Liebe Petra,

was gibt es Wertvolleres für einen Intellektuellen oder einen Künstler als die Meinungsfreiheit? Immer wieder steht sie in der Schusslinie von Menschen, die einen Hang zur Macht haben. Der schrecklichste Angriff gegen dieses hart erkämpfte Gut, war das Attentat gegen Charly Hebdo. Hier wollten die Täter die Geistesfreiheit mit einem Maschinengewehr ausschalten. Ohne aber Blut zu vergießen, wächst der Hang zur Intoleranz und dieser Tage gab es dazu ein neues Beispiel aus Frankreich. Der Hauptaktionär eines kommerziellen Fernsehsenders wollte eine satirische Sendung, die einen Kultcharakter hat, killen, aus welchem Grund auch immer. Er ist einer der Barone der französischen Wirtschaft und übt sehr viel Macht aus. Die Reaktion dagegen war mehr als positiv. Die Politik, die von den „Guignols“ scharf attackiert wird, stemmte sich gegen diese Absicht und zeigte Solidarität zu den Machern. Von François Hollande, der die Satire als ein nationales Kulturgut beschreibt, bis zum ehemaligen konservativen Premier, Alain Juppé, alle protestierten. Dazu auch zehntausende Zuschauer, die dem Sender eine Petition zukommen ließen. Der Entschluss die Sendung aus dem Programm zu nehmen, wurde einen Tag später rückgängig gemacht und ist der Beweis, dass es sich lohnt, für die Freiheit zu kämpfen.

Die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, wenn es um Geld geht. Der Starfotograf Juergen Teller hat in einem Interview des SZ-Magasins gesagt: (Zitat) „Die Freiheit stirbt in der Sekunde, in der du einen kommerziellen Job annimmst“. Diese Behauptung hat ihre Richtigkeit. Aber Teller hat auch bewiesen, wie man sich gegen solch eine Tatsache verhalten kann. Als Kontrapunkt zu seinen beruflichen Aktivitäten, macht er große künstlerischen Aktionen, wo er sich oder andere in Szene setzt, wie zum Beispiel die fotografische Reihe, in der er Nacktaufnahmen von Charlotte Rampling oder sich selbst veröffentlicht. Auch wenn ich bedaure, dass es keine totale Freiheit bei Auftragsproduktionen geben kann, sehe ich in diesem Beispiel ein Ventil für seine Selbstverwirklichung. Anders zum Beispiel in China, wo große Künstler wie Ai Weiwei in Hausarrest gesteckt werden, weil sie ganz einfach das Regime stören. Solch eine Entwicklung, liebe Petra, nimmt mehr und mehr Überhand und muss abgewandt werden. Was den Künstlern widerfährt, kann eines Tages den einfachen Bürger erfassen und wenn der Geist angegriffen wird, ist es das Ende der Demokratie und des Friedens. Dann ist der Weg zur entarteten Kunst oder zur Vernichtung einer uralten Kultur durch die IS in Mossul oder anderswo geebnet. Er hat immer als Ziel, die Unterdrückung von Menschen um Macht zu beweisen.

Ich habe persönlich immer vehement für meine Meinungsfreiheit gekämpft und das mit einem gewissen Erfolg. Wenn der Versuch unternommen wurde mich einzuschränken, habe ich immer das Grundgesetz zitiert, in dem die freie Wortwahl als Stütze unserer Demokratie bezeichnet wird. Niemand konnte mich biegen und darauf bin ich gewissermaßen Stolz. Aber liebe Petra, im Detail steckt oft der Wurm. In dem Augenblick, in dem man finanziell abhängig ist, werden viele vorsichtiger und kastrieren sich selbst, das nennt man im Fachjargon die Schere im Kopf. Das ist eine schleichende Eigenzensur, die höchst pervers ist. Ich weiß nicht wie ich es geschaffen habe, davon keinen Gebrauch gemacht zu haben, vielleicht war ich zu blauäugig. Ich habe mir nie so sehr Gedanken über die persönliche Konsequenzen gemacht, und das auch, wenn meine Familie sehr darunter gelitten hätte. Ich habe drei Jobs aus prinzipiellen Gründen an den Haken gehängt und das mit Frau und Kind. Ich war nie bereit, Kröten zu schlucken und bin es heute auch nicht! Auch wenn es dem Geschäft schaden würde, werde ich niemals meinen Geist aus opportunistischen Gründen in den Müll werfen, glaube mir!

Noch eines, Liebe Petra, wenn alles in dieser Welt so schief geht, liegt es daran, dass sich immer mehr Menschen anpassen und fatalistisch alles über sich ergehen lassen. Es ist unsere Aufgabe uns als Literaten oder Journalisten gegen die Willkür zu stemmen, zu kämpfen. Wir können nicht neutral sein.

In diesem Sinne

Herzlichst,
Pierre
//pm

Lieber Pierre,
ich zitiere in diesem Zusammenhang einen großen Philosophen: „Alles, was nach Ordnung, Maß und Gesetz geschieht, erzeugt Gutes. Das Untergeordnete und schlecht Eingeleitete ist dagegen an sich schädlich und löset auch das Wohlgeordnete auf. (Platon, 427 – 348 od. 347 v. Chr, griechischer Philosoph, Begründer der abendländischen Philosophie). Was will ich sagen damit, lieber Pierre? Die Liebe des Menschen ist Fluch und Segen zugleich. Sie bewegt uns in Richtungen, die wir niemals gehen würden – ohne sie. Deine Briefe sind ein Widerspruch an sich, wenn ich das frei sagen darf. Selbstverständlich leugnet niemand den Mephisto in Goethes Faust, selbstverständlich negiert niemand das Böse, der einen klugen Verstand hat. Ja, es gibt all das – Verlogenheit, Untreue, Missgunst, Gier, Machthunger und vieles mehr. Schauen wir in die Welt: die NATO rüstet auf und verstärkt die Übungen, Russland rüstet ebenfalls auf. Griechenland spielt mit der EU wie mit einem Tennisball und macht Europa weltweit lächerlich und die Politiker diskutieren sich zu Tode. All das gibt es, Pierre und ich schaue gewiss nicht beruhigt in die Zukunft. Eher macht mir der Gedanke Angst, dass junge Menschen sich umsonst bemühen und studieren, ihre Ideale formulieren und vielleicht niemals mehr ausleben können. Es macht mir Angst, dass der Mensch in seinem kleinen, privaten Umfeld Schiss vor sich selbst hat und nicht den Mut, zu seinen schändlichen Taten zu stehen oder ehrlich im Umgang mit seinen Lieben zu sein. Das ist der berühmte „Dämon“ in der Geschichte von tausenden Büchern, Filmen und Fantasy-Stories. Es gibt ihn, ja, Aber wer bewegte etwas? Menschen, die niemals den Glauben an das Gute und die (Nächsten-)Liebe aufgegeben haben, wie z.B. Mutter Theresa oder die vielen Menschen, die in die Geschichte eingegangen sind, weil sie gebend, liebend etwas Gutes verbreiten wollten. Der Friedensnobelpreis wurde geschaffen, Künstler taten sich zusammen für Frieden und Liebe weltweit – die Liste ließe sich beliebig forstsetzen, lieber Pierre. Ich verstehe die Frustration, die einen ab und an überfällt und man mag sich nicht Gurkenschreiben auf die Augen legen lassen und einfach nur träumen. Doch es bleibt bis zum letzten meiner idealistischen Atemzüge: die Hoffnung auf Liebe, Gerechtigkeit und Frieden und der Wunsch danach. Und wenn es nicht so sein sollte, dann gehen wir alle gemeinsam unter. DAS kann ich zumindest – in Anbetracht der derzeitigen Weltlage – schon prophezeien.

Herzlichst,
Petra
© Petra M. Jansen

http://jansen-marketing.de

Liebe Petra,

wie es die Buddhisten behaupten, kann es kein Gutes ohne Böses geben. Eine pragmatische Erkenntnis, die auch für die Liebe ihre Gültigkeit hat. Sie ist sehr eng mit Hass verbunden, der Grund warum sich so viele Paare zerreißen. Immer wieder kann man im Fernsehen Dokumentationen über den häuslichen Krieg sehen. Eltern, die ihn auf Kosten der Kindern austragen! Zum Beispiel dieser Vater, der seinen Sohn nicht mehr sehen darf, seitdem er von der Mutter in die Ukraine verschleppt wurde. Ich kann nicht verstehen, dass der Umgang mit dem Nachwuchs sich so brutal entwickeln kann. Leute, die angeben, dass sie sich einmal geliebt haben, liefern sich Kämpfe unter der Gürtellinie, die vernichtend sind und alle Mittel sind gut, um seinen Ex-Partner in den Dreck zu ziehen. Wie diese Mutter, die den Vater ihres Kindes beschuldigt pädophil zu sein und das nur, um ihn finanziell zu erpressen. Die Konsequenz: der Beschuldigte verlor seine Arbeit und erlitt einen Herzinfarkt, der ihn gesundheitlich ruinierte. Und dann, nach etlichen Jahren, die Aussage vor Gericht, dass alles erlogen sei, die Behauptung der Tochter waren frei erfunden. Das alles schreibe ich, um zu beweisen, dass dem Wort Liebe mit einem gewissen Misstrauen betrachtet werden sollte. Ich würde gerne an sie glauben, aber es ist mir leider bewusst, dass sie oft einen üblen Nachgeschmack hat. Das trifft bei mir persönlich nicht zu, aber bei vielen meiner Freunde.

Die Liebe, wie sie im Evangelium gefordert wird, bedeutet viel Nachsicht für seine Mitmenschen. Vielleicht eine Utopie, aber unerlässlich, wenn es um den Umgang mit anderen geht, liebe Petra. Auch wenn diese gute Absicht in Trümmer verfällt, muss sie das Ziel sein, das liegt im Interesse von jedem von uns. Und was machen wir? Wir hauen uns lieber auf die Rübe, weil wir einfach nicht für solch ein Verhalten geeignet sind. Der Mensch ist ein Raubtier, der nur durch Gewalt seine Ziele erreichen kann, so die generelle Meinung. Ich habe im Spiegel einen Artikel über das Mobbing am Arbeitsplatz gelesen. Sogenannte Toxiker, verhalten sich so, dass sie ihren Kollegen schaden wollen, wenn es darum geht, Karriere zu machen und das geht von der Denunzierung bis zur seelischen Demütigung. Das Fatale dabei, das solch ein Verhalten in den meisten Fällen nicht untersagt wird. Wer dennoch von Liebe spricht, erscheint mir blind zu sein. Sie haust in unserem Kopf und Herz, ein Wunschtraum, der kaum zu verwirklichen ist und vielleicht die größte Lüge der Menschheit. Aber ohne sie wäre kein Überleben möglich. Also bleibt mir gar nicht anderes zu tun, als die Liebe zu lieben.

Ich mache es mir deswegen sehr schwer mit der Friedensbewegung, die auf ihre Fahne das Wort Liebe groß geschrieben hat. Hat dies etwas mit der Realität zu tun? Was sehen wir um uns? Nur ein mieses Verhalten, das zu kriegerischen Auseinandersetzungen führt. Kinder und Frauen werden im Namen einer Gerechtigkeit massakriert, gefoltert und vergewaltigt und das wiederholt sich ständig, auch wenn immer wieder der Versuch unternommen wird, solche miese Taten zu unterbinden. Ich sehe schon ein, dass gegen solche Auswüchse agiert werden muss, aber die Frage stellt sich, ob Worte genügen. Immer wieder wird Gandhi mit Recht zitiert. Er hat es fertig gebracht mit pazifistischen Mitteln, seinen Kampf gegen eine Kolonialmacht erfolgreich zu führen. Aber vergessen wir nicht, dass parallel dazu zahlreiche Menschen ihr Leben im Krieg zwischen den Hinduisten und den Muslimen lassen mussten. Das führte zur Spaltung von Indien, damals in zwei Staaten und heute noch sind die Spannungen mit Pakistan zu spüren. Eine Waffenruhe auf Messerschneide. Das widerspricht dem friedlichen Gehabe, mit dem sich diese Zivilisation schmücken will. Sind die Gurus Pharisäer, wenn sie von Toleranz und Liebe sprechen? Ganz ehrlich, ich ziehe Menschen vor, die erkennen, dass die Gewalt auch zu ihrem Habitus gehört, dass die vorgegebene Ekstase der Liebe nur Schminke ist. Machen wir uns nichts vor, im Mensch steckt viel Wut und sie ist vernichtend, trotz Süßholz-Gesäusel. Und doch möchte ich nicht auf Liebe verzichten, liebe Petra. Ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen, auch wenn sie eine Illusion ist. Wir brauchen sie, um uns verwirklichen zu können und ohne sie, könnten wir uns die Kugel geben, oder?

In diesem Sinne und mit einer herzlichen Umarmung,

Pierre

//pm

Liebe Petra,

die Politiker geben uns nicht immer Anlass zur Freude, da widerspreche ich dir nicht. Sehr viel mehr macht mir das Volk zu schaffen. Es ist zurzeit völlig vom Konsum verseucht und wirkt zu oft passiv. Zugegeben es gibt Ausnahmen, wie die Anti-Pediga-Demonstrationen es gezeigt haben, aber das sind für mich Lichtblicke in einer verödeten Landschaft. Die Energie-Debatte zeigt, wie der Egoismus Vorrang hat, wenn es um Fragen geht, die eine ganze Nation angehen. Das Beispiel Bayern ist eklatant. Die Landesregierung weigert sich den Zugang von Stromtrassen zuzulassen, die den Ökostrom, der in den Windanlagen in der Nordsee erzeugt wird, in den Süden der Republik zu befördern. Das soll Hessen und Baden-Württemberg erledigen. Das ist wahrhaftig eine solidarische Haltung, eher Bauchnabel-Populismus, so würde ich das bezeichnen. Es geht für die CSU nur darum ihre Wähler bei Laune zu halten. Herr Seehofer betont immer wieder, wie sehr er sich für eine nachhaltige Energie einsetzt. Da lachen die Hühner! Und das Volk? Es spende Applaus, weil es sich so gehört. Wer sich gegen die Atomenergie oder die Kohlenkraftwerke ausspricht, muss auch einige Hindernisse in Kauf nehmen. Es gilt immer das Prinzip, dass der Nachbar gefällig seine Hausaufgaben machen soll und wenn er sich weigert es zu tun, wird er als Störenfried beschimpft. So funktioniert halt die Demokratie…

Was will ich damit beweisen, liebe Petra? Eines nur: die Politiker sind ein Spiegelbild des Volkes. Sie richten sich nach deren Befindlichkeiten und folgen blind was ihnen diktiert wird, denn sie wollen halt wieder gewählt werden. Sich über sie zu beklagen, ist aus meiner Sicht der einfachste Weg. Wir sollten uns eher fragen, welche Verantwortung wir tragen, wenn alles aus den Fugen geriet? Die übliche Rede, dass wir machtlos sind, kann ich nicht walten lassen, denn das ist einfach eine Lüge. Aber ein Engagement kostet Arbeit und Zeit und das wollen die wenigsten. Aus meiner Erfahrung, kann ich dazu ein Beispiel geben. Jahrelang war ich im Vorstand meiner Gewerkschaft. Unser Anliegen war es, die Arbeitsbedingungen der Kollegen zu optimieren. Wenn es aber hart zuging, waren die Bittsteller auf einmal verschwunden. Aus Angst, bei den Chefs unangenehm aufzufallen? Aus Bequemlichkeit? Ich würde nicht so weit gehen, dieses Verhalten als feige zu bezeichnen, aber er lässt mir einen bitteren Nachgeschmack und wenn etwas schief lief, waren wir alleine daran schuld. Leute, so geht es nicht, denn jeder trägt eine Verantwortung, auch für den Staat. Ich habe es satt, diese ständigen Klagelieder mir anzuhören, die gehen in die gleiche Richtung wie der Stammtischdiskurs: Jammerei ohne konkretes Ziel. „Die da oben…“ und das war es!

Es geht mir viel mehr darum, der Jugend zu vermitteln, dass sie sich ruhig aufmüpfig verhalten soll und nicht jede Absurdität hinunter schlucken soll, wie zum Beispiel das heutige Uni-System, das ein verlängerter Arm der Schule ist. Von akademischer Freiheit kann keine Rede sein, denn es geht vor allem um die Examen, nicht um den Geist. Maschinen werden erzeugt, die zu funktionieren haben und Fragen stellen wirkt schon als abnorm. Es geht letztendlich nur um die Kohle, um einen fahlen Wohlstand zu finanzieren, nicht um die Fragen der Zukunft. Ein fundamentales Denken ist unerwünscht, das ist die Realität und da darf man sich nicht wundern, dass sich die Politik anpasst. Wer aus der Reihe tanzt wird schief angeschaut und entweder ein Spinner, den man nicht ernst nehmen darf oder ein Revoluzzer, der so schnell eingekerkert werden soll. Das Übel ist, dass die Mittelmäßigkeit zur Richtlatte erklärt wird. Da soll man sich nicht wundern, dass einiges schief läuft. Und wenn alles zerbricht, was macht das Volk? Es hisst Schwachköpfe an die Macht, die noch größeren Schaden erzeugen und Beispiele um uns herum gibt es genügend. Der Despot wird zum Retter deklariert, Nordkorea lässt grüßen und wenn sich einer eine Kritik erlaubt, Rübe ab! Die generelle Gleichgültigkeit, was die Politik angeht, führt dazu, dass die Henker das Sagen haben und es war leider immer so. Ich befürchte, dass der Mensch sich nicht ändern wird. Der Leithammel ist noch immer die Galionsfigur der Staatsräson. Ein Armutszeugnis.

In diesem Sinne.

Alles Liebe und Prost Neujahr,

Pierre
//pm

Liebe Petra,

nein, ich bin kein Fanatiker der Ordnung, dennoch habe ich das Gefühl, dass mehr oder weniger alles in dieser Welt aus den Fugen gerät. Die Staatschefs der G7 können sich in einer grünen heilen Wiese ablichten lassen, das ändert nichts daran, dass die Trümmer unserer Gesellschaft unseren Alltag beherrschen. Noch nie war die Stimmung nach dem Zweiten Weltkrieg bedrohlicher. Sei es der Islamische Staat, die Ukraine, unser guter Freund Alexis Tsipras, nur miese Nachrichten beherrschen die Berichterstattung. Kann sich etwas ändern? Ein Präsident der USA, der bald abdanken wird, gleicht einer lahmen Ente. Er kann alles unternehmen was er für richtig hält, das wird kaum etwas nützen. Den anderen Verantwortlichen mangelt es an Charisma. Sie sind brave Verwalter, keine Churchills oder de Gaulles! Alles ist voraussehbar, langweilig und erzeugt einen Eindruck der Hilflosigkeit. Kein Wunder, dass die Völker langsam resignieren. Das wird auch der Fall bei Wladimir Putin werden, wenn er die Wirtschaft seines Landes weiter schleifen lässt. Und wie uns die Geschichte gelehrt hat, kann sich eine trügerische Ruhe in einem Nu in eine Explosion verwandeln. Wie bei einem Vulkan, der ohne Vorwarnung Lava spuckt und tausende von Opfer erzeugt. Solch eine Lage rechtzeitig zu entschärfen wäre die Aufgabe der Politiker. Ich befürchte, dass sie nicht in der Lage sind es zu tun, auch wenn sie sich gegenseitig Küsschen geben und oft per du sind. Sie täuschen uns Harmonie vor, verwischen die wahren Probleme, wie zum Beispiel die üblen Machenschaften der NSA in Europa. Kann man noch von Freundschaft sprechen? Ich befürchte, nein.

Dennoch bin ich der Meinung, dass es besser ist, wenn die Verantwortlichen sich bei einem Bier oder einer Tasse Kaffee treffen, anstatt sich das Gesicht wund zu hauen. Zwar ein sehr teurer Schulausflug, aber besser das, als Konflikte zu schüren. Was wurde in Schloss Elmau erreicht? Viel heiße Luft, dennoch mit einem positiven Wink Richtung Klima-Rettung. Absichtserklärungen, die meistens nicht verwirklicht werden, aber besser das als gar nichts. Bei der Tagung in Oberbayern wurde klar, dass die Machtverhältnisse nicht mehr die gleichen sind wie während des Kalten Krieges. Die Taten von Einzelnen sind sehr viel effizienter geworden, als das Einrücken von Panzern in einem Fremdland. Sie bringen ganze Gesellschaften ins Wanken und können kaum bekämpft werden. Jeder kann sich zum Werkzeug des Bösen verwandeln und für eine Destabilisierung sorgen. Hier wären wir wieder beim Thema Unordnung. Es werden keine Kriegserklärungen benötigt, um Druck zu üben. Es geht darum, die Demokratie zu schwächen, sie zu vernichten und das mit den Mitteln der Willkür und der Intoleranz. Und siehe da, es scheint zu klappen und das stimmt mich sehr nachdenklich, liebe Petra.

Aber es ist sinnlos zu jammern. Jeder sollte sich die Frage stellen, was er gegen solch eine Seuche unternehmen kann? Mit Wirtshaus-Debatten ist es nicht getan. Unmittelbar um uns muss agiert werden. Schön gesagt, aber wie sieht die Realität aus? Viele haben sich dem Konsum unterworfen und tanzen blind um das goldene Kalb. Sie betäuben sich mit Lappalien, die ihnen einen Eindruck des Wohlbefindens vermitteln. Dass sie ihnen die Weitsicht raubt, hat Methode. Es liegt nicht im Interesse der Politik, die Wahrheit zu verkünden, denn sie würde eine miese Stimmung erzeugen. Fun in jeder Form steht im Angebot und siehe da, wir lassen uns davon einlullen. Ich bin bei weitem kein Mensch, liebe Petra, der Trübsal bläst, aber es muss endlich mit den Lügen Schluss gemacht werden, sonst werden wir kaum die Gefahren abwenden können. Und dazu ist jeder gefragt! Es geht vor allem darum, sein eigenes Leben so zu gestalten, dass niemand durch unser Handeln zu Schaden kommt, aber wir sind leider sehr weit davon entfernt. Wer die Asylpolitik in Frage stellt oder ohne zu zucken Produkte der Dritten Welt zu Dumpingpreisen kauft, macht sich zum Täter. Egoismus ist der schlimmste Virus und jeder von uns ist davon befangen – das sollte uns bewusst werden. Mit schönen Parolen ist es nicht getan, wir müssen endlich agieren. Der faire Handel wäre ein erster Schritt und auch eine Bremsung der täglichen Verschwendung. Aber da fällt uns sehr wenig ein.

In diesem Sinne.
Alles Liebe!
Pierre

//pm

Liebe Petra,

toll! Ich habe mit großer Spannung deinen Brief über die Freiheit gelesen und ich werde versuchen, deine Gedanken weiter zu führen. Die Philosophen haben sich immer wieder mit dem Faktor Raum und Zeit befasst. Heute ist zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen isolieren, um angeblich frei entscheiden zu können. Eine Haltung, die vom Autismus geprägt ist. Sie stürzen sich auf ihre Tablets und lassen selbst in der U-Bahn keine Gefühle zu. Die Anonymität nimmt Ausmaße an, die ich immer mehr als unerträglich empfinde. Der Raum, der ein Forum sein sollte, verkommt zu einer bedrückende Zone, wo die Zeit stehen geblieben scheint und die Passivität wird als Tugend zelebriert. Wenn jemand angegriffen wird, drehen sich die Blicke einfach woanders hin! Haben die Menschen vergessen, dass Freiheit mindestens in einer Zweisamkeit erlebt werden kann? Nein, sie haben sich vom Virtuellen einfangen lassen und sie glauben, dass das, was sie im Internet abrufen, den taktilen Kontakt ersetzen kann. Sie scheuen jede Art von Konfrontation und ignorieren dabei, dass die Freiheit hart erkämpft werden muss, um sie richtig genießen zu können.

Ist Liebe nicht der höchste Begriff der Entfesselung, liebe Petra? Oder ist sie ganz einfach Sklaverei? Es reicht nicht, seine Zuneigung in eine Waagschale zu werfen, es muss ständig dafür gerungen werden und dass sie auch Verpflichtungen mit sich bringt, kann nicht verleugnet werden. Was wäre die Freiheit, wenn es keine Schattenseiten geben würde? Würden wir sie wirklich erfahren können? Wer sich für einen Mitmenschen engagiert, muss allerdings Rücksicht nehmen und das kann ich nicht als einen Entzug der Freiheit betrachten, solange die Gefühle stimmen. Aber machen wir uns nichts vor, die Spanne zwischen einem freiwilligen Engagement und die Bürde einer Last sind sehr eng liiert. Viele Partnerschaften können sich sehr schnell in einer Hölle verwandeln. Es genügt oft nur ein Wort oder eine Geste und schon kommt alles ins Wanken. Man erwacht eines Morgens und hat den Eindruck, dass Handfesseln angelegt wurden und dass man buchstäblich erstickt. Der Raum und die Zeit, die bisher harmonisierten, verlieren das Gleichgewicht und stürzen in ein schwarzes Loch. Menschen, die sich selbst nicht mehr konfrontieren, sind hilflos und geraten unter die Räder des Schicksals. Die hochgelobte Freiheit der Liebe wird zu einer Illusion degradiert und wirkt dadurch aseptisch. Ein Thema für das IPhone.

Was will ich damit sagen, liebe Petra? Ich bin der Meinung, dass Freiheit ohne Kampf nicht möglich ist und zu denken, dass sie uns ab Geburt verliehen wurde, ist Wunschspinnerei. Nicht ohne Grund fließt viel Blut in ihrem Namen. Die große Revolution ist ein verwirrendes Beispiel dafür. Können Grausamkeiten den Weg der Befreiung bahnen? Ist Willkür angesagt, um endlich frei entscheiden zu können? Wie man sieht, ist das Gute und das Schlechte Schulter an Schulter und es ist zu beobachten, dass die Macht immer wieder eine große Rolle spielt. Nein, Freiheit ist keine Idylle. Wer sie sich nicht leisten kann, verkommt. Sie ist kein zuckersüßer Leckerbissen, im Gegenteil, sie kann sehr bitter schmecken, wenn die Kohle fehlt. Möglicherweise ist der Tod die ehrlichste Form der Freiheit. Warum? Weil niemand davon ausgeschlossen ist, aber niemand kann hier auf Erden wissen, was danach geschieht. Vielleicht der Beweis, dass der Begriff Freiheit für uns Menschen ein Geheimnis bleibt. Was die Einen als Befreiung empfinden, ist für Anderen eine unerträgliche Last. Deshalb ist es aus meiner Sicht unmöglich, sie präzise zu definieren. Für meinen Teil bin ich noch immer auf Suche und – ganz ehrlich – ich habe noch nicht das Gefühl, sie gefunden zu haben, weil ich mich nicht sorgenlos bewegen kann. Mein Kopf macht ganz einfach nicht mit, was mich schon frustriert.

In diesem Sinne.
Ich nehme mir die Freiheit, dich zu umarmen.

Pierre
//pm

Liebe Petra,

mit meinem Freund Georg hatte ich vor einigen Tagen ein Gespräch, in dem es um den Begriff „Freiheit“ ging. Ich betrachte sie als einer der größten Lügen der Menschheit und will versuchen dir zu erklären warum. Schon aus unserer Physiologie sind wir total abhängig. Wenn es kein Futter gibt, gehen wir ein, egal ob wir hoch und heilig behaupten, dass der Mensch seinen Willen durchsetzen kann. Ohne Flüssigkeit ist nur Dürre angesagt und dies bedeutet, wie es uns die Western gelehrt haben, den Tod. Ich weiß nicht, ob du versuchst hast im Winter nackt in der Gegend herum zu flanieren? Ich würde es dir nicht raten, denn hier werden uns die Grenzen unseres Wirkens demonstriert. Du wirst mir sagen, dass jeder frei ist, sich eine Lungenentzündung mit letalen Folgen einzuholen, aber macht das wirklich einen Sinn, um eine fragliche These zu belegen? Für mich ist das Leben eine Folge von Verpflichtungen, die ich aus welchem Grund warum auch immer, verfolgen muss. Ich könnte zwar behaupten, dass mir alles scheißegal ist, aber auch hier ist das eine Halbwahrheit. Ohne die Mitwirkung von anderen verkomme ich und das würde bedeuten, dass ich letztendlich, trotz guter Absicht, auf der Strecke bleiben würde. Und wenn der Darm ruft, kann ich ihm schlecht sagen „Verpisse dich!“ Hartnäckig wie er halt ist, zwingt er mich, das zu tun, was ich ohne Zeitung nicht machen will: auf den Topf gehen. Leute, ist das die so hochgelobte Freiheit?

Wenn die Politik von der Freiheit spricht, ist das pervers. Es geht vor allem darum, sich eine freie Fahrt zu garantieren, wenn es um die Unterdrückung geht. Das Wohle des Volkes? Das ich nicht lache. Die Lackaffen, die uns den richtigen Weg zeigen wollen, denken zuerst an ihr eigenes Ego. Je mehr Macht sie ausüben, desto freier fühlen sie sich. Das ist die Realität, liebe Petra, auch wenn es in dieser Herde von schwarzen Schafen einige Ausnahmen gibt. Wenn sie in unserer Demokratie von freier Wahl sprechen, habe ich einen bitteren Nachgeschmack. Der Bürger ist ein ferngesteuertes manipuliertes Wesen, das nur das nachplappert was ihm im Laufe einer Gehirnwäsche eingetrichtert wird und das nennt man Freiheit? Ich erkenne sehr wohl, dass ich zu dieser Spezies von gebeutelten „Möchte-gern-Demokraten“ gehöre, die die Illusion haben, noch etwas bewirken zu können, sonst würde ich nicht schreiben. Ich muss erkennen, dass mir die Hände gebunden sind. Wenn die Kohle abebbt, könnte ich dicht machen. Die Katastrophe! Und was mache ich? Ich arrangiere mich, indem ich mich der Lüge bediene und wie ein Papagei ständig wiederhole: „Pierre, du bist ein freier Mensch!“ Das schlimmste dabei ist, dass ich fest daran glaube. Ein blindes Verhalten, dass ich umgehend ausschalten sollte. Aus Bequemlichkeit mache ich das aber nicht!

Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass die Freiheit ein Instrument ist, das die Sklaverei fördert. Millionen von Menschen werden unter unserem Himmel von der Arbeitswelt total verarscht. Man gibt ihnen die Illusion, dass sie selbstständig handeln können, das Gegenteilige ist der Fall und das erinnert mich an das schreckliche Wort am Eingang der KZ: „Arbeit macht frei!“ Wenigstens ist das ehrlich und kann nur den Tod bedeuten, nicht die Verwirklichung, die man uns einreden will. Gott hat die Ameisen geschaffen, um uns zu zeigen, wie es uns ergeht. Wir verfolgen die Massen ohne uns die Frage zu stellen, was mit uns geschieht. Eigentlich tanzen wir um das goldene Kalb, in der Hoffnung, dass er weiter so leuchten wird und dass wir uns damit fesseln, soll der Konsum widerlegen. Wenn die Freiheit bedeutet, sich voll zu fressen, kann ich sie auch auskotzen, aber das ist in unseren Städten verpönt. Das tut man doch nicht, auch nicht an der Säule der Freiheit zu urinieren. Sollte ich gegen den Strom schwimmen wollen, bedeutet es in einem Nu vom Wirbel weggerissen zu werden, warum sollte ich das tun? Um eine Schar von Idioten zu überzeugen, dass sie Idioten sind? Ich nehme mir die Freiheit, dies nicht zu tun!

In diesem Sinne
und alles Liebe

 

Pierre
//pm

Liebe Petra,

zuerst einen herzlichen Dank für deine liebe Gedanken, was meine Gesundheit angeht. Ich habe in den letzten Tagen gelernt, dass ich voraussichtlich nicht unsterblich bin, was ich nicht super finde. Auch, dass der Mensch nicht einfach zur Autowerkstatt gehen kann,um sich neue Leuchten verpassen zu lassen! Das hat mich zwangsläufig zum Grübeln veranlasst. In einer Gesellschaft, bei der jeder „mechanische Mangel“ als dekadent betrachtet wird, ist das Mythos der ewigen Jugend zu einem Muss geworden. Immer älter, immer fröhlicher scheint die Devise zu sein und wer das nicht schafft, wird als ein Montagsmodell betrachtet, so ist das wohl. Ein Wesen, dass es nicht verdient, in den Modezeitschriften erwähnt zu werden, aber dabei vergessen wir zu oft, dass der menschliche Körper nicht dafür entworfen worden ist, für alle Ewigkeit funktionieren zu können. Wie soll ich dir erklären, was für mich zu einer bitteren Wirklichkeit geworden ist? Die des programmierten Verfalles!

Quatsch! Du verfällst, Pierre, in Selbstmitleid und solltest Petra lieber einige „Smilies“ mailen. Cheese! Um mich rum gibt es Menschen, die Anlass hätten viel verzweifelter zu sein und was tun sie? Sie kämpfen, anstatt wie ich, zu jammern! Gibt die Krankheit nicht jedem Einzelnen die Möglichkeit, einen Blick in sich zu werfen und über Sinn und Unsinn des Lebens nachzudenken? Es ist die einmalige Gelegenheit, eine Art Bilanz zu ziehen, nicht unbedingt als Testament gedacht, eher als einen neuen Anfang hier und jenseits. Ich bin dabei mir einzureden, dass unser Dasein hier auf Erden nur eine Etappe ist. Wenigstens rede ich mir das ein, um nicht in die Depression zu verfallen. Deshalb sollte sie mit Würde vollbracht werden, auch wenn es überall in dem ausgelaugten Körper zwickt und zieht. So lange die Birne noch intakt ist, ist es möglich mit Esprit darüber wegzuschauen. Das bedeutet aber nicht die Realität zu ignorieren, liebe Petra! Was uns bevorsteht ist mit der Existenz eines Apfels zu vergleichen. Zuerst die Blüten, die Lebenskraft, dann die Entstehung der Frucht der Liebe, die wie Adam und Eva gezeigt haben, verführerisch sein kann. Wenn er nicht vorher verzehrt wurde, bekommt er in der Abenddämmerung Falten. Da nützt kein Lifting mehr und letztendlich, platsch! Er fällt verfault auf den Boden. Aber das war es nicht! Daraus können Sprossen entstehen und für ein neues Leben sorgen. Sind wir überhaupt mit unseren bescheuerten Gedanken dazu fähig?

Was habe ich den letzten Tagen noch dazu gelernt? Mich über jede Minute zu freuen, in der ich bewusst meine Umgebung erfassen kann. Auch das Bewusstsein, dass meine Augen mir bei weitem nicht nur die Realität vermitteln können. Es geht um mehr, um Gefühle, die sich nicht unbedingt erklären lassen, wie die der Liebe oder der Freundschaft. Ein Zusammenwirken aller Kräfte, die in uns versammelt sind, um uns Hoffnung zu vermitteln, auch wenn uns bewusst sein sollte, dass der Sense-Mann uns nicht vergessen wird. Es geht um die seelische Qualität, die uns im Alter äußerst wertvoll sein sollte und um die Weisheit. Aber nein! Je älter, desto geiler ist die übliche Regel. Mit Geist lässt sich kein Steifer haben und ist deshalb in vielen Kreisen verpönt. Halleluja!

 

In diesem Sinne, liebe Petra!
Pierre

 

//pm