An der Existenz einer „italienischen Krankheit“ gibt es keine Zweifel. Die Wirtschaft des größten südeuropäischen Landes wächst seit rund zwei Jahrzehnten unterdurchschnittlich, obgleich Italien, anders als Spanien, von der verheerenden Finanzkrise vor zehn Jahren wenig getroffen wurde und das Wirtschaft zweifellos von nachhaltig niedrigen Zinsen profitiert hat. In diesem Zeitraum war die Finanzpolitik nicht restriktiv und es kam zu weniger Neubildungen von Regierungen als in den Jahren zuvor.

Schon vor sechs Jahren bebte die Stimme von Italiens Präsident Giorgio Napolitano vor Empörung. Die Verfassung der Italienischen Republik sehe die Möglichkeit der Aufspaltung des Landes nicht vor. Basta! Das präsidiale Machtwort kam nicht von ungefähr: Während internationale Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der drittgrößten Volkswirtschaft Europas damals im Wochentakt herunterstufen, bröckelt der innere Zusammenhalt der Nation, die gerade erst ihren 150. Geburtstag feierte. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise werde Italien unweigerlich zugrunde richten, freute sich damals der Chef der separatistischen Lega Nord. Der wirtschaftsstarke Norden Italiens müsse sich endlich abspalten vom unterentwickelten Süden. Stimmen, sie könnten von heute sein. Sieht mal einmal rüber nach Spanien.

Italien schiebt einen gigantischen Schuldenberg von 2,281 Milliarden Euro (statista.com) vor sich her – mehr als doppelt so viel wie Griechenland, Portugal und Irland zusammengenommen. Wie diese Rechnung jemals beglichen werden soll, weiß niemand. Seit einem Jahrzehnt stagniert Italiens Wirtschaft.

Ausdruck der italienischen Wirtschaftsschwäche ist eine schwache Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Diese wird häufig auf einen ineffizienten Staatsapparat und ein zu hoch regulierte Wirtschaft zurückgeführt, die dringend Strukturreformen benötigt. Nach den Ökonomen Bruno Pellegrino und Luigi Zingales wurde die unbefriedigende Entwicklung der Arbeitsproduktivität in den vergangenen 20 Jahren völlig überschätzt: Denn in den Jahrzehnten zuvor, als die italienische Wirtschaft deutlich besser lief, war der Staatsapparat nicht ineffizienter und der Arbeitsmarkt nicht weniger reguliert. Man darf nicht vergessen, dass Italien in den fünfziger und sechziger Jahren wie Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt hatte und noch in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhundert wuchsen Wirtschaft und Produktivität in Italien kräftiger als im europäischen Durchschnitt. Irgend etwas muss in den vergangenen 20 Jahren hinzugekommen sein, was auf der Entwicklung der italienischen Wirtschaft lastet.

Pellegrino und Zingales haben in einer empirischen Analyse versucht, den Grund zu finden, der die italienische Wirtschaft seit 20 Jahren an der Entfaltung hindert. Und sie haben in den Daten einen Grund gefunden: In der jüngeren Vergangenheit ist die Wirtschaft in den entwickelten Nationen zunehmend von Fortschritten in der Informationstechnologie – allgemeiner ausgedrückt: von der Entfaltung der digitalen Revolution – erfasst und geprägt worden. Und in einem internationalen Vergleich zeigt die Untersuchung, dass die Nutzung dieser Technologien dort am besten funktionierte, wo die Unternehmen ihr Personal in erster Linie nach ihren Kenntnissen und Verdiensten beschäftigen. Dies ist zum Beispiel in den Vereinigten Staaten der Fall.

Und hier weist sich das nach wie vor stark verbreitete Klientelsystem in Italien als ein Hindernis. Wenn die Entscheidung, wer in einem Unternehmen beschäftigt wird, weniger von seiner Qualifikation abhängt als von der Frage, ob er der Eigentümerfamilie entstammt oder in anderen Beziehungen zu den Eigentümern oder Topmanagern steht, kann sich das gerade in jenen Branchen sehr negativ auswirken, in denen eine spezifische fachliche Qualifikation vonnöten ist. Ein Klientelsystem kann hilfreich sein, den Verkehr mit Behörden in einem wenig effizienten Staat zu erleichtern oder bei Banken Kredite auch für wirtschaftlich fragwürdige Projekte zu erhalten. Aber ein Klientelsystem ist wenig hilfreich in der Anwendung und Verbreitung anspruchsvoller, sich kontinuierlich weiterentwickelter Technologien.

„In other words, familyism and cronyism are the ultimate cause of the Italian disease“ (Pellegrino/Zingales).

Wie müssen Suchmaschinen mit möglichen Verstößen gegen das Persönlichkeitsrecht umgehen? Über diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt. Konkret ging es in dem Rechtsstreit darum, ob Google Links auf Webseiten sperren muss, auf denen die Kläger ihrer Ansicht nach beleidigt worden sind.

Dafür müsste der Suchmaschinen-Betreiber bestimmte Prüfpflichten haben. Google sei nicht gehalten, jede gefundene Seite vorab auf verletzende Inhalte zu prüfen, sagte der Vorsitzende Richter, während der mündlichen Verhandlung. „Das würde die Suchmaschine praktisch lahmlegen“. Anders könne dies sein, wenn Google auf rechtsverletzende Inhalte hingewiesen werde. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Köln, hatte hohe Anforderungen daran gestellt, wie ein solcher Hinweis aussehen muss. Die behauptete Rechtsverletzung müsse „offensichtlich erkennbar“ sein. Der Vortrag der Kläger sei zu ungenau gewesen. Dem BGH liegt die Angelegenheit nun zur Überprüfung vor. Ein Urteil wird es wohl erst in einigen Wochen geben (Az.: VI ZR 489/16).

An dem Maßstab des OLG Köln hatte selbst der Kläger-Anwalt nichts auszusetzen – sehr wohl aber an der Anwendung. Einer der Kläger sei online als „Arschkriecher“ und „Terrorist“ bezeichnet worden – ein klarer Fall einer rechtswidrigen Anprangerung. Aus Sicht des Google-Anwaltes ist seine Mandantin dagegen schon der falsche Ansprechpartner: Der Streit müsse in erster Linie zwischen den beiden Beteiligten, also dem Autor der Äußerung und dem Betroffenen, geführt werden. Der Betreiber einer Suchmaschine habe weder die Kompetenz noch die Autorität zu entscheiden, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege. Google sei das Navi, aber nicht das Ziel.

Sollte der BGH an der Sichtweise des OLG Köln festhalten, steht ein „Overblocking“ zu befürchten, also die weitreichende Sperrung von umstrittenen Äußerungen, selbst wenn die nicht rechtswidrig sind. Für ein Unternehmen ist nämlich die Sperrung von Suchtreffern die naheliegende Lösung, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Eine solche „Sperrung auf Zuruf“ kann aber nicht die Reaktion sein, die man sich wünscht.

Geprüft würden mögliche Rechtsverletzungen bei Google dennoch schon lange, sagt ein Unternehmenssprecher. Ob ein Ergebnis in den Suchtreffern entfernt werde, hänge dann vom Einzelfall ab. Sofort sperre man zum Beispiel Bilder von sexuellem Missbrauch. Denkbar sei aber auch der Fall, dass ein Politiker einen Artikel, über den er nicht glücklich ist, aus den Suchtreffern verschwinden lassen wolle. Der Graubereich dazwischen sei sehr groß.

Auch Facebook wehrte sich vor einem halben Jahr mit scharfen Worten gegen das von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz. Der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken, kritisierte das weltgrößte Online-Netzwerk in seiner Stellungnahme zum Entwurf. Zudem gebe es das Risiko, dass sich mehr Menschen radikalisierten, weil sie auf nicht regulierte Plattformen abwandern.

Der Entwurf sieht vor, dass offenkundig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden sollen. In komplizierteren Fällen bekommen die sozialen Netzwerke sieben Tage Zeit. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.

Facebook befürchtete damals, dass am Ende zur Sicherheit auch legitime Beiträge entfernt werden. Alle Online-Netzwerke würden sich „die Frage stellen, ob sie bei einem – wie praktisch häufig – nicht eindeutigen Ergebnis ihrer Prüfung zur Vermeidung von hohen Bußgeldern Beiträge eher löschen als bestehen lassen“. So könne für Nutzer „der Eindruck entstehen, dass private soziale Netzwerke legitime Beiträge auf staatlichen Druck zensieren“. Eine mögliche unbeabsichtigte Folge könne sein, dass solche Nutzer auf andere, nicht regulierte Plattformen abwandern.

Zudem beklagte Facebook unpräzise Formulierungen wie eine unscharfe Definition des Begriffs „soziales Netzwerk“. Bei der Bagatellgrenze von zwei Millionen Nutzern, ab der das Netzwerkdurchsetzungsgesetz greifen soll, bleibe unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahl bezieht und wie dabei mit Mehrfach- oder Fake-Accounts umgegangen werde. Der Entwurf sei mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar, resümierten die Facebook-Anwälte dazumal.

An beiden Verfahren erkennt man die Tendenz, die Online-Riesen mehr an den Zügel zu nehmen. Unabhängig von der technischen Durchführbarkeit der geforderten Kontrollen wird es zukünftig schwierig sein, eine klare Grenze wischen „Overblocking“ und erforderlicher Kontrolle zu ziehen.

Das BGH-Urteil im Google-Fall wird um 06. Februar 2018 erwartet. Wir werden sehen!

Laut Presse warnt ein Wikipedia-Autor vor diversen Artikeln des Online-Lexikons.

Man denke viel zu oft, auf Wikipedia stimme alles, was da stünde.

Wikipedia gehört zu den meistbesuchten Webseiten Deutschlands. 5.000 bis 6.000 Autoren pflegen mehr als 2,1 Millionen deutschsprachige Artikel, jährlich kommen etwa 130.000 hinzu. Weltweit existieren etwa 39 Millionen Artikel in rund 300 Sprachen.

Statt Information blind zu vertrauen, sollten sich Nutzer genauer ansehen, ob diese aus guten Quellen stammten. Das sei nötig, weil für die Qualitätskontrolle der Artikel Laien verantwortlich seien. Zwar müssen langjährige Schreiber die Beiträge unerfahrener Autoren überprüfen, bevor sie online gehen, das verhindere aber nur die gröbsten „Schnitzer“.

Unser Autor, „Magiers“ genannt, ist Mitglied einer achtköpfigen Jury, die am 4. November in der Katholischen Journalistenschule in München die besten deutschsprachigen Wikipedia-Artikel des Jahres kürte. Das Lexikon vermeidet, Klarnamen der Schreiber anzugeben, so der Verein Wikimedia Deutschland, welcher die Online-Enzyklopädie unterstützt, da in manchen Regionen der Welt die Autoren sonst gefährdet seien.

Am Wochenende wurden neun Artikel aus verschiedenen Bereichen geehrt. So unter anderen die Biografie des Fotopioniers Eadweard Muybridge, im Bereich Naturwissenschaften der Artikel über die Skorpiongattung Opistophthalmus und ein Artikel über Urkundenfälschung im deutschen Recht, er erhielt die Auszeichnung im Bereich der Gesellschaftswissenschaften.

Oft klänge eine Information plausibel, sei aber nicht durch eine Quelle belegt. Da komme man schnell in Versuchung, den Artikel freizuschalten, so „Magiers“. Manche Autoren erfänden sogar Belege, die nicht existierten.

„Magiers“ schreibt seit neun Jahren für Wikipedia. Obwohl Mathematiker, befasst er sich in seinen Einträgen meist mit Themen aus Kunst und Kultur. Mitstreiter findet er immer weniger: Vor zehn Jahren war eine Plattform wie Wikipedia noch cool. Heute ist der Internet-Hype abgeflacht.

„Magiers“ berichtet, der Wikipedia-Gemeinschaft fehle es mittlerweile an Willkommenskultur: Viele neue Autoren bekämen kaum Rückmeldung auf ihre Texte oder ihre Artikel würden zurückgewiesen. Man habe aber auch nicht die Kapazitäten, um jeden Einzelnen „abzuholen“, räumt „Magiers“ ein (Augsburger Allgemeine).

Zu wichtigen Themen gäbe es schon Einträge, die Hauptaufgabe der freiwilligen Autoren sei daher, existierende Stücke zu bearbeiten und zu verbessern. Dafür sei mehr Wissen nötig als für das Verfassen der Texte selbst.

Nähert sich Wikipedia seinem Ende? Hat es sich gar selbst überlebt? Neben sozialstrukturellen Herausforderungen zeigt sich auch, dass man sich auf ein sich änderndes Wissensbedürfnis sowie an neue Technologien anpassen muss. Die klassische Vorstellung, sich Wissen mittels einer Enzyklopädie anzueignen, ist unter jungen Menschen keineswegs mehr selbstverständlich. Auch die Art und Weise, wie Leute das Internet als Informationsquelle benutzen, verändert sich zusehends. Statt einen Browser zu öffnen und in einer Suchmaschine nach Informationen zu suchen, nutzen viele Menschen mittlerweile Chats, um sich über bestimmte Themen zu informieren.

Der Trend geht weg von „anonymen“ Institutionen und hin zu Influencern.

Auch ein Online-Lexikon wie Wikipedia wird sich diesem Trend nicht verschließen können.

Bei allem Geschimpfe – Wikipedia erschien Anfang 2001 auf der Bildfläche und diesem „neuen Zeug“ konnte man doch nicht trauen: die Online-Plattform ist ein Lexikon! Unser erster Denkschritt dazumal war, sich darauf einzustellen, dass Wissen nicht mehr nur in klassischen Büchern vertreten ist. Der Gedanke ist mittlerweile Alltag und fast antiquiert. Warum also kein Online-Lexikon?!

Der Gedanke, der uns bis heute begleitet, ist: Was im Lexikon steht, ist richtig. Und wenn man es „ganz“ richtig haben möchte, dann schaue man in den „Brockhaus“. Richtiger als richtig geht aber nicht, und auch der Brockhaus wurde, rechnet man seinen Vorgänger dazu, 1808 als privates Nachschlagewerk gegründet.

Hier haben Autoren die Dinge aus ihrer Sicht beschrieben und ihre Meinungen vertreten. Auch wenn sogar Bundesgerichte zuweilen auf den „Brockhaus“ zurückgreifen, so bleibt es ein privates Lexikon.

Es ist oft nicht die Richtigkeit, sondern vielmehr die Vollständigkeit, die Art, die Sachzusammenhänge richtig und vollständig darzustellen, mit was Wikipedia zu kämpfen hat. Aber – zumal im Zeitalter von Fake News – jeder moderne Mensch sollte in der Lage sein, Informationen und deren Quellen zu überprüfen.

Perfektion sei nicht der Anspruch Wikipedias. Es stellt die Themen oft aus Laiensicht dar. Mit dem Blick in die ersten Absätze eines Wikipedia-Artikels ist man erst einmal dem Grunde nach informiert.

Wichtig ist doch, dass die Gemeinschaft jedem offen steht und somit eine große Vielfalt an Themen abdeckt.

Noch nie war so viel Wissen so vielen Menschen zugänglich wie heute!

Im Schwalm-Eder-Kreis wird Jagd auf Elstern gemacht, nachdem die Vögel über Wochen hinweg eine Kuhherde attackiert haben. Es ist der erste Vorfall dieser Art in der dortigen Region. Die Kühe hatten den ganzen Sommer auf der Weide im Knüllwald verbracht und konnten sich nicht vor den Elstern schützen.

Ein weiterer Grund für den Angriff sei, dass sich der Lebensraum der Elstern verändert habe, sie weniger Nahrung in der Natur fänden und deshalb häufiger die Nähe zu Menschen und Siedlungen suchten, sagt ein Experte. Elstern sind sehr intelligente Tiere und haben keine natürlichen Feinde.

Die betroffene Kreisverwaltung hat als Maßnahme nun den Abschuss der Vögel angeordnet. Ein Vorfall dieser Art sei den Kreisveterinärämtern bisher noch nicht bekannt geworden. Auch überregional gebe es keine Hinweise auf so aggressive Elstern. Es handelt sich offenbar um ein neues Phänomen, so die Einschätzung vor Ort.

Einem Bericht der „Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen“ zufolge wurde die Kuhherde im Knüllwalder Ortsteil Schellbach wiederholt von den Rabenvögeln attackiert. Sie landeten auf Euter und Anus der Muttertiere und picken dort das rohe Fleisch heraus. Eine Kuh wurde so schwer verletzt, dass sie geschlachtet werden musste. Das Euter des Tiers war derart verwundet, dass es vor Schmerzen ihr Junges nicht mehr säugen konnte.

Wir erinnern uns: In Hitchcocks „Die Vögel“ will Tippi Hedren die beiden „Liebsvögel“ als Geburtstagsgeschenk für die bald elfjährige Schwester Cathy Mitchs abliefern. Es handelt sich hierbei um einen Streich. Von Mitchs sarkastischem Auftreten herausgefordert, beschafft Melanie alias Tippi Hedren ein Paar der gewünschten Vögel und überrascht Mitch mit einem spontanen Besuch in dessen Elternhaus in Bodega Bay. Kurz darauf wird sie von einer Möwe angegriffen und am Kopf verletzt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf. Hitchcock erforscht im Gewand eines Thrillers die Schatten- und Lichtseiten der menschlichen Existenz, er bebildert Formen des menschlichen Zusammenlebens. Es geht nicht nur vordergründig um Vögel und ihren Angriff auf die Einwohner in Bodega Bay, sondern eher um die Frage wie Menschen in einer Extremsituation miteinander zurecht kommen und ob sie es überhaupt können, sodass sich unter der Oberfäche eines – so scheint es – stinknormalen Tier-Horrorstreifens eine durchaus intelligente Deutung versteckt, die den Film nicht als reinen Unterhaltungsfilm per se abstempelt, sondern auf eine komplexe Ebene hebt.

Die Zeichen sind da, man muss nur paranoid genug sein, um sie zu lesen: 2015 wurden unabhängig voneinander Jogger in der Eifel und im Allgäu von Bussarden angefallen und am Kopf verletzt. In Bremen wurde vor einigen Jahren eine Frau nach einem Krähenangriff blutüberströmt ins Krankenhaus eingeliefert. Und auch sonst friedliebende Vögel rasten plötzlich aus: Im kalifornischen Sonoma gingen Hühner auf eine Gruppe Kinder los. Damals kursierten Bilder von blutenden, schreienden 3-6 jährigen. An der amerikanischen Ostküste, in Boston, waren es die Truthähne, die auf einmal aggressiv wurden – vielleicht in Vorahnung dessen, was ihnen kurze Zeit später an Thanksgiving blühte. Und dann waren da noch die Amok-Störche aus dem polnischen Stubienko: Ohne ersichtlichen Grund schlachteten die Störche auf einmal die Hühner des Ortes ab. Hunderte starben. Das war dann zwar eine Vogel-interne Angelegenheit; aber es waren immerhin unsere Hühner.

Es scheint, wir haben die Natur lange genug getriezt. Die Menschheit hat jahrzehntelang die Luft verpestet, das Meer überfischt, die Erde vergiftet und die Seen versalzen. Wälder wurden zerstört, Arten ausgerottet. Wer könnte es der Natur verdenken, wenn Sie sich wehrt? Waren die Kreuzberger Krähen nur die Vorhut für den Tag der Abrechnung? Schon in der Bibel heißt es schließlich, dass der vierte Reiter der Apokalypse Verderben bringen wird „durch Schwert, Hunger und Tod und durch die Tiere der Erde“.

Die Krähen am Schöneberger Ufer verlegten sich damals kurz nach den Angriffen auf eine defensive Strategie. Angriffe wurden keine mehr gemeldet. Man flog nur noch Patrouille von Baum zu Baum. Nicht weit entfernt, am S-Bahnhof Potsdamer Platz standen dazumal zwei ältere Herren, ein Schild in der Hand haltend mit der Aufschrift: „Ist das der Untergang?“, die auffällig hoffnungsvoll in Richtung Himmel starrten, als erwarteten sie dort die Antwort auf ihre Frage.

Der Vogelexperte der Brandenburger Vogelschutzwarte gab damals Entwarnung. Das Verhalten der Krähen sei zwar ungewöhnlich, aber im Frühjahr, wenn die Junge hätten, komme das schon mal vor.

Wir haben die Umgebung der Elstern in Knüllwald offensichtlich grundlegend verändert. Sie mussten einerseits weichen, suchten aber im Gegenzug unsere Nähe. Und das betrifft die Umgebung unserer Siedlungen.

Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, kreist ein Bussard am Himmel …

 

Lieber Pierre,

zuerst ein Zitat von Benjamin Franklin „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Gibt es nun die absolute Freiheit oder geht sie im Zweifelsfall zu Lasten der kollektiven Gemeinschaft? Gute Frage, an der sich Philosophen weltweit schon die Zähne ausgebissen haben. Für mich persönlich bedeutet Freiheit, dass ich die Wahl habe zwischen einem „Ja“ und „Nein“ und mir Überlegungsspielraum gewährt wird. Freiheit ist sehr individuell und jeder hat eine andere Vorstellung davon. Selbstbestimmung beginnt dort, wo wir unsere Freiheit auch wirklich verstehen und die Möglichkeiten nutzen, diese Wahl anzuwenden. Allerdings gibt es nicht nur die Freiheit des Individuums sondern auch eine Freiheit des Allgemeinwohls. Die eigene Freiheit darf der Gesellschaft keinen Schaden zufügen. Lange Diskussionen über das alles, lieber Pierre und hier dürften viele Menschen ihre Gedanken dazu beitragen. Es ist eben ein stark philosophisches Thema.

Wenn wir in der Lage sind, bei Zwangshandlungen „nein“ zu sagen und bei positiven Möglichkeiten „ja“, dann empfinden wir unsere Freiheit als wahre Freiheit. In der westlichen Welt sind Freiheiten im Grundgesetz verankert. Dazu gehören u.a. Redefreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Bewegungsfreiheit  etc. und selbstverständlich für uns hier die Möglichkeit, frei in ferne Länder zu reisen, auszuwählen, was wir beruflich machen möchten, entscheiden zu können, was wir essen und mit wem oder wie wir unsere Freizeit verbringen möchten. Endlos wären nun die Definitionen, wo beginnt das Ganze und wo endet es, aber eines ist klar: Die Freiheit, die wir uns selbst nehmen, müssen wir auch jedem anderen einräumen sonst wäre es ungerecht mit fatalen Folgen.

Ich spreche heute nicht über die einzelne „Unfreiheit“ unseres Lebens und doch stimmt es – es ist uns tatsächlich nicht möglich, ohne größeren finanziellen Aufwand, einfach wegzusterben. Wer nichts hat, wird auch nicht ordentlich fein begraben und so ist es mit dem gesamten Leben. Hast du eine schlechte Ausbildung, wird es nichts mit dem Luxusleben oder andersrum: Sehr reiche Menschen haben so viel Luxus erreicht und alle Freiheiten, sich mit schönen Dingen zu umgeben, denn sie können sich wirklich alles leisten. Aber sind sie tatsächlich freier? Bestimmt nicht. Schau dir Donald Trump an. Die Freiheitsstatue – ein Geschenk der Franzosen – stand für die Attribute „frei“ und „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Passt irgendwie nicht mehr ganz zu „America First“ mit einem geistig beschränkten Egomanen als Präsidenten, der weder Umweltschutz noch Menschenrechte achtet.

Lieber Pierre, die Jugend schaut sehr offen in die Zukunft und ich konnte bei den vielen Studenten der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt nur ganz wenige „Dunkelseher“ entdecken. Für sie bedeutet das Leben Aufbruch, Austausch der Kulturen, freies Reisen als Backpacker, Plausch im Schrebergarten mit Jedermann und ein reger, internationaler Austausch (über die Universitäten). Währenddessen glauben die hirnamputierten Nazi-Anhänger an ein „Heil-Deutschland“, was uns an den Rand der globalen Abschottung und des Untergangs bringen würde.

Ich nehme mir die Freiheit einfach mal DANKE zu sagen für die vielen schönen Momente meines Lebens und die wunderbaren Erfahrungen mit Menschen aller Nationen. Das Leben ist herrlich und man sollte nicht so dogmatisch mit allem umgehen, was uns die – hier in Deutschland eher negativ angehauchten – Medien berichten. Gehen wir raus, dann erleben wir durchaus eine freundliche und zuvorkommende Welt mit vielen Menschen, die sehr glücklich sind. Nicht alles, was uns ständig in den Medien „vorgesetzt“ wird, ist richtig. Der Deutsche generell neigt zum Gartenzaun-Denken, zur Vorsichtshaltung, unflexiblem Sicherheitsdenken und bloß keine spontanen Quatsch-Ideen mit Risiko. Schade, denn genau darin liegt die Freiheit… diese rasante und spannende Fahrt mitzumachen, das Positive darin zu erkennen und individuell zu nutzen. Interessant ist auch, dass eben genau diejenigen, die in Freiheit leben und sein dürfen, am meisten zu meckern haben. Wir müssen dringend über den Tellerrand blicken und uns tatsächlich ein realistisches Bild von der „Freiheit“ in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten, in anderen Kulturen machen, die – gemessen an unseren westlichen Maßstäben – deutlich mehr zu kritisieren haben. Freiheit bedeutet noch lange nicht, dass wir auch alle gleich frei sind. Das wäre dann der „Human Dream.“ J

 

Einen herzlichen Gruß,

Petra

 

© Petra M. Jansen

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„Hexenjagd“ oder „Hochverrat“: Beide Worte beginnen mit einem „H“.

Hinter den Verflechtungen mit Russland könnte Hochverrat stecken – oder eine Hexenjagd gegen die US-Regierung. Die Anklage von Sonderermittler Robert Mueller – Ex-Chef der Bundespolizei FBI – sollte danach bewertet werden, was sie über den US-Präsidenten zutage fördert.

Russland und Donald Trump – bisher ist das vor allem viel Rauch und wenig Feuer. Bekannt ist, dass enge Mitarbeiter und Familienangehörige des heutigen Präsidenten zweifelhafte Kontakte mit Personen hatten, die auf die eine oder andere Weise mit dem Kreml oder einer anderen russischen Machtinstitution verbandelt waren. Unbekannt ist allerdings, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Arbeitete Trump tatsächlich wissentlich mit Moskau zusammen, um die Demokratin Hillary Clinton zu besiegen? Man kann das glauben, wenn man mag. Aber man kann es nicht wissen. Einen Beweis gibt es bislang jedenfalls nicht.

Nach einem Beweis zu suchen, sofern er denn existiert, ist die Aufgabe von Robert Mueller. Der Sonderermittler soll genau diese eine Frage klären – arbeitete Trump mit Moskau zusammen? Ist die Antwort Ja, wäre das Hochverrat. Ist die Antwort Nein, dann hätte Trump recht: Das ganze Gerede über Kollusion käme einer Hexenjagd gegen ihn gleich.

Das ist der Maßstab, den man anlegen sollte, wenn in den kommenden Tagen bekannt wird, gegen wen und aus welchem Grund Mueller Anklage erhebt. Ob irgendein Trump-Untergebener bei der Vernehmung gelogen oder seine Nebeneinkünfte nicht ordentlich deklariert hat, ist zweitrangig. Entscheidend ist, was Donald Trump getan hat – und ob er Präsident ist, weil Moskau nachgeholfen hat.

Eine Jury von Geschworenen hatte grünes Licht für mehrere Anklagen gegeben, die von Sonderermittler Mueller in der Russland-Affäre vorbereitet wurden. Das Wochenende über spekulierten Politiker und Journalisten, wen aus Trumps Team es treffen könnte. Anonyme Quellen, die mit der Untersuchung vertraut sein sollen, sprachen immerhin von einer oder mehreren möglichen Festnahmen, die schon am Montag erfolgen könnten. Mueller ermittelt seit Mai diesen Jahres zu möglichen Verbindungen von Donald Trumps Wahlkampfteam nach Russland.

Trump twitterte mehrfach, es handele sich um eine „Hexenjagd“ gegen ihn. Die Zusammenarbeit seines Teams mit Russland sei eine reine Erfindung. Die Demokraten nutzen diese schreckliche Hexenjagd, welche auch dem Land schade, für schlechte Politik. Darauf folgte eine Schimpftirade gegen die Demokraten.

Statt sich auf die Ermittlungen zu konzentrieren, mit denen sein Justizministerium Mueller beauftragt hat, solle man lieber Hillary Clinton und die Demokraten zur Verantwortung ziehen, so Trump. „Tut endlich etwas!“ forderte der Präsident. Konkret bezieht er sich zum Beispiel darauf, dass die Demokraten Geldgeber der Firma sein sollen, die das „Steele-Dossier“ über Trumps angebliche Russland-Kontakte und seine vermeintlichen Aufenthalte in Moskauer Hotels in Auftrag gab. Trump versucht so, die öffentliche Aufmerksamkeit zumindest teilweise von der Tatsache abzulenken, dass Robert Mueller genug belastendes Material für Anklagen zusammen getragen hat. Dass Russen versucht haben, den amerikanischen Wahlausgang zu beeinflussen, gilt inzwischen als erwiesen – wie viel Schaden sie tatsächlich anrichteten und ob es eine Verbindung zur Trump-Kampagne gab, ist aber bislang unklar.

Dass Anklage erhoben wird, bedeutet, dass es ein gerichtliches Verfahren gegen eine oder mehrere Personen geben kann. Noch sind die Anklageschriften versiegelt – nicht ungewöhnlich in einem solchen Verfahren. Für die Ermittlungen von Robert Mueller ist es ein bedeutender Schritt nach vorn. Der Kreis der Personen, auf den sich sein Team in den vergangenen Monaten konzentriert hat, ist bislang recht klein: Es geht vor allem um die Kontakte nach Russland, die Kampagnenmanager Paul Manafort, Trump-Schwiegersohn Jared Kushner, Donald Trump Jr. und der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn im Wahlkampf und danach hatten. Das muss jedoch nicht heißen, dass die Anklage zwingend gegen einen von ihnen erhoben wird – es könnte auch unbekannte Mitarbeiter treffen.

Wie groß der politische Schaden für Donald Trump und seine Regierung sein wird, hängt davon ab, wer angeklagt wird und wie schwerwiegend die Vorwürfe sind.

Erste Anklagen und Festnahmen werden der Untersuchung von Robert Mueller mehr Legitimität verleihen – sie dann noch als „Hexenjagd“ abzutun, wird äußerst schwierig.

 

Die Türkei und Russland auf Kuschelkurs? Gibt man sich den Bruderkuss? Für Deutschland hat das einschneidende Auswirkungen. Das angespannte Verhältnis zwischen beiden Staaten verzögert und blockiert auch geplante Rüstungsgeschäfte. Die Regierungen würden derzeit keine Entscheidungen bezüglich gemeinsamer Projekte treffen, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. Dabei gehe es unter anderem um die Produktion von Kampfjetmunition in der Türkei oder die Nachrüstung türkischer Leopard-Panzer gegen Raketenbeschuss der Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS).

Der politische Spielraum für Exportgenehmigungen ist auf deutscher Seite derzeit sehr gering. Wenn das Verhältnis zur Türkei sich nicht verbessere, werde es schwierig, eine Genehmigung von Deutschland zu bekommen. Nach Pappergers Einschätzung müssten die deutsche und die türkische Regierung dafür erst wieder näher zusammenkommen.

Dies gelte vor allem im Hinblick auf das Großprojekt der türkischen Regierung für den Bau von rund 1.000 Kampfpanzern des Typs Altay – mit einem geschätzten Auftragswert von sieben Milliarden Euro. Für die erste Tranche von etwa 100 bis 200 Panzern bietet der türkische Konzern BMC mit – der Omnibus- und Lastwagenbauer ist über ein Joint Venture mit Rheinmetall verbunden.

Sollte BMC Anfang 2018 den Auftrag erhalten, könnte sich Rheinmetall über das Gemeinschaftsunternehmen RBSS an der Entwicklung der türkischen Panzer beteiligen. Allerdings dürften ohne Exportgenehmigung der deutschen Regierung keine Teile deutscher Entwicklung, Baupläne oder technisches Know-How aus Deutschland verwendet werden. Der Deal fällt unter das Kriegswaffenkontrollgesetz und ist somit zustimmungspflichtig.

Eine andere Möglichkeit wäre eine Neuentwicklung in der Türkei. Dort neu zu entwickeln ist rechtlich möglich, aber hochkomplex. Eine schnelle Lieferung der Panzer ist damit unrealistisch. Eine eigene Panzerfabrik in der Türkei ist derzeit nicht geplant. Abgesehen von der Notwendigkeit der deutschen Exportgenehmigung würde das die türkische Seite aller Wahrscheinlichkeit nicht genehmigen. Um heimische Arbeitsplätze zu sichern, werden die Türkei nur Gemeinschaftsunternehmen akzeptieren.

Die Projekte von Rheinmetall in der Türkei haben aufgrund der dortigen Menschenrechtssituation bereits mehrfach für Proteste gesorgt. Trotz der Kritik und der Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei bleibe Rheinmetall im Gespräch mit der türkischen Seite, so Papperger. Schließlich sei die Türkei weiter NATO-Partner und Schutzschild des Bündnisses im Osten.

Auch bei der Modernisierung ihres Luftverteidigungssystems hatte die Türkei die Wahl zwischen dem fortschrittlichen russischen S-400-System und teurer in den USA hergestellte Alternativen. Die Türkei hat sich für Russland entschieden, und die NATO war „not amused“.

Während die NATO sich anfänglich nur darüber beschwerte, dass S-400 mit ihren eigenen Systemen unvereinbar sei, erzählte der NATO-General Pavel den Reportern in dieser Woche, dass die Türkei wahrscheinlich von der Allianz bestraft werde, weil sie nicht amerikanisch gekauft habe.

Russlands S-400 wurden als fortschrittliche und kostengünstige Alternative zu amerikanischen Flugabwehrsystemen gelobt. Die USA sind es gewohnt, auf diesem Markt ein virtuelles Monopol zu haben, indem sie dafür sorgen, dass niemand von den Russen kauft, ohne dafür öffentlich kritisiert zu werden.

Von russischer Seite sollen im Fall S-400 die wichtigsten Geheimnisse dieses Systems geschützt werden. Wie S-400 funktioniere – davon würden die Türken keine Kenntnis bekommen, so die Tageszeitung „Gazeta“. Weniger relevante S-400-Geheimnisse würden jedoch in die Hände der NATO gelangen.

Das heißt, zusammen mit den S-400 wird die Türkei von Russland keine Kontrollcodes bekommen. Nach Erkenntnissen von „Gazeta“ hat Moskau ein entsprechendes Begehren aus Ankara abgelehnt. Zudem werden die Türken die von ihnen seit Langem begehrten russischen Luftabwehr-Raketensysteme nicht selbständig warten dürfen.

Und damit ist die Türkei militärisch in russischer Hand.

Einer der wichtigsten Gründe für den NATO-Beitritt der Türkei war die Kontrolle über den Bosporus, eine der weltweit wichtigsten Wasserstraßen, welche den maritimen Zugang zum Mittelmeer und damit zum internationalen Seehandel sichert. Im Kalten Krieg sollte verhindert werden, dass russische Kriegsschiffe, von der NATO unkontrolliert, in das Mittelmeer einlaufen. Putin dürfte sich diesen Zugang jetzt gesichert haben – sehr zum Ärger der westlichen Militärs.

 

 

Das lateinische Wort „pestis“ wird schlicht mit „Seuche“ übersetzt.

Bislang starben über 100 Menschen in Madagaskar am Ausbruch der Beulenpest auf der afrikanischen Insel. Und sie breitet sich immer weiter aus. Inzwischen warnen die Gesundheitsbehörden des Landes davor, dass nicht mehr nur die ländlichen Gebiete davon betroffen sind, sondern infolge der Flucht vieler Menschen aus diesen Regionen in die Städte auch dort immer mehr Erkrankungsfälle vermeldet werden. Im Klartext: im ganzen Land gilt nun eine Sicherheitswarnung.

Der „Schwarze Tod“, der schon im Mittelalter für das Hinwegraffen von mindestens 50 Millionen Menschen verantwortlich gemacht wird, hat die frühere französische Kolonie fest im Griff. Waren es früher jährlich „nur“ zwischen 300 und 600 Fälle, so sind es in diesem Jahr bereits mehr als 900 – und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Vielmehr erwartet man, dass gerade infolge der Ausbreitung in den Städten des Landes eine deutlich umfangreichere Epidemie kommen wird.

Zwar kann die Krankheit mittels Antibiotika bekämpft werden, doch die medizinische Versorgung in dem armen Land ist nicht ausreichend genug, um für eine Eindämmung der Pest zu sorgen. Zudem können Antibiotika-Resistenzen dafür sorgen, dass diese Medikamente irgendwann nicht mehr anschlagen. Auf Madagaskar könnten binnen kürzester Zeit noch tausende Menschen erkranken und hunderte von ihnen sterben.

Woher die Pest kam, wussten die Menschen des Mittelalters noch nicht, aber die ersten Theorien waren bald gefunden: Wahlweise schlechte Winde, eine ungünstige Konstellation von Mars, Jupiter und Saturn oder verseuchtes Wasser machten die Menschen vielerorts für diese neue unheimliche Krankheit verantwortlich.

Die Verantwortlichen für das verseuchte Wasser waren schnell gefunden: Die Juden wurden als Brunnenvergifter beschuldigt und daraufhin in ganz Europa verfolgt, vertrieben oder ermordet. Skeptiker bemerkten zwar, dass auch die Juden an der Pest erkrankten und starben, konnten aber nicht viel bewirken: Ganze jüdische Viertel wurden abgebrannt und ihre Bewohner ermordet – in Köln beispielsweise waren es Schätzungen zufolge mindestens 800 Opfer.

Schon lange vor dem 14. Jahrhundert hatte es Pestepidemien gegeben. In Konstantinopel, im heutigen Istanbul, war die Krankheit immer wieder ausgebrochen – bis sie für mehrere hundert Jahre verschwand. Um das Jahr 1347 kam der „Schwarze Tod“ dann nach Mitteleuropa – vermutlich auf Schiffen aus dem Vorderen Orient.

Die Hafenstadt Caffa auf der Krim-Halbinsel, das heutige Feodosija in der Ukraine, war damals eine der wichtigsten Handelskolonien Genuas. Von dort breitete sich die Pest über die Handelswege in Europa aus.

Viele Menschen flüchteten in Panik aus den betroffenen Städten, wodurch sich die Seuche umso schneller verbreitete. Schätzungsweise ein Drittel der europäischen Bevölkerung starb zwischen 1347 und 1352/3 an der Pest. Wirklich zuverlässige Opferzahlen gibt es nicht, die Schätzungen schwanken zwischen 20 und 50 Millionen Toten.

Erst 1894 wurde der Pesterreger vom Schweizer Arzt Alexandre Yersin entdeckt. Heute weiß man, dass es sich bei der Pest um eine bakterielle Infektionskrankheit handelt, die im Mittelalter vor allem durch Ratten und andere Nagetiere auf Flöhe und Menschen übertragen wurde.

Die Ratten trugen das verantwortliche Bakterium in sich und wurden von den Flöhen gestochen. Starben die Ratten, befielen die Flöhe auch den Menschen und infizierten ihn. Da die hygienischen Zustände im Mittelalter schlecht und sowohl Flöhe als auch Ratten alltäglich waren, konnte sich die Krankheit gut ausbreiten.

Droht uns eine Pandemie? Das ist nicht unwahrscheinlich. Einerseits trägt der starke Reiseverkehr dazu bei. Andererseits geht eine große Gefahr von Erregern in Nutztieren aus. Durch zunehmenden Fleischhunger und intensivierte Massentierhaltung nimmt auch das Risiko von Erregern zu, die von Tieren übertragen werden.

Was kann uns helfen? Ein intaktes Immunsystem, eine sorgfältige Hygiene und Zugang zu entsprechenden Medikamenten. Ansonsten können wir auch die oben genannten Risikofaktoren wie verstärkten Reiseverkehr oder Fleischkonsum aus Massentierhaltung eingrenzen.

Ein Ausbruch der Pest in Deutschland ist extrem unwahrscheinlich. Theoretisch könnten mit dem Bakterium Yersinia pestis infizierte Ratten und Flöhe etwa auf Frachtschiffen zu uns gelangen. Doch selbst für den kaum zu erwartenden Fall, dass es dadurch zu einzelnen Beulenpest-Fällen oder Lungenpest-Erkrankungen käme, wäre die Gefahr gering. Mit unserem funktionierenden Gesundheitssystem und Krankenhäusern wäre ein Pest-Ausbruch schnell unter Kontrolle.

Die letzte bekannte Pest-Erkrankung in Europa habe es gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im süditalienischen Neapel gegeben.