In einem Staat gibt es Regeln – die Gesetze. Die wichtigsten davon werden in der Verfassung verankert. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist das Grundgesetz. Es wurde vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten gewählt worden waren, am 8. Mai 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt.

70 Jahre ist das her. Wenige Verfassungen in der Welt sind älter. Ist es noch immer auf der Höhe der Zeit? Nicht weniger als 62 Änderungsgesetze in 69 Jahren sollten dafür sprechen. Nur 70 Artikel haben noch den Wortlaut von 1949. Man kann auch davon ausgehen, dass dem Grundgesetz im Jubiläumsjahr 2019 wieder bescheinigt wird, es habe sich „bewährt“. Dafür gibt es in der Tat gute Gründe. Die Entwicklung der Bundesrepublik ist insgesamt glücklich verlaufen. Inwieweit dies dem Grundgesetz gutgeschrieben werden kann, lässt sich schwer ermitteln. Fest steht jedoch, dass es zur unbestrittenen Konsensbasis der politischen Konkurrenten und gesellschaftlichen Kräfte geworden ist – anders als die Weimarer Verfassung, die in der Nationalversammlung mit hoher Mehrheit angenommen, aber schnell zum Streitobjekt einer zerrissenen Gesellschaft geworden war.

Letztere würde übrigens 2019 100 Jahre alt …

Das Grundgesetz sollte 1949 keinen neuen deutschen Nationalstaat begründen, sondern zunächst nur aus den drei westlichen Besatzungszonen ein einheitliches Staatsgebiet machen, also nur einen westdeutschen Staat begründen. Der Begriff „Verfassung“ wurde bewusst vermieden. Denn das Grundgesetz war in der Form, in der es 1949 verabschiedet wurde, als Provisorium gedacht. Deutschland war damals ein geteiltes Land und sollte es bis zum 3. Oktober 1990 auch bleiben. Mit dem Vollzug der staatlichen Einheit Deutschlands an jenem Tag ist das Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung geworden.

Am 23. August 1948 stand der Entwurf, der die Menschenwürde garantierte und Prinzipien wie Demokratie, Rechts- und Sozialstaat festlegte.

Da ist nicht nur der erste Teil mit den Grundrechten, der unter dem Eindruck der gerade überwundenen NS-Diktatur entstand. Die 95 Druckseiten schrieben im organisatorischen Teil etwa den Föderalismus fest, regelten die Staatsorganisation und etablierten ein konstruktives Misstrauensvotum, um politisch instabile Verhältnisse, wie in der Weimarer Republik künftig zu unterbinden. Ein starkes Bundesverfassungsgericht wurde ebenfalls geschaffen.

Wie sieht es für die Zukunft aus? Gibt es Sanierungsbedarf? Vorstellbar ist eine Bestimmung über den Datenschutz oder auch eine Pflicht des Staates, für eine digitale Grundversorgung im ganzen Land, also auch in ländlichen Gebieten, zu sorgen. Nachdenken kann man auch über ein Staatsziel Nachhaltigkeit (Joachim Wieland, Speyrer Staatsrechtler, handelsblatt.com 23.08.2018). Und Migration sei bislang, abgesehen vom Asylrecht, überhaupt kein Verfassungsthema.

Zu erörtern wäre auch, das Gesetzgebungsverfahren um Elemente direkter Demokratie zu ergänzen. „Es gehört zu den Selbsttäuschungen großer Teile der Nachkriegseliten, dass die rein repräsentative Demokratie den sichersten Schutz vor Entwicklungen zum Totalitären bietet“ (Gertrude Lübbe-Wolff, ehemalige Bundesverfassungsrichterin).

Kurz vor dem 70. Geburtstag des Grundgesetzes ist die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland laut einer Umfrage mit der deutschen Verfassung zufrieden. 88 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass sich das Grundgesetz in den vergangenen Jahren „sehr gut“ oder „gut“ bewährt habe. Das geht aus einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap unter Wahlberechtigten hervor (zeit.de).

Begleitet wird der Geburtstag von allerhand Festakten und Ausstellungen.

Unter anderem stellte das Landgericht Bonn bis zum fünften Februar die Ausstellung „70 Jahre Grundgesetz – 144 künstlerische Positionen“ aus. Ob gemalt, fotografiert oder als bunte Collage – mehr als 100 Künstlerinnen und Künstler hatten kreativ das Grundgesetz dargestellt. Die Stadt Bonn plant zudem, den 70. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes mit einem Bürgerfest zu begehen.

Es gehört zum Erfolg unserer Republik, dass sie Polemiken jeglicher Art im Laufe der Zeit verwelken ließ. Und zwar keineswegs nur wegen des ökonomischen Erfolgs („Wirtschaftswunder“), sondern auch gerade wegen des politischen, institutionellen, gesellschaftlichen Erfolgs.

Danken wir unserer Verfassung, dem Grundgesetz. Happy Birthday!

Wohnungsnot! Die Debatte war am Wochenende erneut aufgekommen, nachdem Grünen-Chef Robert Habeck erklärt hatte, er halte Enteignungen prinzipiell für denkbar. Wenn etwa Eigentümer brachliegender Grundstücke weder bauen, noch an die Stadt verkaufen wollten, müsse notfalls die Enteignung folgen (WELT am Sonntag). Vergangenen Samstag hatten Zehntausende wegen stark steigender Mieten in vielen deutschen Städten (unter anderem Berlin, Hamburg, München) protestiert.

Was bedeutet Enteignung?

Enteignung ist der vollständige oder teilweise Entzug des Eigentums durch den Staat. Artikel 14 des Grundgesetzes schützt das Eigentum zwar ausdrücklich, lässt einen Entzug aber unter strengen Voraussetzungen zu: Der Staat darf ihn nur zum Wohle der Allgemeinheit vornehmen. Darunter sind besonders schwerwiegende öffentliche Interessen zu verstehen, die dem Gemeinwohl dienen. Darunter fallen unter anderem der Straßenausbau oder der Bau von Versorgungsleitungen.

Eine Enteignung darf nur durch ein Gesetz oder durch einen Verwaltungsakt, der wiederum auf der Grundlage eines Gesetzes beruht, erfolgen. Jede Enteignung begründet einen angemessenen Entschädigungsanspruch, zumeist in Geld. Art und Ausmaß der Entschädigung müssen bereits im zugrundeliegenden Gesetz geregelt sein, ansonsten ist die Enteignung verfassungswidrig. Bei der Bestimmung der Entschädigung sind die Interessen der Betroffenen und der Allgemeinheit gerecht gegeneinander abzuwägen.

Eine weitere Entziehungsmöglichkeit sieht Artikel 15 des Grundgesetzes vor: Demnach können auch Grund und Boden zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Auch in diesem Fall greift die Entschädigungsregelung. Folge dieser sog. „Sozialisierung“ ist, dass die Güter nicht mehr dem privaten Gewinnstreben dienen. Stattdessen soll die Nutzung unmittelbar der Allgemeinheit zugutekommen.

Was ist von der Forderung nach Enteignungen der Immobilienkonzerne zu halten? Wenig!

Populistische Ideen haben in der Politik seit einigen Jahren Hochkonjunktur, und zwar international wie national. Ein Beleg dafür ist die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, ein anderer sind die Erfolge der AfD in Deutschland. Die Kampagne zur Enteignung von Immobilienkonzernen zwecks Lösung der Wohnungsnot passt genau in diesen Kontext: Eine scheinbar simple Lösung für ein höchst komplexes Problem, das ist Populismus pur.

Weiterhin wären solche Maßnahmen ökonomischer Nonsens. Wohl der wichtigste Grund zur Ablehnung der fraglichen Enteignungen: Sie würden das Problem überhaupt nicht lösen. Nicht genug damit, dass, wie bereits vielfach von Kritikern vorgebracht, dadurch nicht eine einzige zusätzliche Wohnung entstünde. Vielmehr ist auch höchst fraglich, ob die öffentliche Hand als neuer Vermieter die entsprechenden Wohnräume günstiger zur Verfügung stellen würde. Berlin beispielsweise ist noch immer hochverschuldet und hätte vermutlich schon Schwierigkeiten, die milliardenschwere Entschädigung zu stemmen, die im Falle der Übernahme der Wohnungsbestände an die Konzerne fällig würde (manager-magazin.de).

Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, ob eine Enteignung, wie sie hier beim Thema Wohnungsnot diskutiert wird, juristisch überhaupt zulässig wäre. Eine abschließende Klärung ist hier auf die Schnelle nicht möglich. Aber Folgendes:

In Berlin beispielsweise sieht die Mieterinitiative vor, Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3.000 Einheiten zu enteignen. Zwar gibt es den entsprechenden Passus, der als Grundlage dafür von Befürwortern zitiert wird, im Grundgesetz durchaus. In der gleichen Verfassung ist jedoch auch das Gleichheitsgebot festgeschrieben. Und weshalb ein Eigentümer von 2.999 Wohnungen einem Eigentümer von 3.000 Wohnungen in diesem Zusammenhang vorgezogen werden soll, erschließt sich nicht wirklich.

Fazit: Etwa ein Dutzend Unternehmungen wären allein in Berlin mit rund 240.000 Wohnungen betroffen – rund 15 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes. Nach einer Schätzung des Senats würde – wie oben bereits ausgeführt – eine Vergesellschaftung mit Entschädigung das ohnehin hoch verschuldete Berlin zwischen 28,8 und 36 Milliarden Euro kosten (wiwo.de).

Die Initiatoren des Volksbegehrens setzen weit niedrigere Summen an.

Nicht zuletzt ein teurer Deal, den die mit als Steuerzahler zahlen würden, für die die Wohnungen angeblich „günstig“ bereitgestellt werden sollen.

IS-Kämpfer sollen künftig ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren.

Artikel 16 Absatz 1 Grundgesetz lautet: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird“.

Die Neuregelung soll so wirken, als ginge es nur um die Schließung einer Lücke. Schon bisher können Doppelstaatler die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie ohne Genehmigung in fremde Streitkräfte eintreten.

Für Kämpfer in Milizen wie dem IS gilt diese Regelung nach gängiger Rechtsauffassung nicht, weil die Dschihadistenmiliz trotz ihres Namens keine „Staatsqualität“ hat. Deshalb die Ergänzung um Kampfhandlungen für eine Terrormiliz. Ist doch fast das Gleiche, sollte man denken. Heißt IS nicht gar „Islamischer Staat“?

Das nicht ganz ähnlich. Die bisherige Regelung greift nämlich nur, wenn zum Beispiel ein Deutschnordkoreaner ohne Genehmigung Teil der nordkoreanischen Armee wird. Dann liegt in dieser Hinwendung zum zweiten Heimatland eine Abwendung von Deutschland, so die bisherige Gesetzeslage.

Wieder eine andere Grundlage hat die einzige gegenwärtig in der Bundesrepublik zulässige Art der Aberkennung der verliehenen Staatsbürgerschaft. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2006 kann der deutsche Pass entzogen werden, wenn er „erschlichen“ wurde. Wer getäuscht hat, also etwa die Einbürgerung unter einer falschen Identität beantragt hat, kann sogar in die Staatenlosigkeit entlassen werden.

Im Falle des IS würde die Ausbürgerung zu einer regelmäßigen Sanktion gegen Straftäter. Mit der nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts zulässigen Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft wegen Täuschung hat das nichts zu tun. Außerdem riecht der Vorschlag nach Sippenhaft. Denn die angebliche oder tatsächliche „Zugehörigkeit zu kriminellen Clans“ an sich ist in Deutschland nicht strafbar.

Zusätzlich entstünde eine Art Staatsbürgerschaft auf Bewährung und damit zwangsläufig zwei Klassen von Deutschen: jene mit Migrationshintergrund, denen der Pass entzogen wird, wenn sie straffällig werden, und jene, bei denen das nicht möglich ist. Durch die Hintertür käme also eine ethnische Definition hinein.

Die Bundesregierung hat im März eine Einigung erzielt, wie sie künftig mit deutschen IS-Kämpfern umgehen wird (abendblatt.de 04.03.2019). Demnach soll es künftig möglich sein, den Dschihadisten des sogenannten „Islamischen Staates“ den Pass zu entziehen.

Diese drei Kriterien müssen erfüllt sein, um Mitglieder des IS auszubürgern:

1. Die Kämpfer müssen eine zweite Nationalität besitzen.

  1. Sie müssen volljährig sein.

  2. Es sollen nur diejenigen ausgebürgert werden, die sich künftig an Kämpfen beteiligen wollen.

Das neue Gesetz wird nicht rückwirkend geltend. Das heißt, für mutmaßliche IS-Angehörige, die jetzt schon in Syrien oder im Irak in Gefangenschaft sind, ändert sich nichts (badische-zeitung.de). Nach Informationen der Bundesregierung befanden sich Ende März 104 Erwachsene, die aus Deutschland ausgereist waren, im IS-Gebiet in Gefangenschaft. 66 von ihnen wurden demnach in Syrien festgehalten. Von den 104 mutmaßlichen IS-Anhängern sind laut Innenministerium 74 deutsche Staatsangehörige – darunter 25 Doppelstaatler. Von der Änderung betroffen sein könnten Terrorkämpfer, die sich jetzt schon im Ausland aufhalten und nach Inkrafttreten des Gesetzes noch an Kampfhandlungen teilnehmen.

IS-Kämpfer sollen künftig ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren.

Artikel 16 Absatz 1 Grundgesetz lautet: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird“.

Die Neuregelung soll so wirken, als ginge es nur um die Schließung einer Lücke. Schon bisher können Doppelstaatler die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie ohne Genehmigung in fremde Streitkräfte eintreten.

Für Kämpfer in Milizen wie dem IS gilt diese Regelung nach gängiger Rechtsauffassung nicht, weil die Dschihadistenmiliz trotz ihres Namens keine „Staatsqualität“ hat. Deshalb die Ergänzung um Kampfhandlungen für eine Terrormiliz. Ist doch fast das Gleiche, sollte man denken. Heißt IS nicht gar „Islamischer Staat“?

Das nicht ganz ähnlich. Die bisherige Regelung greift nämlich nur, wenn zum Beispiel ein Deutschnordkoreaner ohne Genehmigung Teil der nordkoreanischen Armee wird. Dann liegt in dieser Hinwendung zum zweiten Heimatland eine Abwendung von Deutschland, so die bisherige Gesetzeslage.

Wieder eine andere Grundlage hat die einzige gegenwärtig in der Bundesrepublik zulässige Art der Aberkennung der verliehenen Staatsbürgerschaft. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2006 kann der deutsche Pass entzogen werden, wenn er „erschlichen“ wurde. Wer getäuscht hat, also etwa die Einbürgerung unter einer falschen Identität beantragt hat, kann sogar in die Staatenlosigkeit entlassen werden.

Im Falle des IS würde die Ausbürgerung zu einer regelmäßigen Sanktion gegen Straftäter. Mit der nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts zulässigen Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft wegen Täuschung hat das nichts zu tun. Außerdem riecht der Vorschlag nach Sippenhaft. Denn die angebliche oder tatsächliche „Zugehörigkeit zu kriminellen Clans“ an sich ist in Deutschland nicht strafbar.

Zusätzlich entstünde eine Art Staatsbürgerschaft auf Bewährung und damit zwangsläufig zwei Klassen von Deutschen: jene mit Migrationshintergrund, denen der Pass entzogen wird, wenn sie straffällig werden, und jene, bei denen das nicht möglich ist. Durch die Hintertür käme also eine ethnische Definition hinein.

Die Bundesregierung hat im März eine Einigung erzielt, wie sie künftig mit deutschen IS-Kämpfern umgehen wird (abendblatt.de 04.03.2019). Demnach soll es künftig möglich sein, den Dschihadisten des sogenannten „Islamischen Staates“ den Pass zu entziehen.

Diese drei Kriterien müssen erfüllt sein, um Mitglieder des IS auszubürgern:

1. Die Kämpfer müssen eine zweite Nationalität besitzen.

  1. Sie müssen volljährig sein.

  2. Es sollen nur diejenigen ausgebürgert werden, die sich künftig an Kämpfen beteiligen wollen.

Das neue Gesetz wird nicht rückwirkend geltend. Das heißt, für mutmaßliche IS-Angehörige, die jetzt schon in Syrien oder im Irak in Gefangenschaft sind, ändert sich nichts (badische-zeitung.de). Nach Informationen der Bundesregierung befanden sich Ende März 104 Erwachsene, die aus Deutschland ausgereist waren, im IS-Gebiet in Gefangenschaft. 66 von ihnen wurden demnach in Syrien festgehalten. Von den 104 mutmaßlichen IS-Anhängern sind laut Innenministerium 74 deutsche Staatsangehörige – darunter 25 Doppelstaatler. Von der Änderung betroffen sein könnten Terrorkämpfer, die sich jetzt schon im Ausland aufhalten und nach Inkrafttreten des Gesetzes noch an Kampfhandlungen teilnehmen.

Es war gutes Geld, verdient verdient.

Ja, verdient verdient.

Ein Gesicht ohne Mimik schaut dich an,

kein Zahn mehr zum Beißen drin.

Der Löwe ist zur Beute geworden.

Unverdient erlegt.

Schau hin, wie es dir gehen kann,

eines Tages,

wenn du es wagst und dich auflehnst gegen die Sklaverei.

Drauf geschissen auf die Rente.

Heroes von damals.

Verlorene im Jetzt.

Lass´ deine Blicke mal in die Gosse blicken,

damit du weißt, was dich erwartet.

Hast so viel Gutes getan

und dabei niemals nach Reichtum geschaut.

Danke der Gesellschaft,

die lachend jetzt den Mitleidsfinger zeigt,

Jacketkronen inklusive.

Wirf einen Blick auf die zahnlosen Kiefer der einstigen Mittelschicht.

Was immer da passiert ist,

du wirst es nicht erfahren.

Maskenhaft tot. Leer.

Der Blick eines Aufgegebenen.

Schau genau hin in das Billiglohnsegment,

wo sie aufgeben,

ihre Kräfte verloren haben.

Pulver, Pillen, Alk – sie haben stets gesiegt.

Siehst du die Furchen der Furcht?

Die Augenringe, die niemand übertünchen kann?

Zerrissen die Hose, der Geist.

Und tief drinnen auch der Mensch.

Probier´s doch mal aus, wie das so ist,

nachts auf der Pritsche zu schlafen.

Nicht wissend,

ob du morgen noch was zu fressen hast.

Gute Gesellschaft.

Brav, danke.

Sie gibt dir ja das Nachtquartier,

was willst Du denn?

Du musst ja schließlich nicht erfrieren.

 

© Petra M. Jansen

 

http://literatourpoetictext.blogspot.com/

 

 

 

Brexit, Erdogan, Trump, …

Für das Sommerloch ist es zu früh.

Es gibt keine neuen Nachrichten,

gute schon gar nicht.

Sie wollen Mauern und Zäune bauen,

in Großbritannien und Amerika.

Sie strafen sich mit Zöllen,

was der andere gibt, zählt nicht mehr.

Die Angst vor Überfremdung geht um,

Einigeln ist angesagt, schließt die Tür!

Wer ohne Konzept handelt,

der wird ein Opfer der Panik.

Was soll man in Zeitungen lesen,

in Zeiten wie diesen?!

Ließe man die Seiten weiß,

wie laut würden die Nachrichten schreien?!

Die Entwicklungen stocken,

Zerstörung greift um sich.

„Früher war alles besser!“,

Die Antwort „was?“, steht noch immer aus.

Religion als willkommene Maxime,

in den Büchern findet sich immer etwas.

Man breche heraus, was passt,

aus dem Steinbruch der heiligen Schriften.

Armeen und Arsenale gilt es aufzurüsten,

es gab einmal Zeiten, da war´s umgekehrt.

War das alles so schlecht, damals?!

War das alles falsch, haben wir Fehler gemacht?!

Reden hat noch keinem geschadet,

Zuhören ist eine längst vergessene Tugend.

Wie im alten Babylon: alle schwätzen,

nur nicht die gleiche Sprache, wir sind verdammt!

Geht nach Hause! Schließt Tür und Tor!

„My Home is my Castle!“.

Wer bedroht uns eigentlich?!

Irgendwer wird es schon sein …

Wenn in Irland die Grenzen schließen,

werden Bomben und Terror folgen.

Weinende Frauen und Kinder an Mauern,

an denen schon morgen Panzer stehen.

Ich will das nicht lesen!

Heute Morgen meldete die Wahlbehörde YSK den Sieg des Kandidaten der Mitte-Links-Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, In Istanbul mit einer hauchdünnen Mehrheit. Imamoglu habe einen Vorsprung von fast 28.000 Stimmen, erklärte der Chef der Hohen Wahlkommission, Sadi Güven, am Montag. Imamoglu kommt den vorläufigen Ergebnissen zufolge auf 4.159.650 Stimmen und der Kandidat der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim, auf 4.131.761 Stimmen (faz.net).

Es war für eine Weile die letzte Wahl in der Türkei, nach einem halben Jahrzehnt, in dem die Türken ständig gewählt haben. Auf die Kommunal- und die Präsidentschaftswahlen 2014 folgten zwei Parlamentswahlen 2015. Nur 2016 kam ohne Wahl aus, dafür fällt in dieses Jahr der Militärputsch. 2017 stimmten die Türken über die neue Verfassung ab und 2018 überraschte sie Erdogan mit Neuwahlen – des Parlaments und des Präsidenten.

Erdogans Hoffnung war, dass er die jetzigen Kommunalwahlen trotz Wirtschaftskrise einigermaßen übersteht und dass danach Ruhe einkehrt. Alle Ämter sind nun bis 2023 vergeben. Tatsächlich haben ihm die Wähler vor allem in den Großstädten gezeigt, dass sie sich und ihre Demokratie noch nicht aufgegeben haben, dass sie nicht bereit sind zu einer „Friedhofsruhe“ (stern.de).

Die „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“ („Adalet ve Kalkinma Partisi“) war 2002 angetreten, um das Land zu demokratisieren. Das haben Erdogan und seine Mitstreiter anfangs auch geschafft. Das Militär wurde entmachtet, einige Minderheiten erhielten mehr Rechte. Unter Erdogan gab es einen Wirtschaftsboom. In seinen ersten Amtsjahren entfesselte er Kräfte im Land, von denen seine Popularität heute noch zehrt.

Genau das ist das Problem. Erdogan wird nicht nur von erzkonservativen Muslimen gewählt. Aber genau die sind es, die ihm zwar noch die Stange halten, aber eigentlich immer weniger von ihm überzeugt sind. Manche Kopftuchträgerinnen glauben, eine andere Partei würde ihnen wieder das Recht nehmen, in einer Universität ihre Haare zu verhüllen. Aber dass sie wegen der Wirtschaftskrise ihren Job verloren haben – auch dafür geben inzwischen viele Erdogan und seiner Führungsriege die Schuld.

Die Symbolkraft der Niederlagen auf kommunaler Ebene ist nicht zu unterschätzen. Die virushafte Schwäche der AKP, die sich schon seit Längerem abzeichnet, hat nun erstmalig zum Machtverlust in den großen Städten des Landes geführt. Der Präsident weiß um die Anfälligkeit seiner an der Macht verbrauchten Partei, deshalb hatte er im Wahlkampf alle Register der Manipulation und der politischen Kriegsführung gezogen.

Erdogan hat im Wahlkampf all jene Türken als „Terroristen“ bezeichnet, die nicht für ihn und die AKP stimmen. Damit ist die Marschrichtung für die Zeit nach der Wahl bestimmt. Kompromisse und große Koalitionen sind Erdogan fremd. Er wird die Polarisierung des Landes verschärfen und aus dem Präsidentenpalast gegen die Rathäuser der Opposition kämpfen. Er könnte versuchen, die Bürgermeister der Opposition abzusetzen, wie er es schon im kurdischen Osten des Landes gemacht hat. Er könnte die Rathäuser der Opposition mit Prozessen der willfährigen Justiz überziehen. Und vielleicht werden AKP und Opposition einen langen, hässlichen Nachwahlstreit um Istanbul führen.

Der jetzige Stimmungstest der Kommunalwahl ist umso bedeutender, als die Türkei zurzeit eine schwere Wirtschaftskrise durchläuft und jüngst sogar in eine Rezession gerutscht ist. Seit dem dramatischen Kursverlust der Lira im vergangenen Sommer ist die Inflation auf 20 Prozent gestiegen, und die Arbeitslosigkeit hat hohe 13,5 Prozent erreicht. Für die AKP, deren seit 2002 andauernde Regierungszeit lange mit einem imposanten Wirtschaftsaufschwung einherging, war das eine ungewohnte Ausgangslage. Die Regierung war bemüht, im Vorfeld der Wahlen die Folgen der ökonomischen Krise abzufedern. Allein in den vergangenen Wochen wurden mehrere Milliarden an Währungsreserven aufgewendet, um den Kurs der Lira zu stützen (nzz.ch).

Der rücksichtslose Wahlkampf Erdogans wurde von einigen Beobachtern als Zeichen einer wachsenden Nervosität in der erfolgsverwöhnten Partei gesehen. In dieser gibt es Kräfte, die mit dem autokratischen, isolationistischen und wirtschaftlich abenteuerlichen Kurs Erdogans zunehmend unzufrieden sind. Der Verlust Istanbuls, sollte es denn zu diesem kommen, könnte den Plänen innerparteilicher Erdogan-Kritiker, eine neue Partei zu gründen, neuen Auftrieb verleihen.

Du hältst die Fahne hoch, selbstverständlich. Doch erwarte keinen, es scheint ein selten gewordenes Gut zu sein. Heute „Du“, morgen „Sie“, gestern „Hi“, heute „No“. Erwarte die oberflächliche Freundlichkeit, das kleine verzerrte Lächeln, das umgehend zu Eis gefriert.

Nein, erwarte keine Höflichkeit, die Generation „Lass mir meine Ruhe“ steht direkt neben dir. Sende keine Sympathie an die toten Gesichter aus, die dir das Leben gründlich vermiesen wollen. So vermiest wie ihr eigenes schon ist, so beschissen soll nun das deine sein.

Nein, spare dir die netten Gesten, vergiss das produktive Miteinander. Die Hyänen schlecken ihre eigenen Eier.  Was könnte so wichtig sein, dass sie ihr hohes Ross verlassen um dich banal zu grüßen? Du sitzt nicht am Hebel für die Lohnabrechnung und in der Chefetage sitzt ein anderer. Also schon zwei Gründe, die dich nicht wichtig machen. Erwarte nun also keinen Knicks.

Respekt – hast du gelernt – lässt alles wachsen. Respekt steckt in dir drin. Respekt verloren, verlierst du alles, was dich zu einem Menschen macht. Respekt wird als Berechnung eingesetzt und ist höchstens das Mittel um weiter empor zu klettern. Auf einer Leiter, die schwarze Zahlen wünscht – doch den humanitären Gedanken ins Abseits stellt. Mensch, du bist eine Nummer, also sächlich. Verstehst du denn nicht, dass nur dein dickes Bankkonto dir Respekt verschafft? Spar dir also deine Freundlichkeit, zeig einfach mal die Zähne. Tu´ nicht so, als ob dich der Andere tatsächlich interessiert und verziehe keine Miene, wenn morgen jemand neben dir steht und scheinheilig auf „gute Bekannte“ macht.  Wundere dich nicht über das respektlose Arrangement von Paarbeziehungen, bei denen es nur darum geht, nicht alleine zu sein. Vergiss alles, was du je über Respekt gelernt hast, spucke denen vor die Füße, zeige ihnen ihre Grenzen auf, die sie ohnehin nicht sehen.

Aber willst du wirklich zu denen dazu gehören, die eine wichtige Grundlage der Menschlichkeit verloren haben? Denen es egal ist, ob sie unverschämt  in dein Revier eindringen, keine Rücksicht nehmen und jegliche Achtung verloren haben? Es mangelt an Fingerspitzengefühl, es mangelt an Empathie, es mangelt an einer gesunden Distanz-Nähe-Balance, es mangelt an Respekt. Aber scheiß drauf, ich liebe den RESPEKT!

 

© Petra M. Jansen

 

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Eigentlich ist es keine Zeitumstellung … Wir stellen nur die Uhr um. Ja, aber dadurch ändern sich auch die Zeiten. Die „Zeitumstellung“ soll ja jetzt abgeschafft werden.

Eine renommierte deutsche Gazette behauptet nun, ewige Sommerzeit mache dumm (faz,net). Der Mensch werde früher zur Arbeit gezwungen, als ihm guttue.

Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel mit der Zeitumstellung: Ende März fragt sich ganz Deutschland – vor oder zurück, wie wird die Uhr denn nun umgestellt zur Sommerzeit?

Und auch dieses Jahr an diesem Samstag, den 31. März, ist es wieder soweit: Die Zeitumstellung 2019 findet statt, die Uhr wird umgestellt auf Sommerzeit. Eigentlich geht es aber erst am Sonntagmorgen los. Das Signal für alle Funkuhren in Deutschland kommt von den ultrapräzisen Atomuhren in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig.

Und zwar: Eine Stunde vorgestellt. Das heißt in der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Uhr von 2 auf 3 Uhr gestellt.

Die EU will die Zeitumstellung 2021 abschaffen. Sie wurde in den 1980er Jahren geschaffen, um ökonomischer arbeiten zu können und Energie einzusparen, da es abends länger hell bliebe.

Nun gibt es die Diskussion, welche Zeit bei einer Zeitumstellung sinnvoll wäre, Sommer- oder Winterzeit.

Forscher haben diese Frage eindeutig beantwortet: Winterzeit!

Denn mit der Sommerzeit würde die Menschheit täglich einen Mini-Jetlag erleben, da unsere biologische innere Uhr am fittesten ist, wenn die Sonne im Zenit steht. Und das ist meistens gegen 12 Uhr der Fall (nach Winterzeit)

Da wir im Sommer aber zur gleichen Uhrzeit aufstehen wie im Winter, der der Zenit der Sonne aber erst um 13 Uhr erreicht wird, hat unser Körper mit diesem Mini-Jetlag zu kämpfen. Denn der Körper richtet sich nicht nach der Uhrzeit, sondern nach dem Bio-Rhythmus. Und das soll lauf Dauer krank machen.

Am Anfang der Sommerzeit-Debatte steht Benjamin Franklin (weser-kurier.de, 26.03.2016). Er war 1784 als eine Art US-Botschafter in Paris und entsetzt über die Kosten, die das ausgiebige Nachtleben der Pariser schon rein beleuchtungstechnisch verursachte. Er schlug in einem sehr amüsant zu lesenden „Leserbrief eines Abonnenten“ im Journal de Paris den Parisern vor, statt Kerzen und Öl lieber Sonnenenergie zu nutzen. Für jedes gegen das eindringende Sonnenlicht verdunkelte Fenster wäre eine Steuer von einem Louis zu bezahlen. In den Wachshandlungen sollten Polizisten darauf achten, dass niemand mehr als ein Kilo Kerzen pro Woche kaufe. Eine sehr vergnügliche Satire, wohin es führt, wenn man die private Tugend – in diesem Fall die der Sparsamkeit – zu einer öffentlichen machen möchte.

Tatsächlich ist die Winterzeit die „normale“ Zeit. Dass wir uns den ganzen Sommer lang eine Stunde früher aus dem Bett quälen, wurde uns behördlich verordnet und geschieht so alljährlich seit dem 06. April 1980. Nach der Ölkrise 1973 hatte man gehofft, Energie einzusparen, indem man das Tageslicht besser ausnutzt. In dieser Hinsicht hat sich die Neuerung MESZ allerdings nicht ausgezahlt.

Franklins derber Scherz ist hierzulande seit nunmehr 39 Jahren Realität, doch die von ihm herbeifantasierten Einspareffekte bleiben Wunschdenken. Zu diesem Resultat kam eine Vergleichsstudie des Büros für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags SPON 26.03,2016). Belastbare Zahlen gebe es leider kaum, aber wahrscheinlich liege die Einsparung beim Energieverbrauch bei unter 0,03 Prozent. Das ist „vernachlässigbar“.

Also nicht vergessen: Wir müssen nochmal an der Uhr drehen! Das klappte nicht immer:

Im niedersächsischen Bad Gandersheim standen im November 2011 (express.de) knapp zwei Dutzend Mitarbeiter vor den verschlossenen Türen des Finanzamts. Der Eingang ließ sich nicht öffnen.

Den verantwortlichen Computer hatte offensichtlich die Umstellung auf Winterzeit nicht auf dem Schirm. Statt um 6 Uhr kamen die Angestellten erst um 8 Uhr an ihre Arbeitsplätze, nämlich als der erste Kollege mit einem richtigen Schlüssel eintraf.