Es sollte ein entspannter Abend werden nach so langer Zeit. Doch wusste sie, dass das Ganze in einer aufgebrezelten Zeremonie münden würde und hatte bereits eine Vorahnung, dass sie sich irgendwie verlaufen hatten. Vor einiger Zeit, durch einen kleinen hingeworfenen Satz, der alles Aufgebaute zunichtemachte. Es war ein spürbarer Unterton des Nicht-Verstehens in ihrer Stimme, ein Entrüsten über die eigentliche Wahrheit, bei der es besser gewesen wäre sie zu akzeptieren statt weit von sich zu schieben.

Trotzdem wollte sie sich die Freude auf Entspannung und einen munteren Plausch nicht verderben lassen und ging hin. Wartete. Wartete. Stand minutenlang auf der Stelle, lief hin und her bis sie endlich kam. Mit der üblichen 15-minütigen Verspätung und ohne ein Wort der Entschuldigung. Sie gingen und sie setzten sich, hoffnungsvoll und zunächst gelassen.

Was passte denn nicht? Redeten sie aneinander vorbei? Sie sah die tiefen Furchen der Sonnenbank in ihrem Gesicht und erschrak, wie schnell man doch in wenigen Monaten altern konnte. Eine Lady wollte sie sein und versuchte sich anmutig zu bewegen, dabei verschlang sie ihr Abendessen schneller als man überhaupt eine Serviette auseinander falten konnte. Tupfte graziös die Mundwinkel ab, legte stets ihren Lippenstift nach und nippte kunstvoll an ihrem Wasserglas.

Unverständnis. Wiederholung des Gesagten mit dem spürbaren Unterton der Schadenfreude. Unüberhörbar und immer leicht unter die Gürtellinie. Kaum zu erfassen, aber da. War das etwa die Freude über den Schaden anderer? Eine Unterhaltung erstickte sie im Keim und verwies mehrmals darauf, dass man sie nicht ausreden lassen würde, redete dabei jedoch selbst ohne Pause. Würde man den Spieß rumdrehen, wäre das der Beginn einer Eskalation.

Es passte nicht. Was ihr zu viel war, nicht ihrer Vorstellung entsprach, wischte sie weg „Lass uns das Thema beenden, es interessiert mich nicht.“ Wumm! Da hast du es, deine Meinung ist tatsächlich nicht so wichtig. Exzentrisch rannte sie dreimal zur Toilette, sicher um ihr Make-Up und den Sitz ihrer Haare zu überprüfen.

Schade, wirklich schade. Sie waren einmal dabei, Freundinnen zu werden. Dachte sie. Echte Freunde wurden sie nach diesem Abend nie. Sie wusste es, sie weiß es. Und nun lehnt sie sich entspannt zurück und weiß, wie schön es ist, wirklich frei zu sein.

 

© Petra M. Jansen

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Nein, du bist nicht mein Freund…

wenn du mir ständig ins Wort fällst,

niemanden ausreden lässt,

redest wie ein Wasserfall,

erklärend, was du früher stets beritten hast,

welch oberflächlichen Vorzüge du gerade erst gesehen hast.

 

Nein, du bist nicht mein Freund…

wenn du Platz nimmst, um auszuhorchen,

um weiter zu tragen, was du erfahren hast,

um Gehör durch Gehörtes zu finden,

um schlüpfrig wie ein Aal zu sein.

 

Nein, du bist nicht mein Freund…

wenn du heute nickst

und morgen beim Gegenteil um Beifall heischst.

Nein, du bist nicht mein Freund,

wenn du nie das Gesprochene verstehst,

niemals den Faden einfädelst,

den man dir reichen möchte,

keinen festen Knoten spinnst.

 

Nein, du bist nicht mein Freund…

wenn du so ganz anders tickst

als überhaupt in einem Takt.

Nein, du bist wahrhaftig nicht mein Freund.

Und nein, du bist auch nicht mein Feind.

Ich sehe, was da an dem Ast dort hängt

an dem ein Unwissender unermüdlich sägt.

  

© Petra M. Jansen 

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Lieber Pierre,

dein letzter Brief hat bei mir für Entsetzen, Sorge, Kopfschütteln und Lächeln gesorgt. Immerhin – wenn man die ersthaften Sorgen und den offenkundigen Verfall nahestehender Menschen miterlebt. So hart es klingen mag und wir es niemandem wünschen, so wahr ist es auch, dass wir alle eines Tages den Hut nehmen und uns verabschieden müssen. Der eine früher, der andere später. Der eine mit langjährigen Schmerzen und Entbehrungen, der andere plötzlich und unerwartet oder durch einen tragischen Unfall. Wie schnell es gehen kann, sehen wir derzeit an der unglaublichen Pandemie des Corvid-19-Virus, der weltweit um sich greift und bereits mehrere tausend Menschen das Leben gekostet hat. Dennoch: Lebewesen sind angreifbar und alles, was lebt, stirbt eines Tages. Ich komme zurück zu dir und bitte, Pierre gestatte mir die ehrliche Aussage, dass es mir unendlich leid tut, einen dermaßen hochintelligenten, intellektuellen Mann, der so vieles in seinen Fernseh-Dokumentationen und Bühnenstücken bewegt hat, in den Abgrund rudern zu sehen. Wie viele Jahre haben wir beide philosophiert und uns auf hoher geistiger Ebene ausgetauscht, Themen nachts am Telefon gewälzt und höchst kreative Outputs gehabt? Wenn mir einer in den letzten Jahren das Rüstzeug für gute Regiearbeit oder kulturelles Wissen oder auch in psychologischen Dingen mitgegeben hat, dass warst du im Wesentlichen auch daran beteiligt. Es war ein wahres Wunderwerk an gemeinsamer Arbeit, die wir in den Jahren, seitdem du auf mich aufmerksam wurdest, erschaffen haben. Doch es fehlt mir seit einiger Zeit sehr, denn diesen Pfad haben wir nun verlassen. Es geht seit über zwei Jahren ausschließlich um deine Gesundheit und ich verstehe das absolut. Das alles überschattet die Kreativität, den Impuls, der einst fiktive und reale Welten bewegte und aus dem überaus fruchtbare Projekte entstanden sind. Du erinnerst dich? Es fehlt mir, das sage ich aus vollem Herzen, denn mein Bekanntenkreis hat nicht viele solcher Menschen, die auf jedem Parkett aktiv und firm sind und mit denen man sich so hochqualitativ und inspirierend austauschen kann. Leider haben die Wenigsten ernsthaft was selbst zu sagen – sie saugen auf, was andere sagen.

Ach, Pierre – es tut mir so leid, zu sehen, wie dein brillanter Geist Federn lässt, du zu einer „Ich-Figur“ mutierst und der Mittelpunkt nur noch für dich selbst geworden bist. Austausch adé, Philosophie adé, Kreativität adé. Aber solche geistig verwöhnten Menschen wie ich müssen wohl akzeptieren, dass es nur wenige Mentoren gibt, die einen im Leben begleiten. DU bist einer davon und dafür nochmals meinen ehrlichen Dank. Übrigens: Ich sehe keinen Affen, der Viagra schluckt. Ich sehe einen verzweifelten Mann, der die Hoffnung nie aufgeben möchte, aber ich sehe auch eine letzte Etappe deines Weges, der unserer langjährigen Freundschaft noch einiges abverlangen wird. Sei sicher – ich bin dabei!

 

Eine herzliche Umarmung,

 

Petra

© Petra M. Jansen

 

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Du denkst, es ist Freundschaft, weil es sich zwischenmenschlich gut anfühlt und von Anfang an hast du nie einen Zweifel daran gelassen, dass keinerlei private Liebesinteressen dahinterstehen. Du wägst dich also in Sicherheit, dass es klar sein dürfte, dass es sich lediglich „nur“ um Freundschaft handelt. Langsam schleichend wird es dann immer enger und der Freund/ die Freundin verwechseln Freundschaft mit einem persönlichen, sexuellen Interesse.  Plötzlich siehst du dich eingezwängt in beginnenden Zwängen – es wird mehr und mehr –  und wie kommst du nun aus der Nummer raus, ohne einen „Freund“ zu verletzen? Du hast eine uneingeschränkte Sympathie entwickelt und schätzt den Kontakt sehr, aber dabei sollte es deiner Meinung nach auch bleiben. Schwierig, die entstandenen Erwartungshaltungen des anderen in die richtigen Worte zu packen und Grenzen zu setzen. Nicht selten hilft nur der Total-Rückzug aus einer Situation, die zu einer echten, dauerhaften Freundschaft auf lange Jahre hätte werden können. Du fühlst dich an die Wand gedrückt, erstickst an zu viel Aufmerksamkeit oder aber an einem wahrnehmbaren Gefühl, dass dein Freund sich schon die Hände reibt und innerlich einen Triumphzug vollzieht. Er/sie sieht sich bereits in der Horizontalen oder einer romantischen Liebesnacht während du darüber nachdenkst, wie du deinem Freund noch einmal sanft (man will ja schließlich niemanden verletzen) in deutlichem Ton sagst, dass du es wunderbar findest, dein Sofa und dein Bett für dich alleine zu haben. Irgendwie spürst du, dass er/ sie denkt: „Ich muss nur dran bleiben und nicht locker lassen, dann wird das schon.“

Freundschaft braucht nicht immer eine permanente Bestätigung und nicht immer muss man in kurzen Abständen seine Zeit miteinander verbringen, ganz im Gegenteil. Echte Freundschaften sind stabil und bleiben bestehen, auch wenn man nicht einmal im Monat miteinander ausgeht. Gepflegt werden sollten sie fraglos, aber ein Zuviel erwürgt jede Sympathie und Lust auf mehr Gemeinsamkeit. Wir alle brauchen soziale Kontakte und Freundschaften, aber wir müssen uns auf die Wesentlichen konzentrieren – das geht aufgrund von Verpflichtungen und viel Arbeit leider gar nicht anders. Da es uns aber eben allen so geht, dürfte das kein Problem sein, dafür hat jeder echte Freund absolut Verständnis. Trotzdem zerren viele Menschen an deiner Freizeit, einfach weil sie selbst nichts anderes zu tun haben oder vor Langeweile sterben.

Heute weißt du, dass eine gute Freundschaft langlebiger ist als jede deiner Liebhabereien oder Beziehungen und du hast deine Prioritäten verlagert. „Du hast mehr von mir, wenn wir befreundet sind als eine kurze Liebesbeziehung einzugehen“, – wer hat diesen Satz nicht schon einmal ausgesprochen?  Mist nur, wenn dein Gegenüber zwar vordergründig in die gleiche Kerbe haut und zustimmend nickt, aber ganz andere Dinge im Sinn hat und nicht locker lässt. Und noch schlimmer für dich, wenn das wirklich hätte eine tolle Freundschaft werden können, in der gegenseitige Menschenliebe, Respekt und Freude im Vordergrund gestanden hätten. Ernsthaft und auf Dauer.

Es ist wirklich traurig und schade… denn dir bleibt keine andere Wahl als der Rückzug und ein Abwenden von weiteren freundschaftlichen Schritten. Die Kehrtwende von einem Menschen, den du wirklich in dein Herz geschlossen hast, aber eben nur „als Freund“. Und ganz ehrlich – das wäre deutlich mehr gewesen als eine kurze Affäre, von der du vorher schon wusstest, dass DU sie nicht willst. So kann eine zarte Freundschafts-Entwicklung in die Sackgasse führen, nur weil einer der beiden eine deutlich gesetzte Grenze nicht erkannt und gewahrt hat. Schade, denn es hätte ganz anders laufen können…eine Freundschaft für´ s Leben – plattgewalzt in der kurzweiligen Begierde und dem „Haben-Wollen“ eines anderen Menschen.

 

© Petra M. Jansen

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Bitte

Man hatte dich einfach um einen Gefallen gebeten. Einfach nur eine kleine Bitte. Und man sagt DANKE. Es war ja nur eine kleine Kleinigkeit.

Kein Problem, ohne Frage, machst du gerne. „Wie willst du es denn haben?“ Du hilfst so gerne. Dachte ich. Sagtest nichts, so dachte ich. Dachte, es sei in Ordnung so.

Eine kleine Bitte – einfach nur, um eine kleine Bitte zu erfüllen. Weil man Menschen liebt und sich freut, wenn ihre Freude die deine ist.

Will niemand was daran verdienen, es ist einfach eine kleine Gefälligkeit. Du sagst „Gibst du mir, dann geb´ ich dir.“ Wie? Keine Nächstenliebe? Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ach ja, ich vergaß. So ist das heute.

Man hatte dich wirklich nur um einen kleinen Gefallen gebeten. Und du hast diesen zaghaften Wunsch mit Füßen getreten. Was hat man dir denn getan? Du hast das Misstrauensvotum ausgesprochen. Einverstanden, du bekommst, was du verlangst. Abgemacht! Aber ich kriege im Gegenzug nun meinen Zug. Sag, was war dir diese Freundschaft wirklich wert?

Man hatte dich ja nur um einen Gefallen gebeten. Und du konntest nicht einfach geben. Ohne auch etwas dafür zu nehmen.

 

© Petra M. Jansen

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