auf alles zu tun, um die Gleichstellung herbeizuführen. Parallel dazu sollten der Kindergarten und die Grundschule darauf eingehen. Dazu gehören auch spielerische Handlungen, die zu einer Verteilung der Aufgaben führen. Wie immer lässt sich das nicht theoretisch lösen und nur in der Praxis können die Kids lernen, wie sie sich verhalten sollten.

Wie sollen sich die Jugendlichen  in der Pubertät verhalten?

Es reicht nicht aus, die mechanischen Vorgänge beim biologischen Unterricht zu erklären. Es geht vielmehr darum, die physiologischen und die psychologischen Gegebenheiten klar darzustellen. Junge Leute sind voll in einer Entwicklung und sind darüber mehr als ratlos und wenn keine Unterstützung angeboten wird, kann es zu fatalen Anspannungen kommen. Das Mobbing von Kameraden fällt unter der Rubrik Hilflosigkeit. Jungs wie Mädels müssen sich besser kennen lernen und in der Pubertät irgendwie betreut werden. Sie werden nun sagen, dass dies ein Luxus sei, aber ich stimme nicht zu, weil das Scheitern in der Schule sehr davon abhängig ist. Es wäre wünschenswert, solche Fälle aufzufangen und ich denke, dass die Pädagogen mehr Ahnung davon haben sollten. Repressiv zu handeln bringt aus meiner Sicht nichts, weil viel Frustration im Spiel ist. Aber auch die Eltern sind gefragt, sie müssen dafür sorgen, dass der Dialog in solch einer verspannten Zeit nicht abbricht und deswegen, wäre es wichtig, dass sie sich Rat einholen. Ich würde alles tun um diese zwischenmenschlichen Beziehungen in ein Pflichtfach einzubetten, bei dem die Philosophie, das sexuelle Verhalten, die menschliche Psychologie ihren Platz finden sollten. Das Wissen über solche Vorgänge gehört aus meiner Sicht zum Lernstoff wie Mathematik oder Literatur. Was nutzt eine umfangreiche Kultur, wenn das Benehmen alles andere ist als menschlich? Ob in der Familie oder beruflich, gehört ein gerechtes Benehmen zu den Hauptkriterien und es ist merkwürdig, dass so wenig darüber Bezug genommen wird.

 

Das Gedicht

Eine Frau ist frei zu bestimmen, wie sie ihr

Leben gestalten will! Warum soll sie unbedingt

Gattin und Mutter sein? Alles führt darauf hin, dass

sie durch die Gesellschaft schon als Kind bestimmt

wird, zu gebären. Das Spiel mit der Puppe, die Treue

zur Familie, zu ihrem Göttergatte, alles nur Gehirn-

Wäsche? Nein, wenn das ihre eigene Entscheidung ist.

Ja, wenn sie nur wie eine Marionette gesteuert wird.

Wird sie nicht durch ihr Ur-Gefühl genötigt, so zu

handeln, wie es von ihr verlangt wird? Ist sie nicht

Opfer einer Intrige, die sie zur Hexe macht, wenn

sie sich nicht so verhält, wie es die Männer verlangen?

Wurden Frauen nicht als Hexen verbrannt, weil sie

starke Persönlichkeiten waren? Wurden sie nicht vom

Leben verbannt, weil sie gegen die Männer Widerstand

geleistet haben?  Eine gute Frau ist die, die sich fügt,

die sich aufgibt und häusliche Gewalt gewähren lässt!

Wenn du die Klappe hältst wirst du verschont, sagen sie.

Schuften, um Geld zu verdienen, schuften, um die

Familie zu versorgen, Schuften wie eine Hure, um den

Mann Nacht für Nacht zu befriedigen. Ist das das

Paradies auf Erde? Und wenn die Frauen nein sagen, werden

sie als Schlampen beschimpft, weil man ihnen Perverses

nachsagt, wie es bei den Hexen üblich ist.

Müssen Frauen nur die Männer lieben, die sie nötigen?

Oft werden sie als Liebessklavinnen gezwungen, sich

unterzuordnen, weil man ihnen mit Liebesentzug droht?

Und das Schlimme dabei ist, dass sie oft nicht merken,

wie mies sie behandelt werden. Ihre Leidenschaft wird

hemmungslos beschmutzt, weil das zum Drehbuch

gehört! Das ist eine Schmierkomödie, die von Männern

verfasst wurde. Und wenn Widerstand entsteht, wird

hemmungslos geprügelt, weil die Mannsbilder von den

Hexen misshandelt werden, so sagen sie, wenn

sie für ein Todesdelikt vor Gericht stehen. Eine verstorbene

Ehefrau ist treu, liebend, vorzüglich, so die Mörder.

Und ich? Ich liebe die Frauen!

 

Ich umarme dich, Petra

 

Pierre

//pm

Wenn es in diesen Wochen um Donald Trump geht, ist oft die Rede von Hass, Irrationalität, Dummheit, Anmaßung, Angst. Diese Begriffe zeichnen das Stimmungsbild des liberalen Europas nach. Was hinter diesen Begriffen steht, ist die Angst, die dieses Europa derzeit nicht nur im Außenverhältnis zu den USA umtreibt. Sie betrifft die europäische Politik auch nach innen – man denke nur an den Zulauf für die postfaktischen Populisten am rechten Rand.

Den Kern dieser Befürchtung des liberalen Europa fasste ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung zusammen: „Trump zerstört das Handwerk der Politik, er ignoriert das Argument und die Rationalität.“ Eines ist klar: Er zerstört das Handwerk der Politik – wie wir sie kennen. Dieser Satz fasst jedoch das Problem liberaler Demokratien mit Populisten und Nationalisten zusammen. Er macht einen tief sitzenden, über Jahrzehnte kultivierten, Irrglauben deutlich: den Glauben daran, Politik habe allein etwas mit Argumenten und Rationalität zu tun.

Dieser Glaube ist eine Erfindung der westlichen Welt, die derzeit bröckelt. Eine Welt, in der mehrere Generationen das große Glück hatten, in einem rational begründeten Frieden aufwachsen zu dürfen. Es ist eine heile Welt, allerdings keine realitätsnahe.

Politik heißt Kampf! Sie ist ein Kampf um Weltbilder und ein Kampf um deren Durchsetzung, für den man Macht benötigt. Die liberalen Demokratien haben diesen politischen Kampf in Parlamenten (ihre Arenen) eingehegt. Sie haben diesen Kampf, der an seinen Extrempunkten mit Worten aber auch mit Kriegen geführt werden kann, auf Wortgefechte beschränkt. Sie tragen ihn rational und mit Argumenten aus. Daher der jahrzehntelange Friede. Doch der Glaube, diese Austragung des politischen Kampfes sei „normal“, ist eine fatale soziale Konstruktion.

Das wird offensichtlich, wenn plötzlich jemand wie Trump, Höcke oder Le Pen nicht mehr allein nach diesen rational-argumentativen Regeln spielt und trotzdem politisch erfolgreich ist. Auf der Ebene, auf der sich diese Akteure politisch handeln, sind Hass, Irrationalität, Dummheit, Anmaßung, Angst keine Beleidigung, sondern Mittel zum Zweck, ein Mittel zur Macht. Eine Macht, die ihnen bei der Durchsetzung ihrer Weltsicht hilft – gegen die liberale Weltsicht, die selbst zu einem Kampfeinsatz im politischen Spiel degradiert wird.

Der Konsens des Westens, der sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts etabliert hat, dem „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama), ist eine Seifenblase, an die die Populisten dieser Welt ihre Nadeln setzen. Auch wenn die demokratischen Politiker, die Trump als Establishment beschimpft, die Höcke als Altparteien zugehörig bezeichnet, es nicht wahrhaben wollen. Dieser Konsens über einen Kampf mit Argumenten und Rationalität ist nicht natürlich. Die Rechten und Nationalisten machen keine Politik mit unfairen Mitteln. Sie machen Politik mit allen in ihren Augen notwendigen Mitteln. Die Frage der Legitimität stellt sich für sie nicht.

Dessen muss man sich bewusst sein, will man gegen den Populismus eine Chance haben. Wenn man den Frieden sichern, Nationalismen dämpfen und den Zusammenhalt zwischen den Nationen stärken will. Die den Frieden sichernde und die politischen Kämpfe eingehende Weltsicht der Demokratien lässt sich nur schützen, wenn man sich darüber klar wird, dass man ein Weltbild gegen ein anderes zu verteidigen hat. Dazu muss man das eigene Bild vom „politischen Handwerk“ einem Realitätstest unterziehen und den Kampf aufnehmen. Nur dann kann man den Feinden der Freiheit das Handwerk legen.

Die Frauenmärsche dieses einen Wochenendes, der Aufruf Madonnas zu einer „Revolution der Liebe“, aber auch staatliches Handeln, sind notwendig, um das Schlimmste zu verhindern. Das, für das Privileg des Aufwachsens in Frieden – auch für folgende Generationen!

Wahrscheinlich leben wir tatsächlich in einer Art postfaktischem Zeitalter, wie viele meinen. So ist es in Wahlzeiten nicht so wichtig, die Fernseh-Auftritte zu gewinnen, sondern in deren Nachbetrachtung als Sieger zu erscheinen. Wobei man durchaus einräumen muss: Bei manchen Themen tendiert der selbstgefällige Medien-Planet dazu, sich von der Erde zu entkoppeln und dann aus allen Wolken zu fallen, wenn die Leute das „Falsche“ tun.

Die digitale Welt ist noch jung – erst vor rund 13 Jahren wurde Facebook gegründet. Vielen gilt es als Hauptnachrichtenquelle. Wahrscheinlich wird es noch dauern, bis wir alle professioneller mit dieser unglaublich demokratischen Form der Kommunikation umgehen. Die Weite des Netzes hat paradoxerweise den Horizont bei vielen eher verengt.

Die Stellenanzeigen werden mehr: „Kritische(r) Bürger/-in (m/w) gesucht …“

Liebe Petra,

die Politiker geben uns nicht immer Anlass zur Freude, da widerspreche ich dir nicht. Sehr viel mehr macht mir das Volk zu schaffen. Es ist zurzeit völlig vom Konsum verseucht und wirkt zu oft passiv. Zugegeben es gibt Ausnahmen, wie die Anti-Pediga-Demonstrationen es gezeigt haben, aber das sind für mich Lichtblicke in einer verödeten Landschaft. Die Energie-Debatte zeigt, wie der Egoismus Vorrang hat, wenn es um Fragen geht, die eine ganze Nation angehen. Das Beispiel Bayern ist eklatant. Die Landesregierung weigert sich den Zugang von Stromtrassen zuzulassen, die den Ökostrom, der in den Windanlagen in der Nordsee erzeugt wird, in den Süden der Republik zu befördern. Das soll Hessen und Baden-Württemberg erledigen. Das ist wahrhaftig eine solidarische Haltung, eher Bauchnabel-Populismus, so würde ich das bezeichnen. Es geht für die CSU nur darum ihre Wähler bei Laune zu halten. Herr Seehofer betont immer wieder, wie sehr er sich für eine nachhaltige Energie einsetzt. Da lachen die Hühner! Und das Volk? Es spende Applaus, weil es sich so gehört. Wer sich gegen die Atomenergie oder die Kohlenkraftwerke ausspricht, muss auch einige Hindernisse in Kauf nehmen. Es gilt immer das Prinzip, dass der Nachbar gefällig seine Hausaufgaben machen soll und wenn er sich weigert es zu tun, wird er als Störenfried beschimpft. So funktioniert halt die Demokratie…

Was will ich damit beweisen, liebe Petra? Eines nur: die Politiker sind ein Spiegelbild des Volkes. Sie richten sich nach deren Befindlichkeiten und folgen blind was ihnen diktiert wird, denn sie wollen halt wieder gewählt werden. Sich über sie zu beklagen, ist aus meiner Sicht der einfachste Weg. Wir sollten uns eher fragen, welche Verantwortung wir tragen, wenn alles aus den Fugen geriet? Die übliche Rede, dass wir machtlos sind, kann ich nicht walten lassen, denn das ist einfach eine Lüge. Aber ein Engagement kostet Arbeit und Zeit und das wollen die wenigsten. Aus meiner Erfahrung, kann ich dazu ein Beispiel geben. Jahrelang war ich im Vorstand meiner Gewerkschaft. Unser Anliegen war es, die Arbeitsbedingungen der Kollegen zu optimieren. Wenn es aber hart zuging, waren die Bittsteller auf einmal verschwunden. Aus Angst, bei den Chefs unangenehm aufzufallen? Aus Bequemlichkeit? Ich würde nicht so weit gehen, dieses Verhalten als feige zu bezeichnen, aber er lässt mir einen bitteren Nachgeschmack und wenn etwas schief lief, waren wir alleine daran schuld. Leute, so geht es nicht, denn jeder trägt eine Verantwortung, auch für den Staat. Ich habe es satt, diese ständigen Klagelieder mir anzuhören, die gehen in die gleiche Richtung wie der Stammtischdiskurs: Jammerei ohne konkretes Ziel. „Die da oben…“ und das war es!

Es geht mir viel mehr darum, der Jugend zu vermitteln, dass sie sich ruhig aufmüpfig verhalten soll und nicht jede Absurdität hinunter schlucken soll, wie zum Beispiel das heutige Uni-System, das ein verlängerter Arm der Schule ist. Von akademischer Freiheit kann keine Rede sein, denn es geht vor allem um die Examen, nicht um den Geist. Maschinen werden erzeugt, die zu funktionieren haben und Fragen stellen wirkt schon als abnorm. Es geht letztendlich nur um die Kohle, um einen fahlen Wohlstand zu finanzieren, nicht um die Fragen der Zukunft. Ein fundamentales Denken ist unerwünscht, das ist die Realität und da darf man sich nicht wundern, dass sich die Politik anpasst. Wer aus der Reihe tanzt wird schief angeschaut und entweder ein Spinner, den man nicht ernst nehmen darf oder ein Revoluzzer, der so schnell eingekerkert werden soll. Das Übel ist, dass die Mittelmäßigkeit zur Richtlatte erklärt wird. Da soll man sich nicht wundern, dass einiges schief läuft. Und wenn alles zerbricht, was macht das Volk? Es hisst Schwachköpfe an die Macht, die noch größeren Schaden erzeugen und Beispiele um uns herum gibt es genügend. Der Despot wird zum Retter deklariert, Nordkorea lässt grüßen und wenn sich einer eine Kritik erlaubt, Rübe ab! Die generelle Gleichgültigkeit, was die Politik angeht, führt dazu, dass die Henker das Sagen haben und es war leider immer so. Ich befürchte, dass der Mensch sich nicht ändern wird. Der Leithammel ist noch immer die Galionsfigur der Staatsräson. Ein Armutszeugnis.

In diesem Sinne.

Alles Liebe und Prost Neujahr,

Pierre
//pm

Liebe Petra,

nein, ich bin kein Fanatiker der Ordnung, dennoch habe ich das Gefühl, dass mehr oder weniger alles in dieser Welt aus den Fugen gerät. Die Staatschefs der G7 können sich in einer grünen heilen Wiese ablichten lassen, das ändert nichts daran, dass die Trümmer unserer Gesellschaft unseren Alltag beherrschen. Noch nie war die Stimmung nach dem Zweiten Weltkrieg bedrohlicher. Sei es der Islamische Staat, die Ukraine, unser guter Freund Alexis Tsipras, nur miese Nachrichten beherrschen die Berichterstattung. Kann sich etwas ändern? Ein Präsident der USA, der bald abdanken wird, gleicht einer lahmen Ente. Er kann alles unternehmen was er für richtig hält, das wird kaum etwas nützen. Den anderen Verantwortlichen mangelt es an Charisma. Sie sind brave Verwalter, keine Churchills oder de Gaulles! Alles ist voraussehbar, langweilig und erzeugt einen Eindruck der Hilflosigkeit. Kein Wunder, dass die Völker langsam resignieren. Das wird auch der Fall bei Wladimir Putin werden, wenn er die Wirtschaft seines Landes weiter schleifen lässt. Und wie uns die Geschichte gelehrt hat, kann sich eine trügerische Ruhe in einem Nu in eine Explosion verwandeln. Wie bei einem Vulkan, der ohne Vorwarnung Lava spuckt und tausende von Opfer erzeugt. Solch eine Lage rechtzeitig zu entschärfen wäre die Aufgabe der Politiker. Ich befürchte, dass sie nicht in der Lage sind es zu tun, auch wenn sie sich gegenseitig Küsschen geben und oft per du sind. Sie täuschen uns Harmonie vor, verwischen die wahren Probleme, wie zum Beispiel die üblen Machenschaften der NSA in Europa. Kann man noch von Freundschaft sprechen? Ich befürchte, nein.

Dennoch bin ich der Meinung, dass es besser ist, wenn die Verantwortlichen sich bei einem Bier oder einer Tasse Kaffee treffen, anstatt sich das Gesicht wund zu hauen. Zwar ein sehr teurer Schulausflug, aber besser das, als Konflikte zu schüren. Was wurde in Schloss Elmau erreicht? Viel heiße Luft, dennoch mit einem positiven Wink Richtung Klima-Rettung. Absichtserklärungen, die meistens nicht verwirklicht werden, aber besser das als gar nichts. Bei der Tagung in Oberbayern wurde klar, dass die Machtverhältnisse nicht mehr die gleichen sind wie während des Kalten Krieges. Die Taten von Einzelnen sind sehr viel effizienter geworden, als das Einrücken von Panzern in einem Fremdland. Sie bringen ganze Gesellschaften ins Wanken und können kaum bekämpft werden. Jeder kann sich zum Werkzeug des Bösen verwandeln und für eine Destabilisierung sorgen. Hier wären wir wieder beim Thema Unordnung. Es werden keine Kriegserklärungen benötigt, um Druck zu üben. Es geht darum, die Demokratie zu schwächen, sie zu vernichten und das mit den Mitteln der Willkür und der Intoleranz. Und siehe da, es scheint zu klappen und das stimmt mich sehr nachdenklich, liebe Petra.

Aber es ist sinnlos zu jammern. Jeder sollte sich die Frage stellen, was er gegen solch eine Seuche unternehmen kann? Mit Wirtshaus-Debatten ist es nicht getan. Unmittelbar um uns muss agiert werden. Schön gesagt, aber wie sieht die Realität aus? Viele haben sich dem Konsum unterworfen und tanzen blind um das goldene Kalb. Sie betäuben sich mit Lappalien, die ihnen einen Eindruck des Wohlbefindens vermitteln. Dass sie ihnen die Weitsicht raubt, hat Methode. Es liegt nicht im Interesse der Politik, die Wahrheit zu verkünden, denn sie würde eine miese Stimmung erzeugen. Fun in jeder Form steht im Angebot und siehe da, wir lassen uns davon einlullen. Ich bin bei weitem kein Mensch, liebe Petra, der Trübsal bläst, aber es muss endlich mit den Lügen Schluss gemacht werden, sonst werden wir kaum die Gefahren abwenden können. Und dazu ist jeder gefragt! Es geht vor allem darum, sein eigenes Leben so zu gestalten, dass niemand durch unser Handeln zu Schaden kommt, aber wir sind leider sehr weit davon entfernt. Wer die Asylpolitik in Frage stellt oder ohne zu zucken Produkte der Dritten Welt zu Dumpingpreisen kauft, macht sich zum Täter. Egoismus ist der schlimmste Virus und jeder von uns ist davon befangen – das sollte uns bewusst werden. Mit schönen Parolen ist es nicht getan, wir müssen endlich agieren. Der faire Handel wäre ein erster Schritt und auch eine Bremsung der täglichen Verschwendung. Aber da fällt uns sehr wenig ein.

In diesem Sinne.
Alles Liebe!
Pierre

//pm