Lieber Pierre,

in Zeiten der Unsicherheit, der sozialen Diskrepanz, der Sorge um Wohnraum, gesicherte Renten, der tiefen politischen bzw. sozialen Krise, greifen rechtspopulistische Parteien wie die AfD an. Unzufriedenheit, Sorge, Existenzängste bieten den Nährboden für ihr gefährliches Schaffen. NOCH halten sie einigermaßen Ruhe, aber wir dürfen uns nicht weismachen lassen, dass die AfD sich dies zu Nutze macht und auch nur annähernd etwas mit sozialer Gerechtigkeit und Toleranz zu tun hat. Im Gegenteil: Sie sind höchst marktradikal und dulden in ihren Reihen Faschisten, Antisemiten und Rassisten. Was wir brauchen ist außerparlamentarischer Druck, eine Neujustierung der Demokratie, frischen Wind in der Politik statt rassistische Hetze. Doch um tatsächlich die wahren Machenschaften der erstarkenden Rechten/ des rechten Flügels zu erkennen, bedarf es Bildung und ein Auseinandersetzen mit der aktuellen Politik. Ich wage zu bezweifeln, dass die Fließbandarbeiterin mit beschränktem geistigem Horizont dazu in der Lage ist. Vielmehr hört man aus diesen Klatschreihen die neuesten reißerischen Boulevardpresse-Zitate, die allesamt auf der Welle der Angstmache und Verunsicherung reiten. Vielleicht wissen die nicht einmal was Björn Höcke so von sich gegeben hat bezüglich des Holocaust Mahnmals oder sonstiger verbaler  Entgleisungen. So lange aber unsere Politiker solchen Bullshit – wie die Damen in den Ämtern in Brüssel oder im Bundesverteidigungsministerium – verzapfen und Frau Merkel ihre sich häufenden Zitteranfälle in aller Öffentlichkeit nicht im Griff hat, dürfen wir ernsthaft an der Qualität unserer Politik zweifeln und öffnen somit die Türen für AfD & Co. Hass hat in der Geschichte gezeigt, wie zerstörerisch er sein kann und dass unglaublich viele Menschen schwer leiden und sterben mussten. Darüber müssen wir uns im Klaren sein und deutlich mit dem Finger nach Berlin zeigen, wo die Basis gelegt wird. Lieber Pierre, wir haben unter Merkel einiges verschlafen in den vergangenen Jahren – Beispiel Ausbau des Schienennetzes, bezahlbare Wohnungen, Rentensicherung, schneller, flächendeckender Internetzugang für alle, anständige Autobahnen, korrekter Lohn bei steigenden Kosten, Pflege etc. Wie soll der Bürger bei den angedachten, zusätzlichen Kosten das alles bezahlen, wenn jetzt bereits viele – trotz eines Vollzeitjobs – nicht in der Lage sind, eine Familie zu ernähren? DAS zumindest haben die in Berlin nun endlich auch kapiert, aber anstatt Lösungen zu bringen, die Hand und Fuß haben, diskutieren sie sich zu Tode, wirken extrem unglaubwürdig in der Besetzung ihrer Ämter und wer mag ihr Geschwätz noch weiter hören? Ich hoffe, dass die zukünftige Generation den Mund aufmacht, auf die Straße geht für ihre Ziele und neue politische Strukturen entstehen lässt. Es ist eine schleppende Veränderung, es hakt an allen Ecken und Enden – das jedenfalls steht außer Frage. Eigentlich ein echtes Armutszeugnis für ein Land wie Deutschland, wie ich finde. Fazit: Wir werden nur Herr über die angespannte Lage, wenn unsere Politiker wieder anfangen, konstruktiv, menschennah und sinnvoll zu regieren. Aber wie es so ist bei uns… Frau Merkel macht lieber einen braven Knicks vor den Automobilgiganten, anstatt eine ökologisch sinnvolle Geschwindigkeitsbegrenzung auf maximal 130 km/ h umzusetzen. Ach, Deutschland…das Land der bescheuerten Autobahnraser, die ihre Wut an deiner Heckscheibe ausleben – weil ihnen nichts Besseres übrig bleibt!? Übrigens, Gas geben können alle….nur beim Bremsen an der richtigen Stelle hakt´s manchmal – siehe Politik.

 

In diesem Sinne,

herzliche Grüße aus Frankfurt

 

Petra

© Petra M. Jansen

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Am Wochenende war es dann soweit: In Polen ist eine weitere umstrittene Justizreform der nationalkonservativen Regierung in Kraft getreten. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Justizminister Ziobro künftig Gerichtsvorsitzende ohne Grund entlassen und ohne Rücksprache mit Juristen durch neue Kandidaten austauschen kann.

In puncto „Unabhängigkeit der Richter“: Dadurch könne er die Posten mit eigenen Kandidaten besetzen, bemängelten Rechtsexperten und Regierungsgegner. Trotz großer Proteste der Bevölkerung und eindringlicher Warnungen der EU-Kommission hatte Präsident Duda das von der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) forcierte Gesetz Ende Juli unterschrieben. Die EU-Kommission leitete daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein, das im letzten Schritt sogar zur Verhängung von Strafgeldern führen könnte.

„Die neuen Vorschriften geben dem Justizminister die Möglichkeit, Einfluss auf einzelne Richter zu nehmen, insbesondere durch vage Kriterien für die Amtszeitverlängerung, die den Grundsatz der Unabsetzbarkeit von Richtern untergraben“, so die Begründung aus Brüssel für die Maßnahme.

Weiterhin kritisiert die Kommission, dass die Justizreform von Oktober 2017 an verschiedene Pensionsalter für Männer (65 Jahre) und Frauen (60 Jahre) vorsieht. Die Regelung verstößt gegen die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeitsfragen, sowie gegen den im EU-Vertrag verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen.

Aus Besorgnis wegen der Veränderungen des polnischen Justizsystems hatte die EU-Kommission bereits 2016 ein allgemeines Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in dem Land eingeleitet. Diese Untersuchung führte bislang noch zu keinem für Brüssel befriedigenden Ergebnis. Die EU-Kommission drohte deswegen zuletzt die Einleitung eines weiteren Verfahrens an, das im letzten Schritt sogar dazu führen könnte, dass Polen bei Abstimmungen im EU-Ministerrat sein Stimmrecht verliert. Die Frist für Warschau läuft gegen Ende des Monats aus.

„Mit der Einführung der Justizreform beginnt in Polen das Ende unabhängiger Richter und Gerichte. Richter in Polen werden nun sehr genau beobachten müssen, welche Positionen der Justizminister vertritt“, sagte die Präsidentin des Obersten Gerichts in Warschau (Rzeczpospolita). Mithin gerät in Polen die Unabhängigkeit der ganzen Justiz in Gefahr. Die Zeitung Rzeczpospolita berichtet, dass die Richter in Polen zwar eine Justizreform gefordert hätten, allerdings erhofften sie sich von ihr eine Erleichterung ihrer Arbeit, um schneller Urteile aussprechen zu können. Diese Veränderung werde es nun nicht geben. Stattdessen werden die Gerichte nun der Politik untergeordnet.

Das drohende Ende der Gewaltenteilung sorgt unterdessen für Verunsicherung in der Wirtschaft. Langfristig könnte die Justizreform auf Grund wachsender Rechtsunsicherheit ausländische Investoren abschrecken (Handelsblatt). „Die Justizreform wird zu mehr Rechtsunsicherheit in Polen führen. Die Gefahr zu politisch motivierten Gerichtsurteilen wird zunehmen. Das wird auch Folgen für die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen haben“, warnen Wirtschaftsexperten. Niemand investiert gerne auf unsicherem Terrain.

Noch läuft die polnische Wirtschaft. Die Raiffeisen Bank International prognostiziert Polen für 2017 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,8 Prozent. Damit wird das Land in Osteuropa beim Wachstum nur noch von Slowenien mit 4,6 Prozent übertroffen. Erst Ende vergangenen Jahres hat Daimler entschieden, in Polen sein erstes Werk zu errichten. Der Stuttgarter Autobauer will eigenen Angaben zufolge rund eine halbe Milliarde Euro in die Motorproduktion vor Ort in Jawor, in der Nähe von Breslau, investieren. Der Standort Polen lockt unter anderem deutsche Unternehmen. Grund sind die niedrigen Löhne, der gute Ausbildungsstand, die verbesserte Infrastruktur und das gesunde Konsumklima. Ein Investor muss also zukünftig zwischen niedrigen Löhnen und einer mangelnden Rechtsstaatlichkeit abwägen.

Es ist schwer vorauszusagen, welche Ziele die derzeitige Regierung mit ihrer Politik verfolgt. Klar ist eines: Will Polen in der Europäischen Gemeinschaft bleiben, so muss es auch deren Werte, unter anderen Demokratie, Gleichheit der Geschlechter und vor allem die Unabhängigkeit der Justiz anerkennen. Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass die polnische Regierung gewillt ist, diese anzuerkennen; sie geht im Gegenteil Richtung Nationalismus.

Rauswerfen aus der EU kann man Polen nicht. Das wissen wir seit der Griechenlandkrise. Aber man kann Sanktionen verhängen und den Hahn für Fördergelder abdrehen. Gelder aus dem Gemeinschaftstopf zu kassieren und national zu wirtschaften – das geht nicht.

Liebe Petra,

Der Attentäter einer Moschee in Quebec hat aus Hass sechs Muslimen niedergestreckt. Der Mörder ist ein Bewunderer von der französischen Nationalfront und ihrer Chefin und das stimmt mich sehr nachdenklich. Marine Le Pen hätte niemals solch einen Anschlag bewilligt, im Gegenteil – aber die ausländerfeindlichen Parolen ihrer Anhänger sind Gift, wenn sie von verwirrten Gestalten als ein Dogma empfunden werden. Ich kannte einen Schuldirektor, der einen seiner Schüler tadelte, weil er jemanden verbal erniedrigt hatte. „Wörter können töten“, sagte er und hatte Recht – vor allem, wenn sie falsche Ohren erreichen. Ich appelliere deshalb immer wieder meine Kontrahenten ihre Wortwahl gut zu sortieren. Eine gute Meinung muss nicht mit Hasstiraden geschmückt werden. Wenn die Argumentation stimmt, reicht es, diese Thesen ruhig auszusprechen und das gilt auch für Meinungen, die ich keineswegs trage. Ich schaffe es –  ohne wüste Beschimpfungen –  meinen Standpunkt klarzustellen und alleine darum sollte es gehen. Der Fall von Québec zeigt, welchen Schaden die Gehirnwäsche anrichten kann. Wenn auf Facebook sogenannte Freunde, Barak Obama als Affe titulieren, der keinen Verstand haben kann, weil er ein Stinktier ist, braucht man sich nicht zu wundern, dass Gewalt angewandt wird. Übrigens kamen diese Bemerkungen von Bewunderern von Donald Trump und  Marine Le Pen. Ich erwarte von ihr, dass sie persönlich gegen solche Diffamierungen Stellung nimmt. Würde sie das nicht tun, könnte man annehmen, dass sie solch ein Verhalten befürwortet. Vielleicht hat sie es bereits aufgegeben, ihre Ultras zu mäßigen? Das würde in diesem Fall bedeuten, dass ihr die Fäden aus der Hand rutschen.

Da wir Schreiberlinge sind, muss uns bewusst sein, was wir mit unseren Publikationen ausrichten können. Einfach seine Meinung ganz brutto in die Arena zu werfen, ist schädlich. Ich will nicht behaupten, dass alles sterilisiert werden muss, aber es kann nicht schaden einige Grobheiten, die man in einem ersten Wisch loswerden möchte, zu filtrieren. Ich habe mir überlegt, ob ich den widerlichen Eintrag zu Obama kommentieren sollte und war schon fast daran es zu tun, aber Facebook hat vorgesorgt und diese Fäkalien entfernt. Mancher wird es als Zensur betrachten. Objektiv gesehen ist es eine, aber wenn es sich um eine unfaire rassistische Attacke handelt, würde ich diesen Schritt befürworten. Ich gehe davon aus, dass manche Grenzen gesetzt werden müssen, hauptsächlich wenn es sich um das Privatleben handelt oder wenn, wie in diesem Fall, eine Gruppe von Menschen – hier im Klartext die Schwarzen – als minderwertig betrachtet werden, aber wie soll der kleine Mann wissen, wie er sich verhalten soll, wenn einer der mächtigsten Männer des Planeten seine Klappe nicht in Griff hat? Haben wir es mit lauter kleine Trumps zu tun? Das könnte meinen.

Wir haben gesehen, wohin Hassschriften gegen die Juden, wie der Stürmer im Dritten Reich, geführt haben. Anständige junge Menschen, die sonst keine Fliege etwas angetan hätten, die oft gläubig waren und als gute Söhne betrachtet wurden, haben während des Feldzugs in Polen und in der Ukraine, Hunderte wenn nicht Tausende, aus ihrer Sicht, als Untermenschen eingestuften Wesen, gefoltert, getötet und das in der Uniform der Wehrmacht. Das ist der Beweis, wie effizient die NS-Propaganda-Presse war. Wenn negative Bilder und Aussagen jahrelang verbreitet werden, sind die Leser, die Hörer und die Zuschauer irgendwann konditioniert und wenn sie aus ihrer normalen Umwelt entrissen werden, wie es für die Soldaten 1939 der Fall war, werden die Hemmungen über Bord geworfen, wie es im polnischen Feldzug der Fall war. Das ist der Grund, warum ich für mehr Strenge plädiere und das schon bei jedem kleinsten Ansatz, vor allem wenn es um die Herabsetzungen von Menschen, von ganzen ethnischen Gruppen geht, sonst regnet es hier, liebe Petra. Ich habe schon fleißig meine Gymnastik hinter mich gebracht, aber leider keine Leibesübungen um den Frieden verteidigen zu können und auch, wenn ich physisch gerne auf die Barrikaden steigen würde, schaffe ich es nicht mehr so recht. So bleibt mir, den Geist auf Trab zu halten.

 

Im diesen Sinne,

ich umarme dich

 

Pierre

//pm

 

 

Mit der Wahl von Donald Trump zum 45. US Präsidenten zeigt auch das mächtigste Land der Welt, die Vereinigten Staaten von Amerika, dass ein Politikwechsel ansteht. In anderen Ländern wie Polen, Ungarn, Russland zeigten die letzten Wahlen, dass konservative, nationale Politik dem Menschen wichtiger ist als die Globalisierung. Russlands Präsident Putin zeigt mit seiner Politik der ganzen Welt, dass die russischen Interessen im Vordergrund stehen und dann die Belange anderer Länder.
Die Flüchtlingskrise in Europa hat dazu geführt, dass viele Länder gespalten sind, was die Aufnahme von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen angeht. Viele Länder des Nahen Osten, nehmen nicht einen Flüchtling auf, da ihre eigenen Interessen im Vordergrund stehen. Länder wie Polen, Ungarn, aber auch Australien, weigern sich diese Menschen aufzunehmen. Mit der Wahl von Donald Trump und dem angekündigten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko wird es eine gravierende Wende in der Zuwanderungspolitik der USA geben. Die letzten 40 Jahre unter zum Teil linker Politik, haben weltweit zu einer Unzufriedenheit geführt, die sich durch die Wahl konservativer Parteien und Präsidenten der letzten Jahre zeigt. Ist es falsch, zuerst an die Bürger des eigenen Lands zu denken? Grundsätzlich: nein! Natürlich darf es nicht dazu kommen, dass Egoismus die Welt noch weiter in die Krise treibt. Klar ist jedoch, geht es einem Land besser oder gut, kann dieses Land auch anderen Ländern helfen und diese bei dem Kampf gegen Notstände oder der Entwicklung helfen. Geht einem Land schlecht, ist dieses nur unter sehr großen Opfern möglich. Die Verteufelung von Donald Trump ist ein Zeichen derer, die durch jahrelanges Missmanagement ihre Länder und die Wirtschaft in die Krise getrieben haben. Organisationen wie die Europäische Union sind zum Teil für den Untergang der Souveränität vieler Länder verantwortlich. Die EU ist nur darauf bedacht, ihre eigene Macht zu stärken und die der angeschlossenen Länder zu schwächen, was bei den Bürgern zu dem jetzigen Wahlverhalten geführt hat. Antisemitismus und Fremdenhass sind das Ergebnis jahrelanger Fehlpolitik, wie sie beispielsweise in Deutschland über Jahre durch linke Politik praktiziert wurde. In ganz Europa haben die konservativen Parteien einen riesigen Zulauf erhalten und führen dadurch zu einem Wechsel in der Politik.
Es bleibt, kritisch zu beobachten, wie Länder wie sich die USA, Russland, Polen und andere entwickeln. Wichtig ist, ein friedvolles Miteinander, eine gesteuerte Zuwanderung weltweit, wie es in Kanada und Australien schon seit Jahren die Regel ist.
Durch demokratische Wahlen, wie jetzt in den USA, hat jeder, der sich Demokrat nennt, das Ergebnis anzuerkennen und diesen Mehrheiten die Chance für eine gute Politik zu geben. Mit der Wahl entscheidet die Mehrheit eines Landes die Laufrichtung. Dieses ist von anderen Staaten und deren Regierungen anzuerkennen. Demokratie ist nicht einfach!

Aber was ist mit den Kriegen, die aus nationalen Interessen geführt werden? Europa hat mit der EU die längste Friedensperiode seiner Geschichte erlebt und erlebt sie noch. Was ist mit den nationalen Interessen in der Wirtschaft? Wie weit sind wir vom Kolonialismus entfernt? Dieser führt gerade zu den Kriegen um die Rohstoffe. Globalismus heißt – seine Perfektion vorausgesetzt, welche bis heute nicht erreicht ist – die Schätze der Erde zu teilen. Hat Marx nicht einmal gesagt: „Jedem nach seinen Bedürfnissen!“?! Gute Politik heißt nicht, Hass zu verbreiten. Die Epoche des Rassismus sollte sich dem Ende neigen. Noch haben wir hier Hausaufgaben …

Mit alten Mitteln (u. a. nationalem Denken) lässt sich in einer globalen Welt kein Blumentopf gewinnen. Wir wiegen uns im warmen Sprudelbad des Nationalismus, während um uns herum die Leitung vor Kälte einfriert. Wacht auf! Demokratie ist nicht einfach!

 

Thomas Dietsch

„RR“, religiöse Regierung. Heute findet man sie noch in vielen islamischen Ländern. Problematisch wird es dann, wenn radikal-islamische Ansichten auf moderne Alltagsprobleme treffen. Man kann nicht an einer Auslegung religiöser Schriften von vor über 500 Jahren festhalten und dann heutige gesellschaftliche Probleme lösen wollen. Das geht einfach nicht. Es geht ganz einfach los: heute haben wir Strom, damals brannten sie Kerzen. Banal, aber wichtig! Der Strom muss produziert und finanziert werden. Das war damals nicht aktuell. Karawanen zogen durch die Wüste zu altbekannten Handelsorten. Heute wirtschaften wir global. Wir kennen Erdteile, von welchen damals niemand etwas ahnte. Sei es drum! Beleuchten wir die ganze Chose doch einmal etwas anders:

Früher, ganz früher, vor Tausenden von Jahren, hat man sich die Welt religiös erklärt. Hinter jedem Wind, Gewitter, hinter jeder Flut stand ein Gott oder Dämon. Man personalisierte Naturphänomene. Das Abstrakte erlangte Gestalt, wurde konkret. Vielleicht war die Naturwissenschaft noch nicht so weit. Vielleicht wollte die Oberschicht der ungebildeten Unterschicht das Ganze auch nur begreiflich machen und sie damit beherrschen. Wer die Regeln aufstellt, der sagt, wo es langgeht. Das zieht sich bis ins Alte Testament der Bibel. „Den Himmel auf Erden schaffen“! Jesus soll es einmal gesagt haben. Viele andere haben es zitiert. Das hat nichts mit „Friede, Freude, Eierkuchen“ zu tun. Wir sollen nach den Sternen bauen! Erinnern wir uns an die Ägypter, die Zeit Mose im Alten Testament. Wie viel von uns neuentdecktes Wissen steckt bereits in den Pyramiden?! Berechnungen, Orientierung an den Himmelkörpern?! Wussten die Alten damals mehr als wir? Wenn, warum ging dann das Wissen unter? Warum wurde im Mittelalter in Europa das Volk dumm gehalten? Auch im Neuen Testamt wurden wissenschaftliche Aspekte bildhaft erklärt. Jesus erklärte die Welt religiös. Das war damals so gang und gäbe. Und heute ist es im Islam genauso. Jedenfalls zu großen Teilen. Religion ist eine Lebenshilfe und ein Kontrollmedium für eine Oberschicht. Damit wir uns verstehen: Ich nenne nur Fakten, will die Religion nicht schlechtreden.

Kommen wir nun zu bedenklicheren Gesichtspunkten. Mit der Renaissance und der Aufklärung hat die Religion zunehmend durch wissenschaftliche Erkenntnisse an Bedeutung verloren. Die römisch-katholische Kirche kämpfte über Jahrhunderte anhand von einigen Beispielen gegen wissenschaftliche Erkenntnisse, weil diese der wörtlichen Auslegung der Bibel widersprachen. Nach und nach musste sie klein beigeben. Eine neuere Entwicklung macht nervös. Schauen wir ins Internet! Wissen wir etwas nicht, dann sagen wir, dass wir das „googeln“. Ein geflügeltes Wort für ehemals „Nachschlagen“ im Lexikon. Digitale Assistentinnen wie Siri, Cortana und Google Now leisten heute, war bis vor wenigen Jahren noch Science Fiction war. Sie sind wie ein menschliches Gegenüber, bleiben aber Maschinen, die auf Zuruf arbeiten. Nicht nur, dass permanent Daten von uns gesammelt und gespeichert werden, nein, die abstrakte Sucherei im Internet erhält eine Gestalt in Form einer Assistentin. Man ist Chef, gibt Anweisungen. Geil! Und verkennt dabei, dass man die Person ist, die hier etwas tun soll, nämlich Daten herausrücken und bei irgendeinem Kauf zahlen. Bei einem Nachrichtenportal konnte ich neulich abends lesen, was an „unserem Tag“ so alles passiert ist. Tolle Sache: Nachrichten speziell auf mich zugeschnitten. Einfache Sprache, in aller Kürze. Was will man mehr?! Pinselt den Bauch, da kann man doch beruhigt einschlafen. Nein! Gerade nicht! Es macht mich nervös, wenn sich jemand die Mühe macht, mich derart zu bedienen. Wer sagt mir, dass mir nicht etwas oder gar vieles verschwiegen wird? Mag sein, dass ich auf die eine oder andere Art auf eine Nachricht reagiere. Was, wenn gewisse Leute dieses Verhalten nicht möchten und mir jene Nachricht deshalb verschweigen? Wie weit sind wir von Zensur entfernt? „Netzpolitik.org“ lässt grüßen … Ja, ich will alle Nachrichten und zwar in voller Länge. Die können ruhig abstrakt sein. Ich entscheide – und dazu bin ich in der Lage – was ich lese und wie viel davon. Ich kenne meine Interessen am besten. Ja, es wird wieder konkreter in unserer Welt. Abstrakte Phänomene sind nicht mehr „in“. Nach dem phänomenalen Zugang zu Wissen, resultierend aus dem Zeitalter der Aufklärung und durch das Internet, werden die Menschen im Denken umerzogen. Gehirnwäsche! Die Welt ist einfach, man kann alles haben, es gibt keine Probleme. Die App löst alles. Kurz gesagt: Einfach blöde und beherrschbar bleiben. Ein furchtbarer Gedanke! Um zum Anfang zurückzukehren: Erleben wir die Geburtsstunde neuer Götter?

© Thomas Dietsch