Italiens Ministerpräsident Renzi ist ein überzeugter Europäer. Wenn er sich aus seinem Arbeitszimmer über Fernsehkameras ans Volk wandte, standen bisher zwei Fahnen im Hintergrund: Die grün-weiß-rote Flagge Italiens und der Kranz aus zwölf goldenen Sternen auf blauem Grund, das Symbol Europas.

Renzi will die Sterne jetzt nicht mehr im Hintergrund haben. Er schimpft beinahe täglich lautstark über „die in Brüssel“. Nicht weil er zum EU-Gegner geworden wäre. Sondern weil er ein italienisches Problem hat und Europa ein Teil davon ist.

Es geht nicht um Europa, sondern um das kranke Italien. Dort sind nicht nur die Postwege und die Telefonnetze, die Justiz und die Verwaltung – vorsichtig gesagt – wenig zufriedenstellend. Die ganze Politik ist eine Plage. Es dauere „bis zu 866 Tage“, bis ein Gesetz verabschiedet werde, so Premier Renzi. Die politische „Kaste“, wie man in Italien sagt, lebe gut von unendlichen Diskussionen und politischen Winkelzügen. Nur das Land selbst nicht …

Renzi will jetzt die politischen Prozeduren verschlanken, unter anderem den Senat – die zweite Kammer – drastisch verkleinern, will heißen: faktisch entmachten. Seinem Volk hat er das aber nicht erklären können. Deshalb sind, laut jüngsten Umfragen, die meisten dagegen. Die Zahl derer, die bei dem Referendum am heutigen 4. Dezember mit „Nein“ gegen Renzis Reform votieren wollen, ist in den vergangenen Wochen laut Meinungsumfragen stets gewachsen.

Für Renzi wird es die wichtigste Abstimmung seiner zweijährigen Amtszeit. Denn, das hat er oft angekündigt, gelegentlich zurückgenommen und aufs Neue erklärt: Verliert er, wird er wohl zurücktreten. Man bleibe nur an der Macht, wenn man etwas ändern könne. „Ich lasse mich nicht grillen!“, sagt er, was heißen soll: Ohne Mehrheit wird er zum Spielball seiner politischen Gegner, ganz weit rechts und ganz weit links. Gewinnt das „Nein“, steht ernsthaft zu befürchten, rutscht Italien zunächst in eine politische Krise und hiernach in eine ökonomische. Das könnte für Europa desaströse Folgen haben.

Deshalb haben beim EU-Außenministertreffen in Brüssel viele besorgte Kollegen den römischen Chefdiplomaten gefragt, was denn bei ihm daheim los sei.

Europa ist bereits genug gebeutelt:

  • der Kampf gegen den Terrorismus
  • der Brexit
  • die Wahl des Europa-Feindes Donald Trump zum US-Präsidenten
  • der Zoff mit der Türkei
  • das Migrantenproblem
  • der Rechtsruck in diversen EU-Staaten, wie Frankreich, Polen und Ungarn

Ein „Italien-Problem“ kann man da nicht auch noch gebrauchen.

Genau das – so Analysten – zeichnet sich jedoch bei Börsen und Banken ab. Der „Spread“, der Zins-Aufschlag, den der italienische Fiskus zahlen muss, damit die Anleger seine Anleihen kaufen, steigt: Von 138 Punkten am 14. Oktober auf 160 am 4. November und auf 176 diese Woche am 29 November. Die Geldverleiher werden nervös, nicht ganz zu Unrecht!

Denn wenn Renzi sein Referendum verliert, bricht die Zeit der Populisten an. Der ganz rechten, etwa von der Lega Nord, gerade dabei, den altersschwachen Silvio Berlusconi zu enterben. Und der linkslastigen „Fünf-Sterne-Bewegung“ des Ex-Kabarettisten Beppe Grillo. Er und seine Anhänger sind gegen alles, vor allem gegen die Europäische Union.

Fällt Renzi, kommt nach dem Referendum eine Volksabstimmung gegen den Euro. Das wird ungemütlich für Europa. Die einst europabegeisterten Italiener sind mittlerweile sauer: Die Preise sind gestiegen, die Kaufkraft ist gesunken, die Verschuldung des Landes ist ebenso dramatisch gewachsen wie die Zahl der Arbeitslosen, vor allem der Jugend. Eine ganze Generation hat fast zur Hälfte keinen Job. Schuld ist, das glauben ganz viele, die Globalisierung und die EU.

Der Ausfall der Römer aus dem „Europäischen Reich“ graut am Horizont, der „Itexit“ oder wie auch immer …

Laut Ökonomen von Morgan-Stanley liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Renzi das Referendum gewinnt, gerade noch bei 35 Prozent. Nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass politische Instabilität und ein mögliches Euro-Referendum eine Kapitalflucht auslösen. Dies würde die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone in eine nicht auszudenkende Abwärtsspirale bringen.

Muss die Political Correctness abgeschafft werden? Gibt es ohne Political Correctness weniger Rechtsextremismus? Fördert Political Correctness das Abdriften in die Radikalität als Reaktion auf Sprechtabus?

Winfried Kretschmann äußerte einmal, Political Correctness sei eine Art Gesetz, dessen Abschaffung oder Änderung man fordern könne. Auf dem Grünen-Parteitag sagte er:

„Wir dürfen es mit der Political Correctness nicht übertreiben!“

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist überzeugt, die Political Correctness sei überzogen worden.

Betrachten wir Political Correctness einmal näher: „eine Chiffre für eine über Jahrzehnte dauernde Anstrengung, die Zivilisation und ihre Werte als Errungenschaft zu betrachten, an der nichtweiße Menschen genauso einen Anteil tragen wie weiße“ (Mely Kiyak in zeit.de). Amerikanische Studenten gruben diesen vergessenen Begriff der politischen Korrektheit aus und benutzten ihn in ironischer Weise. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass es doch nicht sein kann, dass auf amerikanischen Universitäten immer nur Bezug auf weiße Männer genommen wurde, aber nie auf Frauen, Schwarze und andere Minderheiten. Und tatsächlich stellte man fest, dass durch das Ignorieren von bedeutenden Schriften und Denkern aus anderen Teilen der Welt eine Gewichtung und Benachteiligung stattgefunden hatte. Political Correctness wollte anfangs vor allem die Reflexion über eine unverhältnismäßige Hierarchisierung von Minderheiten, fremden Völkern und ihren Kulturleistungen erreichen.

Halten Grundsätze der Demokratie wie das Wahlrecht und Rechtssicherheit für Minderheiten nicht nur auf dem Papier, sondern auch dem realen Leben stand? Menschenrechte speisen sich aus dem Reden über Benachteiligte. Sprache ist der Indikator für den Wert, den Minderheiten im öffentlichen Diskurs haben. Man kann sie mit Sprache bloßstellen und diffamieren, man kann sie auch schützen und integrieren. Meistens sind es die Benachteiligten selbst, die auf ihre Gleichberechtigung pochen. Political Correctness ist ihr Versuch, sich zu emanzipieren. Die Widerstände, mit denen sie zu kämpfen haben, zeigen die Notwendigkeit ihres Kampfes.

Political Correctness kann man nicht überziehen oder übertreiben. Es sei denn, man hat genug vom Denken und der Erfordernis, Gleichheit unter Menschen zu schaffen. Genug davon, Vielfalt als Gleichwertigkeit zu betrachten. Wer degradierende Begriffe für zum Beispiel Schwarze, Homosexuelle oder Muslime im politischen Diskurs für unverzichtbar hält, muss von vorn beginnen. Nicht diejenigen, die diesen Zivilisationssprung schon hinter sich gebracht haben, müssen sich den politisch Unkorrekten anpassen, sondern umgekehrt.

Es gibt niemanden Bestimmtes, der für Political Correctness zuständig ist. Es gibt keine Instanz, die Verstöße sanktionieren kann. Es handelt sich um einen Diskurs. Ein öffentliches Gespräch, das gleichzeitig die Ungleichheit illustriert. Die Mehrheit der Sprechenden gehört keiner gesellschaftlichen Minderheit an.

Wenn Politiker in Zeiten von Angriffen auf Minderheiten fordern, es müsse erlaubt sein, offen Probleme der Integration zu benennen, dann wird es düster: Wir haben in Deutschland viele Probleme, aber sicher keines damit, dass man sich nicht jederzeit rassistisch, widerwärtig und primitiv im öffentlichen Raum äußern dürfe. Die öffentlichen Talkshows wären ohne die permanente Infragestellung von Minderheiten und ihrer angeblich mangelnden Integrationsfähigkeit aufgeschmissen. So weit sind wir schon …

Mutig wäre es, wenn einer auf den Tisch hauen und sagen würde: Schluss mit dem ekelhaften, dummen und unaufgeklärten Geschwätz über die Fremden, die Ausländer, Schwulen, Muslime oder Flüchtlinge. Das würde Eindruck machen! Unserem Land fehlt der Mut zur Aufklärung, Anstand und Eleganz im Umgang mit Mitmenschen. Es ist nämlich eine Ehre, in Sprache und Handeln politisch, ökonomisch, sozial und einfach menschlich korrekt zu sein.

Political Correctness beginnt schon im Kindesalter. „Das sagt man nicht!“ oder „Darüber spricht man nicht!“. Sie ist auf die eine Weise eine Art Maulkorb. Achten wir darauf, dass sie uns nicht in die Unfähigkeit führt, Kritik zu äußern. Anderseits dürfen wir nicht dem Glauben verfallen, wenn man mit „Dreck“ auf andere wirft, hierdurch auch nur ein Problem lösen zu können. Das Stichwort ist „Soziale Kompetenz“! Demokratie lebt von der Macht des Wortes, geäußert in Respekt vor den Anderen; wer immer die auch sind …

Was will Jill Stein?

Stein – Präsidentschaftskandidatin der Green Party – hatte einen Antrag auf Nachzählung der Stimmen am Freitag in Wisconsin eingereicht. Weitere Anträge für die Bundesstaaten Pennsylvania und Michigan sollen in den nächsten Tagen folgen. Auf ihrer Webseite schreibt die Grüne, sie habe bislang mehr als 6,2 Millionen Dollar an Spenden eingesammelt, um Gebühren und Anwälte zu bezahlen. Stein schätzt die notwendige Summe für Nachzählungen in den drei Staaten auf sechs bis sieben Millionen. Trump warf ihr vor, mit der Aktion ihre Finanzen aufbessern zu wollen.

Woher kommt der Vorwurf des Wahlbetrugs in Wisconsin, Pennsylvania und Michigan?

Der Vorwurf geht auf den Computerwissenschaftler J. Alex Halderman zurück. Halderman warnt seit Jahren, dass Wahlmaschinen nicht sicher sind. Nach den jüngsten Wahlen hatten er und der Wahlrechtsexperte John Bonifaz festgestellt, dass es in Wisconsin auffällige Abweichungen gegeben habe. In Countys, in denen papierlos gewählt wurde, habe Clinton sieben Prozent weniger Stimmen erhalten als in Wahlbezirken, die Scanner oder Wahlzettel benutzen. Nach einem Bericht des „New York Magazine“ schrieb Halderman, die Abweichung von Umfragen, die vor der Wahl erhoben wurden, sei „wahrscheinlich“ nicht eine Folge von Cyberattacken. Trotzdem plädiert er für eine Überprüfung des Wahlergebnisses – um sicherzugehen!

Warum will Clintons Wahlkampfteam neu auszählen lassen?

Clintons Wahlkampfteam hat sich Haldermans zurückhaltender Argumentation am Samstag angeschlossen. Ihr Anwalt erklärte, von sich aus hätte die Kampagne keine Neuauszählung beantragt. Nachdem allerdings eine Neuauszählung in Wisconsin beantragt sei, wolle man daran teilnehmen, „um sicherzustellen, dass der Prozess auf eine Weise abläuft, die fair für alle Seiten ist“. So werde man es auch in Pennsylvania und Michigan handhaben. Mit anderen Worten: Man versteckt sich hinter Jill Stein, um nicht den Eindruck zu erwecken, das Wahlergebnis anzuzweifeln.

Michigan allein hat nur 16 Wahlmännerstimmen und würde am Ergebnis nichts ändern. Ganz anders sähe es aus, wenn Trump – was sehr unwahrscheinlich ist – nicht nur Michigan, sondern auch Wisconsin und Pennsylvania verlieren würde. Trump würde damit insgesamt 46 Wahlmännerstimmen verlieren, die folglich Clinton zufallen würden. Im „electoral college“ stünde es dann nicht mehr, 290 zu 232 für Trump, sondern 244 zu 278 für Clinton. Damit hätte sie die Wahl gewonnen. Dennoch ist das sehr unwahrscheinlich.

Gab es Wahlbetrug?

Unregelmäßigkeiten gibt es bei Wahlen in den USA öfter. Das liegt am Fehlen eines Melderegisters und an der Verwendung von Wahlmaschinen. Für Trump selbst gibt es Wahlbetrug nur, wenn er verliert: In einem Tweet, den er um 01.31 Uhr in der Nacht zum Montag absetzte, schreibt er, es gebe „Wahlbetrug in Virginia, New Hampshire und Kalifornien – warum berichten die Medien nicht darüber?“ Seine Antwort: Die Medien seien tendenziös. Virginia, New Hampshire und Kalifornien hat allesamt Clinton gewonnen.

Hat das FBI „Wahlkampfhilfe“ für Trump geleistet?

Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Clinton war von 2009 bis 2013 US-Außenministerin. In dieser Zeit soll sie über ihren privaten E-Mail-Server rund 60.000 Nachrichten verschickt oder bekommen haben. Das FBI warf Clinton vor, extrem leichtsinnig mit streng geheimen Informationen umgegangen zu sein. Es sah aber keine Anhaltspunkte für kriminelles Verhalten, die ein Verfahren gerechtfertigt hätten. Clinton selbst hat eingeräumt, dass die Nutzung des privaten Servers ein Fehler war.

Das Justizministerium hatte auf eine Anklage verzichtet. Clinton hat sich für die Umgehung der amtlichen Server entschuldigt.

Umfragen am Sonntag vor der FBI-Mitteilung zeigten Clinton landesweit mit einem Vorsprung von bis zu fünf Prozentpunkten vor Trump. Sie deuten auch auf eine solide Führung für die Demokratin bei den Stimmen im Wahlmännergremium hin, das am Ende den Präsidenten entsprechend den Ergebnissen in den einzelnen Bundesstaaten bestimmt.

 

„Populismus und politische Extreme nehmen zu“, sagte Bundeskanzlerin Merkel neulich im Bundestag. Kritik ist legitim, allerdings muss sie mit Respekt für die Würde des anderen artikuliert werden.

Eine der Ursachen für die Entwicklung sieht die Kanzlerin im Internet. Unter anderem durch gefälschte Nachrichten und Social Bots wird massiv Einfluss auf die Meinungsbildung genommen. Das ist Teil der modernen Realität. „Was wir für selbstverständlich gehalten haben, ist nicht mehr selbstverständlich“, so Merkel.

Die Digitalisierung ist mitunter die größte Herausforderung. Neue Entwicklungen kann man in Demokratien nicht einfach verbieten. Man muss sich Neuem öffnen, denn nur so kann man die Wirtschaft auf das neue Zeitalter einstellen.

Warum ist Populismus unbeliebt und wird zuweilen als Schimpfwort gebraucht? Es ist demokratisch, auf die Wünsche und Vorstellungen der Wähler einzugehen, doch die meisten Wähler wünschen sich echte Überzeugungen von ihren Politikern. Diese sollen derselben Meinung sein, aber aus eigener Überzeugung und nicht nur deshalb, weil sie die Meinung der Wähler spiegeln. Der Populist gilt – weil er seine Fahne nach dem Wind hängt – als unglaubwürdig und unzuverlässig. Hinzu kommt, dass sich viele Wähler echte Anführer wünschen, während die Populisten ihnen nur hinterherlaufen.

Ein weiteres Problem von Populisten ist, dass sie besser in Worten als Taten sind. In der Opposition fällt das weniger auf, doch in Regierungsverantwortung müssen sie das Populäre tatsächlich umzusetzen versuchen. Das führt zu Schwierigkeiten, weil sich die Wünsche der Wähler häufig selbst widersprechen oder mit der Realität in Konflikt geraten. Wer immer umsetzt, was die Wähler gerade wollen, macht diese auch nicht glücklich, weil sie dann später mit den Ergebnissen nicht zufrieden sind.

Der Fortschritt kommt langsam, aber unaufhaltsam, dachten wir immer. Deshalb heißt es „Fortschritt“, weil es nur eine mögliche Richtung gibt – hin zu mehr Freiheit, mehr Gleichberechtigung, mehr Vielfalt, mehr Besonnenheit, mehr Vernunft. Das Weltwirtschaftsforum gibt jedes Jahr einen Gender-Gap-Report heraus, der beziffert, wie lange es bis zur ökonomischen Gleichstellung von Frauen und Männern noch dauert: derzeit 170 Jahre! Dass es irgendwann dazu kommen wird, steht außer Frage. Allerdings: Voriges Jahr hieß es, es dauere nur noch 118 Jahre. Wenn sich der Fortschritt in diesem Tempo weiter verlangsamt – nämlich um 44 Prozent pro Jahr – werden wir 2026 lesen, „dass wir leider noch 6.500 Jahre warten müssen“ (zeit.de).

Oder handelt es sich beim Fortschritt gar nicht um einen zwangsläufigen Prozess? Ist etwa die Gleichstellung der Frauen am Ende gar keine Frage des Wann, sondern des Ob? Der Wahlsieg von Donald Trump war mit deshalb ein Schock, weil er die Möglichkeit des Rückschritts mitten im Herzen der westlichen Welt verdeutlicht. Die Selbstgewissheit, wonach wir Fortschrittlichen Sexismus, Rassismus, Homophobie und religiösen Fanatismus bereits überwunden hätten, während die Zurückgebliebenen dafür eben noch etwas länger brauchen, war schon stets überheblich.

Politik ist mehr als Statistik. Das Ideal ist schließlich die Volkssouveränität, nicht die Souveränität der Zahlen. Was Einzelnen wichtig ist, muss nicht damit übereinstimmen, was Tabellen sagen. Auch das gehört zur Freiheit. Menschliche Gehirne funktionieren nicht wie Rechenschieber. Reine Zahlen prägen sich nicht ein, sondern Erfahrungen. Diese setzen sich immer zusammen aus einem kognitiven (also rationalen) und einem emotionalen Teil. Erst wenn die beiden Bereiche sich verschalten, bleibt etwas wirklich hängen. Das ist der Grund, warum sich Gedächtniskünstler anschauliche Geschichten ausdenken, um lange Zahlenfolgen zu verknüpfen und sich so zu merken. Hüten wir uns daher, unseren Alltag von den Algorithmen der Apps und Social Networks bestimmen zu lassen.

Aber was folgt daraus, nimmt man die Statistik ernst? Dass die US-Regierung sich stattdessen ganz dem Kampf gegen tödliche Bettstürze verschreiben sollte? Das sind ja immerhin 350-mal mehr als Tote durch islamistischen Terror. Oder sollte die Politik andersrum islamistischen Terror zukünftig keinesfalls mit mehr Ressourcen bekämpfen als die Bedrohung durch Rasenmäher, immerhin verantwortlich für 69 Todesfälle im Jahr? Hier beißt sich der nüchterne Zahlenvergleich selbst in den Schwanz. Würde die Politik ihre Ressourcen rein danach verteilen, was wie viele Opfer fordert, müssten am Ende alle Gelder ausschließlich und sofort in die Bekämpfung der menschlichen Sterblichkeit fließen. Die ist schließlich immer noch „Todesursache Nummer eins“.

Wir haben uns aber mit unserer Sterblichkeit abgefunden und halten sie nicht für ein politisches Problem.

 

Angela Merkel hatte gezögert, hatte „unendlich viel darüber nachgedacht“. Eine vierte Amtszeit als Kanzlerin?

Oder einfach aufhören? Auch diesen Gedanken soll Merkel ernsthaft durchgespielt haben. Es wäre ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen, ein einmaliges Kunststück: freiwillig aus diesem Amt zu scheiden!

Dann gewann Donald Trump die Wahlen in den USA. Barack Obama kam zu uns nach Deutschland, um „Good-bye“ zu sagen und der deutschen Kanzlerin nebenbei schweres Gepäck aufs Kreuz zu schnallen. Merkel stehe „auf der richtigen Seite der Geschichte“, so der Präsident. „Die Welt profitiert von ihrer steten Präsenz“.

Nun schließt dieses staatsmännische Lob Obamas eine Erwartungshaltung ein, die einen Rückzug Merkels mangels Alternativen ausschließt.

Brexit. Der Rechtsruck in Polen, Ungarn, Frankreich, Österreich und den Niederlanden. Die Autokratien in Russland und der Türkei. Trump. Vor diesem Hintergrund könne populistischer Zündelei nur mit demokratischem Brandschutz begegnet werden, so Obamas Botschaft.

Die New York Times erkannte am weltpolitischen Horizont bereits das demokratische Armageddon und erklärte Merkel zur „letzten Verteidigerin des liberalen Westens“.

Merkel saß in der Falle. In dieser Situation das Handtuch zu werfen, dürfte sich wie Fahnenflucht angefühlt haben. Schließlich hat Merkels Wort außenpolitisches Gewicht. Doch innenpolitisch hat die Kanzlerin nicht nur ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit, sondern längst auch Wählergunst verloren.

Angesichts der Krisen in Europa und der Welt sowie des wachsenden Populismus auch in Deutschland werde die Wahl wohl so schwierig wie keine zuvor seit der Wiedervereinigung, so Merkel.

Viele Wähler sehen in Merkel aber nicht die Lösung des Problems, sondern das Problem an sich.

Schafft das jemand, der mit „Wir schaffen das!“ (Wie nahe sie doch damit an „Yes, we can!“ war!) zwar einen richtigen Kurs vorgegeben, aber keinen Kompass zur Verfügung gestellt hatte? Als sich die Grenzen öffneten, war das Land unvorbereitet auf die enormen logistischen und kulturellen Herausforderungen. Eine Plötzlichkeit, die viele von uns überforderte.

Zum einen hatte sich die Union viel zu lange hinter der Allmacht ihrer Kanzlerin versteckt, anstatt nach einer ernsthaften Alternative für die Alternativlosigkeit zu suchen.

Zum anderen ist da aber auch Merkels umstrittenes Talent, sich innerparteilicher Konkurrenz in der K-Frage seit Jahren entledigen zu können.

Merkel will’s noch mal wissen? – Sie muss noch mal wollen, trifft es wohl besser.

Und „Mutti“ will nochmal! Laut Focus Online tritt Angela Merkel beim CDU-Parteitag in Essen wieder als Parteichefin an – und will auch erneut Kanzlerin werden. Auf der Pressekonferenz in Berlin hat sie ihre Ambitionen nun selbst bestätigt.

Sie selbst halte sich nicht für alternativlos, so Merkel. „Jeder Mensch ist ersetzbar“. Ihr seien bei der Entscheidung für eine Kandidatur die Fragen wichtig gewesen: „Kannst Du dem Land noch was geben? Bist Du noch neugierig genug? Reicht Deine Kraft, das zu machen?“. Seit Sommer habe sie jeden Tag über diese Fragen nachgedacht.

Eine schwere, mutige Entscheidung. Aber sie spricht für die Kanzlerin: Sie hat Verantwortungsgefühl! Und dieser Verantwortung will sie sich stellen.

Das bedeutet natürlich im Umkehrschluss:

Dass sie den Kelch nun nicht weiterreichen kann, hat sie selbst zu verantworten.

Die Wählerschaft wird es letztendlich entscheiden!

Barack Obama glaubt an die Demokratie. Das mag naiv sein. Vielleicht kann man aber zwischen den Zeilen seiner Athener Rede etwas anderes finden.

Demokratien beinhalten viel Demütigungen. Dazu gehört, dem Mann die Hand geben zu müssen, der angetreten war, das eigene politische Erbe zu zerstören – und jetzt US-Präsident wird. Ebenso niederschmetternd ist es, just nach dieser epochalen Wende ein letztes Mal als amtierender Hoffnungsträger nach Europa zu reisen. Eine gefühlige Abschiedstournee am Ende einer erfolgreichen Ära, deren Fortschreibung gesichert ist: Aber Barack Obama bringt nicht mehr den Glanz mit, den er einst hatte. Der ist ohnehin blasser geworden, seit sich die Erkenntnis durchsetzt, dass auch er ein normaler Politiker ist.

In diesen Tagen der Unsicherheit ist die Sehnsucht wieder da, dass da einer kommt, der mit fester Stimme sagt: Alles wird gut. Der die Angst beschwichtigt, die Donald Trump in sein Land und in die Welt gebracht hat. Der die Kraft zur Versöhnung aufbringt, wenn es bei vielen nur für Verachtung und Kampfparolen langt, egal auf welcher Seite sie stehen. Einer, der Vertrauen schafft, für das sein Nachfolger keinen Anlass bietet.

Die Akropolis in Athen lässt sich Obama allein von einer Archäologin zeigen – bedeckter Himmel hinter dunklen Gläsern seiner Sonnenbrille. An der „Geburtsstätte der westlichen Demokratien“ ist er ein nachdenklicher Gast. Die Rede in Athen war schon vor Trumps Sieg mit großen Erwartungen aufgeladen worden: Vom Vermächtnis ging das Wort. Die Melancholie, die darin mitschwingt, verleiht den Worten noch mehr Gewicht.

Im Athener Kulturzentrum wird Obama schon mit Standing Ovations begrüßt. „Demokratie setzt voraus, dass man nicht hundert Prozent von dem bekommt, was man will.“ Sein Glaube an demokratische Ideale und universelle Werte sei nicht geringer geworden, auch wenn „der nächste US-Präsident und ich unterschiedlicher nicht sein könnten“. Solange die Menschen an die Demokratie glaubten, nicht in ihren Prinzipien schwankten und es eine lebendige offene Debatte gebe, „wird unsere Zukunft okay sein“. Der wichtigste Titel sei „Bürger“.

Obama bezieht seine Hoffnung aus der Geschichte. Sie habe gezeigt, dass demokratisch regierte Länder tendenziell gerechter, stabiler und erfolgreicher seien als andere. Und sie beginnt für ihn mit den Stimmen der Jugend und ihrem Willen zur Veränderung: „Fortschritt muss sich jede Generation verdienen.“

Der kommende Präsident Trump – Obama spricht dessen Namen Obama nicht ein einziges Mal aus.  Dieser Mann ist nur ein Ausrutscher, die Welt wird über ihn hinwegkommen. Obama sagt: „Jedes Handeln eines Präsidenten, jedes Wahlergebnis, jedes mangelhafte Gesetz kann korrigiert werden durch demokratische Prozesse.“

Der Demagoge Trump, dem alles recht war, um den Beifall eines pöbelnden Mobs zu gewinnen, wird an seinem Amt wachsen. Die Institutionen werden ihn mäßigen. Er wird pragmatisch handeln, nicht ideologisch. Er wird verstehen, was Demokratie bedeutet – und er verdient Unterstützung.

Trump selbst nennt Obama einen „guten Mann“, dessen Rat ihm wichtig sei. Er wolle dann doch nicht gleich das ganze Krankenversicherungssystem zerschlagen. Wie schrecklich die Gewalt sei gegen Minderheiten. Alles anständige Leute, plötzlich, auf die er zuvor den Hass richtete.

Obama bewegt sich auf einem schmalen Grat. Auf der einen Seite droht er in die Verharmlosung abzurutschen, weil er an das Gute in der Welt glaubt. Ob das naiv ist? Seine Griechenlandrede liefert den entscheidenden Hinweis: Die Geschichte wird es zeigen, irgendwann. Obama zitiert Martin Luther King: „Der Bogen des moralischen Universums ist lang, aber er neigt sich zur Gerechtigkeit.“

Auf der anderen Seite ist das Gute keine geschenkte Macht. Der Bogen neige sich nicht, weil dies unausweichlich sei, sondern weil wir ihn zur Gerechtigkeit biegen. Es ist ein Appell an jeden einzelnen, die Demokratie nicht aufzugeben, den Willen und die Kraft aufzubringen, die Zukunft verändern zu wollen.

 

Thomas Dietsch

 

Baum gekleidet in Nebel,

ich atme die Sonne.

Freier Fall,

längst jenseits der Grenze.

Im Vergessen liegt die Erkenntnis.

 

Wind in dürren Ästen;

was liegt dahinter?

Der Baum,

zu alt, um sich im Wind zu biegen.

Standhalten …

 

In die Zeit hineingeboren,

Zeit, sie zu finden, sie zu nutzen;

Nein, vergeudet!

Am Ziel gestartet,

Augen voller Schmerz.

 

Wolken fliegen durch Tunnel,

dem Licht entgegen.

Soundcheck im Frühlingsregen.

Freiheit in Fesseln.

Zur Sonne

zieht der Kranich.

 

© Thomas Dietsch

Mit der Wahl von Donald Trump zum 45. US Präsidenten zeigt auch das mächtigste Land der Welt, die Vereinigten Staaten von Amerika, dass ein Politikwechsel ansteht. In anderen Ländern wie Polen, Ungarn, Russland zeigten die letzten Wahlen, dass konservative, nationale Politik dem Menschen wichtiger ist als die Globalisierung. Russlands Präsident Putin zeigt mit seiner Politik der ganzen Welt, dass die russischen Interessen im Vordergrund stehen und dann die Belange anderer Länder.
Die Flüchtlingskrise in Europa hat dazu geführt, dass viele Länder gespalten sind, was die Aufnahme von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen angeht. Viele Länder des Nahen Osten, nehmen nicht einen Flüchtling auf, da ihre eigenen Interessen im Vordergrund stehen. Länder wie Polen, Ungarn, aber auch Australien, weigern sich diese Menschen aufzunehmen. Mit der Wahl von Donald Trump und dem angekündigten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko wird es eine gravierende Wende in der Zuwanderungspolitik der USA geben. Die letzten 40 Jahre unter zum Teil linker Politik, haben weltweit zu einer Unzufriedenheit geführt, die sich durch die Wahl konservativer Parteien und Präsidenten der letzten Jahre zeigt. Ist es falsch, zuerst an die Bürger des eigenen Lands zu denken? Grundsätzlich: nein! Natürlich darf es nicht dazu kommen, dass Egoismus die Welt noch weiter in die Krise treibt. Klar ist jedoch, geht es einem Land besser oder gut, kann dieses Land auch anderen Ländern helfen und diese bei dem Kampf gegen Notstände oder der Entwicklung helfen. Geht einem Land schlecht, ist dieses nur unter sehr großen Opfern möglich. Die Verteufelung von Donald Trump ist ein Zeichen derer, die durch jahrelanges Missmanagement ihre Länder und die Wirtschaft in die Krise getrieben haben. Organisationen wie die Europäische Union sind zum Teil für den Untergang der Souveränität vieler Länder verantwortlich. Die EU ist nur darauf bedacht, ihre eigene Macht zu stärken und die der angeschlossenen Länder zu schwächen, was bei den Bürgern zu dem jetzigen Wahlverhalten geführt hat. Antisemitismus und Fremdenhass sind das Ergebnis jahrelanger Fehlpolitik, wie sie beispielsweise in Deutschland über Jahre durch linke Politik praktiziert wurde. In ganz Europa haben die konservativen Parteien einen riesigen Zulauf erhalten und führen dadurch zu einem Wechsel in der Politik.
Es bleibt, kritisch zu beobachten, wie Länder wie sich die USA, Russland, Polen und andere entwickeln. Wichtig ist, ein friedvolles Miteinander, eine gesteuerte Zuwanderung weltweit, wie es in Kanada und Australien schon seit Jahren die Regel ist.
Durch demokratische Wahlen, wie jetzt in den USA, hat jeder, der sich Demokrat nennt, das Ergebnis anzuerkennen und diesen Mehrheiten die Chance für eine gute Politik zu geben. Mit der Wahl entscheidet die Mehrheit eines Landes die Laufrichtung. Dieses ist von anderen Staaten und deren Regierungen anzuerkennen. Demokratie ist nicht einfach!

Aber was ist mit den Kriegen, die aus nationalen Interessen geführt werden? Europa hat mit der EU die längste Friedensperiode seiner Geschichte erlebt und erlebt sie noch. Was ist mit den nationalen Interessen in der Wirtschaft? Wie weit sind wir vom Kolonialismus entfernt? Dieser führt gerade zu den Kriegen um die Rohstoffe. Globalismus heißt – seine Perfektion vorausgesetzt, welche bis heute nicht erreicht ist – die Schätze der Erde zu teilen. Hat Marx nicht einmal gesagt: „Jedem nach seinen Bedürfnissen!“?! Gute Politik heißt nicht, Hass zu verbreiten. Die Epoche des Rassismus sollte sich dem Ende neigen. Noch haben wir hier Hausaufgaben …

Mit alten Mitteln (u. a. nationalem Denken) lässt sich in einer globalen Welt kein Blumentopf gewinnen. Wir wiegen uns im warmen Sprudelbad des Nationalismus, während um uns herum die Leitung vor Kälte einfriert. Wacht auf! Demokratie ist nicht einfach!

 

Thomas Dietsch