Lieber Pierre,

des Menschen höchstes Gut – neben seiner Gesundheit – ist die Freiheit. Freiheit hat viele Gesichter und was, wer, wie als frei empfindet obliegt den individuellen Vorstellungen. Das Gegenteil dessen ist das, was wir mit Ausgrenzung oder Diskriminierung bezeichnen. Wir wissen, was die Achtung der Menschenrechte bedeutet und wir wissen, dass wir Menschen jeglicher Couleur gleich behandeln müssen, tun es aber nicht. Nach aktuellen Untersuchungen wurde etwa jeder 3. Deutsche irgendwie diskriminiert und angegriffen. Schwule, Lesben, Ausländer, Behinderte… die Liste ließe sich beliebig weiterführen. Es ist z.B. Fakt, dass Tätowierungen oder Piercings am Arbeitsplatz oft zum Ausschluss oder gar Ablehnung führen. Auf der einen Seite wollen wir Menschen, die aus der Reihe tanzen und anders sind, auf der anderen Seite betrachten wir sie wir exotische Wesen, jenseits der vernünftigen Normen, schütteln den Kopf oder zerreißen uns hinter vorgehaltener Hand heimlich den Mund. Ganz ehrlich, lieber Pierre, der Mensch langweilt mich mit seinen absurden Vorstellungen, wie etwas oder jemand zu sein hat. Ich kann es mir nicht verkneifen, unsere deutsche Nation als ein träges, stockkonservatives, verklemmtes Volk anzusehen, das imstande ist, ausländische Mitbürger als „Viehzeug“ zu bezeichnen oder kriminelle Gewalttaten gegen Andersartige (in ihren Augen) auszuüben. Elend schlecht wird es mir dabei, es ist zum Kotzen und ich habe nicht einmal ein wirksames Mittel dagegen.

Stellen wir das nun dem gegenüber, was wirklich dagegen helfen könnte, so ist es immer die Aufklärung der Menschen und die direkte Konfrontation mit ihren „Opfern“.  Auge in Auge sieht die Sache ganz anders aus, als es sich beim aggressiv geführten Stammtischgespräch, zeigt. Ich denke, die Aufklärung ist der Schlüssel zum Öffnen der verhakten Tür. Lieber Pierre, es ist ein echtes Geschenk, wenn ein Mensch nicht verfolgt und diskriminiert wird,  in Frieden leben kann, sich frei überall bewegen kann und das zum Ausdruck bringen darf, was ihn bewegt. Wir alle tun das und dort, wo gute Ansätze sind, gibt es auch stets Schattenseiten. Es gibt viele interessante Projekte (auch des Bundes) gegen Diskriminierung und für mehr Aufruf zu Toleranz in jeder Hinsicht. Deutschland ist ein Angstland. Die Deutschen leben in einem so reichen und freien Land und haben Angst um schlichtweg alles! Ihre Ängste gehen so weit, dass sie mit Versicherungen an der Spitze Europas stehen. Sie haben so viel Angst, dass es eine ganze Nation lähmen kann und die Medien tun ihr Übriges, um diese Ängste zu schüren.

Niemand kann sich komplett davon frei machen, nicht zu diskriminieren. Wir alle haben schon negative Worte gesagt und vielleicht nie darüber nachgedacht. Salopp etwas Abwertendes daher gesagt und es fällt uns vielleicht nicht einmal auf. Mein Appell wäre, generell ein achtenswertes Miteinander anzustreben und Menschen, wie dem türkischen Erdogan die rote Karte zu zeigen, denn er ist ein aktuelles Beispiel dafür, wie Freiheit und Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Im Jahr 2016!

 

Ich sende herzliche Grüße,

 

Petra

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

im Rahmen einer Verfassung eines Buches, bin ich auf folgende Originalkommentare von Martin Luther gestoßen. Ich gebe sie so weiter wie sie sind. Es entbehrt jeder Bemerkungen.

 

Zu den Juden:

 

„Wenn ich könnte, so würde ich ihn [den jüdischen Mitbürger] niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren.“

„Der „verböste Jude“ wird „nicht ablassen“, „dich auszusaugen und (wo er kann) dich zu töten.“

„… dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke, … dass man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre … “

 

Zu den Hexen:

„Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen … es ist ein gerechtes Gesetz, dass sie getötet werden. Sie richten viel Schaden an … sie können auch ein Kind bezaubern, dass es fortwährend schreie und nicht mehr esse noch schlafe. Schaust du solche Weiber an, wirst du sehen, dass sie ein teuflisches Gesicht haben. Ich habe deren etliche gesehen … man töte sie nur.“

„Deshalb töte man sie, weil sie mit dem Teufel Umgang haben.“

 

Zu den Huren:

„Wenn ich Richter wäre, so wollte ich eine solche französische, giftige Hure rädern und ädern lassen.“

 

Zu den Ehebrecher:

 

„… es wäre besser: tot, tot mit ihm, um böser[e]s Exempels willen zu meiden … Es ist der Obrigkeit Schuld: Warum tötet man die Ehebrecher nicht?“

 

Zu den aufständigen Bauern:

 

„Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Volk den Himmel eher mit Blutvergießen verdienen kann denn anders sonst mit Beten … steche, schlage, würge hie[r], wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmermehr erlangen. Denn du stirbst im Gehorsam gegenüber dem göttlichen Wort und Befehl.“

 

Zu behinderten Kindern:

 

„Der lutherische Hexenglaube nimmt dramatische Formen an, denn er mündet in die Auffassung, dass man arme, blödsinnige und geistesgestörte Kinder, in denen man Teufelskinder zu erkennen glaubte, ertränken soll.“

Nächstes Jahr wird 500 Jahre Reform gefeiert. Ein kleiner Vorgeschmack dazu!

 

 

Alles Liebe aus München

Umarmungen

 

Pierre

Fakt ist: Wer kein Talent hat, wird es auch durch die Internetpräsenz und eine Website, die vieles verbirgt und vertuscht, nicht bekommen. Fakt ist: Wer arbeiten nicht gelernt hat, wird die Kurve nicht kriegen. Verwöhntes Söhnchen, verwöhntes Töchterchen, die beim kleinen Aufschrei und Engpass tot gestreichelt und mit Moneten zugestopft werden. Tatsache, das sind unselbständige Personen, die niemals gelernt haben, auf eigenen Füssen zu stehen und Verantwortung zu tragen. Fakt ist: Wer hässlich und dick ist, ist kein Sympathieträger, denn es passt nicht in unsere Lifestyle-Welt. Dick ist nahezu asozial, egal wie man es drehen will und egal, wie tolerant und wohlwollend wir nicken. Dick ist schwerfällig und dick ist einfach nicht schick. Fakt ist: Wenn keine Ruhe in der Familienstruktur herrscht und geregelte Abläufe, wird es auch nichts mit dem beruflichen Erfolg, denn der ist eng daran geknüpft, wie man sein privates Leben organisiert. Geht’s zu Hause drunter und drüber, ist es im Job meistens auch so. Wer mit 40 noch nicht die Kurve gekriegt hat, sollte ernsthaft den Kurs korrigieren oder sich am Riemen reißen und endlich einmal die Stärken und Schwächen rausarbeiten und nicht auf allen Hochzeiten tanzen wollen. Polarisation heißt das Zauberwort. Jeder hat eine Stärke, es gilt, sie zu finden und zu nutzen, aber bitte quälen sie nicht die Menschheit mit oberflächlichem Scheißdreck oder völlig daneben liegendem Behavior. Fakt ist: Eine schlechte Qualität kann durch nichts schöngeredet werden. Es sei denn, man hat gerade einen sozialen, emotionalen Moment, in dem man Gnade walten lassen möchte (mehr die Mitleidsschiene). Niemand kann etwas hoch pushen und auf die Bühne zerren, was grottenschlecht ist und erwarten, dass das Publikum Beifall klatscht. Entweder der/ die Person hat das Zeug, die Menschen zu faszinieren und anzusprechen oder man geht besser hinter die Theke und verkauft Allgemeingut und hält ganz einfach die Klappe.

Fakt ist: Wir haben enormen Konkurrenzdruck und die Zeit des Mittelmaßes ist vorbei. Wir wollen aussagekräftige, authentische Leute, die etwas zu sagen haben und entweder tun sie das laut, verrückt oder absurd – aber sie tun es irgendwie „anders“ und oft mit großem Talent. Es schreit die Zeit nach guten Leuten. Fatalerweise ist unsere Gesellschaft so übersättigt und behäbig, dass sie sich in sehr wenigen Fällen aus dem Fenster lehnen oder – sofern das beabsichtigt ist – auch wirklich ernsthaft unterstützen oder kaufen. In den Social Media Communities herrscht reges Treiben. Dort sind sie alle und geben Beifall oder Blödsinn von sich, aber entscheidend ist, wie sich das alles im realen Leben rechnet. Ob sich Qualität wirklich durchsetzt, entscheiden am Ende immer die Konsumenten und Käufer. Aber was ist, wenn sie selbst schon abgestumpft und oberflächlich sind und – durch die mediale Konsumgesellschaft – eher auf „Zweitklassiges“ und Trivial-Dinge gepolt sind? Oftmals wird mehr geplappert als entschieden und am Ende sind wer die Verlierer in dem Wust? Richtig. Wir selbst! Es ist am Ende tatsächlich der Mensch, der Verbraucher und der Konsument, der mehr und mehr an Qualität und Anspruch verlieren wird, wenn er die Perlen nicht schätzen lernt. Und die Erschaffer müssen großes Talent, Kontinuität und Qualität beweisen, wenn sie bestehen wollen. Es ist nicht immer einfach, die Spreu vom Weizen zu trennen, aber es lohnt sich. Für uns alle, die ein interessantes und lebenswertes Leben mit Werten und Anspruch leben wollen und nicht eine banale Nachwelt von Modepuppen, Betrügern, Narzissten, Terroristen, Ausbeutern und medien-weichgespülten Robotern hinterlassen wollen, die das Denken verlernt haben.

Fakt ist: Dazu gehört es, dass sich jeder auf den Hintern setzt und sein Bestes dazu beisteuert und auch dem gegenüber Respekt und Wertschätzung entgegenbringt, der es verdient hat. Und zwar nicht nur virtuell mit einem dummen Däumchen nach oben, der so unwichtig ist wie künstliche Fingernägel.

 

© Petra M. Jansen

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Lieber Pierre,

du sprichst ein Thema an, das uns vielleicht alle eines Tages beschäftigen wird. Sollte dein Brief heute weniger Resonanz haben als sonst, liegt es an der Ignoranz der Gesellschaft, die solche Fragen und „Zustände“ gerne weit nach hinten schiebt. Ich gebe dir ein Beispiel der gesellschaftlichen Ignoranz, die immer wieder auf eines hinaus läuft: „Was geht es mich an? Ich bin doch nicht betroffen.“ Unlängst wurde im Internet ein scheinbarer Betrüger entlarvt und – trotz der Warnung – wurde das größtenteils ignoriert mit den wenig verantwortungsvollen Worten „Na, mir hat er doch nichts getan. Ich habe anderes zu tun, als mich darum zu kümmern.“ So ist es auch mit Dingen, die einen Menschen derzeit nicht betreffen oder ihm Leiden zufügen. Die Gesellschaft krankt an einer schlimmen Krankheit, ich nenne sie Ignoranz. Um jeden Preis wird Altern ignoriert, das absolut notwendige Altern eines Menschen mitsamt Wehwehchen, Falten, Gewichtszunahme usw. Dafür haben wir keinen Platz und darauf haben wir auch keine Lust. Propagiert wird ewige Jugend, Elastizität und Schönheit. Die plastischen Chirurgen können nahezu alles, um die äußere Hülle des Menschen zu verjüngen und zu verschönern. Wie es innen drin aussieht, spielt keine Rolle. Wenn wir morgens höchst steif aus dem Bett steigen und erst einmal unser Skelett sortieren müssen, geht uns schon der Gedanke durch den Kopf, dass wir früher ein wenig elastischer waren. Aber das alles sind egoistische Eitelkeiten, ebenso wie ein über 40jähriger, der sich einen halben Teenie (mindestens 20 Jahre jünger) am Sack hält und stolz darauf ist, dass er´ s noch bringt und sie immer wieder springt. Das Hühnchen hat auch noch gar nicht begriffen, was altern bedeutet und mit welchen Konsequenzen das verbunden sein wird.

Früher war der alte Mensch ein Vorbild in der Gesellschaft und wurde mit großem Respekt angesehen – sie waren Mentoren und gaben ihr Wissen gerne weiter an jüngere Generationen, die das auch wollten und guthießen. Die Familie stand für die Alten gerade und pflegte sie im Kreise der Angehörigen. Heute schieben wir sie ab in betreutes Wohnen, ins Altersheim oder sind schlichtweg mit der Pflege unserer eigenen Eltern überfordert. Das Leben hat keinen Platz für Alte, die „nur Geld kosten“ und die Alters-Pyramide geht straff weiter auseinander. Die Menschen werden viel älter, viele sind kurz vor der Altersarmut und ihre Gebrechen werden schlichtweg ignoriert. In einer Gesellschaft, in der nur die Jugend und Spritzigkeit zählt und weder Demenz noch Schmerzen irgendwie gerne gesehen werden. Und Zeit hat für sie ohnehin niemand mehr, für diesen „Klotz am Bein.“

Wir alle haben das mehr oder weniger vor uns und werden das niemals durch keinerlei Schönheits-Elixiere oder -Operationen aufhalten können. Der Körper ist vergänglich und manchmal ist das Altern bedauerlicherweise auch beschwerlich und mit großen Schmerzen oder Handicaps verbunden. Wünschen tun wir das niemandem und wir dürfen danken, wenn wir bis ins hohe Alter schwungvoll bleiben und schmerzfrei.

Ich weiß, lieber Pierre, dass viele ältere Menschen voller Tatendrang sind und ich umgebe mich sehr gerne mit ihnen. Keiner kann mir diese Weisheit und Güte, diesen gelebten Verstand und diese Hilfe geben, wie jemand, der mir viele Jahre voraus ist. Kein Gesicht der Welt kann so schön sein wie eines, das Leben mitsamt Schmerz und Glück gelebt hat. Ich will Falten sehen, in denen das geschrieben steht, was ein Mensch ist und durchlebt hat. Das ist für mich schöner als glatte, straffe Haut, die oft sehr langweilig wirkt. Bei mir war das schon immer so, seitdem ich denken kann und gerade ich, scheine fatalerweise kaum zu altern, lieber Pierre. Ich weiß das Alter zu schätzen und es tut mir aufrichtig leid, wenn körperliche Grenzen einen brillanten Geist wie dich außer Gefecht setzen wollen. Du bist ein Kämpfer, so kenne ich dich und vor deiner Energie mag manch einer mit seinen 40 oder 50 Jahren zurückschrecken. Menschen, die viel erlebt haben und viel zu sagen haben, verlieren nie den Mut und werden auch niemals tatenlos aufgeben und sich ihrem Schicksal hingeben. Aber eines Tages macht die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Deshalb finde ich diese gesellschaftliche aufgepumpte und ignorante Einstellung verachtenswert. Absolut daneben und leider Teil unseres heutigen Daseins. Dieses Pseudo-Verständnis ist ehrlich gesagt für´ n Arsch und es wird sich gesellschaftlich nichts ändern, so lange es nicht jeden einzelnen selbst trifft eines Tages. Dann bin ich gespannt, wie die Hirsche, die heute noch auf Brunft sind, aussehen, wenn sie schlapp mit schmerzenden Knochen erkennen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Oder die Modepuppen, die lieber ihre neue Frisur propagieren und durch ihre dämliche Äußerlichkeit glänzen, statt dem Leben wirklich wichtigere Dinge abzugewinnen.

Sei ein stolzer Mann, wie ich dich kenne und ehre, lieber Pierre 😉

 

Meine besten Wünsche,

Petra

 

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

gestern hast du mich verdonnert, einen positiven Brief zu schreiben. Kann man das überhaupt, wenn die Stimmung, wie es bei mir der Fall ist, von Schmerzen bedrückt wird? Ja, das kann man und ich möchte mir keinesfalls diktieren lassen, wie ich zu funktionieren habe. Ich lehne diesen bedrückenden Zustand ab und strecke meinem Leiden die Zunge raus wie ein trotziger Bub. Ich vertrete noch immer die Meinung, dass ich der Kapitän an Bord bin und habe keine Nachsicht zu den Rebellen, die an meinem Stuhl sägen. Eine Haltung, die – so willkürlich sie sein mag – ihr Gutes hat. Wenn ich, wie jetzt, am Laptop, einen Text verfasse, bin ich derart geistig beschäftigt, dass sich jede Art von physischer Folter weit weg verschanzt und ist der Beweis, dass der Kopf noch immer das Sagen haben kann, vorausgesetzt, man lässt sich nicht gehen. Es ist schon erstaunlich, was der Körper imstande ist, zu leisten. Auch wenn, wie es bei mir der Fall zu sein scheint, er nicht mehr so richtig mitmacht. Nein, ich möchte weiter meinen Spaß haben, das Leben genießen und lieben. Das bedeutet aber nicht, dass ich blind bin, denn das wäre auch keine adäquate Methode. Ich bin der Auffassung, dass der Kampf gegen die Widrigkeiten des Alters nur abgemildert werden können, wenn man nicht die Augen schließt. Ja, das ist eine unumkehrbare Tatsache, dass der Zahn der Zeit an uns nagt, ob wir es wollen oder nicht. Also sollte man das tun, was am meisten Spaß macht. In meinem Fall ist es das Schreiben, das Arbeiten mit jüngeren Kollegen, wie du liebe Petra, und natürlich auch das Zusammensein mit der Familie und mit den Freunden. Sich austauschen, nur nicht sich einigeln! Das war immer mein Ziel, denn Isolation führt zur Bitterkeit. Nein, ich bin keineswegs ein Misanthrop, auch wenn man heute Anlass hätte es zu sein. Die Öffnung gegenüber jungen Leuten empfinde ich als einen Generationsauftrag, den ich bis zu Ende durchführen will und eine ältere Schachtel wie ich ist durchaus in der Lage, noch etwas von sich zu geben und das nicht mit dem Zeigefinger, ganz im Gegenteil! Ich blicke nie nach hinten, da ich weiß, dass die Vergangenheit auch eine Last sein kann. Mich interessiert nur die Zukunft, wenn sie auch sehr begrenzt sein mag.

Was ich dir schon oft geschrieben habe, liebe Petra, ist es eine Tatsache, dass der Kopf oft nicht in Einklang mit dem Körper arbeitet. Einerseits fühle ich mich blutjung, auf der anderen Seite wie ein Greis und das macht mich verrückt. Ich würde mental gerne rennen, aber meine Beine schaffen es nicht, allso virtualisiere ich solche Vorgänge und siehe da, ich schaffe es doch. Vor allem, wenn mein Hund nach einem Weib schnüffelt. Gestern noch ist er wegen einer Lady abgehauen. Das Potential, das jeder Mensch in sich trägt, ist viel größer als vermutet. Ich habe mir deshalb vorgenommen, mentale Reisen zu machen, wo ich wie Casanova, noch etliche Damen befriedigen kann. Mit den 72 Jungfrauen im Paradies habe ich noch nichts am Hut, da meine Zeit hier unten noch längst nicht abgeschlossen ist. Du wirst mit Recht behaupten, dass ich vor einer Realität fliehe und dass ich meine restliche Zeit jetzt damit verbringen sollte, meine Seele für den großen Abgang in Ordnung zu bringen. Viel zu früh, damit kann ich mich später beschäftigen.

Kurzum, liebe Petra, ihr werdet mich noch eine Weile ertragen müssen. Ich möchte euch nicht den Gefallen tun, abzudanken, wenigstens nicht jetzt. Du, liebe Petra, wir haben noch zahlreiche Projekte auf der Werft, die wir zu Ende führen wollen, nicht wahr? Ich war schon immer ein Wesen, das nur sehr ungern aufgegeben habe, deshalb macht es mich sauer, wenn sich der Allmächtige sin meine Dinge einmischt. Ich bleibe hier, basta – auch wenn ich euch auf den Senkel gehe.

 

Liebe Petra, ich umarme dich – das kann ich durchaus.

Alles Liebe aus Berlin, wo ich zurzeit verweile,

 

Pierre

//pm

 

 

Er brachte Orangen aus dem Süden. Saftig, fruchtig, delikat.

Sie gaben Datteln süß wie Zucker, gewachsen an Bäumen aus 1.001 Nacht.

Duftender Kaffee, gemahlen. Erfüllt sein sinnliches Aroma aus Kolumbien und

Peru.

Er sang das Lied des Friedens. Töne als Hoffnungsträger der Kultur.

Oasen, an denen Kamele ihre Höcker füllten, frei von Muss und Zwang.

Er kam und gab Früchte des Bodens, Baumwolle frisch gepflückt.

Verzaubert tanzte sie den Tanz des Leibes. Eine Heilige inmitten der

Männerwelt.

Frei sein verzaubert uns die Sinne.

Frei sein ist der Nabel zu einer multikulturellen Welt.

Braune Sauce, eklig, ungenießbar. Die von Glatzen tropft.

Schwarz-Weiß-Denken einer desolaten Nation.

Abgenabelt sein von der Welt.

Zertrümmert die Vielfalt, zerfetzt die Schönheit der Kulturen.

Sie gab ihm was der Boden hergab.

Er trat es mit Füßen.

So, wie sie alles mit Füßen treten.

Was die Welt bedeutet.


© Petra M. Jansen

 

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Wo bitte, geht´s zur Realität? Diese Frage bekommt eine verwischte Antwort, denn wir können nicht mehr zwischen real und irreal entscheiden. Beruflich machen wir uns was vor, wenn wir der Meinung sind, nur das an die Öffentlichkeit zu lassen, was uns wichtig ist. Garantiert taucht eines Tages etwas Negatives auf und sei es nur durch einen abgewiesenen Verehrer, der nicht die Schnauze halten kann. Der Verlust durch Spionage und heimliches Abwerben von Kunden oder potentiellen Kontakten hat schon so manches Unternehmen bitterböse überrascht und die wirklichen Zahlen, welche Einbußen dadurch entstehen können, will eigentlich niemand wissen. Zu sehr loben wir Social Media, Social Marketing und soziale Präsenz und fallen leichtgläubig auf geschaffene Seiten/ Homepages rein. Gerade auf Berufsplattformen tummeln sich zahlreiche Manager, die alles andere als Manager sind und die clevere Geschäftsidee der Internet-Abzocke gewinnbringend erkannt haben.
Wann immer es Neuerungen in der Medienwirtschaft gibt, teilt sich die Beurteilung in Gut und Schlecht, in Ja und Nein. Als wir früher in der Schule Goerge Orwell´ s Roman „1984“ gelesen haben, dachte niemand, dass wir heute mehr drin stecken als uns jemals bewusst war – aber so langsam dämmert´ s. Tablets, Handys, Smartphones usw. kontrollieren uns Tag und Nacht und sogar, wenn die Dinger ausgeschaltet sind. Haben sie ein Samsung-Galaxy Android? Dann sagen sie dem Datensammel-Riesen Google mal Hallo und schütteln sie die Hand für die fantastische Idee, dauerhaft ihr gesamtes Privatleben durchzufilzen (vorinstallierte Totalüberwachung garantiert).
Völlig realitätsfremd ist es, wenn sich quer über den Erdball verteilt, Pärchen via Webcam oder Chats in die große Liebe stürzen. Menschen von weit her kommen direkt in unser Herz. Ob wir sie schon mal gerochen haben? Vollkommen egal. Da ist jetzt jemand, den man heimlich lieben kann und der sonst so devote Don Juan wird zum angreifenden Märchenprinz, die Trockenpflaume aus Irgendwo zur Herzensdame, oder andersrum. Bezahlen können die damit verbundene Vielreiserei die Wenigsten und meistens kommt das böse Erwachen, wenn der Phantasie-Mensch irgendwann real vor einem steht. Mag sein, dass es Ausnahmen gibt, aber die Singlebörsen im Internet strotzen nicht umsonst vor lauter einsamen Seelen, die immer mehr und immer mehr vereinsamen. Warum? Genau! Statt im realen Leben etwas zu unternehmen, hocken die Leute vor dem Bildschirm und glotzen durch die Welt, dabei gerne irgendwelchen Blödsinn von sich gebend und oft jenseits von realem Verstand und Anstand. Und von der Wahrheit erst recht.
Der Mensch verliert nicht nur seine normale Emotionalität, das gesamte gesellschaftliche Verhalten hat sich verändert. Es gibt Menschen, die gehen nicht mehr raus oder nehmen am aktiven Leben teil, denn das Netz ist ihre tägliche Unterhaltungsbasis. Wie verrückt ist das denn? Sehen Sie nicht, was mit uns passiert? Werte, wie Respekt, Ethik, Ehrlichkeit, wahres Leben gehen den Bach runter (es leidet tatsächlich die Intimität und der respektvolle Abstand, ebenso wie die Demut und Bescheidenheit und vieles mehr) und wir fühlen uns unbewusst ständig unter Druck gesetzt, konkurrieren oder abliefern zu müssen. Tun wir es nicht, ist es bald vorbei mit der Aufmerksamkeit im Netz und wir fühlen uns wie alte Eisen, verlieren unsere innere Sicherheit. Das kann doch nicht wahr sein? Studien haben ergeben, dass wir uns unglücklich fühlen, wenn wir nicht genügend Aufmerksamkeit im Netz bekommen oder ein weniger spannendes Leben als andere es uns zeigen, führen.
Ich selbst mache seit Jahren Social Media Arbeiten für mich selbst und unsere/ andere Kunden und ich weiß genau, worauf es ankommt, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu bekommen und die Suchmaschinenoptimierung zu garantieren. Das nennt man Marketing. Ich nenne es – in aller Bescheidenheit – den größten Unsinn, den wir in den letzten Jahren erfunden haben. Wir lassen uns offenbar gerne an der Nase rumführen, die Kunden abgraben oder setzen uns der allgemeinen Spionage und dem Wettbewerb aus (und genau das passiert auch!). Wir lesen E-Books, die keinerlei Haptik und Eselsohrenfähigkeit haben (zudem strotzen die schnell geschriebenen Groschen-Dinger vor Rechtschreib- und Interpunktionsfehlern, weil der Lektor offenbar zu teuer war). Ramsch also? Oft. Oft lässt die Qualität ebenso zu wünschen übrig wie die Wahrheit der Dinge. Ich verteufle nicht alles, aber nehmen wir noch mal ein Lexikon in die Hand, wenn wir was suchen? Zeigen wir uns, wie wir morgens aussehen, wenn wir aufstehen? Sagen wir wirklich, was wir denken oder muss immer alles öffentlichkeitstauglich sein? Ja …denn ich ertappe mich durchaus dabei, dass ich vor lauter Höflichkeit einen Haken mache, obwohl ich manchen Schlunz abgrundtief scheiße finde.
Beruflich setzt uns das Internet arg unter Druck – auch Zeitdruck – und die Beschleunigung der Geschäftsvorgänge ist nicht unbedingt ein Gewinn für unsere Zeit. Der Business-Mensch muss ständig „up to date“ sein, im Dauerstress Emails lesen und beantworten und sich rechtfertigen, wenn er mal nicht online war und dadurch evtl. einen schneller als schnellen Termin versemmelt hat. Ruhe für Überlegungen und Ausreifung von Konzepten bleibt kaum noch und völlig irritiert von der Pole Position des Mitbewerbers bekommt er kalte Füße. Was für ein Stress!
Den haben wir uns selbst geschaffen und dabei wollten wir uns durch dieses Medium einen Zeitvorteil erschaffen, kürzere Wege gehen, die Zeitersparnis bringen, um eventuell neue Dinge zu kreieren. Stattdessen verbringen wir viel Zeit mit Aktualisierungen, Virus-Scanning, Festplatten-Bereinigungen, Datenkonvertierung, Emails, Tipperei und virtueller Marktbeobachtung, wie wir es nennen. Wir machen uns also zu Idioten des Internets. Der reale Partner bleibt leider oft auf der Strecke und wenn es dann schief geht, soll das Loch schnellst möglich gestopft werden. Wozu gibt´ s denn die Singlebörsen?
Sinnvoll genutzt, dient dieses Medium als Begleitmedium des realen Lebens. Wir aber haben es zum Hauptgericht erklärt und dabei sollte Reales ins Virtuelle getragen werden oder wie war das? Real? Irreal? Reale Bekannte? Unbekannte Bekannte? Echte Tatsachen? Fiktive? Wissen wir es noch, was real und imaginär war? Ich hoffe es.

 

© Petra M. Jansen

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Fahnen im Wind

Deine Meinung ist keine Meinung, denn du meinst nicht, du widerholst vorgekaute Kost. Wenn´s dir gerade passt. Und wenn nicht, weht die Fahne halt mal in die andere Richtung. Scheißegal. Dir ist alles egal, solange es dein feines, kleines Leben nicht berührt. Ruhe und Gemütlichkeit und da steckt man doch gerne den Kopf in den Sand und tut so, als ob gar nichts wäre. Unter dem Dreckmäntelchen „was geht es mich an?“ stolpern wir direkt in ein Zeitalter der großen, internationalen Probleme. An jeder Ecke herrscht Terror, Krieg, Bombendrohungen, Habgier und Territorialneid. Aber es ist dir ja egal! Dir kann niemand etwas tun, aufgehoben im Schoße der unberührten Natur und weit, weit weg von den Problemen der gesamten Welt. Auf dem Pfad der Desinteressiertheit versteckst du dich hinter Lagerfeuer und gegrilltem Speck. Weltuntergangsstimmung will niemand hören. Es geht dir einfach am Arsch vorbei, lass die Leute doch reden, dir doch egal.
Gab es das nicht schon einmal vor vielen Jahren, als alle weghören wollten und angeblich von nichts wussten? Und plötzlich standen sie mittendrin im Schlamassel, der die Grenzen schloss und auf Menschen schoß. Ach was, das kommt nie wieder, was geht´s mich an? Ich bin die Fahne im Wind und bei Sturm ziehe ich einfach die Flagge ein. Scheint denn nicht die Sonne? In deinem Herzen scheint sie immer, denn du bist die Glut des Satans. Schon vergessen? Der lockt mit süßen Versprechungen und verwirrt die Geister. So ganz weit entfernt ist die Hölle nicht, du hast fast das Tor durchschritten. Mittendrin im lodernden Feuer des kämpferischen Volkes namens Mensch und was tust du? Lass dich berieseln, lass dich einfach gehen, genieße dein Leben – alles andere ist ja egal. Verdammter Heuchler! Verantwortung und Mut kleben nicht auf deiner Stirn, dir ist es ja sowas von egal. Brav streicheln wir alle diesen Köter, der die Bäume anpisst und auf die Gasse scheißt. Ach, was lieben wir unsere Hunde – vorzugsweise die, die nicht bellen können. Denn Laute geben ist unerwünscht, der artige Begleiter lässt sich schmusen und frisst, was man ihm serviert. Sollte da einer quer kommen, kriegt er einen Maulkorb verpasst oder wird eingeschläfert.
Eigenartig, du kommst mir bekannt vor. Ist das eine Einheitsrasse? Gezüchtet und fein selektiert von Vollidioten? Mag sein, dir ist es ja egal! Denn du kannst nur wedeln und die Fahnen hissen, wenn der Sturm vorbei ist. Aber sei sicher, die Winde drehen…

 
© Petra M. Jansen

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