Die Enthüllungen in der deutschen Presse (SPON, sueddeutsche.de) über ein fragwürdiges Treffen des zurückgetretenen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte haben auch außerhalb Europas ein Medienecho ausgelöst.

In den us-amerikanischen Medien werden die vermeintlichen Verbindungen Russlands in die österreichische Politik als „direkter Draht zu einer Regierung im Herzen Europas“ (nytimes.com) aufgegriffen. Washingtonpost.com sieht in dem Skandal einen „Schlag gegen die europäischen Anti-Einwanderungsparteien“, die sich als „glaubwürdige Regierungsalternativen“ positionieren wollten.

Der Tag, der den Untergang von Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache einleitet, war der 24. Juli 2017 (t-online.de). Der Ort des Geschehens: Mitten auf Ibiza, sechs Kilometer vom Meer und sieben Kilometer von Ibiza-Stadt entfernt. Wer zwei Jahre später das Anwesen, die „Villa Can Mass” mieten will, muss dafür 7.671 Euro bezahlen. Es war ein gerade erst renoviertes Luxus-Anwesen, in dem der Politiker heimlich gefilmt worden ist. In dem veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Strache damals einer vermeintlichen russischen Oligarchin vor Ort auf Ibiza öffentliche Aufträge und Aussicht gestellt hatte, wenn sie der rechtspopulistischen FPÖ zum Wahlerfolg verhelfe.

FPÖ-Funktionäre unterhalten seit einiger Zeit enge Kontakte nach Russland. Die europäischen Dienste fürchten, dass ihre geheimen Informationen dort bereits gelandet sind.

Die Freiheitlichen hatten bereits 2016 in Moskau eine „Vereinbarung über Zusammenwirken und Kooperation“ mit Wladimir Putins Partei Geeintes Russland unterzeichnet. Als gemeinsames Ziel wurde damals die „Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude“ genannt.

Ein schwerer politischer Fauxpas unterlief der von der FPÖ nominierten Außenministerin Karin Kneissl. Im vergangenen Jahr lud sie Putin als Ehrengast (welt.de) zu ihrer Hochzeit ein und begrüßte ihn mit einem Hofknicks.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sieht offenbar erhebliche Risiken in der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit Österreich (a.a.O.). Haldenwang hat in dieser Woche entsprechende Äußerungen im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestages gemacht.

Demnach hat Haldenwang den österreichischen Behörden zum wiederholten Male sein Misstrauen wegen möglicher Informationsweitergabe an Russland ausgesprochen.

Fazit: Das Vertrauen der Wähler in die Regierung ist angekratzt. Österreich hat ein Problem. Wenn die FPÖ nun in der Wählergunst abstürzen sollte, besteht die Gefahr eines Zwei-Parteien-Staats aus ÖVP und SPÖ. Daraus lässt sich nur eine Lösung schlussfolgern: „Der einzige Ausweg aus der schier ausweglosen Situation, die die Welt wieder einmal spöttisch auf Österreich blicken lässt: Eine völlige Katharsis, ein Neustart“ (kurier.at).

Nach dem Bruch der österreichischen Regierungskoalition 18 Monate nach dem Start bereitet sich das Land auf eine Neuwahl vor. Bundespräsident Alexander Van der Bellen berät sich mit Bundeskanzler Sebastian Kurz über die nächsten Schritte. Konkret geht es um einen Fahrplan bis zur Neuwahl. Es müsse jetzt „getan werden, was notwendig ist, um das Vertrauen wieder herzustellen“, so Van der Bellen (tagesschau.de).

FPÖ-Politiker Strache räumte ein, es sei dumm, unverantwortlich und ein Fehler gewesen. Er nannte seine Äußerungen „nüchtern gesehen katastrophal und ausgesprochen peinlich“ und entschuldigte sie als „typisch alkoholbedingtes Machogehabe“, während dem er sich aus seiner eigenen Sicht allerdings nicht auf Rechtsbrüche eingelassen habe.

Kurz nach Strache kündigte auch der FPÖ-Fraktionschef im Nationalrat, Johann Gudenus, seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern an. Den Koalitionsbruch konnten die Rücktritte nicht verhindern. Zwar habe man in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich zusammengearbeitet und viele Wahlversprechen umgesetzt, so Bundeskanzler Kurz. Das Video allerdings mache ein Ende der Koalition unausweichlich.

Die AfD hat vorgemacht, wie man zur politischen Partei Nummer eins in den sozialen Medien wird. Bei Facebook ist sie unbestrittener Platzhirsch und die am häufigsten geteilte Partei. Mit dem „Deutschland-Kurier“ hat sie auch ihre eigene Zeitung. Die Berichterstattung in den Mainstream-Medien zur AfD war alles andere als neutral, wenn sie überhaupt erfolgte. Und wo sie erfolgte, handelte es sich zumeist um redaktionelles AfD-Bashing.

Mittlerweile ist klar: Die AfD hat ihre Newsroom-Ankündigung geschickt vermarktet, aber so viel verändert hat sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit seitdem nicht. Ursprünglich sollte der Newsroom Unter den Linden Platz finden, in einem aus drei kleineren Zimmern verbundenen großen Raum – dort sitzt aber offenbar bis heute kaum jemand.

Aufsehen in dieser Hinsicht erregte auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie schwärmte im Magazin der Jungen Union, beim Auftakt zum Werkstattgespräch Migration habe die CDU keine Presse zugelassen, es habe nur einen Livestream gegeben. „Wir waren Herr über die Bilder, wir haben die Nachrichten selbst produziert. In diese Richtung wird es weitergehen.“ (tagesspiegel.de). Diese Ansage geht über das Ziel, in den sozialen Medien aktiver zu sein, weit hinaus. Es geht darum, selbst direkt an den Zuschauer zu senden. Dementsprechend wird für die CDU das Übertragen von Statements und Fachkonferenzen immer wichtiger.

„Newsrooms“ gibt es im Berliner Politbetrieb mittlerweile einige. In der SPD-Parteizentrale nennen sie ihre Presse- und Öffentlichkeitsabteilung schon seit 2016 so. Die Unionsfraktion hat ihren, die SPD-Fraktion einen „Newsdesk“. Auch das Auswärtige Amt nennt seine Presse- und Öffentlichkeitsabteilung „Newsroom“. Er bedient klassische Ausspielwege, aber verstärkt auch neue Medien. Auf Reisen müssen Journalisten jetzt manchmal warten, weil Minister Heiko Maas erstmal den Content für Instagram aufzeichnet (tagesschau.de 21.03.2019).

Statt sich an Journalisten zu wenden, um Antworten zu erhalten, hat die Öffentlichkeit eher das Gefühl, von widersprüchlichen Informationen überwältigt zu werden.

Kein Wunder, dass das allgemeine Vertrauen in Journalisten auf dem absoluten Tiefpunkt ist. Gemäß dem 2017 Edelmann Trust Barometer ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die globalen Medien seit letztem Jahr von 51 auf 41 Prozent gesunken, auf ein Niveau, welches dem schwindenden Vertrauen in Regierungsmitarbeiter entspricht (rubikon.news).

„Die Medien haben versagt. Viele Fernsehanstalten sind nur noch lächerliche Abziehbilder ihrer selbst, und unter Milliardären scheint es neuerdings in Mode gekommen zu sein, Zeitungen aufzukaufen und so eine ernsthafte Berichterstattung über die Reichen und Superreichen zu verhindern. Seriösen Investigativ-Journalisten fehlt es dagegen an den finanziellen Mitteln. Das hat Folgen: Neben der Süddeutschen Zeitung und dem ICIJ hatten, entgegen anderslautenden Behauptungen, auch Redakteure großer Medien Dokumente aus den Panama Papers vorliegen – und entschieden, nicht darüber zu berichten. Die traurige Wahrheit ist, dass einige der prominentesten und fähigsten Medienorganisationen der Welt nicht daran interessiert waren, über diese Geschichte zu berichten.“ (Manifest von John Doe zu den Panama Papers, sueddeutsche.de, 6. Mai 2016).

Offenbar ist es nicht nur das Internet, das den klassischen Akteuren in den Redaktionsstuben das Leben schwer macht. Nun tickt auch noch die Gesellschaft anders (deutschlandfunkkultur.de). Uns Journalisten gelingt es immer weniger, unsere Rolle als Mittler zwischen Politik und Gesellschaft zu spielen. Auch die Kontrollfunktion, die den Medien in der Demokratie als vierte Gewalt zugeschrieben wird, schwindet.

Die Journalisten liefern uns heute etwas ganz anderes als damals. Das System der Massenmedien wird inzwischen vom Imperativ der Aufmerksamkeit regiert. Dieser Imperativ hat Qualitätskriterien wie Neutralität, Objektivität oder Vielfalt zu Worthülsen gemacht und ist zu einem Strudel geworden, der die Glaubwürdigkeit mitgerissen hat.

Guter Journalismus ist schwieriger geworden. Wer nur auf Klicks und Publikumsmaximierung aus ist, der vernachlässigt Themen, die komplex sind, die Aufwand erfordern, die unbequem sind. Wer auf Prominente fixiert ist und auf Konflikte zwischen Spitzenpersonal, der blendet Ursachen aus. Und wer von den PR-Stäben einen Superlativ nach dem anderen geliefert bekommt, macht sich vielleicht nicht mehr die Mühe, selbst nach Themen zu suchen und Inhalte zu überprüfen.

Um die Wiedervereinigung gab es in Deutschland die Diskussion, ob man mit der Vereinigung nicht eine neue Nationalhymne einführen sollte. Man beließ es aber bei der dritten Strophe des „Liedes der Deutschen“. Jetzt, im Zuge der Europawahl und der zunehmenden Integration Deutschlands in die Europäische Union wird die Diskussion wieder angestoßen vom thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke). Zugleich sind auch die Kritiker wieder auf dem Plan.

Ramelow aber weist die Kritik an seinem Vorschlag, über eine neue Nationalhymne zu diskutieren, zurück. Das „Lied der Deutschen“ sei während der Wiedervereinigung ohne Diskussion zur Hymne geworden, obwohl der damalige Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maiziere, einen alternativen Vorschlag gemacht habe (welt.de). Er schlug den Text von Brechts „Kinderhymne“ als neue Nationalhymne vor.

De Maiziere hatte angeregt, den Text der DDR-Hymne mit der Melodie von Joseph Haydn zu verbinden und sei dafür „ziemlich arrogant abgebürstet worden“, sagte Ramelow. „Dabei wäre es doch klug gewesen, mit einer gemeinsamen neuen Hymne auch ein Symbol für die deutsche Einheit zu finden.“

Er bedaure, „dass wir vor 29 Jahren, als die demokratisch gewählte Volkskammer der DDR und der Bundestag sich auf den Weg zur deutschen Einheit gemacht haben, keine längere Diskussion über eine andere Nationalhymne geführt haben, in der sich alle wiedererkennen können“.

Ramelow bekräftigte, dass er „kein Problem“ mit der von Hoffmann von Fallersleben gedichteten Nationalhymne habe. Er „singe die dritte Strophe gerne mit“ und „kenne auch den Entstehungskontext der ersten beiden Strophen“. Fallersleben habe ein Befreiungslied geschrieben. Er könne aber nicht ausblenden, was die Nazis aus der ersten Strophe gemacht hätten. Zudem wisse er, was gemeint sei, wenn Rechtsradikale heute ,Deutschland, Deutschland, über alles‘ sängen.

Der Ministerpräsident Thüringens spricht sich für einen Hymnen-Wettbewerb aus (epochtimes.de). Er selbst fände die im Jahr 1950 von Bertolt Brecht gedichtete Kinderhymne in Kombination mit Haydns Melodie „eine bessere Variante“. Der Text von Brecht sei „ein humanistisches Bekenntnis, da steht niemand über oder unter jemand anderem. Ich kann die Empörung über meinen Vorschlag jedenfalls nicht verstehen“. Am heftigsten werde er von denen attackiert, die am liebsten die erste Strophe sängen.

Muss es immer so kompliziert sein mit der deutschen Hymne? Was ist mit Frankreich oder England, wo die Fußballfans bei Länderspielen zu Beginn einfach die Marseillaise und „God Save the Queen“ singen?!

Vor 1918 hatte das Kaiserreich keine offizielle Hymne; gebräuchlich sind die Kaiserhymne „Heil dir im Siegerkranz“ (auf dieselbe Melodie wie „God Save the Queen“) und die „Wacht am Rhein“ („Lieb Vaterland, magst ruhig sein“).

Weimar: Der Weltkriegsmythos, 1914 bei Langemark in Belgien seien junge Rekruten mit „Deutschland, Deutschland über alles“ auf den Lippen in den Tod gestürmt, verschafft dem Deutschlandlied viel Renommee. Friedrich Ebert erklärt es 1922 zum offiziellen Lied der Republik.

NS-Zeit Die Nationalsozialisten lassen ab 1933/34 nach der ersten Strophe des Deutschlandlieds ihre Parteihymne, das Horst-Wessel-Lied, singen („Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen, SA marschiert mit ruhig festem Schritt“). Dazu wird der Hitlergruß Pflicht (wikipedia.de).

Nach 1945 Vor allem besteht zunächst Unklarheit; erst 1952 legten Theodor Heuss und Konrad Adenauer „Einigkeit und Recht und Freiheit“ als Hymne fest. Noch 1949 wird beim Kölner Steherrennen als Ersatz „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ gespielt (rp-online.de).

Man darf gespannt sein, wie sich das Ganze entwickelt. Es sei darauf hingewiesen, dass unsere Hymne mittlerweile schon fast hundert Jahre alt ist. Wir haben eine Tradition, welche mit unserem Staat gewachsen ist.

Nicht zuletzt ist entscheidend, dass bis 1990 das ganze „Lied der Deutschen“ die Nationalhymne war und bei öffentlichen Anlässen nur die dritte Strophe gesungen wurde.

Seit 1991 ist nur noch die dritte Strophe des „Deutschlandliedes“ die deutsche Nationalhymne (wikipedia.de). Wir sind nicht über, sondern unter anderen in Europa, Herr Ramelow …

Sie schlagen die Trommel,

ziehen im Gleichschritt.

Die Banner gehisst,

die Parolen skandiert.

Das Land schläft!

Was Dein ist an Gut,

das gehört jetzt uns.

Du bist nichts,

wir sind alles.

Das Land schläft!

Zu unserer aller Sicherheit

weiß der große Bruder alles.

Wo immer Du stehst,

wo immer Du gehst.

Das Land schläft!

Wir machen wieder unser Ding,

keine fremden Gedanken.

Lieber trautes Vergangenes,

als unsicheres Zukünftiges.

Das Land schläft!

Politische Korrektheit,

des Untertanen erste Pflicht!

Im Mainstream ist´s bequem,

Querdenken nervt!

Das Land schläft!

Pflicht des Bürokraten:

die Probleme verwalten.

Montag bis Freitag, genug Zeit!

Lösungen finden wir andermal.

Das Land schläft!

Gleichgültigkeit, ja man kennt´s,

das sanfte Ruhekissen.

Rubikon zwischen Apathie und Blödheit,

haben wir ihn schon überschritten?!

Das Land schläft!

Sie schlagen die Trommel,

ziehen durch die Lande.

Verstörte Blicke begleiten sie,

den Angsthauch im Genick.

Das Land schläft!

Sie versemmeln dir den ganzen Tag und das tun sie mit voller Absicht, denn es ginge auch ein wenig weniger impertinent und ein wenig weniger stoisch und ein wenig weniger penetrant und ein wenig weniger muffig und ein wenig weniger laut und einfach ein wenig weniger. Aber das Empfinden der Menschen ist unterschiedlich und was du vielleicht akzeptierst, lässt den Nächsten in Rage verfallen oder er/ sie ergreift die Flucht. Wir finden zunächst immer irgendwelche Entschuldigungen, die uns daran erinnern, dass es ja noch schlimmer als schlimm kommen könnte. Die Angst im Nacken, dass der Frieden kippt und du eines Tages explodierst wie eine Bombe oder gar Selbstjustiz ausübst, ist zunächst dein Garant, die Schnauze zu halten. Aber wie lange geht das gut? Wie lange erträgst du diese abwertenden Gesichter, das Gehämmere der Baumarkt-Selbst-Schrauber-Wochenend-Handwerker oder den spitzen Tritt von durchgeknallten Stöckelschuhen über dir? Wie lange noch verkneifst du dir das scharfe Abbremsen, wenn das weiße Auto hinter dir deine Heckscheibe berührt und dir klar macht, dass deine Karre zu langsam ist für ein Überholmanöver? Wie lange noch erträgst du das belanglose Geschwätz der Vorgärten-Figuren, bei denen es stets um „die Anderen“ geht und die so unproduktiv sind, dass man sich nach einem Nickerchen auf der Couch sehnt? Schaffst du es, diesen täglichen Nervtötern aus dem Weg zu gehen und trotz allem ein ausgeglichenes Lächeln in deinem Gesicht zu tragen? Wohl kaum. Schauen wir uns in der Gesellschaft um, so nimmt sich jeder das Recht, tun und lassen zu können, was und wie er das für richtig hält und das ist selbstverständlich die Freiheit der individuellen Entwicklung eines Menschen. Der Begriff „gegenseitige Rücksichtnahme“ ist sicherlich auch bei jedem im Gedächtnis geblieben, aber davon wird selten Gebrauch gemacht. Immer wieder halten sich Menschen für besser, wichtiger, schöner – einfach eine Stufe über den anderen und du fragst dich, wie sie zu dieser Einstellung kommen. Die Chefsekretärin behandelt dich wie das Putzpersonal, der abgeblitzte Verehrer neidet dir jeglichen Erfolg, dein Chef verlangt das du dich verausgabst (schließlich zahlt er für tägliche Höchstleistungen), deine Nachbarn qualmen dir die Wäsche voll und so weiter. Sehr schade, wenn all diese Egozentriker dir deine gute Stimmung rauben und das, was morgens gut gelaunt angefangen hatte, abends umgekippt und du dich schlichtweg ausgelaugt fühlst. Seelenvampire… es sind kräftezehrende Wesen, die gedankenlos ihr eigenes Ding durchziehen und keine Empathie besitzen.  Unsere Gesellschaft ist krank und dafür gibt es leider keine wirkungsvolle Medizin. Vielleicht kokst, säuft oder schnüffelt sich der eine oder andere ins illusorische Paradies, aber eine echte Lösung ist das nicht. Zartbesaitete Gemüter leiden einfach unter dieser egoistischen Ellenbogengesellschaft, leiden unter Schlafstörungen oder stehen kurz vor dem Amoklauf. Diese Kraftsauger hören nicht eher auf, bis sie alles platt gemacht haben – dich inklusive. Heute geht es nicht um die Gründe, w a r u m die Nervensägen so sind wie sie sind, sondern um die Seite der „Opferrolle“, die sie dir zuschieben wollen und gegen die du machtlos zu sein scheinst. Was bleibt dir anderes übrig als der Rückzug und dein Besinnen auf die wenigen Liebgewonnenen und dir selbst? Dein Schwert ist deine Gelassenheit – so schwer sie dir auch fallen mag, aber der beste Weg um unbeschadet ins Alter zu kommen. Du kannst die Sauger nicht ändern oder mundtot machen und eine weitere Steigerung der egoistischen Verhaltensweisen wird zukünftig 100%ig  kommen, denn viel zu viele Menschen auf diesem Planeten kämpfen um die gleichen Sachen, Lebensräume und Vorteile und es werden faktisch immer mehr. Solltest du also nahezu täglich von deiner Umgebung und den Umständen oder den dich umgebenden Leuten ausgelaugt sein, liegt es einfach an der schier unendlichen Masse. Es ist wie auf einer Autobahn, auf der ein flüssiges Fahren aufgrund zu hohen Verkehrsaufkommens unmöglich ist und es unausweichlich zum Stau kommen muss. Alle Sachen, die uns so unendlich Kraft rauben sind nur ein Zeichen, dass wir mit allem was wir tun, kurz vor ROT stehen und es allerhöchste Zeit wird, dass diese „angestaubten“ Old School- und Benimm-Regeln und wichtige Werte wie Etikette, Honoration, Achtung, Demut, Aufmerksamkeit, Ethik wieder Oberhand gewinnen und der gegenwärtigen Gesellschaft zu einem menschlichen Ruck verhelfen, der umgehend nötig ist. DAS gehört meiner Ansicht nach zu jedem Studiengang für zukünftige Führungspersönlichkeiten, Top-Manager und Businessleute dazu! Sie müssen in ihren Schädel implantiert bekommen, dass sie Wert auf solche Dinge legen, ihr Personal entsprechend beobachten und auswählen, um ein vergiftetes, schlechtes Betriebsklima auszuschließen – im Business ebenso wichtig wie im Privatleben. Wer sich mies verhält, fliegt raus. Ende. Offenbar lernen Menschen nur durch Zwang oder die schmerzliche Erfahrung, etwas Wichtiges zu verlieren, aber anders geht es nicht. Und vielleicht überträgt sich dieses Verhalten tatsächlich auf das private Leben und wir spüren einen deutlich humaneren Wind in unserem Alltagsleben. Die Ellenbogengesellschaft wurde geschaffen durch eine Geschäftswelt, die mehr Wert auf schwarze Zahlen als ein faires Miteinander mit Respekt, Höflichkeit und gegenseitiger Unterstützung legt. Genau das muss sich ändern, wir alle tragen die Verantwortung im Sinne eines konstruktiven und nachhaltigen Handelns – privat ebenso wie beruflich.

 

© Petra M. Jansen

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Auf den ersten Blick ist die Entwicklung nicht besonders bedeutend, die Krawatte ist schließlich nur ein modisches Accessoire am Hals des Mannes. Und doch war der Binder in Unternehmen, insbesondere am Finanzplatz Frankfurt, lange Zeit viel mehr: ein Symbol für die Seriosität der Geschäftswelt und der eigenen Person und damit zugleich eine Art Rückversicherung für seinen Träger, der sich mit der Krawatte auch als Teil einer bestimmten, erfolgsorientierten Gruppe auswies. Der Binder changiert mehr noch als der Anzug zwischen Uniformität und Individualität.

Sosehr die Krawatte jahrzehntelang stilbildend war, so sehr steht sie zunehmend für die „Old Economy“ (faz.net), für Konzerne, die Deutschland groß gemacht haben. Doch heute geben Unternehmen aus dem Silicon Valley den Trend vor. Dort geht es nicht mehr um den Nachweis deutscher Gründlichkeit durch einen akkurat sitzenden, sauber gebundenen Schlips, sondern darum, den Eindruck von Geschwindigkeit, Flexibilität und jugendlichem Unternehmertum zu erwecken.

Ganz ausgestorben ist sie freilich nicht. Bei einem Festakt der Bundesbank vergangene Woche (zeit.de) etwa trugen die Herren fast durchweg Schlips. Auch in vielen Kanzleien und Beratungsunternehmen gehört die Krawatte immer noch zum guten Ton. Und, ja, es gibt Männer, die einen ganz banalen Grund haben, eine Krawatte zu tragen: weil es ihnen gefällt.

Über den genauen Ursprung der Krawatte gibt es geteilte Ansichten. Die älteste Erwähnung geht auf die Trajanssäule in Rom und das Jahr 200 n.Chr. zurück. Auf der Säule zu Ehren des römischen Kaiser Trajan posiert ein römischer Legionär der ein schmuckvolles Leinentuch um den Hals trägt (tieroom.de). In der damaligen Zeit diente dieses Leinentuch vermutlich hauptsächlich zum Schutz vor Kälte und zum Schnauben der Nase.

In der modernen Geschichte rechnet man Frankreich den Ursprung der Krawatte zu. Eine französische Erfindung ist der Schlips trotzdem nicht. Weit gefehlt. Kroatische Soldaten haben den Vorgänger der heutigen Krawatte während des 30-jährigen Krieges in Frankreich getragen. Das französische Wort „Cravat“ ist im Französischen von der Nationalitätsbezeichnung für Kroaten (la croate) abgeleitet und bezeichnet ein dekoratives Halstuch der kroatischen Kavallerie im dreißigjährigen Krieg. Das Halstuch wurde in Kriegszeiten getragen um Freund und Feind besser zu unterscheiden. Damals waren Krawatten aus Seide den Offizieren vorbehalten. Einfache Soldaten mussten sich mit Krawatten aus einfacheren Materialien zufrieden geben.

Im 17. Jahrhundert verbreitet sich die Krawatte schließlich von Frankreich aus ins restliche Europa. Sie wird gern von vornehmen Adligen und wohlhabenden Bürgern getragen. Das sogenannte kroatische Ritterhalstuch ist zur Zeit des französischen Barock groß in Mode. Das Ritterhalstuch war ein langes weißes Stofftuch aus Baumwolle oder Leinen welches auf komplizierte Weise geknotet und um den Hals gelegt wurde. Manchmal wurde es dekoriert mit Spitze. War man faul, konnte man das kroatische Ritterhalstuch auch fertig dekoriert und gebunden kaufen. Die Wohlhabendsten trugen in dieser Zeit so genannte Spitzenrüsche als Ausdruck von enormen Reichtum und Status. Beispielsweise kostete die Spitzenrüsche des englischen Königs Karl II. im Jahr 1660 nach heutigen Maßstäben zirka 10 Jahreslöhne eines Besserverdieners der damaligen Zeit.

Die Finanzwelt folgt heute einem Trend, der bei Tech-Firmen im Silicon Valley längst keiner mehr ist. Schon in den Fünfzigerjahren begann dort eine Entwicklung, die vielen heute als „Casual Friday“ bekannt ist. Von Montag bis Donnerstag galt in den Büros ein strenger Dresscode, am Freitag durfte es als Einstimmung ins Wochenende statt Hemd auch mal der Rollkragenpullover sein. Heute ist aus der wöchentlichen Ausnahme längst ein Standard geworden: Kapuzenpulli und Sneaker sind die Uniform der Westküste.

Im Kampf um junge Talente soll der neue Dresscode vielen Unternehmen – darunter viele Start-Ups – helfen, mit der Lässigkeit des Silicon Valley gleichzuziehen.

Kawatten sind out, nur Anwälte oder Banker tragen noch welche – aber müssen die sich bei ihren Kunden anbiedern?!

Die alten Dresscodes gibt’s nicht mehr. Alle erfinden sich neu, geben sich kreativ – und unterstreichen das auch äußerlich. Bloß keine Krawatte! Die schmalen Seidentücher, einst Status-Symbole für Stand und Position, sind fast schon stigmatisierend. Dunkler Anzug und steife Krawatte ist gleich exorbitanter Tagessatz!

„Overdressed ist heute ein Geschäftsrisiko“ klagen Unternehmensberater (glam-o-meter.com 13.05.2018). Die zweite Frage der Leute laute immer: „Wie ist der Dresscode?“.

Eine Revolution ist im Gange. Den Herren „geht es an die Gurgel“ …

Der Kapitalismus sei in viel zu viele Lebensbereiche vorgedrungen: „So können wir auf keinen Fall weitermachen“. Er habe das sehr ernst gemeint, was er formuliert habe, bestätigte Kevin Kühnert (zeit.de). „Ich habe keine Lust mehr darauf, dass wir wesentliche Fragen immer nur dann diskutieren, wenn gerade Friedenszeiten sind, und im Wahlkampf drum herumreden“, so der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation. Er hat die SPD aufgefordert, die von ihm angestoßene Debatte offensiv zu führen.

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Sozialismusthesen von Juso-Chef Kevin Kühnert scharf zurückgewiesen. „Wer als Sozialdemokrat die Enteignung und Sozialisierung großer Industrien fordert (gemeint ist Verstaatlichung), dem ist die Aufmerksamkeit der Medien gewiss“, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag (handelsblatt.com). „100 Jahre empirisch gesicherte Erfahrung mit staatlich gelenkten Volkswirtschaften haben gelehrt, dass sie wegen mangelnder Effizienz und Qualität bankrottgehen und zudem auch für die soziale Verelendung ihrer Beschäftigten sorgen“. Aber das ignoriere Kühnert.

Kritik an Kühnerts Ideen kam nun auch vom Industrieverband BDI. „Unausgegorene Ideen für eine sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsform verlieren sich im Nebel aus unbestimmten Wünschen und Rezepten von gestern“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.

Kühnert hatte in einem Interview mit der ZEIT zum Thema Sozialismus gesagt, dass er für eine Kollektivierung großer Unternehmen „auf demokratischem Wege“ eintrete: „Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW „staatlicher Automobilbetrieb“ steht oder „genossenschaftlicher Automobilbetrieb“ oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht“.

Nicht umsonst legen einige Gazetten Wert darauf, Kühnert habe nicht von Verstaatlichung und Enteignung gesprochen, sondern von „Kollektivierung“.

Der Spott bleibt nicht aus. CSU-Generalsekretär Markus Blume empfahl Kühnert den Wechsel zur Linkspartei. „Mit solchen Leuten ist kein Staat zu machen und kann eine Regierung nicht funktionieren“, sagte er mit Blick auf die Große Koalition (dpa.com). Die SPD-Spitze müsse sich „von solchen Hirngespinsten distanzieren“.

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg mahnte, die SPD müsse dringend ihr Verhältnis zum Eigentum klären. Der frühere Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) twitterte: „Und in den Sozialistischen Motorenwerken Bayerns (vor der Revolution ‘BMW’) machen die Kevin-Kühnert-Pioniere ihre Arbeitseinsätze.“

Auch aus der SPD kam Kritik. „Was für ein grober Unfug“, schimpfte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, auf Twitter. „Was hat der geraucht? Legal kann es nicht gewesen sein“ (jungefreiheit.de).

Nachdem in der ZEIT das Interview mit Kühnert unter dem Titel „Was heißt Sozialismus für Sie?“ erschien, hat die Kampagne einen neuen Höhepunkt erreicht. Obwohl Kühnerts „Utopie“ des Sozialismus, wie er selbst erklärt, konkret nichts anderes meint als „eine Wiederherstellung der Sozialstaatsversprechen der Siebziger, Achtzigerjahre in upgedateter Form“, überschlagen sich die Medien, führende Politiker in Regierung und Opposition sowie die Gewerkschaften mit wüsten anti-kommunistischen Tiraden.

Die WORLD SOCIALIST WEB SITE titelt gar: „Herrschende Klasse fürchtet Gespenst des Sozialismus!“ (wsws.org 04.05.2019).

Kühnerts Forderung ist mehr als radikal. Man könnte diese Aussagen als originelle Gedankenspielerei eines Außenseiters abtun, aber sie kommen eben von einem prominenten Sozialdemokraten, der ernst genommen werden will. Und er findet bei Grünen und Linken, wenn überhaupt, nur verhaltenen Widerspruch. Wir stehen also doch an einer Art Wegmarke der Debatte, und die verlangt Klartext. Es geht immerhin um unser Wirtschaftssystem, Ludwig Erhards soziale Marktwirtschaft.

Manchmal hast du keine Wahl und denkst, du hattest und hast die Wahl. „Man hat immer eine Wahl“ sagt der Spruch, den jeder kennt. Doch hättest du die Wahl gehabt, hättest du das eine oder andere sicher nicht gewählt. Blutleer und erschöpft, am Rande des Liegens auf der Pritsche derer, die dorthin gehen, um dringend Seelenhilfe zu bekommen. Ist ja irgendwie so wie mit den Leuten, die eigentlich gar nix können, es dennoch tun müssen und ihre eigene gemixte Suppe auslöffeln müssen. Würgereiz inklusive. Du hilfst ihnen vielleicht das Groteske der Situation verständlich zu machen, aber die Crux ist ihre Wahllosigkeit, der Zwang irgendetwas tun zu müssen, damit sie überleben können. Wie es denen geht oder gar dir, solltest du in dieser fatalen Schieflage sein, interessiert niemanden. Es gibt tatsächlich Umstände, die lassen dir keine Wahl – nicht einen kleinen Moment des Entscheidens ob du hier oder da lang willst. Dir steht das Wasser bis zum Hals, aber du bist kein fauler Hund und keiner, der aufgibt. Also Arschbacken zusammenpetzen und durch! „Wer die Wahl hat, hat die Qual?“ Gilt genau dann, wenn du es garantiert nicht gebrauchen kannst und solltest du tatsächlich mit dem Rücken an der Wand stehen, wählst du nichts anderes als den Fluchtweg nach da draußen – sofern es möglich ist. Doch so einfach ist es nicht mit dem Spruch dort oben, denn es gibt jede Menge Dinge in denen niemand die Wahl hatte oder hat. Ist so wie mit der Politik: Du glaubst, du hast die Wahl zu wählen, aber – egal was du tust – es bleibt immer alles bei der gleichen Scheiße. Nichts ändert sich sichtbar, auch ein anderer Kopf an der Macht, macht es nicht besser. Sei ehrlich, hast du immer die Wahl? Ist dein Leben wirklich eine Wundertüte, in die du greifen kannst und frei wählen, was du magst? Scheint so – am Anfang und wenn du alles richtig gemacht hast, dich brav dem System untergeordnet hast, auf Mama und Papa gehört hast, deine Biografie lückenlos vorlegen kannst, deine Schufa-Auskunft bloß keine Eintragung hat, deine Ehefrau dich nicht um Tausende + eine halbe Immobilie ärmer gemacht und mit dem Nächsten abgehauen ist, deine Kids artig und ohne Umwege das Abi gemacht haben, deine Gesundheit stets auf dem Top-Level war, du niemals zu sozial warst , dein letztes Hemd gegeben und Gott und der Welt geholfen hast (Nächstenliebe halt), deine Rente abgesichert ist und du immer schön die Klappe gehalten und dich angepasst hast. Andernfalls dürftest du irgendwann nicht mehr die Wahl haben. Doch du hast aus vollem Herzen gelebt, so unglaubliche Erfahrungen gemacht, ein riesiges Wissen aufgebaut und schaust zurück. Bei dir versagt jede offizielle Vita, die diese Gesellschaft verlangt und sie rümpfen die Nase, weil sie deinen unkonventionellen Weg nicht verstehen. Und jetzt stehst du da und fragst: „Hatte ich denn je eine Wahl?“ „Nein, du hattest keine“, wäre die korrekte Antwort. Und du lachst, weil du weißt, du würdest es genauso! wieder tun.

 

© Petra M. Jansen

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