Lieber Pierre,

ich verstehe das Zwiegespräch in dir. Das eine ist die spontane Reaktion auf eine Kränkung, das andere die Selbstreflexion, die eine Balance erzeugen muss. Heute tue ich es dir nach und vereinfache meinen Antwortbrief indem ich nur einige Thesen in den Raum stelle. (Die Diskussion und Überlegung dazu liegt bei den Lesern).

Die Gesellschaft. Irrtum und Aufgabe.

  • Wir sind eine Gesellschaft, die wieder Maß nehmen muss inmitten der Maßlosigkeit.
  • Das klappt nicht. Heute ist alles ist auf Produktivität ausgelegt und die Geschwindigkeit spielt eine enorme Rolle. Zeit ist Geld.
  • Sind wir nicht immer ein Produkt unserer jeweiligen Gesellschaftsform? Und ist es nicht so, dass wir die Werte verloren haben, die uns früher einen Sinn gaben?
  • Quatsch. Es gibt genügend Leute, die von Respekt und Wertigkeit sprechen – die gibt´s heute genauso wie früher. Eben ein bisschen angepasster und effizienter.
  • Kann das klappen, wenn man nur darüber redet und nicht gleichermaßen handelt? Schauen wir doch mal, wie die Leute wirklich miteinander umgehen. Lauter Egomanen, Narzissten oder Depris. Es legt doch niemand mehr jedes Wort auf die Waagschale und überlegt sich, wie es in dem anderen wirklich aussieht. Der Zeitgeist gibt heute den Ton an.
  • Aber wer will denn als arme Sau enden, die sich nichts leisten kann und ständig den Cent rumdrehen muss? Geht ja nicht anders als Ranklotzen und da bleibt keine Zeit für Samthandschuhe. Wer das erwartet, träumt.
  • Wie sieht es mit der Generation der Alten aus?
  • Das sind halsstarrige und unhöfliche Säcke, die – je älter sie werden – immer rücksichtsloser werden. Scheint fast so, als ob sie ihren ganzen Frust, dass sie bald abnibbeln, an anderen auslassen wollen.
  • Sind nicht immer beide Seiten beteiligt? Könnte es nicht sein, dass die starre, unterschiedliche Wahrnehmung ein Einvernehmen von Grund auf erschwert? Und eine Konfliktlösung dadurch gänzlich ausgeschlossen ist? Ich bin nicht schuld an dem Dilemma, sagen das nicht immer alle?
  • Und wie stehst du zu den Jugendlichen? Finden sie den Rückhalt, den Sinn, ihren Platz und ihre wichtigen Auseinandersetzungen, die sie brauchen, um Wertigkeit zu erhalten? Oder werden die einfach ruhig gestellt durch überforderte Eltern, die der Schule, Playstation und dem Handy die Erziehung überlassen?
  • Die Hippiezeit hatte Kult-Charakter und war eine Jugendbewegung. Nicht in jedem Punkt nachahmenswert, aber immerhin waren nicht alle so „aggro“ mit Waffen im Amoklauf. Fehlt also eine wichtige Stufe im Leben, die uns zu genau dem macht was wir bemängeln?
  • Es fehlen verdammt nochmal die echten Werte! Der Wahrheitsgehalt lässt Zweifel offen, das Boot schwimmt irgendwo auf dem Wasser – unfähig den Kurs zu halten.
  • Umso dringend notwendiger die Begriffe „Ethik, Moral, Werte, Tugenden“, denn sie sind es, die eine Gesellschaft ausmachen. An der Wurzel packen bedeutet, das bestehende System ständig zu hinterfragen und zu entschleunigen. Sonst geht der Mensch darin verloren.
  • Komm runter, lieber Pierre – auch du musst schauen, wo der Verbindungspunkt zwischen Kränkung (Eitelkeit) und Akzeptanz eines anderen liegt. Irgendwo in der Mitte liegt bekanntermaßen der richtige Weg.
  • Es möge uns bitte, bitte möglich sein, Tugenden zu entwickeln und unsere wichtigen, alten, guten Werte ganz unten an der Basis zu beginnen, sie aufzugreifen und unabdingbar verfolgen. Ein Baum knallt ohne Wurzel im Sturm um. So ist es mit Menschen auch. Gesunder Boden, gesunde Wurzel, gesundes Wachstum.
  • Zeitgeist des einundzwanzigsten Jahrhunderts: Zur Pflege und Geduld eines gesunden Waldes bedarf es viele, viele Jahre der Geduld und Hingabe. Zur Pflege der Gesellschaft bleibt kaum Zeit. Wachstumsfördernde Mittel pushen effizient, damit der Verderb schnell wieder dem Kreislauf des Recyclings zugeführt werden kann. Aber ja, wir wollen alle leben. Fragt sich nur wie.

 

© Petra M. Jansen

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Es war eine kurze Momentaufnahme eines an die Wand geschraubten, schief hängenden Magnetboards mit zahllosen Fingerabdrücken, aufgehängt über der vergilbten Kabelleiste des Frühstücksraums, in dem niemand mehr mit Appetit frühstücken wollte. Der klebrige, weiße Kühlschrank zitterte im zehn Minuten Takt so lange bis die darauf liegende Sechser-Steckdosenleiste auf dem Industriebetonboden donnerte und zerbarst. In der Ecke sammelte ein abgewetztes Stahlregal wahllos billige Steinguttassen, in denen klebrige Löffel steckten. Dazwischen irgendwelches Besteck, vergilbte Wegwerfservietten und Zucker in langgestreckten Papiertütchen wie man sie vom Italiener beim Espresso kannte. Was die vollgestopfte Restmülltonne direkt neben der Mikrowelle und dem Wasserkocher zu suchen hatte, blieb unbeantwortet. Draußen flatterte Trockeneis-Schnee am Fenster vorbei – es waren sonnige 25 Grad und Frühling. Er schaute sich um: Die Cappuchinore stand vergessen ohne Kanne und Behälter auf einer ausrangierten Push Up-Tonne, daneben der Plastikbehälter für die Einmal-Wegwerftücher zum Rausziehen, damit man wenigstens kurz das Gefühl hatte, man könne mit der Reinigung das Vergammeln beseitigen.

Die alten Kacheln, lieblos an die Wand geklebt, haben ebenso bessere Zeiten verdient wie der Seifenspender, aus dem stündlich so viel Flüssigseife tropfte, dass es jeden, der ans Becken kam, garantiert auf die Fresse legte. Fünfzig Cent – abgezählt in Münzen – hatten sie zu zahlen für einen irrsinnig heißen „Coffee To Go“, an dem sie sich die Finger verbrannten und der ebenso schnell abkühlte, wie er aus der Maschine heraus gepresst wurde. Sechs Tassen pro Tag, ganz normal. Macht drei Euro mal fünf und schon waren sauer verdiente sechzig Euro pro Monat im Eimer.

Immerhin funktionierte der Durchlauferhitzer unter dem nach Abwasser und Gully riechendem Handwaschbecken. Aber wieso kamen die Putzfrauen eigentlich jede Woche und reinigten seit Jahren nie den darüber hängenden Spiegel, in dem sich keiner der Arbeiter mehr erkennen konnte vor lauter Dreck? Sie liefen auf abgewetztem Betonboden, der sich seiner selbst schämen würde, wenn er es denn könnte. Wie viele Milliarden Tritte er schon bekommen hatte, ließ sich an seinem erbärmlichen Zustand ablesen.

Sie wollten das Fenster öffnen, aber der Alurahmen klebte vor so viel Atem auf seinem Leib derart fest, dass sich keines öffnen ließ, um ein wenig frische Luft in den stickigen Raum zu lassen. Es gab einige Rundtische, an denen sie sitzen konnten, sofern sie die schmerhaften Stiche im Steißbein nach spätestens zehn Minuten ignorierten. Notfallplan Physiotherapeut. Alles war eklig abgenutzt und schmutzig in dem alten Industriegebäude, dessen Glanzzeiten schon lange vorbei waren. Wer wollte denn eine verrostete, marode, bankrotte Bude mit überalterter Technik, die nicht nur optisch um Hilfe schrie als auch buchhalterisch? Das Missmanagement war offensichtlich.

Er blickte in den Hof, in dem sich viele Pfützen sammelten und den Mückenlarven Raum zur Vermehrung bot. Da stand der verrostete Container, daneben die vollen Mülltonnen, in die nachts Ratten krochen um die Reste der Butterstullen der Arbeiter zu fressen. Nichts, rein gar nichts erinnerte an die Zeit vor über dreißig Jahren, in denen er Gewinnbeteiligung und sonstige Gratifikationen bekommen hatte. Noch drei Monate Insolvenz-Überbrückungsgeld und er gehörte ebenso zum verrotteten Inventar wie alles, was um ihn herum stand.

Während er seine Pausen-Zigarette ausdrückte, kamen die Geschäftsführer mit dem Insolvenzverwalter vorbei. Er wusste es. Er kannte die großen Limousinen der Chefs, denen es gut ging und die bald wieder irgendwo anders die Zügel in die Hand nehmen würden. Sogar in Aufsichtsräten sitzen würden und garantiert nichts aus ihren Fehlern gelernt hatten.

Er ging rein. Seine Schichtpause war zu Ende. Morgen kommt die Nacht.

 

© Petra M. Jansen

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Früher war´s ganz einfach, man war wie man war. Heute gibt´s Instagram, Facebook (für geistig Arme), Pinterest und jede Menge Möglichkeiten, seine eigenen Peinlichkeiten loszuwerden oder mindestens für andere schrecklich peinlich zu sein. Auf Twitter gab´s unlängst den Hashtag „zeigthereurebäuche“ – lachen, würgen, Kopfschütteln inklusive. Was geht eigentlich den Damen durch den Kopf, Gott und der Welt ihre Bäuche zu zeigen und sich vor der Öffentlichkeit dermaßen zu entblößen? Muss das sein, dass Mama nach der zweiten Niederkunft um Aufmerksamkeit hechelt, weil sie noch keine Wampe und Schwangerschaftsstreifen hat? Ist es wirklich nötig, sich in halterlosen Strümpfen mit Schlüpfer auf dem Bett via Self-shot in die Öffentlichkeit zu rücken? Und ist es wirklich erstrebenswert, als Mitte-50-er-in mit Bildbearbeitung Schleifen ins Haar zu zaubern, den Kussmund in die Kamera zu werfen und überalterte Fotos zu benutzen? Oftmals trifft einen in der Realität der Schock, wenn man den Retuschierten tatsächlich einmal live gegenübersteht und die weggebügelten Falten sich als strack nach unten hängende Furchen mit Doppelkinn entpuppen.

Auf Facebook oder Instagram gibt´s kaum was Peinlicheres als die eigene Mami im Freundeskreis zu haben. Garantiert haut Mutti jedem erwachsenen Kerl die blinkenden Herzchen, Küsschen und „HDGDL (hab dich ganz doll lieb), mein Schatz“ um die Ohren. Ähm, also da geht die beste Lady dann mal schnell weiter und sucht sich einen anderen Helden. Mit Sicherheit aber keinen in Pantoffeln und auch kein Mutti-Söhnchen, denn es dauert garantiert nicht lange, da kann Mami ihren Stolz nicht mehr verbergen und zeigt den muskelbepackten Kerl mit Windelhöschen als er sich an Möbeln entlang hangelte und seinen zahllosen Kiefer zeigte. Hust…

Zurück zu den Trockenpflaumen im Internet: Da gibt´s ja nicht nur die peinlichen Entgleisungen der dauer-brunftgeilen Frauen sondern auch die sabbernden Voyeure, die bei genauer Hinsicht sexuell völlig verklemmt  sind und deren Verhalten oft von Community zu Community wechselt. Sind sie auf einer beruflich orientierten Plattform eher sachlich zurückhaltend, tropft ihnen bei Twitter die Spucke aus dem Mund und bei YouTube outen sie sich plötzlich als Heavy Metal Fan, während sie bei Facebook eher zurückhaltend waren (wegen der Nachbarn).

Peinlicher als alle diese Dinge aber sind die Turteltauben-Fotos der jeweiligen Profilbilder mit Status-Korrektur – je nachdem ob gerade zusammen oder im Streit. Ein Hin und Her bei ihrem Beziehungsstatus in Facebook von „vergeben“, „in einer Beziehung“ bis „Single“ und nicht selten wechselt der Status innerhalb von wenigen Wochen, um dann nach weiteren Tagen wieder in den ursprünglichen Zustand und dann wieder in „ich bin glücklich alleine“ versetzt zu werden. Wen interessiert das eigentlich, außer dem Ego der jeweiligen Profilinhaber? Ganz ehrlich, mir geht das am Arsch vorbei.

Die virtuelle Welt kann eine sehr zerbrechliche Welt sein. Für die Kaffeetasse reicht es, vielleicht für einen kurzen Plausch über unwichtiges Zeug – aber wenn man ernsthaft mal nachhakt und Klartext redet, war´s das mit der Freundschaft. Sehr fragil das Ganze, wenn man keine Haptik, keine Mimik und auch keine Intonation hat. Und noch fragiler, wenn man glaubte, man kenne jemanden und sieht in einer anderen Community genau diese Person mit völlig anderer Reaktion als gewohnt.

Alles in allem – betreibt man Social Media als Instrument mit Realitätsbezug, ohne sich ausziehen oder blamieren zu müssen, ist es absolut in Ordnung. Was da aber zu beobachten ist (wohl ein Querschnitt durch unsere Gesellschaft), ist ein Mangel an Selbstbewusstsein, Ehrlichkeit und Respekt. Lächerlich und wirklich echt peinlich aber die Kommentare von Mutti und der Liebsten, die jedermann klar machen, dass ER so ein Schnuckelchen ist und natürlich der eigene Besitz. In die gleiche Kerbe hauen das Pärchen-Getue und diese unendlich auswuchernde Selfie-Darstellung, die allesamt der Welt da draußen suggerieren „ich bin glücklich.“ Wäre es wirklich so, bräuchte das ja niemand explizit zu betonen, stimmt´s? Gruß von Mutti, Kuss von Kussi-Bussi-Schatzi. Es stimmt schon – Instagram, Facebook, Messenger, Pinterest & Co. machen schlau. Nur anders, als beabsichtigt.

 

Kussi Bussi und so

 

© Petra M. Jansen

 

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Distanz nicht respektieren.

Ruhemomente zerstören.

Dem Gegenüber auf die Pelle rücken.

Ungefragt, die Meinung aufdrücken.

Teilhaben lassen an ekligen Geschichten.

Tränendrüse des ewigen Märtyrers.

Junggebliebene auf Internet-Fotos,

dabei bereits gealtert um 20 Jahre.

Zu Hause dem Staat auf der Tasche liegend

für ein Leben in Juhu und Partytime.

Schubsen, wenn Warten menschlich wäre.

Belehrend, Zeigefinger hebend den anderen nieder quatschen.

Coolness auf dem Bike der Welt da zeigen,

missachtend die Ausgangsregeln.

Husten und Niesen direkt vor deine Füße.

Dreck raus fegen, Hauptsache weg.

Bespitzeln, nörgeln, neiden.

Man hat ja sonst nichts zu ertragen.

Reinballern in die Kanone der Diskriminierung,

dem Deutschen geht´s ja – ach, so schlecht.

Immer dicker werden und keine Schuld?

Raum einnehmen, der dir nicht gehört?

Diebstahl vor deiner Haustüre ist kein Kavaliersdelikt

und Spucke auf dem Briefkasten asozial.

Hau doch einfach mal eine Oma um,

dann hast du wieder Kohle.

Ist so leicht, das Leben ohne Respekt.

Habgier ist des Menschen Schande.

Lass doch sein, wie es sein soll

und vernichte nicht,

weil d u vergiftet bist.

 

  

© Petra M. Jansen

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Sie kleben fest.

Die Wellen des Weite tragenden Ozeans weit hinter sich gelassen.

Heile Welt, kleine Welt.

Tägliche Maloche lässt tiefe Furchen in ihren Gesichtern entstehen.

Der Gartenzwerg stemmt zur inneren Befriedigung Hanteln und Gewichte,

um nicht als Hühnerbrust dazustehen.

Zischende Laute von sich gebend zeigt die sich überschlagende Zunge –

gehetzt vom inneren Zerriss.

Versteht das denn der Logopäde?

Es bleibt Raum für Interpretation zwischen jedem genuscheltem Ton.

Wie bitte? Was sagtest du?

Niemals von dem heimischen Logenplatz rutschend –

der ist zweifellos das Paradies auf Erden.

Draußen wartend ist doch nur der Spieß der Herden.

Hänge einen Faden an einen Ast und lass ihn baumeln.

Ja, er fällt immer wieder runter.

Die Ignoranz ist ihre Waffe.

Waffe derer, die nichts zu sagen haben.

Innere Null, draußen Fassade.

Tausende Kippen versuchen das beruhigende Spiel der emotionalen Balance

zu spielen.

Scheiß auf dich, Hühnerbrust.

Scheiß auf dich, qualmende Qualle –

den weiten Ozean zur Pfütze machend.

Und nie mit dem Wind getragen wird.

Scheiß auf dich, Hähnchen mit sich überschlagender Stimme.

Du bist ein Gassenheld.

Scheiß auf dich, Qualle.

Du verdienst die Möglichkeit des Schwimmens nicht.

Stemmend, nuschelnd, qualmend.

Nur drei Attribute, die für Zwang –

und n i c h t für Freiheit stehen.

 

 

© Petra M. Jansen

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Du denkst, es ist Freundschaft, weil es sich zwischenmenschlich gut anfühlt und von Anfang an hast du nie einen Zweifel daran gelassen, dass keinerlei private Liebesinteressen dahinterstehen. Du wägst dich also in Sicherheit, dass es klar sein dürfte, dass es sich lediglich „nur“ um Freundschaft handelt. Langsam schleichend wird es dann immer enger und der Freund/ die Freundin verwechseln Freundschaft mit einem persönlichen, sexuellen Interesse.  Plötzlich siehst du dich eingezwängt in beginnenden Zwängen – es wird mehr und mehr –  und wie kommst du nun aus der Nummer raus, ohne einen „Freund“ zu verletzen? Du hast eine uneingeschränkte Sympathie entwickelt und schätzt den Kontakt sehr, aber dabei sollte es deiner Meinung nach auch bleiben. Schwierig, die entstandenen Erwartungshaltungen des anderen in die richtigen Worte zu packen und Grenzen zu setzen. Nicht selten hilft nur der Total-Rückzug aus einer Situation, die zu einer echten, dauerhaften Freundschaft auf lange Jahre hätte werden können. Du fühlst dich an die Wand gedrückt, erstickst an zu viel Aufmerksamkeit oder aber an einem wahrnehmbaren Gefühl, dass dein Freund sich schon die Hände reibt und innerlich einen Triumphzug vollzieht. Er/sie sieht sich bereits in der Horizontalen oder einer romantischen Liebesnacht während du darüber nachdenkst, wie du deinem Freund noch einmal sanft (man will ja schließlich niemanden verletzen) in deutlichem Ton sagst, dass du es wunderbar findest, dein Sofa und dein Bett für dich alleine zu haben. Irgendwie spürst du, dass er/ sie denkt: „Ich muss nur dran bleiben und nicht locker lassen, dann wird das schon.“

Freundschaft braucht nicht immer eine permanente Bestätigung und nicht immer muss man in kurzen Abständen seine Zeit miteinander verbringen, ganz im Gegenteil. Echte Freundschaften sind stabil und bleiben bestehen, auch wenn man nicht einmal im Monat miteinander ausgeht. Gepflegt werden sollten sie fraglos, aber ein Zuviel erwürgt jede Sympathie und Lust auf mehr Gemeinsamkeit. Wir alle brauchen soziale Kontakte und Freundschaften, aber wir müssen uns auf die Wesentlichen konzentrieren – das geht aufgrund von Verpflichtungen und viel Arbeit leider gar nicht anders. Da es uns aber eben allen so geht, dürfte das kein Problem sein, dafür hat jeder echte Freund absolut Verständnis. Trotzdem zerren viele Menschen an deiner Freizeit, einfach weil sie selbst nichts anderes zu tun haben oder vor Langeweile sterben.

Heute weißt du, dass eine gute Freundschaft langlebiger ist als jede deiner Liebhabereien oder Beziehungen und du hast deine Prioritäten verlagert. „Du hast mehr von mir, wenn wir befreundet sind als eine kurze Liebesbeziehung einzugehen“, – wer hat diesen Satz nicht schon einmal ausgesprochen?  Mist nur, wenn dein Gegenüber zwar vordergründig in die gleiche Kerbe haut und zustimmend nickt, aber ganz andere Dinge im Sinn hat und nicht locker lässt. Und noch schlimmer für dich, wenn das wirklich hätte eine tolle Freundschaft werden können, in der gegenseitige Menschenliebe, Respekt und Freude im Vordergrund gestanden hätten. Ernsthaft und auf Dauer.

Es ist wirklich traurig und schade… denn dir bleibt keine andere Wahl als der Rückzug und ein Abwenden von weiteren freundschaftlichen Schritten. Die Kehrtwende von einem Menschen, den du wirklich in dein Herz geschlossen hast, aber eben nur „als Freund“. Und ganz ehrlich – das wäre deutlich mehr gewesen als eine kurze Affäre, von der du vorher schon wusstest, dass DU sie nicht willst. So kann eine zarte Freundschafts-Entwicklung in die Sackgasse führen, nur weil einer der beiden eine deutlich gesetzte Grenze nicht erkannt und gewahrt hat. Schade, denn es hätte ganz anders laufen können…eine Freundschaft für´ s Leben – plattgewalzt in der kurzweiligen Begierde und dem „Haben-Wollen“ eines anderen Menschen.

 

© Petra M. Jansen

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Die Welt ist voller Menschen, doch manchmal weiß man nicht wohin. Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache, sie wird immer wieder auf die Probe gestellt. Allzu oft hast du die Erfahrung gemacht, dass deine geheimen Informationen weiter geklatscht werden und das einfach, ohne nachzudenken, was man damit anrichten kann. Gerade im Beruf gibt es so die eine oder andere Hürde zu überwinden und es geht nicht mit fairen Mitteln zu oder in einigen Berufen darf nicht einmal die Schweigepflicht gebrochen werden. Lastet da nun was auf deiner Seele und du möchtest dich jemandem anvertrauen, sind die Zuhörer sehr rar. Viele hören dennoch (oberflächlich) zu  – aus bloßer Neugierde oder weil in ihrem Leben tatsächlich nichts Spannendes mehr passiert… oder weil sie Sex wollen und so tun als ob – aber sie meinen es nicht ernst. Vor lauter Langeweile quatschen sie dann überall weiter und DEIN Thema wird schneller die Runde machen als es ihnen lieb ist. „Oh Entschuldigung!“ lautet dann die überraschte Antwort, wenn sie dabei erwischt wurden. Dass diese unüberlegten Weitertratsch-Dinge echte Schwierigkeiten bereiten könnten, kommt ihnen nicht mal in den Sinn. Zuhören wollen viele, das ist kein Geheimnis, aber die wenigsten können mit Informationen richtig umgehen. Es ist die Kunst der Kommunikation, die immer einen Kommunikator und einen Empfänger hat und leider, leider ist der Empfänger weniger vertrauenswürdig als fair. Sogar echte – sogenannte Freunde – sind nicht immer so ehrlich oder offen wie man selbst. Sie wollen teilhaben an ihrem Leben, doch wenn es bei ihnen aus den Fugen gerät, halten sie den Mund und ziehen sich zurück. Na Prost, das ist wahre Freundschaft. Denen sollte man halt auch nichts mehr erzählen. Die Basis des gegenseitigen offenen Vertrauens ist schlagartig zerstört.

Du hast die Erfahrung gemacht, dass deine Informationen und Suche nach einem ehrlichen Rat oft in eine noch schwierigere Situation münden. Unüberlegtes Weitergeben, Tratschen bis zum Erbrechen, Langeweile im Leben anderer, wenig sorgfältiger Umgang mit Informationen des anderen, schlichtweg keine Bildung, kein Einfühlungsvermögen und weil-der-selbst-keine-Ahnung-hat, führen letztendlich dazu, dass auch du deinen Mund hältst und nichts mehr zu sagen hast.

Dabei suchst du händeringend nach einem Menschen, dem du dich anvertrauen kannst, der ehrlich zuhört und sich empathisch in deine Lage versetzt, um dir einen guten Rat zu geben. Zudem sind da draußen so unglaublich viele Menschen, die egoistisch und desinteressiert sind. Es geht ihnen um ihre eigenen Bedürfnisse, es geht ihnen nicht um dich. Da musst du schon selbst eine Lösung finden und so liegst du nachts im Bett und grübelst, wer eigentlich nun dein Freund ist. Ach ja, der Freund ist übrigens genauso lange am Zuhören, bis er selbst in der Scheiße steckt und nichts mehr zu sagen hat. Klasse Kommunikation in einer Welt, die kommunikativer und international vernetzter nicht sein könnte und in der „Mensch“ sich in der Gesellschaft schwer tut, eine Person seines Vertrauens zu finden, der den Mund genau dann hält, wenn es nötig ist und ihn öffnet, wenn es um echte Freundschaft geht.

 

© Petra M. Jansen

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Du hättest so viel zu sagen, doch du tust es nicht.

Du hättest so viel klarzustellen, doch tu tust es nicht.

Du wolltest deinen Scheiß einfach loswerden, doch du behältst es für dich.

Du wolltest ihm eins in die Fresse geben, doch tust es nicht.

Du möchtest so viel geben, doch du tust es nicht.

Du wolltest dich zum Dinner treffen, doch du bleibst zu Hause.

Du wolltest dich auskotzen, doch du hältst den Mund.

Du siehst, dass vieles falsch ist, doch du sagst es nicht.

Du wolltest einfach mal aggro sein, doch du bist sanft.

Du wolltest einfach mal Hallo sagen, doch du bist still.

Du wolltest essen gehen, doch du hast keinen Hunger.

Du wolltest heute etwas kaufen, doch du bist pleite.

 

Du solltest schlafen gehen, doch du bist nicht müde.

Du solltest freundlich sein, doch du trägst den Frust in dir.

Du solltest sagen was du willst, doch es hört dich keiner.

Du solltest Händchen geben, doch du ballst die Faust.

Du solltest Veganer werden, doch du frisst die Sau.

Du solltest stehenbleiben, doch du drehst dich um und gehst.

 

Du wolltest Vorbild sein, doch für wen?

 

© Petra  M. Jansen

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