Liebe Petra,

die Griechen nerven mich, aber auch Wolfgang Schäuble mit seinem Grexit auf Zeit. Das ist eine total bescheuerte Lösung. Um wieder zur Drachme zu kommen, bedarf es eines riesigen Aufwands und das für ein Geld, was nichts wert ist! Die Preise würden drastisch sinken – gut für die Touristen, aber auf der anderen Seite, würden die Importe so teuer sein wie noch nie und damit würde sich das Land kaum erholen. Aber daraufhin wollte ich nicht kommen, viel mehr, dass manchmal das Schweigen eine Tugend sein könnte. Unser Finanzminister kann leider nicht mehr seine Klappe halten und das ist für Europa schädlich. Ich habe totales Verständnis, dass er sehr durch die hämische Satire in Griechenland verletzt ist, mehr noch, dass er sich diffamiert fühlt, aber er hat mit Sicherheit etwas dazu beigetragen. Mit seinem Gehabe kommt er nicht gut an, denn einen Oberlehrer brauchen wir nicht! Dass seine Äußerungen als Diktat empfunden werden, auch wenn das ungerecht ist, sollte ihn zum Nachdenken bringen. Hier geht es nicht um seine Kompetenzen, die groß sind, es geht vielmehr um das „wie“. Und dieses „Wie“ ist mehr als unangenehm, denn das schadet der Bundesrepublik und erweckt Erinnerungen aus der Vergangenheit.

Ich weiß, dass der glühender Europäer und Demokrat, der Wolfgang Schäuble ist, es nicht so gemeint hat. Er will sich keineswegs nur als einen Besserwisser darstellen und seinen Willen mit der Brechstange durchsetzen, wie oft in Griechenland behauptet wird und wer ihn besser kennt, weiß das. Aber seine schroffe Art kommt bei unseren Nachbarn nicht gut an und wird allmählich zum Problem. Ich denke, liebe Petra, dass der Druck, dem er ausgesetzt ist, ihn so reizt, dass er gar nicht anders mehr kann und dazu kommt die brachiale Energie, die er vorbringen muss, um gesundheitlich zu bestehen. Ich habe sehr großen Respekt vor seiner Disziplin und finde sie beispielhaft. Ist das aber der Grund, warum er immer mehr stichelt und provoziert? Das kann ich sehr gut verstehen aber stelle mir die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn er irgendwann ausscheiden würde? Ich bin vier Jahre jünger als er und kann mir sehr wohl vorstellen, was in ihm so vorgeht. Nicht ohne Schaden ist die herbe Kritik an ihm vorübergegangen und als SS dargestellt zu werden hat ihm mit Sicherheit stark zugesetzt. Es ist nicht erstaunlich, dass er die Griechen nicht in seinem Herzen trägt, aber mit seinem Groll hilft er nicht, mehr Lösungen zu finden.

Liebe Petra, zu oft vergisst man, dass Politiker nur Menschen sind. Ich versuche es nicht zu tun, aber es gibt leider Prioritäten, die eingehalten werden müssen. Persönliche Empfindsamkeiten haben im staatlichen Alltag nichts zu suchen und so wütend man sein mag, dies darf nicht Überhand nehmen. Ist das der Fall, muss gehandelt werden. In diesem Sache sollte sich Frau Merkel die Frage stellen, ob ein anderer Ton nicht geeigneter sei. Natürlich sind die Äußerungen von einem Alexis Tzipras nicht besser, aber warum sollte man diesem Beispiel folgen? In der Diplomatie sind leise Sprüche angebrachter, denn nur eines zählt am Ende: das Ergebnis. Mit dem Abkommen mit dem Iran, hat die Welt feststellen können, was Ausdauer bedeutet. 12 Jahre lang wurde hartnäckig verhandelt und dann die Unterschrift. Das ging relativ leise vor sich, was der Sache diente. Das Gleiche sollte wieder in Europa einkehren und ich hoffe, dass Wolfgang Schäuble dies einsehen wird. Politik besteht bei weitem nicht nur aus Sachlichkeit, auch die Stimmung und die Empathie spielen dabei eine essentielle Rolle. Ich habe meine Zweifel, dass unser Finanzminister in der seelischen Lage ist, sich zurückzuhalten. Bei jeder Provokation wird er explodieren. Das würde ich vielleicht auch tun, wenn ich der Häme so ausgesetzt wäre.

Nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches war es klar, dass Deutschland sich sehr zurücknehmen sollte, wenn es um internationale Politik geht und das wurde Jahrzehnte lang eingehalten. Es darf nicht mehr dazu kommen, dass erneut ein Gefühl der Arroganz aufkommt, deshalb wünsche ich es mir sehr, dass Wolfgang Schäuble seine Aussagen ein wenig zügelt. Wenn nicht, ist er fehl am Platz!

In diesem Sinne,

alles Liebe aus dem warmen München
Pierre
//pm

Lieber Pierre,
es sind vielmehr die Verflechtungen und Dinge, die wieder hinter den Kulissen ablaufen, was dem investigativen Journalismus einen Strich durch die Rechnung macht. Vielerlei Gründe spielen dabei eine Rolle: Tatsache ist, dass Journalisten von der Industrie „geschmiert“ werden. Beispiel: Testfahrzeug Typ XX wird dem Journalisten eines Autojournals kostenfrei für eine begrenzte Zeit zur Verfügung gestellt. Eine nette Einladung für einige Tage Probewohnen im 5-Sterne-Hotel „Karibik“ lockt den Reisejournalisten. Klar, berichten die nur Gutes. Sicher würden Journalisten gerne ehrlicher berichten, wäre da nicht oft der Chefredakteur mit den Worten „da sind wir zu weit links, zu weit rechts…es würde unsere Werbepartner verprellen.“ Schließen wir nicht die Augen vor solchen nahezu korrupten Machenschaften. Erschwerend kommt hinzu, dass heute Geld für eine ausführliche Recherche fehlt. Es arbeiten weniger Journalisten für weniger Geld an mehr Informationen und Artikeln, ohne gezielt recherchiert zu haben (Zugriff auf sogenannte „Pools“). Laut Verfassung gibt es keine Medien- und Pressezensur, so steht es zumindest geschrieben. Aber was ist das Blatt wert, wenn die Blätter allesamt keine Eier in der Hose haben, wenn es um eine wirklich knallharte, objektive Berichterstattung geht? Die Presse ist in vielerlei Hinsicht abhängig und verflochten, was selbstverständlich Einfluss auf die allgemeinen Fernseh- und Rundfunkmedien hat. Wie ich sagte, es ist zum einen die ökonomische Abhängigkeit (Anzeigen-/Werbekunden), dann die politischen Abhängigkeiten (Medienleute und Journalisten werden zu Komplizen gemacht). Es bildet sich eine regelrechte Szene, man geht zu gemeinsamen Empfängen und Partys, egal welches Blatt dort vertreten ist. Jeder kennt jeden und die heiraten sogar manchmal, wie der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schröder und seine Focus- /BILD- Journalistin Doris Köpf. Und seitdem Schmidt nicht mehr das Amt des Kanzlers bestreitet, ist er Herausgeber des sehr einflussreichen Blatts „Die Zeit“. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen Medien/ Presse und Politik bzw. Wirtschaft, darüber sind wir uns im Klaren. Genau, das was nicht passieren sollte, geht nahtlos über in einen gemeinsamen Scheißhaufen, der sich nach vielen Seiten richtet, wo es halt am erträglichsten ist. Und zu guter Letzt spreche ich von der Zielgruppe eines Blatts oder einer Sendung: es sollte so sein, dass die Medien das Publikum beeinflussen, aber es ist andersrum. Das Publikum hat großen Einfluss auf die Berichterstattung und die erscheinenden Artikel/ Reportagen. Was nicht geguckt wird und hohe Auflagen/ Einschaltquoten garantiert, wird umgemodelt, zensiert oder geändert – oder gar nicht erwähnt und fällt unter den Tisch. Deutsche Schlagzeilen bestehen aus dem Stoff, der die Massen aufrührt und die Zielgruppe erwischt. Das gibt sicher kein Journalist zu, kann er auch nicht. Aber wenn das hier einer lesen sollte, bitte an die eigene Nase fassen und sich hinterfragen, ob es wirklich dem Berufsethos entspricht, was man da tut. Wahrheiten bedeuten in jedem Fall keinerlei Unterordnung, keine Angst, sehr viel Mut und mit Sicherheit – zieht man das durch – hat man eine schwere Aufgabe. Manche bezahlen es mit dem Leben oder werden verfolgt. Nimm Edward Snowden, lieber Pierre. Ich ziehe meinen Hut vor ihm und …tja, es stimmt, was Du über mich schreibst… man wird verarscht, Rebellion wird bestraft und man kann sich nicht einmal outen. Tut man es, ist man fast tot in Deutschland…

herzliche Grüße und geh einfach nicht mehr hin zu diesen Versammlungen, wenn Du nicht kotzen willst. Es ist ohnehin eine Farce.

Petra

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

vor ein paar Jahren habe ich im Presse-Club in München, deren Mitglied ich bin, eine Diskussion organisiert mit dem Thema Meinungsfreiheit. Nur einige Kollegen kamen trotz intensiver Werbung, was ich beschämend fand. Hatten sie Angst, sich zu outen, dass man sie als Störenfried betrachten könnte? Ich kann nur feststellen, dass die Scheren-Industrie bei den Journalisten immer mehr Umsätze macht, da sie sich freiwillig kastrieren. Bei der Debatte mussten wir konstatieren, dass sie immer mehr unter Druck gesetzt werden und wenn sie trotzdem „aus der Reihe tanzen“, rausgeschmissen werden. Früher nahm man seinen Hut und ging zur nächsten Zeitung oder Fernsehanstalt, wo man gute Chancen hatte, einen Job zu finden. Heute sind diese Aussichten stark vermindert, da die Investoren oft die gleichen sind, egal welche Couleur die Zeitung hat. Ein richtiger Supermarkt, bei dem jeder Klient sein Produkt finden kann. Der verbrannte Journalist hat daher oft nur eine Alternative: stempeln gehen. Mit der Absicht, den Springer-Verlag mit Pro7/Sat1 zu fusionieren, verstärkt sich dieser Prozess der Intoleranz. Ich kann nur hoffen, dass das Kartellamt das nicht schlucken wird, sonst wäre das einmal mehr einen Beitrag zur Volksverdummung.

Es wäre nicht gerecht, den einfachen Journalisten alleine zu verdammen, denn er muss sehen, dass er die Kröten verdient, um seine Familie zu ernähren. Plappert er zu viel, aus mit dem kleinen Wohlstand! Es geht vielmehr darum, dass die „Konsumenten“ ihre Stimme gegen die Platituden, die die Presse verzapft, erheben. Ihre Rolle wäre die Politik unter Druck zu setzen und zu verlangen, dass das Recht auf freie Meinung, wie es im Grundgesetz steht, wirklich eingehalten wird. Es genügt nicht, kein Geld mehr in Zeitungen zu investieren, um seiner Wut Ausdruck zu geben. Was mit der Presse passiert, ist auch bei jedem unter uns festzustellen. Es geht immer nur um das große Geld. Wenn wir nicht passen, werden wir erdrückt und wegrationalisiert. Es ist also die Rolle des Bürgers, sich gegen solch einen Trend zu wehren, mehr noch, neue Wege zu ebnen. Wie du siehst Petra, ist das ein Politikum. Ich befürchte nur, dass wir sehr weit davon entfernt sind. Ich lebe, wie du weißt, in der Nähe der Uni in München – seit Jahren herrscht dort eine Friedhofs-Ruhe. Kein Student wagt sich mehr auf die Straße, um persönliche Forderungen publik zu machen. Zu groß ist die Befürchtung, dass solch eine Präsenz, der Karriere schaden könnte. Anders wenn es um die Welthungerhilfe oder den Umgang mit Ausländern geht. Da eine Mehrheit dahinter steht, hat man nichts zu befürchten. Die 68ziger sind weit, sehr weit entfernt und auch hier ist der Trend der Uniformität voll im Gange.

Du gibst als Beispiel deine Tattoos, liebe Petra. Ich habe dazu eine bestimmte Meinung. Heute ist fast jeder Zweite damit „dekoriert“ und das ist für mich OK, solange es kein geistiger Missbrauch ist. Es ist kein Zeichen des Protests mehr, nur noch eine Mode. Alleine eine Flagge zu tragen, reicht nicht aus, es muss mehr dahinter stecken. Ich weiß, dass es bei dir der Fall ist, aber du bist eine Ausnahme. Auch in der Rockszene gibt es eine Großzahl von Spießern, die sich jedes Wochenende, wie im Maskenball verhalten. Wären sie bereit, die Gesellschaft umzukrempeln, wie es in diesem Milieu einmal gedacht war? Ich habe daran meine Zweifel, wie bei den Journalisten auch. Wir sind in einem Zeitalter, in dem der Anschein mehr wert ist, als eine innere Gesinnung und fast niemand ist bereit, sich für eine Idee prügeln zu lassen. Auch hier die totale Anpassung, die weder mit den Klamotten, noch mit den Tattoos vertuscht werden kann.

Du gehörst nicht dazu und musst es leider ertragen, verarscht zu werden. Gerade von denjenigen, die sich als besonders sozial und tolerant empfinden. Ich persönlich bin lieber mit harten Brocken konfrontiert als mit den Chamäleons, die sich immer wieder anpassen. Aber es ist mir auch bewusst, dass eine ständige Revolution nicht zu unserem Wesen passt. Sie kostet viel Kraft und ist daher so inexistent in unserer Gesellschaft. Fast jeder scheut sich vor dem Risiko. Schade, schade.

In diesem Sinn liebe Petra,

herzliche Grüße aus München

Pierre

//pm

Lieber Pierre
Es ist eine feine Gradwanderung zwischen freiem kreativen Schaffen und der Business-Welt, die miteinander kollidiert. Rebellen, früher wie heute, zeichnen sich durch extrem unangepasstes Verhalten aus. Bei mir bedeutet das dennoch niemals im Konflikt zwischen ethischem, respektvollem und sozialem Engagement. Kreativität bedeutet Freiheit in jeder Hinsicht, zuerst im Kopf. Was daraus entsteht ist oftmals höchst produktives Gut, das auch die Geschäftswelt gerne nutzt. Schon oft im Leben bin ich an die Grenzen gestoßen mit Sozialkritik, der Förderung von harten Musikgenres oder sprachlichem Diskurs und auch ich habe verdammt gute Jobs sausen lassen, weil sie nicht in mein Konzept von Würde, Respekt, Toleranz und Ethik gepasst haben. Unterordnung ist nicht eine meiner und nicht eine der Stärken eines Journalisten oder künstlerisch ausdrucksvollen Menschen. Hatte ich früher die Vorstellung, beides wäre kompatibel miteinander, so gerate ich in den letzten Jahren schwer in Zweifel. Wer zahlt, hat das Sagen. Punkt. Sie kriegen die Klappe zwar am Stammtisch auf oder wenn sie einen kleinen Lichtblick in dem täglichen Dasein haben, aber die Wenigsten setzen dies konsequent um, vor lauter Angst, den Job zu verlieren oder den eigenen Ruf zu schädigen. Ich bin tätowiert, lieber Pierre, das weißt Du. Ich trage was ich möchte und ich sage was ich möchte. Dazu gibt es die Sozialkritik, die öffentliche Meinung und genau aus diesem Grund verstehen wir beide uns seit vielen Jahren so gut. Ein Riesenverlags-Angebot hatte ich einst ausgeschlagen, weil ich nicht unter einem Pseudonym schreiben wollte. Menschen, die kämpfen für etwas, was nicht angepasst ist, haben es schwer. Noch sind die Vorurteile in den Köpfen nicht verschwunden und vielleicht wird das auch nie geschehen. Homosexualität rang um die Gleichstellung und nun endlich kommt Licht in diese Diskriminierung. Heavy Metal Liebhaber sind extrem sozial eingestellte Menschen und sehr, sehr viele arbeiten im sozialen Bereich, wie z.B. Deutsches Rotes Kreuz, bei den Arbeiter Samaritern, ehrenamtlich bei der Tafel oder der Notfall-Ambulanz. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dies alles zu verstehen und die Vorurteile aus dem Köpfen zu verbannen. Die Business-Welt ist steif, ich kann wenig damit anfangen, obwohl ich das alles von der Pike auf gelernt und auch praktiziert habe. Sind es nun zwei Welten, in denen wir uns bewegen? Wirtschaftlich die Business-Welt, die alles bestimmt und unterordnet und künstlerisch die freie Welt ohne Zensur? Ja, behaupte ich und ich klatsche in die Hände…höre nicht mehr auf damit….bei Jedem, der einer geistigen Starre was entgegen setzt. Business hat Kommerz geschaffen, die Konsumschleife zugezogen, Machtverhältnisse klar definiert und die Menschen bleiben mehr und mehr auf der Strecke. Gehen sie dann vor Erschöpfung in die Psychologie, Psychiatrie oder Genesungs-Anstalten, sollten wir uns fragen, warum? In den USA hat man andere Modelle entwickelt, da sind sie uns voraus. Hier in Deutschland herrscht die Heimlichkeit und der Gedanke „damit will ich nicht gesehen/ in Verbindung gebracht werden.“ Fatal. Rebellen sterben nie. Aber eines dürfte klar sein: der Businesswelt geht ein immenses Potential verloren, wenn sie die Menschen, die exzellent ausgebildet sind und zudem kreativ frei – und auch frei von Konventionen – verurteilen, weil das nicht ins Bild von Corporate Identity und Firmenphilosophie passt. Business lebt von Ideen. Die Kreativität und der Freigeist der Rebellen steht nicht unbedingt in Kollision damit, wenn man versteht, dass Menschen unbequeme Wege gehen müssen, um wirklich gut zu sein. Sie sollten tolerant bleiben und sich damit auseinandersetzen, um nicht geistig verklebt mit Schlips und Anzug weiterhin heimlich zu Puff-Gängern zu werden und innerlich zu pervertieren. Du weißt, was ich damit sagen will, lieber Pierre. Prestige und Geld hat schon oft mehr zerstört als konstruktiv aufgebaut. Free your mind!

 

Mit besten Gedanken,
Petra

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

was gibt es Wertvolleres für einen Intellektuellen oder einen Künstler als die Meinungsfreiheit? Immer wieder steht sie in der Schusslinie von Menschen, die einen Hang zur Macht haben. Der schrecklichste Angriff gegen dieses hart erkämpfte Gut, war das Attentat gegen Charly Hebdo. Hier wollten die Täter die Geistesfreiheit mit einem Maschinengewehr ausschalten. Ohne aber Blut zu vergießen, wächst der Hang zur Intoleranz und dieser Tage gab es dazu ein neues Beispiel aus Frankreich. Der Hauptaktionär eines kommerziellen Fernsehsenders wollte eine satirische Sendung, die einen Kultcharakter hat, killen, aus welchem Grund auch immer. Er ist einer der Barone der französischen Wirtschaft und übt sehr viel Macht aus. Die Reaktion dagegen war mehr als positiv. Die Politik, die von den „Guignols“ scharf attackiert wird, stemmte sich gegen diese Absicht und zeigte Solidarität zu den Machern. Von François Hollande, der die Satire als ein nationales Kulturgut beschreibt, bis zum ehemaligen konservativen Premier, Alain Juppé, alle protestierten. Dazu auch zehntausende Zuschauer, die dem Sender eine Petition zukommen ließen. Der Entschluss die Sendung aus dem Programm zu nehmen, wurde einen Tag später rückgängig gemacht und ist der Beweis, dass es sich lohnt, für die Freiheit zu kämpfen.

Die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, wenn es um Geld geht. Der Starfotograf Juergen Teller hat in einem Interview des SZ-Magasins gesagt: (Zitat) „Die Freiheit stirbt in der Sekunde, in der du einen kommerziellen Job annimmst“. Diese Behauptung hat ihre Richtigkeit. Aber Teller hat auch bewiesen, wie man sich gegen solch eine Tatsache verhalten kann. Als Kontrapunkt zu seinen beruflichen Aktivitäten, macht er große künstlerischen Aktionen, wo er sich oder andere in Szene setzt, wie zum Beispiel die fotografische Reihe, in der er Nacktaufnahmen von Charlotte Rampling oder sich selbst veröffentlicht. Auch wenn ich bedaure, dass es keine totale Freiheit bei Auftragsproduktionen geben kann, sehe ich in diesem Beispiel ein Ventil für seine Selbstverwirklichung. Anders zum Beispiel in China, wo große Künstler wie Ai Weiwei in Hausarrest gesteckt werden, weil sie ganz einfach das Regime stören. Solch eine Entwicklung, liebe Petra, nimmt mehr und mehr Überhand und muss abgewandt werden. Was den Künstlern widerfährt, kann eines Tages den einfachen Bürger erfassen und wenn der Geist angegriffen wird, ist es das Ende der Demokratie und des Friedens. Dann ist der Weg zur entarteten Kunst oder zur Vernichtung einer uralten Kultur durch die IS in Mossul oder anderswo geebnet. Er hat immer als Ziel, die Unterdrückung von Menschen um Macht zu beweisen.

Ich habe persönlich immer vehement für meine Meinungsfreiheit gekämpft und das mit einem gewissen Erfolg. Wenn der Versuch unternommen wurde mich einzuschränken, habe ich immer das Grundgesetz zitiert, in dem die freie Wortwahl als Stütze unserer Demokratie bezeichnet wird. Niemand konnte mich biegen und darauf bin ich gewissermaßen Stolz. Aber liebe Petra, im Detail steckt oft der Wurm. In dem Augenblick, in dem man finanziell abhängig ist, werden viele vorsichtiger und kastrieren sich selbst, das nennt man im Fachjargon die Schere im Kopf. Das ist eine schleichende Eigenzensur, die höchst pervers ist. Ich weiß nicht wie ich es geschaffen habe, davon keinen Gebrauch gemacht zu haben, vielleicht war ich zu blauäugig. Ich habe mir nie so sehr Gedanken über die persönliche Konsequenzen gemacht, und das auch, wenn meine Familie sehr darunter gelitten hätte. Ich habe drei Jobs aus prinzipiellen Gründen an den Haken gehängt und das mit Frau und Kind. Ich war nie bereit, Kröten zu schlucken und bin es heute auch nicht! Auch wenn es dem Geschäft schaden würde, werde ich niemals meinen Geist aus opportunistischen Gründen in den Müll werfen, glaube mir!

Noch eines, Liebe Petra, wenn alles in dieser Welt so schief geht, liegt es daran, dass sich immer mehr Menschen anpassen und fatalistisch alles über sich ergehen lassen. Es ist unsere Aufgabe uns als Literaten oder Journalisten gegen die Willkür zu stemmen, zu kämpfen. Wir können nicht neutral sein.

In diesem Sinne

Herzlichst,
Pierre
//pm

Lieber Pierre,
ich zitiere in diesem Zusammenhang einen großen Philosophen: „Alles, was nach Ordnung, Maß und Gesetz geschieht, erzeugt Gutes. Das Untergeordnete und schlecht Eingeleitete ist dagegen an sich schädlich und löset auch das Wohlgeordnete auf. (Platon, 427 – 348 od. 347 v. Chr, griechischer Philosoph, Begründer der abendländischen Philosophie). Was will ich sagen damit, lieber Pierre? Die Liebe des Menschen ist Fluch und Segen zugleich. Sie bewegt uns in Richtungen, die wir niemals gehen würden – ohne sie. Deine Briefe sind ein Widerspruch an sich, wenn ich das frei sagen darf. Selbstverständlich leugnet niemand den Mephisto in Goethes Faust, selbstverständlich negiert niemand das Böse, der einen klugen Verstand hat. Ja, es gibt all das – Verlogenheit, Untreue, Missgunst, Gier, Machthunger und vieles mehr. Schauen wir in die Welt: die NATO rüstet auf und verstärkt die Übungen, Russland rüstet ebenfalls auf. Griechenland spielt mit der EU wie mit einem Tennisball und macht Europa weltweit lächerlich und die Politiker diskutieren sich zu Tode. All das gibt es, Pierre und ich schaue gewiss nicht beruhigt in die Zukunft. Eher macht mir der Gedanke Angst, dass junge Menschen sich umsonst bemühen und studieren, ihre Ideale formulieren und vielleicht niemals mehr ausleben können. Es macht mir Angst, dass der Mensch in seinem kleinen, privaten Umfeld Schiss vor sich selbst hat und nicht den Mut, zu seinen schändlichen Taten zu stehen oder ehrlich im Umgang mit seinen Lieben zu sein. Das ist der berühmte „Dämon“ in der Geschichte von tausenden Büchern, Filmen und Fantasy-Stories. Es gibt ihn, ja, Aber wer bewegte etwas? Menschen, die niemals den Glauben an das Gute und die (Nächsten-)Liebe aufgegeben haben, wie z.B. Mutter Theresa oder die vielen Menschen, die in die Geschichte eingegangen sind, weil sie gebend, liebend etwas Gutes verbreiten wollten. Der Friedensnobelpreis wurde geschaffen, Künstler taten sich zusammen für Frieden und Liebe weltweit – die Liste ließe sich beliebig forstsetzen, lieber Pierre. Ich verstehe die Frustration, die einen ab und an überfällt und man mag sich nicht Gurkenschreiben auf die Augen legen lassen und einfach nur träumen. Doch es bleibt bis zum letzten meiner idealistischen Atemzüge: die Hoffnung auf Liebe, Gerechtigkeit und Frieden und der Wunsch danach. Und wenn es nicht so sein sollte, dann gehen wir alle gemeinsam unter. DAS kann ich zumindest – in Anbetracht der derzeitigen Weltlage – schon prophezeien.

Herzlichst,
Petra
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

wie es die Buddhisten behaupten, kann es kein Gutes ohne Böses geben. Eine pragmatische Erkenntnis, die auch für die Liebe ihre Gültigkeit hat. Sie ist sehr eng mit Hass verbunden, der Grund warum sich so viele Paare zerreißen. Immer wieder kann man im Fernsehen Dokumentationen über den häuslichen Krieg sehen. Eltern, die ihn auf Kosten der Kindern austragen! Zum Beispiel dieser Vater, der seinen Sohn nicht mehr sehen darf, seitdem er von der Mutter in die Ukraine verschleppt wurde. Ich kann nicht verstehen, dass der Umgang mit dem Nachwuchs sich so brutal entwickeln kann. Leute, die angeben, dass sie sich einmal geliebt haben, liefern sich Kämpfe unter der Gürtellinie, die vernichtend sind und alle Mittel sind gut, um seinen Ex-Partner in den Dreck zu ziehen. Wie diese Mutter, die den Vater ihres Kindes beschuldigt pädophil zu sein und das nur, um ihn finanziell zu erpressen. Die Konsequenz: der Beschuldigte verlor seine Arbeit und erlitt einen Herzinfarkt, der ihn gesundheitlich ruinierte. Und dann, nach etlichen Jahren, die Aussage vor Gericht, dass alles erlogen sei, die Behauptung der Tochter waren frei erfunden. Das alles schreibe ich, um zu beweisen, dass dem Wort Liebe mit einem gewissen Misstrauen betrachtet werden sollte. Ich würde gerne an sie glauben, aber es ist mir leider bewusst, dass sie oft einen üblen Nachgeschmack hat. Das trifft bei mir persönlich nicht zu, aber bei vielen meiner Freunde.

Die Liebe, wie sie im Evangelium gefordert wird, bedeutet viel Nachsicht für seine Mitmenschen. Vielleicht eine Utopie, aber unerlässlich, wenn es um den Umgang mit anderen geht, liebe Petra. Auch wenn diese gute Absicht in Trümmer verfällt, muss sie das Ziel sein, das liegt im Interesse von jedem von uns. Und was machen wir? Wir hauen uns lieber auf die Rübe, weil wir einfach nicht für solch ein Verhalten geeignet sind. Der Mensch ist ein Raubtier, der nur durch Gewalt seine Ziele erreichen kann, so die generelle Meinung. Ich habe im Spiegel einen Artikel über das Mobbing am Arbeitsplatz gelesen. Sogenannte Toxiker, verhalten sich so, dass sie ihren Kollegen schaden wollen, wenn es darum geht, Karriere zu machen und das geht von der Denunzierung bis zur seelischen Demütigung. Das Fatale dabei, das solch ein Verhalten in den meisten Fällen nicht untersagt wird. Wer dennoch von Liebe spricht, erscheint mir blind zu sein. Sie haust in unserem Kopf und Herz, ein Wunschtraum, der kaum zu verwirklichen ist und vielleicht die größte Lüge der Menschheit. Aber ohne sie wäre kein Überleben möglich. Also bleibt mir gar nicht anderes zu tun, als die Liebe zu lieben.

Ich mache es mir deswegen sehr schwer mit der Friedensbewegung, die auf ihre Fahne das Wort Liebe groß geschrieben hat. Hat dies etwas mit der Realität zu tun? Was sehen wir um uns? Nur ein mieses Verhalten, das zu kriegerischen Auseinandersetzungen führt. Kinder und Frauen werden im Namen einer Gerechtigkeit massakriert, gefoltert und vergewaltigt und das wiederholt sich ständig, auch wenn immer wieder der Versuch unternommen wird, solche miese Taten zu unterbinden. Ich sehe schon ein, dass gegen solche Auswüchse agiert werden muss, aber die Frage stellt sich, ob Worte genügen. Immer wieder wird Gandhi mit Recht zitiert. Er hat es fertig gebracht mit pazifistischen Mitteln, seinen Kampf gegen eine Kolonialmacht erfolgreich zu führen. Aber vergessen wir nicht, dass parallel dazu zahlreiche Menschen ihr Leben im Krieg zwischen den Hinduisten und den Muslimen lassen mussten. Das führte zur Spaltung von Indien, damals in zwei Staaten und heute noch sind die Spannungen mit Pakistan zu spüren. Eine Waffenruhe auf Messerschneide. Das widerspricht dem friedlichen Gehabe, mit dem sich diese Zivilisation schmücken will. Sind die Gurus Pharisäer, wenn sie von Toleranz und Liebe sprechen? Ganz ehrlich, ich ziehe Menschen vor, die erkennen, dass die Gewalt auch zu ihrem Habitus gehört, dass die vorgegebene Ekstase der Liebe nur Schminke ist. Machen wir uns nichts vor, im Mensch steckt viel Wut und sie ist vernichtend, trotz Süßholz-Gesäusel. Und doch möchte ich nicht auf Liebe verzichten, liebe Petra. Ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen, auch wenn sie eine Illusion ist. Wir brauchen sie, um uns verwirklichen zu können und ohne sie, könnten wir uns die Kugel geben, oder?

In diesem Sinne und mit einer herzlichen Umarmung,

Pierre

//pm

Lieber Pierre,
du sprichst von Verantwortung und Auswahl, von der infantilen Vorstellung, wir könnten noch etwas frei wählen und von der Hoffnung des Bürgers auf Besserung der politischen Systeme. Das ist ein Haufen Holz, wie man sagt und während ich nickend deinen Antwortbrief las, gingen mir viele Dinge durch den Kopf. Schon lange ist es vorbei damit, mit der freien Wahl der Freiheit, die wir so propagieren und das Thema hatten wir auch schon. Das Zauberwort heißt „Ethik“ oder „Wahrheit“ oder auch „Verantwortung“, aber wir sind nicht die Magier des Universums, auch wenn wir uns gerne als das verstehen. Wer versteht, dass etwas nur rund laufen kann und funktioniert, muss zuerst verstehen, was Natur und Demut bedeuten. Die Natur ist das größte Spiegelbild und wir sehen in den Konsequenzen unsere machthungrigen, gierigen Eitelkeiten ebenso wie die Schönheit des Gleichklangs. Alles hat seinen Preis und alles hat seinen Sinn, davon rücke ich nicht ab. Es gibt ein Gesetz, dem ich folge: verhalte dich scheiße und du bekommst scheiße zurück. Was tun wir Menschen? Ich wiederhole mich nicht, dies alles ist hier in unseren Briefen nachzulesen, lieber Pierre. Wenn der Liebling seinem Liebling zu Weihnachten ferngesteuerte Steckdosen schenkt anstatt etwas Persönliches zu wählen, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Verstehst du, was ich meine? Es geht nicht mehr darum, sich ernsthaft um etwas zu bemühen und zu pflegen und daran sind wir selbst schuld. Anstatt im Kollektiv gegen die politisch unfähigen Kraulversuche vorzugehen, schimpfen wir, gehen aber mit einem Kloß im Hals zur nächsten Urne und begraben genau dort unsere Ideale. Es gibt nur einen Weg aus dem Dilemma, das an vielen, vielen Stellen des Lebens wie eine Lawine auf uns zurück rollt: Demut und die Konzentration auf ethisch wichtige Dinge. Dazu gehört, dass wir Flüchtlingen unter die Arme greifen, dem grenzenlosen Konsum die Stirn bieten, den Politikern ein eindeutiges Signal setzen, die Dinge boykottieren, die uns widerstreben. Im Kollektiv, sonst hat es keine große Wirkung. Wäre das machbar? Nein, nicht mehr. Die Natur wird uns genau das nun zurückgeben und die derzeitige Weltlage ist verheerend. Man kann natürliche Dinge nicht verarschen auf Dauer und man darf die Menschlichkeit nicht mit Füßen treten. Das Universum gibt genau das zurück, was wir aussenden und ich bin beileibe kein Esoteriker, Pierre, aber so viel habe ich schon begriffen. Liebe, das wäre das ideale Wort. Liebe in jeder Konsequenz, grenzüberschreitend, konstruktiv für alle Nationen und in Liebe zu unserer Welt. Amen. 😛

 

© Petra M. Jansen

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