Der japanische Ministerpräsident Shinzō Abe erwies dem neuen Kaiser Naruhito seinen Respekt. Er gratuliere dem neuen Staatsoberhaupt zum Amtsantritt und versprach seinerseits, für eine „helle Zukunft“ in der Regierungszeit Naruhitos zu arbeiten, die friedlich und voller Hoffnung sein soll.

Der neue Kaiser trat die Nachfolge seines Vaters Akihito an, der nach 30-jähriger Regentschaft formal abgedankt hatte. Akihito und seine Gemahlin Michiko hatten sich gewünscht, dass die neue Ära „schöne Harmonie“, auf japanisch „Reiwa“, unter ihrem Sohn Naruhito „stabil und fruchtbar“ werde, sagte Akihito in seiner letzten Botschaft. Er war der erste Kaiser der ältesten Erbmonarchie der Welt seit rund 200 Jahren, der zu Lebzeiten den Thron für seinen Nachfolger freimachte.

Laut Japans pazifistischer Nachkriegsverfassung darf sich der Kaiser nicht zu politischen Fragen äußern. Bei einer ersten Einführungszeremonie für Kaiser Naruhito wurden dem neuen Monarchen von Beamten des Haushofamtes zwei der Throninsignien überreicht: ein Schwert sowie Krummjuwelen.

Das Hofamt zählt tausend Beamte. Es ist eine Art Vatikan (SPON), eine seit dem 8. Jahrhundert überlebende Institution, deren ureigener Auftrag es ist, das japanische Kaiseramt und seine Traditionen, auch die schlechtesten, bis in die kleinsten Details zu bewahren. Also hat sich Naruhito vermutlich nach Vorschrift verhalten, als er seine Gemahlin bei der Thronbesteigung nicht anrührte – es tobt seit Jahren ein in jeder Sushi-Bar des Landes heftig geführter Streit, ob Frauen in Zukunft auch den Thron besteigen dürfen. 80 Prozent der Japaner sind laut Umfragen dafür. Aber fast alle, die in Hofamt und Regierung den Ton angeben, sind dagegen. Und sie setzten sich auch dieses Mal durch.

Wie sehr ihn das Hofamt zwingt, auch die fragwürdigsten Traditionen des Hauses nicht in Frage zu stellen, machte schon die erste Ansprache Naruhitos heute deutlich: „Bei meiner Thronbesteigung schwöre ich, dass ich mit aller Kraft über den Kurs seiner Majestät, dem emeritierten Kaiser, reflektieren werde und den Weg der vergangenen Kaiser stets beachten werde“, sagte Naruhito im Tokioter Kaiserpalast vor 266 Regierungsgästen.

Damit bekannte sich Naruhito auch zu seinen entfernteren Vorgängern, zu denen nicht zuletzt sein Großvater, Kriegskaiser Hirohito, zählt. Hirohito hielt von 1926 bis 1989 den Kaiserstuhl inne und wurde noch zu seinen Lebzeiten bis Kriegsende als Gottkaiser verehrt. In seinem Namen führte Japan den Zweiten Weltkrieg, bei dem die damaligen kaiserlichen Armeen schlimmste Kriegsverbrechen begingen, vor allem in China und Korea.

So floskelhaft die kaiserliche Rede auch klingen mag, das gesamte Schauspiel hat durchaus politische Bedeutung (nzz.ch). Zwar haben die amerikanischen Besatzer den Kaiser nach dem Krieg vom Staatsoberhaupt und Gott zum machtlosen Symbol degradiert. Die US-amerikanischen Besatzer ließen den Tenno zwar im Amt. Aber rechtlich wurde der damalige Tenno Hirohito in der Verfassung vom Gottkaiser zum „Symbol des Staats und der Einheit des Volks“ herabgestuft. Über staatliche Macht verfügt er seither nicht. Wie sein Vater gilt der 59-jährige Naruhito als Gegenpol zu den Versuchen des konservativen Regierungschefs Abe, Japans Eroberungsgeschichte zu verdrängen und die Verfassung zu ändern.

Der amerikanische Präsident Donald Trump kommt Ende Mai zu einem Staatsbesuch nach Japan und wird der erste ausländische Staatsgast sein, der dort den neuen Kaiser Naruhito trifft. Trump wird Japan vom 25. bis 28. Mai besuchen.

2016 hatte Kaiser Akihito sein Land in Aufregung versetzt, als er seinen Wunsch verkündete, sich von seinen Kaiserpflichten zurückzuziehen. Als Grund nannte er sein hohes Alter und seine angeschlagene Gesundheit. Eine Abdankung des Kaisers aber war in Japans Nachkriegsverfassung nicht vorgesehen – der bisher letzte Thronverzicht lag zwei Jahrhunderte zurück. Deshalb musste eigens ein Gesetz verabschiedet und das Verfahren festgelegt werden. Dieses gilt jedoch nur für Akihito, nicht aber für Naruhito (n-tv.de).

Akihito modernisierte die Rolle der Monarchie auf seine Weise. Hatte dieser noch eine Bürgerliche geheiratet, wählte sich Sohn Naruhito sogar eine bürgerliche Karrierefrau zur Gemahlin: Masako Owada (handelsblatt.com).

Die Konservativen dürften deshalb wenig Hoffnung hegen, dass der neue Kaiser leichter zu manipulieren ist als der alte. Es wird erwartet, dass sich Naruhito auch stärker für Umweltfragen einsetzen wird.

Emmanuel Macron, einst „europäischer Wonderboy“ (welt.de), inzwischen angeschlagener Präsident der Franzosen, versucht sich in politischer Alchemie: Aus einer Krise will Frankreichs Präsident jetzt eine Chance machen. Am Ende seines lang angekündigten und am Sonntagabend veröffentlichten Briefes an die Franzosen kündigt Macron an, „Wut in Lösungen“ verwandeln zu wollen.

Das klingt, als habe sich Frankreichs Präsident die schöne Formel zu eigen gemacht, dass dort, wo Gefahr ist, logischerweise auch das Rettende wächst (Friedrich Hölderlin).

Als Antwort auf die mehr als fünfmonatigen Sozialproteste der Gelbwesten hat Frankreichs Präsident Steuersenkungen und Entlastungen für Rentner angekündigt. Er werde die Einkommensteuer „deutlich“ senken, sagte Macron in seiner kämpferischen Rede.

Von der Einkommensteuer-Senkung soll nach den Worten des Staatschefs vor allem die Mittelschicht profitieren, aus der viele seiner Wähler stammen. Er deutete auch eine mögliche Rückkehr zur Vermögensteuer an, die seine Regierung weitgehend abgeschafft hatte. Die Maßnahme werde im kommenden Jahr überprüft, so der Elysée-Palast. Die Protestbewegung wirft ihm vor, „Präsident der Reichen“ zu sein.

Die Proteste nehmen kein Ende. Seit dem 17. November 2018 gehen in Frankreich samstags Menschen in gelben Westen auf die Straße. Die landesweit organisierten Proteste der Gelbwesten (gilets jaunes) richteten sich anfangs gegen eine von Präsident Macron geplante höhere Besteuerung von fossilen Brennstoffen. Rasch mündeten sie in eine Liste mit 42 Forderungen. Von ihrem Präsidenten verlangen die Gelbwesten einerseits, „alle Steuern“ zu senken, den Mindestlohn und die Renten anzuheben, andererseits die 2018 abgeschaffte Vermögenssteuer wieder einzuführen. Ein Großteil der Forderungen der Gelbwesten steht im Einklang mit den Wahlversprechen, die Macron während des Wahlkampfes 2017 gemacht hat: weniger Steuern, mehr Kaufkraft, mehr Demokratie. Die Proteste werden von der unteren ländlichen Mittelschicht, darunter Handwerker, Ladenbesitzer, getragen. Diese Menschen können von ihrer Arbeit kaum mehr leben und haben Angst zu verarmen. In der Politik, so meinen die Gelbwesten, hätten sie keine Stimme. Die Unterstützung der Gewerkschaften und der Parteien der politischen Linken, die solche Forderungen bislang kanalisiert haben, lehnen sie ab. Politik, so ihre Forderung, solle im Interesse der „einfachen Bevölkerung“ und durch sie gemacht werden. Mehr politische Mitsprache solle etwa dadurch entstehen, dass Bürger- oder Volksinitiativen Referenden (référendum d’initiative citoyenne) einleiten dürfen.

Viele von Macrons Ankündigungen waren seit Tagen bekannt, nachdem er aufgrund des Brands von Notre-Dame seine für den selben Tag geplante Fernsehansprache abgesagt hatte. Sein Redemanuskript war da aber schon öffentlich.

Seither diskutiert Frankreich über die geplanten Vorschläge, am heftigsten über die geplante Auflösung der Elitehochschule ENA und das Fehlen einer ehrgeizigen Klimapolitik. Macrons ehemaliger Umweltminister Nicolas Hulot warnte in einem Interview am Wochenende eindringlich, man müsse jetzt entschiedener vorgehen, dies sei eine Frage des „Überlebens“ .

„Wir sind ein Land, das viele Dinge von seinem Präsidenten erwartet“, sagte Macron am Schluss. Das habe er zwischendurch etwas vergessen. Aber er werde nicht jemand werden, der versuche zu gefallen. Auf die Frage, ob er 2022 noch einmal kandidiere, wollte er nicht antworten. Er pfeife auf die nächste Wahl, wolle jetzt dieses Mandat erfolgreich hinter sich bringen (SPON).

Macron hat erkannt, dass es nicht funktioniert, die Gelbwesten einfach auszusitzen, weil sie so anders sind als er und seine Parlamentarier. Nicht einmal Sprecherinnen oder Sprecher akzeptieren die Demonstrierenden, weil sie keine Hierarchien wollen. Für eine Regierung, die sonst mit den Chefs von Gewerkschaften oder Bauernverbänden verhandelt, ist es extrem schwierig, die Stimmung einer diffusen Gruppe zu drehen. Vor allem, weil inzwischen rund 80 Prozent der Franzosen für die Proteste sind, selbst wenn sie ihnen den Weg zur Arbeit versperren. Daher muss Macron nun mehr von seiner Politik revidieren als anfänglich nur die Benzinsteuer.

Noch vor Ende der schottischen Wahlperiode im Mai 2021 solle es das Referendum geben, sagte Nicola Sturgeon, die schottische Ministerpräsidentin.

Eine gesetzliche Regelung dafür könne noch in diesem Jahr geschaffen werden.

Schottlands Ministerpräsidentin hat bis spätestens 2021 ein neues Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien angekündigt. Voraussetzung ist, dass die Regierung in London wie geplant aus der Europäischen Union austritt. „Eine Wahl zwischen einem Brexit und einer Zukunft Schottlands als eine unabhängige europäische Nation sollte noch in dieser Sitzungsperiode angeboten werden“, sagte Sturgeon in Edinburgh. Der Brexit werde „katastrophale wirtschaftliche Folgen“ für Schottland haben, so Sturgeon (welt.de). Sturgeon argumentiert, ein Austritt Schottlands zusammen mit den Briten gefährde die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. „Wir drohen ins Abseits gedrängt zu werden, an den Rand innerhalb eines Vereinigten Königreichs, das selbst zunehmend auf der internationalen Bühne am Rand steht“.

Mit dem Brexit ändert sich vieles und sehr deutlich für Schottland. Schließlich hatten viele Schotten 2014 nur deshalb gegen einen Austritt aus dem Königreich gestimmt, weil ihnen aus Brüssel gedroht worden war, sie würden mit der Unabhängigkeit auch die EU-Mitgliedschaft verlieren. Trotz allem ging die Abstimmung mit 55 zu 45 Prozent nur relativ knapp aus. Letztlich hatten die Führer der drei großen britischen Parteien das Ruder kurz vor dem Referendum herumgerissen und den Schotten deutliche Verbesserungen versprochen.

Dass die Schotten für einen Verbleib in der EU waren, haben sie bei der Brexit-Abstimmung deutlich gezeigt. 62% hatten beim Referendum gegen den Brexit gestimmt. Nun befindet sich Schottland aber in der absurden Lage, dass man mit Großbritannien im Verbund gegen den eigenen Willen austreten soll. Sturgeon will deshalb noch vor der nächsten Parlamentswahl ein zweites Referendum abhalten. Es gehe um eine Entscheidung über den Brexit und „einer Zukunft für Schottland als unabhängige europäische Nation“, erklärte Sturgeon (heise.de) im Parlament.

Für ein Unabhängigkeitsreferendum in Schottland ist die Zustimmung der Regierung in London notwendig. Die britische Premierministerin Theresa May hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie eine Volksabstimmung in Schottland nicht für angezeigt hält. An dieser Haltung habe sich nichts geändert, teilte ein Regierungssprecher am Mittwoch mit.

Dabei hält Sturgeon eine generelle Abkehr vom Brexit noch für möglich: „Die unmittelbare Gelegenheit, die wir jetzt haben, besteht darin, zu helfen, den Brexit für ganz Großbritannien zu stoppen – und wir sollten diese Gelegenheit ergreifen. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, wird es unvermeidlich sein, mit den Konsequenzen des Brexits umzugehen und sich den Herausforderungen zu stellen“ (n-tv.de).

Die 35 schottischen Abgeordneten im britischen Unterhaus waren eigentlich keine großen Freunde des ausgehandelten Deals mit der EU. Großes Unbehagen bereitete ihnen auch die Backstop-Lösung, da man befürchtet das Nordirland durch die Regelung immer noch direkten Zugang zu der EU hätte und somit attraktiver für Investitionen wäre als das eigene Land. Da in Schottland allerdings die Fischerei von großer Bedeutung ist, wollte das Land eine ähnliche Regelung wie Norwegen, welche keine direkten Zugangsmöglichkeiten für die EU beinhaltet. Aus diesem Grund ist der Vorstoß etwas überraschend, da Schottland im Falle eines Verbleibs in der EU Zugeständnisse wohl machen müsste.

Der Vorstoß der schottische Regierungschefin Sturgeon kommt etwas überraschend und würde wohl wieder ein Stück mehr Chaos in die ganze Sache bringen. Erst der Austritt mit Großbritannien aus der EU, sofern es das Unterhaus diesmal schafft, den Zeitplan einzuhalten und dann ein oder zwei Jahre später tritt Schottland dann aus dem Vereinten Königreich aus und wieder in die EU ein. Damit würden neue Probleme an den Grenzen auftreten. Selbst mit einem tatsächlichen Brexit dürfte der „Hickhack“ auf der Insel damit wohl noch nicht beendet sein (onvista.de).

Jetzt muss Theresa May also nicht nur ihren Vertrag durch das britische Unterhaus bekommen, sie muss auch die Schotten wieder auf ihren Kurs einschwören.

Leichter wird es jetzt bestimmt nicht!

Wladimir Putins Gesicht prangte auf Wahlplakaten von Poroschenko. Die Botschaft: Nur der amtierende Präsident könne das Land vor Putin beschützen. Ukrainische Publizisten, Politikexperten und Journalisten veröffentlichten Analysen, wer von den beiden Kandidaten in der Stichwahl am Ostersonntag für Putin der leichtere Gegner sei. Und wen der Kreml deswegen direkt oder indirekt unterstützen könnte. Beim TV-Duell im Kiewer Olympiastadion warfen sich Poroschenko und Selenskyj gegenseitig vor, insgeheim gute Kontakte nach Moskau zu pflegen.

Akribisch dokumentierten Medien jeden Schritt und jede Äußerung des Amtsinhabers Petro Poroschenko und seines Herausforderers Wolodymyr Selenskyj. Nicht etwa, weil es der Kreml so will, sondern weil die Nachrichten aus der Ukraine Klicks und Zuschauer bringen. Zumal der russische Präsident dieser Tage in der Ukraine allgegenwärtig scheint, wenn auch nicht persönlich.

Die Wahllokale haben um acht Uhr morgens geöffnet und schließen am Abend um 20 Uhr. Wahlberechtigt sind nach Angaben der Behörden 35,6 Millionen Menschen. Auf der von Russland annektierten Krim und im Donbass, den von Moskau unterstützte Kämpfer kontrollieren, wird nicht gewählt. Mit Prognosen wird am Sonntagabend gerechnet, mit ersten Ergebnissen nachts (SPON).

Entscheidend wird sein, wie sich die Wähler der anderen Kandidaten verhalten, die nach dem ersten Wahlgang ausgeschieden sind. 20 Prozent gaben zuletzt an, noch nicht zu wissen, ob und für wen sie wählen wollen. Immerhin traten in der ersten Runde 39 Wettbewerber an, so viel wie noch nie – was insgesamt ein gutes Zeichen für die Demokratie in der Ukraine ist.

Im Ausland ist man sich nicht einig, wer der bessere Kandidat ist, wenn man unterstützen soll. Wie Poroschenko wurde Selenski auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfangen, bekam allerdings keine Einladung zu Angela Merkel. Die Kanzlerin empfing öffentlich nur den Staatschef, was auch der Koalitionspartner SPD als falsche, einseitige Parteinahme Merkels kritisierte (handelsblatt.com).

Am heutigen Sonntag stehen die Ukrainer nun vor einer Richtungsentscheidung. Wem trauen sie die Führung ihres Landes mehr zu, dem Amtsinhaber Poroschenko, der wegen Korruptionsvorwürfen an Beliebtheit eingebüßt hat? Oder doch dem politisch unerfahrenen Satiriker Selenski, der für einen Neuanfang steht – wenngleich ins Ungewisse?

Selenski bezeichnete sich selbst als das „Ergebnis unerfüllter Versprechungen“ und warf dem Amtsinhaber vor, ein „Wolf im Schafspelz“ zu sein, der sich während seiner Amtszeit bereichert habe auf Kosten einer ohnehin schon armen Bevölkerung.

Der amtierende Präsident wiederum warf Selenski Lügen vor und diskreditierte ihn wegen seines vagen Programms und seiner fehlenden politischen Erfahrung. Wie solle denn so einer die Ukraine vor den russischen Aggressionen schützen (welt.de)?

Nach fünf Jahren unter Poroschenko sind die meisten Ukrainer unzufrieden mit der Bilanz ihres Präsidenten. Und das obwohl er für sie die visafreie Einreise in die Europäische Union erkämpft hat. Doch steigende Lebenshaltungskosten und sein wenig entschlossener Kampf gegen Korruption kosteten Poroschenko Sympathien bei den Wählern.

Die Zeichen in der Ukraine stehen also auf Erneuerung. Die Frage bleibt nur – wohin will Selenski das Land führen? Tatsächlich entbehren die harten Vorwürfe Poroschenkos nicht jeder Grundlage.

Allen Umfragen zufolge liegt Selenski in der Wählergunst weit vor Amtsinhaber Petro Poroschenko. Und das hat aus Sicht des Politologen Wladimir Fessenko mehr als einen Grund: „In der Stichwahl stimmt bei uns eine Mehrheit der Wähler nicht für, sondern gegen einen Kandidaten“ (tagesschau.de), sagt er.

Selenskyj könnte also all jene Protestwähler hinter sich scharen, die grundsätzlich mit der politischen Elite brechen wollen, die seit Jahren die Geschicke des Landes bestimmt. Und diejenigen, die vom früheren Hoffnungsträger Poroschenko und seiner Politik enttäuscht sind.

Eine organisierte politische Kraft aus der Zivilgesellschaft, die fähig wäre, die alte, diskreditierte Politikerkaste abzulösen, ist weiterhin nicht in Sicht.

So angebracht Misstrauen gegenüber der aktuellen Regierung in Kiew ist – bis auf Weiteres dürfte sie mangels besserer Alternativen das kleinste Übel sein. Zumal im Vorfeld der Wahlen massive Desinformationskampagnen und Destabilisierungsaktionen vonseiten des Kremls stattfanden, der in Kiew nur zu gerne eine ihm hörige Führung installieren würde.

Ostern … Ein zentrales Ereignis in der Christenwelt. Woher kommt das Wort Ostern, wie wird der Zeitpunkt festgelegt und was hat es mit dem Hasen und den Eiern auf sich?

Jesu Tod nach der Kreuzigung wird nicht als Ende, sondern als Neubeginn des Lebens gesehen. Das Leben siegt über Tod, die Wahrheit über die Lüge, die Gerechtigkeit über das Unrecht und die Liebe über den Hass. Der Osterhase kam erst sehr spät, um 1680, als volkstümlicher Brauch hinzu. 1682 wurde der Osterhase zum ersten Mal als Brauch erwähnt, in einer Dissertation eines Heidelberger Medizinprofessors (n-tv.de).

Die Osterzeit dauert 50 Tage bis Pfingsten. Nach Einführung des gregorianischen Kalenders (1582 durch Papst Gregor VIII.) einigte sich die westliche Kirche, Ostern am ersten Sonntag zu feiern, der dem ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn folgt.

Der Hase gilt als Sinnbild der Fruchtbarkeit (bis zu 20 Junge im Jahr) und wurde einst, vor allem auf österlichen Bildbroten (Spekulatius), zuweilen neben einem Ei abgebildet, weil auch dieses Zeichen der Fruchtbarkeit und Lebensfülle war. Hinzu kommt: In Byzanz war der Hase in der Tiersymbolik ein Symbol für Christus. Auch in der Mythologie existiert der Hase als Zeichen der Fruchtbarkeit: Sowohl der griechischen Liebesgöttin Aphrodite als auch der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara ist ein Hase als heiliges Tier zugeordnet.

Aus weltlicher Sicht galt der Gründonnerstag als Abgabe- und Zinstermin für Schuldner an die Gläubiger. Überliefert ist, dass die Schuldner mit Eiern und Hasen zahlten und dass der Schuldner bei Begleichung der Schulden ein freier Mann ist, der mit einem Hasen verglichen wurde, der nicht vom Hund gehetzt wird (ulrich-goepfert.de).

Die Menschheitsgeschichte ist sehr früh mit dem Ei verknüpft. Schon im alten Rom wurden Eier Verstorbenen ins Grab gelegt. Im Mittelalter – wie oben erwähnt – wurden dem Pachtherrn Eier als Sachleistung für gepachtetes Land überreicht („Zinsei“). Der Brauch, Eier zu bemalen und zu verschenken, kam wohl auf, weil es schon im Urchristentum ein Symbol für das Leben war. Seit dem 13. Jahrhundert gilt Rot als die Ostereifarbe im Westen. Rot steht für das Blut Jesu. In Osteuropa ist Gold die vorherrschende Farbe, die Kostbarkeit ausdrücken soll.

Als österlicher Eierbringer ist der Osterhase erst seit rund 300 Jahren bekannt. Der Brauch entstand im Elsaß, in der Pfalz und am Oberrhein. Erste Belege sind aus dem Jahr 1678 überliefert. Noch im 19. Jahrhundert war der Osterhase in vielen Gegenden unbekannt, vor allem auf dem Land.

Alles in allem: Weder im Deutschen, noch im Englischen ist die Herkunft des Wortes Ostern oder Easter eindeutig. Einige vermuten einen Zusammenhang zum Osten, der Himmelsrichtung des Sonnenaufgangs. Die Bibel erzählt beispielsweise, dass das leere Grab Jesu „früh am Morgen, als eben die Sonne aufging“ (Markus 16,2) entdeckt wurde. Deshalb wurde die Morgenröte im frühen Christentum zum Symbol der Auferstehung und des Neuanfangs. Viele neue Christen ließen sich „bei Sonnenaufgang“ am Ostermorgen – althochdeutsch: „ostarun“ – taufen. Dieser Brauch hat sich bis heute erhalten: In der Osternacht und in den Gottesdiensten am Ostermorgen finden auch heute noch regelmäßig Taufen statt.

Letzten Endes ist es heidnischen Ursprüngen zu verdanken, dass Christen die Kreuzigung, den Tod und die Auferstehung Jesu, des Sohnes ihres Gottes, mit Schokoladenhasen, Osterküken und der Suche nach bemalten Hühnereiern feiern. Das hat mit Überlieferungen zu tun, die viel älter sind als unsere Religion. Schon lange vor Christus hat es um diese Zeit Feste gegeben. Das Frühlings-Äquinoktium, bei der Tag und Nacht genau 12 Stunden lang sind (wikipedia.de), war für fast alle alten Kulturen sehr wichtig, denn sie bezeichnet das Ende des Winters, der für die Menschen früher sehr hart und oft lebensbedrohlich war. Nun konnte man die Saat ausbringen, der Hunger hatte ein Ende. Und das wurde gefeiert.

Das alles bedeutet nicht, dass Ostern ein heidnisches Fest ist, aber es deutet darauf hin, dass das Osterfest einen historischen Hintergrund hat, der viel älter ist als der christliche Glaube. Als das Christentum die alten Religionen zu ersetzen begann (spin.de), wurden viele alte Traditionen zum Teil ganz bewusst übernommen, um den Menschen die neue Religion näher zu bringen. So sind viele alte Kirchen auf uralten Kultplätzen erbaut worden und so mancher kirchliche Festtag findet zeitgleich mit den Festen der alten Religionen statt.

Frohe Ostern!

Die Leitung der Kathedrale Notre-Dame de Paris hat bekannt gegeben, dass das Pariser Wahrzeichen nach dem verheerenden Feuer für voraussichtlich fünf bis sechs Jahre geschlossen bleibt (tagesschau.de).

Ob und in welchem Umfang das französische National-Symbol versichert ist, ist bislang nicht bekannt. Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re geht davon aus, dass der französische Staat für den Wiederaufbau verantwortlich ist. Im Allgemeinen sind Kirchen in Frankreich Eigentum des Staates, und dieser versichert sich selbst.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat das ganze Land zum Wiederaufbau aufgerufen. Die Franzosen seien ein „Volk der Baumeister“ sagte er am Dienstagabend in einer Fernsehansprache an die Nation. „Ja, wir werden die Kathedrale von Notre-Dame wieder aufbauen, schöner als zuvor. Ich will, dass wir das in fünf Jahren erreicht haben. Wir schaffen das“ (sueddeutsche.de).

Die Spendenbereitschaft nach dem Großbrand von Notre-Dame ist ungebrochen. Die Summe von einer Milliarde Euro dürfte bald überschritten sein (t-online.de): Allein 600 Millionen Euro kamen bis Dienstagabend durch Großspenden der Milliardärsfamilien Arnauld (Luxuskonzern LVHM), Pinault (Kering) und Bettencourt (L’Oréal) sowie durch den Ölkonzern Total zusammen.

Am Montagabend des 15. April 2019 ist in der Kathedrale Notre-Dame in Paris ein Feuer ausgebrochen. Der Brand brachte den mittleren Kirchturm zum Einsturz und zerstörte den Dachstuhl. Der Brand soll bei Renovierungsarbeiten entstanden sein – die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung.

Der gesamte hölzerne Dachstuhl ist abgebrannt, ebenso der Spitzturm über der Vierung, also dem Bereich, in dem Haupt- und Querschiff der Kathedrale sich kreuzen. Er stürzte in das Hauptschiff hinein und beschädigte dabei das Steingewölbe. Dabei gelangten brennende Teile ins Kirchenschiff – der Schaden scheint sich dort jedoch in Grenzen zu halten. Aber bei aller Tragik muss man festhalten: Man kann von Glück reden, dass die Gesamtstruktur des Gebäudes noch steht. Die Umfassungswände sind stabil und die Strebepfeiler, die die Lasten von den Wänden, dem Gewölbe und dem Dach abfangen, sind wohl weitestgehend intakt.

Die römisch-katholische Kirche Notre-Dame de Paris ist die Kathedrale des Erzbistums Paris. Die „Unserer Lieben Frau“, also der Gottesmutter Maria, geweihte Kirche wurde in den Jahren von 1163 bis 1345 errichtet und ist somit eines der frühesten gotischen Kirchengebäude Frankreichs. Man hat also fast 200 Jahre an dem Gotteshaus gebaut! Der Bau der heutigen Kathedrale begann zu der Zeit des Übergangs von der Romanik zur Gotik.

Notre-Dame soll jetzt in fünf Jahren wieder aufgebaut sein, kündigte Staatspräsident Macron an, im Jahr 2024 also. Vergleichbare Bauprojekte, wie die Frauenkirche in Dresden, wecken Zweifel, dass dies möglich sein wird.

Vom Innenraum der Kirche liegen umfassende Pläne vor – auch digital. Bei den Bauplänen für den Dachstuhl sieht das anders aus. Diese stammen aus dem 13. Jahrhundert, heute sind nur noch vage Zeichnungen erhalten.

Eine weitere Herausforderung dürfte die Auswahl des richtigen Materials sein. Im Fall von Notre-Dame wird es schwierig sein, das jahrhundertealte Eichenholz des Dachstuhls zu ersetzen. Gut 1.300 Eichenstämme waren verbaut worden, weshalb der Dachstuhl auch den Beinamen „der Wald“ (SPON) trug. Frankreich will für den Wiederaufbau des 90 Meter hohen Spitzturms, der bei dem Brand eingestürzt ist, einen internationalen Architekturwettbewerb ausrufen. Einige Experten fordern bereits, das Dach aus Stahl wieder aufzubauen und nicht aus Holz, um die Kirche widerstandsfähiger gegen Brände zu machen. Solche Dächer aus nicht brennbaren Baustoffen sind beim Wiederaufbau anderer Kirchen bereits zum Einsatz gekommen.

Der Wiederaufbau der Kathedrale wird mehr werden als ein Stein-auf-Stein-Setzen, sondern enorme kulturelle Energien erzeugen – ob in Theaterstücken, Musik, Literatur, Kunst oder Philosophie. Er wird zu einer Wiederbelebung der spezifisch französischen Kreativität führen und Notre-Dame in ihrer historischen Relevanz neu glänzen lassen.

Ja, die Kirche ist ein Symbol Europas geworden. Wir wollen nicht rechtsradikalen Verschwörungstheorien Nahrung geben, die den Brand als ein symbolisches Untergagsszenario für Europa sehen.

Nein, Europa ist ein Projekt. Wir wollen daran bauen!

Lieber Pierre,

Innenstädte, Fußgängerzonen, Parkanlage, Shopping-Erlebnismeilen und ein Ort des geselligen Zusammenlebens, genau das sollte das Ergebnis städtebaulicher Planungen und Umsetzungen sein. Es gibt natürlich noch schöne Altstädte und auch gemütliche „Resting-Places“, aber es ist wahr, dass in vielen kleineren Städten und Randgebieten ein Geschäftesterben unübersehbar ist. Ich denke hier gerade an den schönen Kurort Bad Orb in meiner Region, wo viele kleinere Geschäfte ihren Kampf um´ s nackte Überleben nicht überstehen und immer mehr Gewerbe-Immobilien leer stehen bzw. um ihre Wiedervermietung werben. Im Laufe der Jahre habe ich zahlreiche hübsche Läden verschwinden sehen und das liegt mit Sicherheit nicht daran, dass es dort keine Cafés oder hübsche Sitzgelegenheiten gäbe. Dafür sind die sogenannten Modulsysteme – in denen wie immer Penny, Rewe, KIK, Logo Getränkemarkt, Netto oder solche uniformierten Shops zu einer „Einkaufsmeile“ mit knallhartem Rabattkampf zusammengepfercht auf einem Platz angesiedelt sind – zu finden. Für alte Menschen eine Katastrophe, da sie oft nicht mehr mobil sind und auf Einkäufe in ihrer direkten Umgebung angewiesen sind. Sollte dort noch ein kleiner Markt durchhalten, dann sind die Preise allerdings dermaßen unverschämt, dass es einem schlecht wird. Den Rentnern bleibt oft nichts anderes übrig, als eben dort die Waren des täglichen Bedarfs einzukaufen und sie mit dem Rollator nach Hause zu schleppen. Schade, aber sehr real.

Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte ein Einkaufserlebnis haben, sich vielleicht eine gute Tasse Kaffee gönnen, ein wenig in der Sonne sitzen und mit allen Sinnen genießen. Schauen wir rüber zu unseren Nachbarn in die Niederlande, so brechen wir regelmäßig in Entzücken aus, wenn wir durch die gemütlichen Städtchen laufen, mal hier mal da in einen Tante Emma-Laden schnuppern und an jeder Ecke die Lounge-Möbel mit hübschen Accessoires zum Verweilen einladen. So, genau SO sollte es sein, damit wir gerne einkaufen gehen und dies nicht als notwendiges Übel am Wochenende empfinden, um den Kühlschrank für die Arbeitswoche aufzufüllen. Noch schlimmer allerdings erscheint mir die anonyme Art des Einkaufens in Skandinavien zu sein. Dort geht man nicht mehr in die Shops, man bestellt online (via Handy oder Apps), der Food Truck liefert die bestellten Waren direkt vor die Häuser und bezahlt wird selbstverständlich mittels Handy. Was sich zuerst fortschrittlich anmutet ist für mich eine reine Reduktion auf Konsum ohne persönlichen Kontakt und schließt die Gelegenheit, eventuell mit netten Menschen während des Einkaufs ins Gespräch zu kommen, aus. Nicht mein Ding, lieber Pierre.

In den Städten wird das Geld verdient, dort sind die Arbeitsplätze und – zumindest in Frankfurt – haben viele Leute angefangen umzudenken. Sie nutzen mehr und mehr Fahrräder, öffentliche Verkehrsmittel oder gehen zu Fuß. Die zahlreichen Studenten leben es vor, dass es auch anders gehen kann. Ebenso sind deutlich mehr Straßen als früher für den Durchfahrtsverkehr gesperrt. Es ist also nicht überall so, dass Autos direkt an deinem Hintern vorbeifahren, aber es braucht noch Zeit, dass wir uns wieder auf die Gemütlichkeit der Innenstädte (und ebenso der Randgebiete, der Kleinstädte, der Kurorte) besinnen. Langsam aber sicher wachen sie auf und das Bewusstsein verändert sich dahingehend, dass wir wieder Wohlfühlräume schaffen und architektonisch der Erlebnischarakter neu entdeckt wird.

Damit dem Geschäftesterben in einigen ausgelagerten Städtchen in den Randgebieten Einhalt geboten wird und auch sie überleben können, muss den Menschen auch klar gemacht werden, dass sie mit ihren Online-Bestellungen großen Schaden anrichten. Klar ist es bequem sich vom Sofa aus alles ins Haus liefern zu lassen und natürlich muss man dann keinen Parkplatz suchen oder Benzin verfahren, aber was auf der einen Seite bequem ist, trägt auf der anderen Seite zum Sterben vieler Einzelhändler bei. Verantwortungsbewusste Menschen denken mal darüber nach, wie viele Paketdienste unsere Straßen verstopfen und wie viel Kartonage und Verpackungsmaterialien unsere Mülltonnen füllen und ich weiß aus Erfahrung, dass es viele faule Leute gibt, die nahezu alles online ordern und sich keine Gedanken darüber machen. Ihnen scheint es egal, Hauptsache billig und bloß nicht aus dem Haus gehen, wenn nicht unbedingt nötig.

Lieber Pierre, ich liebe die Haptik, den Geruch, die Sinne und ich liebe es, mir die Dinge, die ich kaufen möchte, real zu sehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Kleidung ist, Lebensmittel oder irgendwelcher Schnick Schnack – ich will es einfach sehen und in der Hand halten. Erinnerst du dich an die Wochenmärkte oder an die kleinen Läden, in denen wir als Kinder Süßigkeiten in kleinen, spitzen Papiertüten bekommen haben? In denen auf der Theke bunte Bonbongläser standen und daneben die Lutscher? In denen wir mal einen roten Apfel geschenkt bekommen haben und das Obst, der Salat, die Nüsse einzeln abgewogen und in Papier eingewickelt wurden? Ach ja…. Nostalgie kommt in mir hoch. In dir auch, nicht wahr?

 

Eine herzliche Umarmung,

 

Petra

© Petra M. Jansen

http://literatourpoetictext.blogspot.com/

 

Im Westjordanland spricht kaum jemand von einem palästinensischen Staat. Vor der israelischen Wahl war es so, dass die Zweistaatenlösung zwar künstlich beatmet wird, aber sie lebte noch (Mustafa Barghouti, Mitglied im Zentralrat der PLO in SPON, 12.04.2019). Doch nun ist sie tot. Wenn Netanyahu die Grenzlinien verletzt, ist eine Eskalation des Palästinenserkonfliktes vorprogrammiert.

Viele Palästinenser wollen mittlerweile einen einzigen Staat. Zwei Staaten sind keine Option mehr. Die Wahl ist jetzt zwischen einem israelischen Apartheidstaat und einem Staat mit gleichen Rechten für Israelis und Palästinenser. Allerdings würde Letzteres wohl das Ende von Israel als jüdischem demokratischen Staat bedeuten und sein Existenzrecht infrage stellen.

Nur wenige Tage vor der Parlamentswahl in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu die Annektierung jüdischer Siedlungen im Westjordanland in Aussicht gestellt. Er werde nicht eine einzige Siedlung räumen. Und Israel werde natürlich dafür sorgen, dass man das Gebiet westlich des Jordans kontrolliere, so der rechtskonservative Ministerpräsident am Samstagabend im israelischen Fernsehen.

Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Vor allem Israels Erziehungsminister Naftali Bennett dringt darauf, weite Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete indes für einen eigenen Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Betrachtet aus palästinensischer Sicht wird Israel das Völkerrecht weiterhin so lange brechen, wie die internationale Gemeinschaft dem Land Straflosigkeit gewährleistet. Das gelte besonders für die Trump-Regierung, die Israels Verletzung der Menschenrechte des palästinensischen Volkes unterstütze (sueddeutsche.de).

Israel unterscheidet selbst zwischen illegalen Siedlungen und mit israelischer Genehmigung gebauten. Aus Sicht der internationalen Gemeinschaft sind alle Siedlungen rechtswidrig. Sollte Israel sie annektieren, wäre dies ein schwerer Schlag für Bemühungen um eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung.

In den letzten Jahren ist Israel unter der Regierung von Benjamin Netanjahu immer weiter nach rechts gedriftet, mit Unterstützung der USA. Mit der Ankündigung, im Falle seines Wahlsieges Teile des Westjordanlandes zu annektieren, fischte Netanjahu nach Wählern vom rechten Rand (Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler).

Israel ist um seine Sicherheit besorgt. Wird man in der Lage sein, die israelische Sicherheit zu gewährleisten und die Kontrolle über das essenziell wichtige Gebiet von Judäa und Samaria? Israel habe gesehen, was man nach dem Abzug aus dem Gazastreifen bekommen habe, so Netanjahu (diepresse.com, 07.04.2019). Im Fall eines weiteren Abzugs sei ein „Gazastreifen in Judäa und Samaria“ zu befürchten. Israel hat den Gazastreifen 2005 geräumt, 2007 übernahm dort die radikalislamische Hamas gewaltsam die Kontrolle.

Die US-amerikanische Anerkennung der Annexion der Golanhöhen sieht Netanjahu als sein Verdienst an – ebenso wie die zugesagte Umsiedlung der US-Botschaft aus Tel Aviv in die – international nicht anerkannte – israelische Hauptstadt Jerusalem. Nach den Golanhöhen wolle man nun „zur nächste Phase übergehen“ und die israelische Souveränität auch auf das Westjordanland ausweiten, so Netanjahu (a.a.O.).

Die meisten arabischen Staaten sind mit Israel verfeindet und erkennen den israelischen Staat nicht an. Zuletzt hatte es hinter den Kulissen aber eine Annäherung zwischen Israel und einigen Golfstaaten wie Saudi-Arabien gegeben.

Das Vorhaben Israels ist ein fatales Signal für den Friedensprozess in Nahost. Für innenpolitischen Nutzen nahm Netanjahu diplomatischen Schaden schon immer in Kauf. Das gilt für die umstrittene Anerkennung der besetzten Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet durch die US-Regierung oder die Verlegung ihrer Botschaft nach Jerusalem. Die Annexion der Siedlungsgebiete – möglicherweise erneut mit Unterstützung durch die USA – wäre eine maximale Provokation.

Die könnte Israel sehr gefährlich werden. Die radikalislamische Hamas im Gaza-Streifen ist geschwächt, die Bevölkerung entdeckt derzeit den Protest gegen sie. Auch die Hamas muss Stärke demonstrieren – das tut sie bevorzugt mit Raketen auf israelisches Staatsgebiet. Diese Provokation wäre ein Anlass dazu.

Zudem riskiert Netanjahu, einen starken Verbündeten in der arabischen Welt zu verlieren. Er braucht Saudi-Arabien!