Liebe Petra,

was gibt es Wertvolleres für einen Intellektuellen oder einen Künstler als die Meinungsfreiheit? Immer wieder steht sie in der Schusslinie von Menschen, die einen Hang zur Macht haben. Der schrecklichste Angriff gegen dieses hart erkämpfte Gut, war das Attentat gegen Charly Hebdo. Hier wollten die Täter die Geistesfreiheit mit einem Maschinengewehr ausschalten. Ohne aber Blut zu vergießen, wächst der Hang zur Intoleranz und dieser Tage gab es dazu ein neues Beispiel aus Frankreich. Der Hauptaktionär eines kommerziellen Fernsehsenders wollte eine satirische Sendung, die einen Kultcharakter hat, killen, aus welchem Grund auch immer. Er ist einer der Barone der französischen Wirtschaft und übt sehr viel Macht aus. Die Reaktion dagegen war mehr als positiv. Die Politik, die von den „Guignols“ scharf attackiert wird, stemmte sich gegen diese Absicht und zeigte Solidarität zu den Machern. Von François Hollande, der die Satire als ein nationales Kulturgut beschreibt, bis zum ehemaligen konservativen Premier, Alain Juppé, alle protestierten. Dazu auch zehntausende Zuschauer, die dem Sender eine Petition zukommen ließen. Der Entschluss die Sendung aus dem Programm zu nehmen, wurde einen Tag später rückgängig gemacht und ist der Beweis, dass es sich lohnt, für die Freiheit zu kämpfen.

Die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, wenn es um Geld geht. Der Starfotograf Juergen Teller hat in einem Interview des SZ-Magasins gesagt: (Zitat) „Die Freiheit stirbt in der Sekunde, in der du einen kommerziellen Job annimmst“. Diese Behauptung hat ihre Richtigkeit. Aber Teller hat auch bewiesen, wie man sich gegen solch eine Tatsache verhalten kann. Als Kontrapunkt zu seinen beruflichen Aktivitäten, macht er große künstlerischen Aktionen, wo er sich oder andere in Szene setzt, wie zum Beispiel die fotografische Reihe, in der er Nacktaufnahmen von Charlotte Rampling oder sich selbst veröffentlicht. Auch wenn ich bedaure, dass es keine totale Freiheit bei Auftragsproduktionen geben kann, sehe ich in diesem Beispiel ein Ventil für seine Selbstverwirklichung. Anders zum Beispiel in China, wo große Künstler wie Ai Weiwei in Hausarrest gesteckt werden, weil sie ganz einfach das Regime stören. Solch eine Entwicklung, liebe Petra, nimmt mehr und mehr Überhand und muss abgewandt werden. Was den Künstlern widerfährt, kann eines Tages den einfachen Bürger erfassen und wenn der Geist angegriffen wird, ist es das Ende der Demokratie und des Friedens. Dann ist der Weg zur entarteten Kunst oder zur Vernichtung einer uralten Kultur durch die IS in Mossul oder anderswo geebnet. Er hat immer als Ziel, die Unterdrückung von Menschen um Macht zu beweisen.

Ich habe persönlich immer vehement für meine Meinungsfreiheit gekämpft und das mit einem gewissen Erfolg. Wenn der Versuch unternommen wurde mich einzuschränken, habe ich immer das Grundgesetz zitiert, in dem die freie Wortwahl als Stütze unserer Demokratie bezeichnet wird. Niemand konnte mich biegen und darauf bin ich gewissermaßen Stolz. Aber liebe Petra, im Detail steckt oft der Wurm. In dem Augenblick, in dem man finanziell abhängig ist, werden viele vorsichtiger und kastrieren sich selbst, das nennt man im Fachjargon die Schere im Kopf. Das ist eine schleichende Eigenzensur, die höchst pervers ist. Ich weiß nicht wie ich es geschaffen habe, davon keinen Gebrauch gemacht zu haben, vielleicht war ich zu blauäugig. Ich habe mir nie so sehr Gedanken über die persönliche Konsequenzen gemacht, und das auch, wenn meine Familie sehr darunter gelitten hätte. Ich habe drei Jobs aus prinzipiellen Gründen an den Haken gehängt und das mit Frau und Kind. Ich war nie bereit, Kröten zu schlucken und bin es heute auch nicht! Auch wenn es dem Geschäft schaden würde, werde ich niemals meinen Geist aus opportunistischen Gründen in den Müll werfen, glaube mir!

Noch eines, Liebe Petra, wenn alles in dieser Welt so schief geht, liegt es daran, dass sich immer mehr Menschen anpassen und fatalistisch alles über sich ergehen lassen. Es ist unsere Aufgabe uns als Literaten oder Journalisten gegen die Willkür zu stemmen, zu kämpfen. Wir können nicht neutral sein.

In diesem Sinne

Herzlichst,
Pierre
//pm

Lieber Pierre,
ich zitiere in diesem Zusammenhang einen großen Philosophen: „Alles, was nach Ordnung, Maß und Gesetz geschieht, erzeugt Gutes. Das Untergeordnete und schlecht Eingeleitete ist dagegen an sich schädlich und löset auch das Wohlgeordnete auf. (Platon, 427 – 348 od. 347 v. Chr, griechischer Philosoph, Begründer der abendländischen Philosophie). Was will ich sagen damit, lieber Pierre? Die Liebe des Menschen ist Fluch und Segen zugleich. Sie bewegt uns in Richtungen, die wir niemals gehen würden – ohne sie. Deine Briefe sind ein Widerspruch an sich, wenn ich das frei sagen darf. Selbstverständlich leugnet niemand den Mephisto in Goethes Faust, selbstverständlich negiert niemand das Böse, der einen klugen Verstand hat. Ja, es gibt all das – Verlogenheit, Untreue, Missgunst, Gier, Machthunger und vieles mehr. Schauen wir in die Welt: die NATO rüstet auf und verstärkt die Übungen, Russland rüstet ebenfalls auf. Griechenland spielt mit der EU wie mit einem Tennisball und macht Europa weltweit lächerlich und die Politiker diskutieren sich zu Tode. All das gibt es, Pierre und ich schaue gewiss nicht beruhigt in die Zukunft. Eher macht mir der Gedanke Angst, dass junge Menschen sich umsonst bemühen und studieren, ihre Ideale formulieren und vielleicht niemals mehr ausleben können. Es macht mir Angst, dass der Mensch in seinem kleinen, privaten Umfeld Schiss vor sich selbst hat und nicht den Mut, zu seinen schändlichen Taten zu stehen oder ehrlich im Umgang mit seinen Lieben zu sein. Das ist der berühmte „Dämon“ in der Geschichte von tausenden Büchern, Filmen und Fantasy-Stories. Es gibt ihn, ja, Aber wer bewegte etwas? Menschen, die niemals den Glauben an das Gute und die (Nächsten-)Liebe aufgegeben haben, wie z.B. Mutter Theresa oder die vielen Menschen, die in die Geschichte eingegangen sind, weil sie gebend, liebend etwas Gutes verbreiten wollten. Der Friedensnobelpreis wurde geschaffen, Künstler taten sich zusammen für Frieden und Liebe weltweit – die Liste ließe sich beliebig forstsetzen, lieber Pierre. Ich verstehe die Frustration, die einen ab und an überfällt und man mag sich nicht Gurkenschreiben auf die Augen legen lassen und einfach nur träumen. Doch es bleibt bis zum letzten meiner idealistischen Atemzüge: die Hoffnung auf Liebe, Gerechtigkeit und Frieden und der Wunsch danach. Und wenn es nicht so sein sollte, dann gehen wir alle gemeinsam unter. DAS kann ich zumindest – in Anbetracht der derzeitigen Weltlage – schon prophezeien.

Herzlichst,
Petra
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

wie es die Buddhisten behaupten, kann es kein Gutes ohne Böses geben. Eine pragmatische Erkenntnis, die auch für die Liebe ihre Gültigkeit hat. Sie ist sehr eng mit Hass verbunden, der Grund warum sich so viele Paare zerreißen. Immer wieder kann man im Fernsehen Dokumentationen über den häuslichen Krieg sehen. Eltern, die ihn auf Kosten der Kindern austragen! Zum Beispiel dieser Vater, der seinen Sohn nicht mehr sehen darf, seitdem er von der Mutter in die Ukraine verschleppt wurde. Ich kann nicht verstehen, dass der Umgang mit dem Nachwuchs sich so brutal entwickeln kann. Leute, die angeben, dass sie sich einmal geliebt haben, liefern sich Kämpfe unter der Gürtellinie, die vernichtend sind und alle Mittel sind gut, um seinen Ex-Partner in den Dreck zu ziehen. Wie diese Mutter, die den Vater ihres Kindes beschuldigt pädophil zu sein und das nur, um ihn finanziell zu erpressen. Die Konsequenz: der Beschuldigte verlor seine Arbeit und erlitt einen Herzinfarkt, der ihn gesundheitlich ruinierte. Und dann, nach etlichen Jahren, die Aussage vor Gericht, dass alles erlogen sei, die Behauptung der Tochter waren frei erfunden. Das alles schreibe ich, um zu beweisen, dass dem Wort Liebe mit einem gewissen Misstrauen betrachtet werden sollte. Ich würde gerne an sie glauben, aber es ist mir leider bewusst, dass sie oft einen üblen Nachgeschmack hat. Das trifft bei mir persönlich nicht zu, aber bei vielen meiner Freunde.

Die Liebe, wie sie im Evangelium gefordert wird, bedeutet viel Nachsicht für seine Mitmenschen. Vielleicht eine Utopie, aber unerlässlich, wenn es um den Umgang mit anderen geht, liebe Petra. Auch wenn diese gute Absicht in Trümmer verfällt, muss sie das Ziel sein, das liegt im Interesse von jedem von uns. Und was machen wir? Wir hauen uns lieber auf die Rübe, weil wir einfach nicht für solch ein Verhalten geeignet sind. Der Mensch ist ein Raubtier, der nur durch Gewalt seine Ziele erreichen kann, so die generelle Meinung. Ich habe im Spiegel einen Artikel über das Mobbing am Arbeitsplatz gelesen. Sogenannte Toxiker, verhalten sich so, dass sie ihren Kollegen schaden wollen, wenn es darum geht, Karriere zu machen und das geht von der Denunzierung bis zur seelischen Demütigung. Das Fatale dabei, das solch ein Verhalten in den meisten Fällen nicht untersagt wird. Wer dennoch von Liebe spricht, erscheint mir blind zu sein. Sie haust in unserem Kopf und Herz, ein Wunschtraum, der kaum zu verwirklichen ist und vielleicht die größte Lüge der Menschheit. Aber ohne sie wäre kein Überleben möglich. Also bleibt mir gar nicht anderes zu tun, als die Liebe zu lieben.

Ich mache es mir deswegen sehr schwer mit der Friedensbewegung, die auf ihre Fahne das Wort Liebe groß geschrieben hat. Hat dies etwas mit der Realität zu tun? Was sehen wir um uns? Nur ein mieses Verhalten, das zu kriegerischen Auseinandersetzungen führt. Kinder und Frauen werden im Namen einer Gerechtigkeit massakriert, gefoltert und vergewaltigt und das wiederholt sich ständig, auch wenn immer wieder der Versuch unternommen wird, solche miese Taten zu unterbinden. Ich sehe schon ein, dass gegen solche Auswüchse agiert werden muss, aber die Frage stellt sich, ob Worte genügen. Immer wieder wird Gandhi mit Recht zitiert. Er hat es fertig gebracht mit pazifistischen Mitteln, seinen Kampf gegen eine Kolonialmacht erfolgreich zu führen. Aber vergessen wir nicht, dass parallel dazu zahlreiche Menschen ihr Leben im Krieg zwischen den Hinduisten und den Muslimen lassen mussten. Das führte zur Spaltung von Indien, damals in zwei Staaten und heute noch sind die Spannungen mit Pakistan zu spüren. Eine Waffenruhe auf Messerschneide. Das widerspricht dem friedlichen Gehabe, mit dem sich diese Zivilisation schmücken will. Sind die Gurus Pharisäer, wenn sie von Toleranz und Liebe sprechen? Ganz ehrlich, ich ziehe Menschen vor, die erkennen, dass die Gewalt auch zu ihrem Habitus gehört, dass die vorgegebene Ekstase der Liebe nur Schminke ist. Machen wir uns nichts vor, im Mensch steckt viel Wut und sie ist vernichtend, trotz Süßholz-Gesäusel. Und doch möchte ich nicht auf Liebe verzichten, liebe Petra. Ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen, auch wenn sie eine Illusion ist. Wir brauchen sie, um uns verwirklichen zu können und ohne sie, könnten wir uns die Kugel geben, oder?

In diesem Sinne und mit einer herzlichen Umarmung,

Pierre

//pm

Lieber Pierre,
du sprichst von Verantwortung und Auswahl, von der infantilen Vorstellung, wir könnten noch etwas frei wählen und von der Hoffnung des Bürgers auf Besserung der politischen Systeme. Das ist ein Haufen Holz, wie man sagt und während ich nickend deinen Antwortbrief las, gingen mir viele Dinge durch den Kopf. Schon lange ist es vorbei damit, mit der freien Wahl der Freiheit, die wir so propagieren und das Thema hatten wir auch schon. Das Zauberwort heißt „Ethik“ oder „Wahrheit“ oder auch „Verantwortung“, aber wir sind nicht die Magier des Universums, auch wenn wir uns gerne als das verstehen. Wer versteht, dass etwas nur rund laufen kann und funktioniert, muss zuerst verstehen, was Natur und Demut bedeuten. Die Natur ist das größte Spiegelbild und wir sehen in den Konsequenzen unsere machthungrigen, gierigen Eitelkeiten ebenso wie die Schönheit des Gleichklangs. Alles hat seinen Preis und alles hat seinen Sinn, davon rücke ich nicht ab. Es gibt ein Gesetz, dem ich folge: verhalte dich scheiße und du bekommst scheiße zurück. Was tun wir Menschen? Ich wiederhole mich nicht, dies alles ist hier in unseren Briefen nachzulesen, lieber Pierre. Wenn der Liebling seinem Liebling zu Weihnachten ferngesteuerte Steckdosen schenkt anstatt etwas Persönliches zu wählen, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Verstehst du, was ich meine? Es geht nicht mehr darum, sich ernsthaft um etwas zu bemühen und zu pflegen und daran sind wir selbst schuld. Anstatt im Kollektiv gegen die politisch unfähigen Kraulversuche vorzugehen, schimpfen wir, gehen aber mit einem Kloß im Hals zur nächsten Urne und begraben genau dort unsere Ideale. Es gibt nur einen Weg aus dem Dilemma, das an vielen, vielen Stellen des Lebens wie eine Lawine auf uns zurück rollt: Demut und die Konzentration auf ethisch wichtige Dinge. Dazu gehört, dass wir Flüchtlingen unter die Arme greifen, dem grenzenlosen Konsum die Stirn bieten, den Politikern ein eindeutiges Signal setzen, die Dinge boykottieren, die uns widerstreben. Im Kollektiv, sonst hat es keine große Wirkung. Wäre das machbar? Nein, nicht mehr. Die Natur wird uns genau das nun zurückgeben und die derzeitige Weltlage ist verheerend. Man kann natürliche Dinge nicht verarschen auf Dauer und man darf die Menschlichkeit nicht mit Füßen treten. Das Universum gibt genau das zurück, was wir aussenden und ich bin beileibe kein Esoteriker, Pierre, aber so viel habe ich schon begriffen. Liebe, das wäre das ideale Wort. Liebe in jeder Konsequenz, grenzüberschreitend, konstruktiv für alle Nationen und in Liebe zu unserer Welt. Amen. 😛

 

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

die Politiker geben uns nicht immer Anlass zur Freude, da widerspreche ich dir nicht. Sehr viel mehr macht mir das Volk zu schaffen. Es ist zurzeit völlig vom Konsum verseucht und wirkt zu oft passiv. Zugegeben es gibt Ausnahmen, wie die Anti-Pediga-Demonstrationen es gezeigt haben, aber das sind für mich Lichtblicke in einer verödeten Landschaft. Die Energie-Debatte zeigt, wie der Egoismus Vorrang hat, wenn es um Fragen geht, die eine ganze Nation angehen. Das Beispiel Bayern ist eklatant. Die Landesregierung weigert sich den Zugang von Stromtrassen zuzulassen, die den Ökostrom, der in den Windanlagen in der Nordsee erzeugt wird, in den Süden der Republik zu befördern. Das soll Hessen und Baden-Württemberg erledigen. Das ist wahrhaftig eine solidarische Haltung, eher Bauchnabel-Populismus, so würde ich das bezeichnen. Es geht für die CSU nur darum ihre Wähler bei Laune zu halten. Herr Seehofer betont immer wieder, wie sehr er sich für eine nachhaltige Energie einsetzt. Da lachen die Hühner! Und das Volk? Es spende Applaus, weil es sich so gehört. Wer sich gegen die Atomenergie oder die Kohlenkraftwerke ausspricht, muss auch einige Hindernisse in Kauf nehmen. Es gilt immer das Prinzip, dass der Nachbar gefällig seine Hausaufgaben machen soll und wenn er sich weigert es zu tun, wird er als Störenfried beschimpft. So funktioniert halt die Demokratie…

Was will ich damit beweisen, liebe Petra? Eines nur: die Politiker sind ein Spiegelbild des Volkes. Sie richten sich nach deren Befindlichkeiten und folgen blind was ihnen diktiert wird, denn sie wollen halt wieder gewählt werden. Sich über sie zu beklagen, ist aus meiner Sicht der einfachste Weg. Wir sollten uns eher fragen, welche Verantwortung wir tragen, wenn alles aus den Fugen geriet? Die übliche Rede, dass wir machtlos sind, kann ich nicht walten lassen, denn das ist einfach eine Lüge. Aber ein Engagement kostet Arbeit und Zeit und das wollen die wenigsten. Aus meiner Erfahrung, kann ich dazu ein Beispiel geben. Jahrelang war ich im Vorstand meiner Gewerkschaft. Unser Anliegen war es, die Arbeitsbedingungen der Kollegen zu optimieren. Wenn es aber hart zuging, waren die Bittsteller auf einmal verschwunden. Aus Angst, bei den Chefs unangenehm aufzufallen? Aus Bequemlichkeit? Ich würde nicht so weit gehen, dieses Verhalten als feige zu bezeichnen, aber er lässt mir einen bitteren Nachgeschmack und wenn etwas schief lief, waren wir alleine daran schuld. Leute, so geht es nicht, denn jeder trägt eine Verantwortung, auch für den Staat. Ich habe es satt, diese ständigen Klagelieder mir anzuhören, die gehen in die gleiche Richtung wie der Stammtischdiskurs: Jammerei ohne konkretes Ziel. „Die da oben…“ und das war es!

Es geht mir viel mehr darum, der Jugend zu vermitteln, dass sie sich ruhig aufmüpfig verhalten soll und nicht jede Absurdität hinunter schlucken soll, wie zum Beispiel das heutige Uni-System, das ein verlängerter Arm der Schule ist. Von akademischer Freiheit kann keine Rede sein, denn es geht vor allem um die Examen, nicht um den Geist. Maschinen werden erzeugt, die zu funktionieren haben und Fragen stellen wirkt schon als abnorm. Es geht letztendlich nur um die Kohle, um einen fahlen Wohlstand zu finanzieren, nicht um die Fragen der Zukunft. Ein fundamentales Denken ist unerwünscht, das ist die Realität und da darf man sich nicht wundern, dass sich die Politik anpasst. Wer aus der Reihe tanzt wird schief angeschaut und entweder ein Spinner, den man nicht ernst nehmen darf oder ein Revoluzzer, der so schnell eingekerkert werden soll. Das Übel ist, dass die Mittelmäßigkeit zur Richtlatte erklärt wird. Da soll man sich nicht wundern, dass einiges schief läuft. Und wenn alles zerbricht, was macht das Volk? Es hisst Schwachköpfe an die Macht, die noch größeren Schaden erzeugen und Beispiele um uns herum gibt es genügend. Der Despot wird zum Retter deklariert, Nordkorea lässt grüßen und wenn sich einer eine Kritik erlaubt, Rübe ab! Die generelle Gleichgültigkeit, was die Politik angeht, führt dazu, dass die Henker das Sagen haben und es war leider immer so. Ich befürchte, dass der Mensch sich nicht ändern wird. Der Leithammel ist noch immer die Galionsfigur der Staatsräson. Ein Armutszeugnis.

In diesem Sinne.

Alles Liebe und Prost Neujahr,

Pierre
//pm

Lieber Pierre,

ich spreche mit der Stimme des Volkes, wie du weißt. Es geht um das internationale Volk und die Gemeinschaft zur Teilung und Erhaltung des Lebensraumes – für uns und für unsere Nachwelt. Derzeit brodelt es an allen Ecken und du hast Recht. Die Farce im Dirndl und Lederhosen ist eine lächerliche Nummer und absolut inakzeptabel was die immense Geldverschleuderung darstellt. Wer kann das hinnehmen, dass sie sich allesamt den fetten Bauch vollschlagen und so tun, als ob nichts wäre? Es sind alles lahme Enten in der Politik und ich behaupte, sie arbeiten an den eigentlichen Zielen vorbei. Sei es, dass sie überfordert sind und keine Lösungen haben oder inkompetent agieren. Zweifellos geht die Rechnung weiterhin nicht auf und wir hören es in den täglichen Nachrichten. Ich fürchte nur, der Mensch hat sich in ein Loch hinein manövriert und bemerkt nicht einmal in seinem nahem Umfeld, was man wirklich tun müsste, um eine Besserung herbei zu führen. Ein Anfang wäre sicherlich, sich gegen die aufoktroyierten Medienmanipulationen und Überwachungsmethoden zur Wehr zu setzen. Eine andere Möglichkeit wäre, Empathie walten zu lassen – aber das schaffen die Egomanen noch nicht einmal in ihren privaten Beziehungen. Zudem ist Deutschland ein sehr intolerantes und engstirniges Land mit behäbigen Strukturen, die dringend einer Erneuerung bedürfen. Was gut ist, ist gut und gut ist es, lautet das allgemeine Motto. Warum sich den Kopf zerbrechen über internationale Dinge und was geht es mich denn an, was wir „sollten“? Die Dummheit ist durch nichts zu übertreffen und die Gleichgültigkeit hat Einzug erhalten. Anders sieht es natürlich aus, wenn jemand selbst betroffen ist und in Schwierigkeiten steckt, dann fordert man unabdingbare Zuwendung und grenzenloses Verständnis für die eigenen Sorgen. Ich versuche seit Jahren, der Verrohung, Gleichgültigkeit, Intoleranz etwas entgegenzusetzen und das Verständnis für einen globalen Blick zu schüren und das auch tun viele, viele Künstler auf der Welt. Nur… die Politiker geben jahrelang den gleichen unqualifizierten Senf von sich, der nichts bewirkt. Ich glaube, lieber Pierre, sie alle haben keine echte Lösung für diese Misere und obwohl das – im Sinne des Kommerz und der Massen-Lenkbarkeit alles gewollt war – stehen sie nun ratlos vor einem internationalen Scherbenhaufen und bespitzeln sich gegenseitig. Was kann man noch retten, wenn in allen Business-Bereichen die Korruption die Spielregeln diktiert? Sei es das Musikbusiness, sei es die Politik. Es gibt nur einen einzigen Weg: neue Strukturen, Politiker mit einem klugen, sachkundigen Blick, Menschen mit Weitblick und Ideen und immer wieder Fleiß, Mut, Engagement und vor allem ein ethisch wertiges Verhalten untereinander. Es regiert der Hass, die Gleichgültigkeit, der Neid, die Egozentrik und schon im „kleinen Leben“ tappen allesamt über die Grenzen des Benehmens, des Respekts und der Wahrheit. Prosten wir uns also alle zu und schauen wir mal in Deutschland, wie uns die Zügel aus der Hand genommen werden, weil wir unfähige Politiker wählen (was anderes wird uns ohnehin nicht vorgeschlagen) und uns nicht einmal der internationalen Welt wirklich öffnen. Zu dumm? Kein Englisch? Keine Bildung? Nun, die Besten unseres Landes verlassen das Land und viele junge Menschen gehen. Was übrig bleibt? Fickende, dumme, egoistische, geizige, intolerante Deutsche, die sich verarschen lassen, ihren Reihenhausgarten akkurat pflegen und mehr meckern und sich beschweren, anstatt konsequent und verantwortungsbewusst zu handeln. Servus, Deutschland!
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

nein, ich bin kein Fanatiker der Ordnung, dennoch habe ich das Gefühl, dass mehr oder weniger alles in dieser Welt aus den Fugen gerät. Die Staatschefs der G7 können sich in einer grünen heilen Wiese ablichten lassen, das ändert nichts daran, dass die Trümmer unserer Gesellschaft unseren Alltag beherrschen. Noch nie war die Stimmung nach dem Zweiten Weltkrieg bedrohlicher. Sei es der Islamische Staat, die Ukraine, unser guter Freund Alexis Tsipras, nur miese Nachrichten beherrschen die Berichterstattung. Kann sich etwas ändern? Ein Präsident der USA, der bald abdanken wird, gleicht einer lahmen Ente. Er kann alles unternehmen was er für richtig hält, das wird kaum etwas nützen. Den anderen Verantwortlichen mangelt es an Charisma. Sie sind brave Verwalter, keine Churchills oder de Gaulles! Alles ist voraussehbar, langweilig und erzeugt einen Eindruck der Hilflosigkeit. Kein Wunder, dass die Völker langsam resignieren. Das wird auch der Fall bei Wladimir Putin werden, wenn er die Wirtschaft seines Landes weiter schleifen lässt. Und wie uns die Geschichte gelehrt hat, kann sich eine trügerische Ruhe in einem Nu in eine Explosion verwandeln. Wie bei einem Vulkan, der ohne Vorwarnung Lava spuckt und tausende von Opfer erzeugt. Solch eine Lage rechtzeitig zu entschärfen wäre die Aufgabe der Politiker. Ich befürchte, dass sie nicht in der Lage sind es zu tun, auch wenn sie sich gegenseitig Küsschen geben und oft per du sind. Sie täuschen uns Harmonie vor, verwischen die wahren Probleme, wie zum Beispiel die üblen Machenschaften der NSA in Europa. Kann man noch von Freundschaft sprechen? Ich befürchte, nein.

Dennoch bin ich der Meinung, dass es besser ist, wenn die Verantwortlichen sich bei einem Bier oder einer Tasse Kaffee treffen, anstatt sich das Gesicht wund zu hauen. Zwar ein sehr teurer Schulausflug, aber besser das, als Konflikte zu schüren. Was wurde in Schloss Elmau erreicht? Viel heiße Luft, dennoch mit einem positiven Wink Richtung Klima-Rettung. Absichtserklärungen, die meistens nicht verwirklicht werden, aber besser das als gar nichts. Bei der Tagung in Oberbayern wurde klar, dass die Machtverhältnisse nicht mehr die gleichen sind wie während des Kalten Krieges. Die Taten von Einzelnen sind sehr viel effizienter geworden, als das Einrücken von Panzern in einem Fremdland. Sie bringen ganze Gesellschaften ins Wanken und können kaum bekämpft werden. Jeder kann sich zum Werkzeug des Bösen verwandeln und für eine Destabilisierung sorgen. Hier wären wir wieder beim Thema Unordnung. Es werden keine Kriegserklärungen benötigt, um Druck zu üben. Es geht darum, die Demokratie zu schwächen, sie zu vernichten und das mit den Mitteln der Willkür und der Intoleranz. Und siehe da, es scheint zu klappen und das stimmt mich sehr nachdenklich, liebe Petra.

Aber es ist sinnlos zu jammern. Jeder sollte sich die Frage stellen, was er gegen solch eine Seuche unternehmen kann? Mit Wirtshaus-Debatten ist es nicht getan. Unmittelbar um uns muss agiert werden. Schön gesagt, aber wie sieht die Realität aus? Viele haben sich dem Konsum unterworfen und tanzen blind um das goldene Kalb. Sie betäuben sich mit Lappalien, die ihnen einen Eindruck des Wohlbefindens vermitteln. Dass sie ihnen die Weitsicht raubt, hat Methode. Es liegt nicht im Interesse der Politik, die Wahrheit zu verkünden, denn sie würde eine miese Stimmung erzeugen. Fun in jeder Form steht im Angebot und siehe da, wir lassen uns davon einlullen. Ich bin bei weitem kein Mensch, liebe Petra, der Trübsal bläst, aber es muss endlich mit den Lügen Schluss gemacht werden, sonst werden wir kaum die Gefahren abwenden können. Und dazu ist jeder gefragt! Es geht vor allem darum, sein eigenes Leben so zu gestalten, dass niemand durch unser Handeln zu Schaden kommt, aber wir sind leider sehr weit davon entfernt. Wer die Asylpolitik in Frage stellt oder ohne zu zucken Produkte der Dritten Welt zu Dumpingpreisen kauft, macht sich zum Täter. Egoismus ist der schlimmste Virus und jeder von uns ist davon befangen – das sollte uns bewusst werden. Mit schönen Parolen ist es nicht getan, wir müssen endlich agieren. Der faire Handel wäre ein erster Schritt und auch eine Bremsung der täglichen Verschwendung. Aber da fällt uns sehr wenig ein.

In diesem Sinne.
Alles Liebe!
Pierre

//pm

Lieber Pierre,
es tut mir leid zu lesen, dass meine vorherigen und bewusst philosophischen Gedanken solch einen Schub Pessimismus auslösen. Ich belasse es heute bei dem, was ich bereits gesagt hatte, denn es ist tatsächlich eine Definitionssache und ich appelliere noch einmal daran, dass es viele Menschen gibt, die gar nicht die Wahl haben, frei zu entscheiden – geschweige denn frei zu publizieren.
Wir haben von Natur aus einen extrem ausgeprägten Verstand und sollten ihn nutzen. Und zwar in einer Form, die es ermöglicht, konstruktive Brücken zu bauen und sinnvolle Dinge zu tun. Wer sich über nichts aufregt, ist eine fatale Fehlentwicklung der Menschheit und ich erschrecke ebenfalls an der Lethargie der Gesellschaft. Speziell in unserer Überflussgesellschaft sehen wir zu viele Weggucker und viel zu viele Menschen, die glauben, es ginge sie alles nichts an, sie können es ohnehin nicht ändern. Verdruss, Resignation, Depression, Untergang. Wenn wir aufhören zu kämpfen, haben wir verloren. Wenn wir aufhören, das Gute zu sehen, haben wir aufgegeben. Was dann folgt ist das große Fressen. Wir können hin- und her-diskutieren, lieber Pierre und hoffen, dass jemand da draußen das liest. Doch wen erreichen wir? Ist es nicht lediglich eine privilegierte Schicht und Leute, die Zeit haben, einen Internetzugang und Muse, unsere Briefe zu lesen? Müsste nicht jeder Journalist aufhören, zu recherchieren und jeder Polizeibeamte seine Arbeit niederlegen? Jeder Richter seine Robe ausziehen und sagen „scheiß egal, was geht´s mich an?“ Ich weigere mich, zu resignieren und ich werde – so lange ich lebe – nicht aufhören für die Freiheit, die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu kämpfen. Hier und an jeder Stelle da draußen, wo ich direkt an der Front mit Menschen arbeite und mit jeder Zeile, die ich im Sinne des sozialen Gedankens und des Friedens veröffentliche.
Wir dürfen uns nicht wundern, denn wir haben die Dinge geschaffen, die uns autistisch erscheinen lassen. Es dient der Vereinsamung, der Ablenkung und der Kontrolle und es liegt an uns, inwieweit wir das zulassen und mitmachen. Mit aller Konsequenz und an jedem Ort, bei dem es wichtig ist, erwarte ich Mut, gegenzusteuern und den Mut, den Mund aufzumachen. WIR können es, aber in vielen Ländern geht das nicht. Warum also auf hohem Niveau um uns hauen, anstatt etwas wirklich Positives entgegenzusetzen und aktiv an den Schwachstellen zu arbeiten – und zwar jeder dort, wo es ihm möglich ist? Wir werden ohnehin nicht ewig existieren und – sobald der rote Riese uns entweder verschlingt oder verglühen/ vereisen lässt – alle miteinander untergehen. Das ist in der Evolutionsgeschichte voraussehbar, denn dort besteht nur das, was sich bewährt hat. Wir also nicht.

Eine liebe Umarmung zurück,
Petra
© Petra M. Jansen

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