Manche werden es sich fragen, andere sprechen es wohl aus: „Hat er jetzt vollkommen den Verstand verloren? Bildung schadet?! Und das in einer Welt, die vom technischen Fortschritt lebt, in welcher wir dringend auf Fort- und Weiterbildung angewiesen sind!“. Ja, ich bleibe dabei: Bildung schadet!

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bildung in gewisser Hinsicht ist notwendig! Wir wollen alle die Dinge und Abläufe um uns herum verstehen. Wir reden hier nicht über Astrophysik. Nein, es ist nicht nur die Bildung in wissenschaftlicher Hinsicht. Die gehört auch dazu. Es sind auch die einfachen Dinge um uns herum im Haushalt, auf der Straße, in Schulen und am Arbeitsplatz. Die Welt, dieses Universum, hat ein System, wie das Ganze funktioniert. Wollen wir uns verantwortungsvoll darin bewegen, müssen wir dieses System auch verstehen. Beuten wir unsere Ressourcen in wirtschaftlicher Hinsicht bis zur Neige aus, vergiften wir die Umwelt um uns herum, dann werden weder wir, noch die Generationen nach uns vernünftig wirtschaften, geschweige denn leben können. Wir müssen uns also ein Bild von dem um uns herum machen, in räumlicher, wie auch zeitlicher Hinsicht. Ich möchte vernünftig mit meinen Zeitgenossen leben können, unsere Kinder und Kindeskinder sollen dies auch tun können. Thema Verantwortung! Und so gehen wir in alle Arten von Schulen und Universitäten, nehmen beruflich Handbücher zur Hand, ja, ganz einfach: lesen täglich die Zeitung oder hören Nachrichten.

Also, alles klar! Was soll dann das alles mit: „Bildung schadet!“? Wir werden systemgerecht erzogen, gebildet. Das Ziel: der/die mündige Staatsbürger/-in! Man soll sich im System frei, selbständig und selbstverantwortlich bewegen können.

Frage: Meckern wir nicht seit Jahren über die Eintönigkeit, Ideenlosigkeit und Machtlosigkeit der Politik? Im Moment sind wir angeblich wieder in einer Phase, in der es in der Wirtschaft gut läuft. In vielen Unternehmen ist man jedoch weniger zufrieden. Es fehlen Fachkompetenz, technische Voraussetzungen, neue Ideen – der sogenannte „frische Wind“. Und letztlich der Umsatz, der nach Abzug der hoffentlich nicht steigenden Kosten zu entsprechenden Gewinnen führt. Nur hieraus ergibt sich genug Investitionsvolumen, das Obige anschieben zu können. Know-How und technischer Fortschritt bedingen sich gegenseitig! Klappt es dann doch nicht mit dem „Fort-Schritt“, dann soll „Vater Staat“ ran, der große Bruder bekommt das bestimmt hin, wenn die das in der Wirtschaft nicht schaffen. Schauen wir auf die obigen Ausführungen zur Politik und auf die leeren Staatskassen. Geht wohl doch nicht! Aus der Geschichte grüßt die DDR freundlich …

Warum geht es nicht? Nehmen wir das zitierte Beispiel „Fortschritt“. Das Wort besteht aus „fort“ und „Schritt“. Dumm gefragt: Wo geht´s denn hin? Zuvor haben wir gesehen, dass wir gebildet sind. Wichtig! Also: was bedeutet Fortschritt? Na, erste Assoziation? Logisch: „Immer schneller, höher, weiter!“. Hat Opa schon so gelernt, „machen wir schon immer so“! Blick rüber von der Wirtschaft zum Staat: typischer Beamtenspruch, „schon immer so“! Die neuen Kompendien beinhalten heute noch Regeln aus uralter Zeit. Nicht alles ist schlecht – zugegeben -, aber wer hat das alles mal vernünftig nachgeprüft in puncto Aktualität? Und hier beginnt die Problematik. Wir sind so gefangen in unseren Denkschemata, dass es uns schwerfällt, „über den Tellerrand“ hinauszublicken. Grundsätzlich ist das nicht verwunderlich, weil wir – teilweise seit Generationen – nichts anderes kennen. Lösungen für Probleme entwickeln sich aus Wissen, zum Teil erarbeitetem Wissen. Aus welchem Topf aber sollen wir unser Wissen denn schöpfen, wenn nicht aus dem uns beigebrachten und uns zugänglichen Material? Ein Gros unseres Know-How beziehen wir doch aus unserem Schulwissen und aus der Zeitung. Und das ist systemimmanent. Und aus der Spirale kommen wir schwer raus. Gerade das, was uns zu mündigen Individuen machen soll, steht uns im Wege, weil es uns mental einsperrt. Ein schönes Beispiel sind oft kleine Kinder: noch frei von bürgerlicher Bildung stellen sie oft die komischsten, irrationalen Fragen. Komisch und irrational sind sie aber nur, weil wir Erwachsene – bereits „verbildet“ – sie nicht in unser Denksystem implantieren können. Die Fähigkeit der Kinder fehlt den meisten von uns. Dieser „Blick über den Tellerrand“ ist im Alltag genauso wichtig, wie in Beruf, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Bildung schadet dann, wenn sie ein Gefängnis ist, wir aus unserem Gedankenkäfig nicht ausbrechen können. Dann drehen wir uns als Gesellschaft oder Einzelperson im Kreis.

Manches Mal ist es doch wichtig, alte Strukturen aufzubrechen und neue Regeln zu schaffen: Ein Plädoyer für das „freie Denken“. Ist doch kinderleicht …

 

Er brachte Orangen aus dem Süden. Saftig, fruchtig, delikat.

Sie gaben Datteln süß wie Zucker, gewachsen an Bäumen aus 1.001 Nacht.

Duftender Kaffee, gemahlen. Erfüllt sein sinnliches Aroma aus Kolumbien und

Peru.

Er sang das Lied des Friedens. Töne als Hoffnungsträger der Kultur.

Oasen, an denen Kamele ihre Höcker füllten, frei von Muss und Zwang.

Er kam und gab Früchte des Bodens, Baumwolle frisch gepflückt.

Verzaubert tanzte sie den Tanz des Leibes. Eine Heilige inmitten der

Männerwelt.

Frei sein verzaubert uns die Sinne.

Frei sein ist der Nabel zu einer multikulturellen Welt.

Braune Sauce, eklig, ungenießbar. Die von Glatzen tropft.

Schwarz-Weiß-Denken einer desolaten Nation.

Abgenabelt sein von der Welt.

Zertrümmert die Vielfalt, zerfetzt die Schönheit der Kulturen.

Sie gab ihm was der Boden hergab.

Er trat es mit Füßen.

So, wie sie alles mit Füßen treten.

Was die Welt bedeutet.


© Petra M. Jansen

 

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Mehr als vier Millionen Syrer (mediendienst-integration.de) sind vor dem Gemetzel des Bürgerkriegs in ihrer Heimat ins Ausland geflohen, während in Syrien selbst bis acht Millionen weitere Menschen auf der Flucht sind – bei einer Einwohnerzahl von rund 21 Millionen. Es ist die größte Flüchtlingsbewegung eines Einzelkonfliktes seit Jahrzehnten.

Seit Ausbruch des Bürgerkrieges im März 2011 bis Juli 2015 kamen mehr als 120.000 Syrer nach Deutschland. Allein im Januar 2016 kamen aus Syrien 27.146 Menschen (bamf.de).

Zehntausende von ihnen wollen hier bleiben; sie haben die Hoffnung auf eine Besserung der desolaten und lebensbedrohlichen Lage in Syrien in absehbarer Zeit aufgegeben. Die Frage, wie erfolgreich sich diese entwurzelten Menschen in unsere Gesellschaft integrieren werden, hängt eng mit ihrem Bildungsgrad zusammen.

Und der ist bei den meisten Syrern recht gut. Noch! Syrien galt bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges als Bildungsvorzeigeland der arabischen Welt. Die regierende Baath-Partei des Präsidenten Baschar al-Assad sorgte für eine vergleichsweise säkulare Kulturpolitik. Es besteht Schulpflicht für alle Kinder zwischen sechs und 15 Jahren. Die tatsächliche Einschulungsrate der Mädchen vor dem Krieg lag bei 98 Prozent, die der Jungen bei 99 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Kinder besuchten hiernach weiterführende Schulen.

Das syrische Bildungssystem in Schulen und Universitäten ist an das alte französische angelehnt. Die Franzosen hatten zwischen 1922 und 1943 ein Völkerbundmandat für Syrien und in diesen Jahren das Land stark geprägt. Die Analphabetenrate junger Syrer liegt bei nur fünf Prozent. Englisch und Französisch sind Pflichtfächer in den Schulen. In Damaskus, Homs, Aleppo und Latakia gibt es staatliche Universitäten – die auch Deutschkurse anbieten -, dazu eine Vielzahl privater Hochschulen.

Doch es gibt auch Schattenseiten. Eine Studie des Kinderhilfswerkes Unicef fand vor dem Bürgerkrieg heraus, dass die Prügelstrafe – ungeachtet des gesetzlichen Verbotes – immer noch in syrischen Schulen verbreitet ist. Im September 2010 stellte eine unabhängige Internetplattform ein zweieinhalbminütiges Video ins Netz, das zeigt, wie einige syrische Grundschüler von Lehrerinnen mit Lederriemen und Rohrstock geschlagen werden.

Es kam zu einer Welle der Empörung. Angeblich wurden die Lehrerinnen entlassen. Nach Angaben von Kritikern hinkt in Syrien die Ausbildung angehender Lehrer und Lehrerinnen internationalen Standards hinterher.

Der Bürgerkrieg hat die Situation der syrischen Schüler dramatisch verschlechtert. Die Lage ist so katastrophal, dass befürchtet wird, Syrien könne in Sachen Schulbildung eine gesamte Generation verlieren. Wie syrische Lehrkräfte und Schulleiter von Human Rights Watch mitteilen, nehmen nicht einmal mehr halb so viele Kinder am Unterricht teil wie vor dem Krieg – und es werden immer weniger. In jenen Gebieten, die vom „Islamischen Staat“ kontrolliert werden, für welchen westliche Bildung „Teufelswerk“ darstellt, ist die Teilnahme am Unterricht vor allem der Mädchen sehr stark eingeschränkt. Abertausende Schulen sind bereits in den Kämpfen zerstört oder von den jeweiligen Kriegslagern zu Stellungen, Lazaretten oder Flüchtlingslagern umfunktioniert worden.

Auch nehmen die Kriegsparteien immer wieder Schulen ins Visier, in denen sie Gegner vermuten. Zahllose Kinder sind bei diesen Angriffen ums Leben gekommen. Zudem hat die syrische Regierung, die ums Überleben kämpft, überall Spitzel an den Schulen platziert, die Schüler und Lehrer auf ihre Regimetreue aushorchen. Besteht ein Verdacht, verschwinden Menschen.

Auf diese Weise herrscht eine Kultur der Angst an den verbleibenden Schulen: Vor den Schergen des Regimes und vor militärischen Angriffen. Psychische Belastung und Traumatisierung wirken sich massiv auf die Lernfähigkeit der Kinder aus.

Die Kinder fürchten bereits den gefährlichen Schulweg. Nach Angaben der Organisation Save the Children Schweiz sei die Einschulungsrate in der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo auf nur noch sechs Prozent gesunken. Insgesamt weise das einstige Vorzeigeland Syrien mittlerweile eine der schlechtesten Einschulungsraten weltweit auf. Viele der kleinen Schulabbrecher müssen arbeiten, um das Einkommen der Familie aufzubessern.

Für die Bundesrepublik wird es zu den Hauptaufgaben gehören, syrischen Kindern die verlorenen Bildungschancen zurückzugeben.

Lieber Pierre,
Kultur ist das Spiegelbild der Gesellschaft, Kulturschaffende sind Mit-Bestimmer und Rebellen der Gesellschaft. Regimekritische Worte, Aufführungen, Satire, Literatur etc. sind unabdingbar für die zeitgemäße, vergangene und zukünftige Reflexion und Entwicklung eines Volkes. Kunst ist eine sinngebende und -hinterfragende Dynamik mit einem ungleich wertvollen Nutzen für die gegenwärtige Gesellschaft. Das Bewusstsein und die Kritik an den Werten, dienen zur Selbstachtung einer Gesellschaft. Eine Gesellschaft ohne Ziele, Vorbilder, Idealisten und ohne Mut zum kulturellen Gegenschlag, wäre sehr arm. Stellen wir uns vor, wir wären eine schweigende Kultur, dann wüssten wir, dass wir am Ende der Entwicklung sind. Kunst und Kultur sind das Organ des rebellischen Ausdrucks und es waren immer schon die Künstler jeglichen Genres, die Karten neu mischen ließen, für Aufstand gesorgt haben, zum Umdenken verleitet haben und die Strömungen einer Zeit fixiert haben. Lieber Pierre, hier in Deutschland liegt brach, was in Frankreich gepflegt wird und – obwohl es jede Menge Kulturveranstaltungen gibt – so habe ich gerade das beste Beispiel gerade in einer kleinen Stadt erlebt, in der der Bürgermeister kein offenes Ohr für einen geplanten Weltschriftsteller-Kongress mit Teilnehmern aus 10 Nationen hatte, weil angelblich die Gelder fehlten. Dafür investiert er nun mehr als 2 Millionen in ein marodes Industriegebäude. Der nächste Ort erkannte, dass die Förderung einer weltweiten literarischen Veranstaltung ein Muss ist, aus dem auch die Region positiv schöpfen kann und er sah ebenfalls die absolute Notwendigkeit, dieses Projekt zu fördern.
Wir haben heute so viele Einflüsse auf unsere Gesellschaft wie nie zuvor und trotzdem erkenne ich eine Massen-Abstumpfung, Ängste vor mutigen Handlungen gegen den Mainstream, eine egoistische „Egal-Haltung“ der Bevölkerung oder sehr engstirnige und wenig weltoffene Stimmen, die am liebsten Deutschland mit einem Zaun umgeben und alle fremden Einflüsse ignorieren würden. Wie sollte das in einer vernetzten, internationalen Welt gehen? Dafür steht die Kultur und die Kunst: Selektionsmechanismus, um die wichtigen Dinge einer Nation zu erfassen und Gegenpole zu setzen. Kultur hat die Aufgabe eine große Vielfalt anzubieten und sich – auch provokant – mit allen Themen, die es gibt, auseinander zu setzen. Was der Mensch dann übernimmt, ist seine Angelegenheit, aber die Künstler müssen alles! aufgreifen, das ist ihre Aufgabe. Es kann Unheil bringen, nur seine eigenen Dinge zu sehen und in einer geschlossenen, homogenen Einheit zu leben und Künstler müssen ein großer Bestandteil sein, eine offene Weltanschauung zu verbreiten.
Was Deutschland dringend lernen muss, ist, dass Künstler nicht mehr am Rande der Existenz und finanziellen Not leben dürfen und gleichberechtigt mit anderen Berufszweigen gehandhabt werden müssen. Ich kenne so viele wundervolle Künstler, die nicht wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren können. So etwas darf nicht sein und ich pflichte Dir bei, lieber Pierre: Tun wir alles, was möglich ist, um das Kulturgut zu pflegen – es ist unsere Pflicht und von selbstverständlich von jedem, der sich mit Kultur und Kunst beschäftigt oder ein Sprachrohr der Öffentlichkeit ist. Nur eine starke Kultur kann Gewissensbisse hervorrufen und abwägen, ob kurzfristiges Profitdenken und Massenkonsum oder ein langfristiger offener Anspruch an eine lebendige Gesellschaft gelten sollen. Die Kultur einer Gesellschaft ist der Grundstein für das Überleben einer Gesellschaft, das sollten wir nie vergessen.

 

Alles Liebe Dir,
herzlichst Petra

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

in Berlin war ich mit der Frage konfrontiert, warum die Kulturförderung in Frankreich besser klappt als hier in Deutschland. Zuerst dachte ich, ich höre nicht recht, denn nirgends in Europa gibt es solch eine Menge an Theatern, an Orchestern oder an Kunsteinrichtungen. Dann fing ich an nachzudenken, was in diesem institutionalisierten System schief läuft. Es sind vielleicht seine Konventionen, die hemmend für die Kreativität sind, aber das stimmt aber nur zum Teil. Es geht wahrhaftig nicht nur um das Geld, sehr viel mehr um den Stellenwert der Kultur. Anders als in der Bundesrepublik, wird sie im Nachbarland als ein Bestandteil der Ökonomie betrachtet. Eine Position, die unerlässlich für die Industrie ist, da sie als Image für manche Zweige dient. Die Mode, die Gastronomie oder das Design mancher Produkte wäre ohne die Kunst undenkbar, aber mehr noch: Sie ist das Merkmal einer Lebensart, die den Genuss zelebriert. Leben wie Gott in Frankreich klappt mit leerem Kopf einfach nicht. Es geht halt nicht nur um die Moneten und den Konsum, vielmehr um die Art, wie das Leben wahrgenommen werden soll. Du siehst, liebe Petra, ich fange an zu träumen, was für mich eine Wohltat ist. Das kann aber nur mit der Freude an das Schöne vollbracht werden. Wir sind sehr weit von der Trivialität eines Ballermanns entfernt, nicht wahr? Vielleicht eine ideelle Sicht meinerseits, die aus Nostalgie entsteht. Klar, es gibt auch eine Menge Proleten in Frankreich!

Es war die Absicht von André Malraux, als er Kulturminister des Generals de Gaulle wurde, keine Trennung zwischen Geist und Werktätigkeit zu dulden, beide sollten ihren Beitrag zur Volkswirtschaft leisten. Daher auch eine erhöhte Akzeptanz in den breiteren Schichten der Gesellschaft. Dazu kam, dass die Provinz kulturell völlig unterversorgt war und dass es notwendig war, sie für die Wirtschaft attraktiver zu machen. Als Ford in Poitiers vor Jahrzehnten eine Fabrik einrichten wollte, war kaum jemand bereit, Paris zu verlassen. Die Angst, geistig zu veröden war zu groß. Das führte zur Gründung der Kulturhäuser, die heute noch Frankreich charakterisieren – also eine wirtschaftlich bedingte Maßnahme. Ich denke, dass es dringend notwendig ist, die Kultur hier in Deutschland besser zu integrieren. Es dürfte keine Genres geben, die oft diskriminierend sind. Es gibt schlechte und gute Kunst, nicht mehr, nicht weniger und die sollte zum Wohlstand ihren Beitrag leisten, nicht nur finanziell, aber auch ideell. Daher wäre es fatal, sie als Statussymbol zu betrachten. Sie ist Allgemeingut und sollte für Jeden zugängig sein. Das war das Ziel des großen Theatermanns Jean Vilar. Nach dem Krieg hat er das TNP gegründet. Eine Truppe, die mit Gérard Philippe u.a., in den Fabriken spielte, um den Arbeitern das Schauspiel näher zu bringen und er war damit sehr erfolgreich.
Dazu kam, dass die Franzosen die Sprache immer mochten. Sie lesen noch relativ viel und erheben ihre Schriftsteller zum Olymp. Leider ist auch dort das Virus SMS eingetroffen und trägt dazu bei, dass sich immer mehr Menschen im Telegrammstil äußern. Auch der Feldzug der englischen Sprache ist kaum einzuhalten, aber auch hier versucht der Staat einzugreifen, zum Beispiel, indem er eine Quote französischer Lieder in den Sendern vorschreibt. Das hat zum Ziel, die einheimische Kreativität am Leben zu erhalten und das Gleiche gilt für den Film. Die arbeitslosen Künstler haben die Gelegenheit in ihrem Fach zu arbeiten, weil die Förderung eng mit dem Arbeitsamt geknüpft wird. Manche Streifen, die weltbekannt wurden, wurden auf dieser Art finanziert und siehe da, die Filmbranche hat sich somit glänzend erholt. Anders als in Italien, wurde sie nicht vom Kapital weggefegt.

Das sind nur ein paar Gedanken, liebe Petra, die Mut machen sollten. Vielleicht gelingt es uns, endlich die Kultur als Teil unseres Wesens zu qualifizieren und Menschen, die nichts am Hut damit haben, zu motivieren.

In diesem Sinne,

ich umarme dich von Berlin aus!
Pierre

//pm

Nachweislich ändern sich unser Kommunikationsverhalten und auch der Anspruch an unseren sprachlichen Ausdruck. Schneller, präziser, einfacher. So könnte man die Entwicklung – auch in vielen neuen Büchern – beschreiben. Aphorismen, Verschachtelungen, sprachlich hochwertiger Ausdruck rücken mehr in den Hintergrund und es gibt jede Menge Romane, bei denen sich der Leser nicht mehr größer anstrengen muss – vorgekaute Kost könnte ich schon sagen. Kapitel für Kapitel schnell zu lesen, überlegen ist nicht mehr nötig. Handys und die neue Sprache des Internets vereinfachen unsere verbale Kommunikation und reduzieren sie auf das Minimum. Smiles ersetzen einen Satz, bei dem wir adjektivischen Formulierungen aus dem Weg gehen. Kurz und knapp. Fertig. Ich behaupte, es hat viel mit den Handys und deren Anwendungen zu tun. Kultur muss wachsen und sich auseinandersetzen mit vielen verschiedenen Aspekten. Was immer wir in diesem modernen Alter von Handys und Communities betreiben, es ist kontraproduktiv zum Thema Kultur, Wissen und Sprachentwicklung.
Erschwerend kommt hinzu, dass wir unsere freie Zeit heute nicht mehr sinnvoll nutzen und der kleinen Momente des Nachdenkens beraubt werden. Wo früher Zeit für ein „In-sich-Gehen“ und Zeit zum Fühlen, Denken, Reflektieren war, tippt man heute schnell etwas ins Handy oder surft während der Wartezeiten sinnlos im Internet oder tauscht „mal schnell mittendrin“ whatsapp-Kurznachrichten oder sonstigen Blödsinn aus. Wir brauchen aber genau diese kleinen Ruhemomente um Kraft zu schöpfen für Neues. Wir brauchen ruhige Momente, um kreativ zu sein und wir brauchen einsame Augenblicke, um schöpferisch tätig zu sein. Wer das verneint, ist ein geistiger Dilettant!
Um ein anspruchsvolles Buch zu lesen, braucht man Zeit. Genau diese Zeit rennt uns täglich weg, weil wir „nebenher“ mit Handys oder Internet beschäftigt sind. Haben Sie mal zusammen gerechnet, wieviel Zeit täglich tatsächlich so „nebenher“ vergeudet wird mit Facebook, whatsapp, Instagram & Co.? Und glauben Sie wirklich, es interessiert jemanden, auf welche Party Sie gehen oder welcher Gruppe Sie beitreten? Ehrlich: es interessiert niemanden! Auch interessiert es niemanden, wo Sie einen gesoffen haben, wie es in Ihrer Küche aussieht oder wer ihr neuer Lover ist. Aber Sie haben kostbare Lebenszeit damit verbracht, sich erneut öffentlich lächerlich zu machen und das Schlimme daran ist: Sie glauben tatsächlich, dass Ihr Leben glücklicher und erfüllter sei. In Wahrheit leben Sie völlig an sich und dem Leben vorbei, die Stunden, Wochen, Monate, die sie mit winzigen Buchstaben-Tippen verbracht haben, sind weg – vorbei und unwiderruflich mit unnützem Scheißdreck vergeudet.
Welche Auswirkungen das auf unsere Kultur und die Auseinandersetzung mit Themen – bei denen man nicht mal schnell googelt – hat, zeigt sich heute schon. Unsere Nachrichten sind oberflächlicher geworden (keiner hat Zeit, ordentlich zu recherchieren), die Medien unterstützen diese Gesamtentwicklung zudem. Gelesen wird knapp und bündig online, Bücher erscheinen im praktischen e-Pub-Format (keine Haptik, kein Duft), mehr als 1-1,5 Minuten Verweildauer pro Internetseite sind nicht drin und der Koitus ist auch heute nach maximal 15 Minuten erledigt.
Liebe braucht Zeit, Lust braucht Zeit, Kultur braucht Zeit, der Mensch braucht Zeit, gute Kommunikation braucht Zeit, Kunst braucht Zeit. Aber was veranlasst Sie dann allen Ernstes, Ihr höchstes Gut täglich viel zu lange mit dummen Short Messages via IPhone, Laptop oder Tablet zu opfern? Das sollte uns zu denken geben. Kulturentwicklung adé…

 

© Petra M. Jansen

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Rocking in Old People’s Home

What music are you listening to? A question of age, education, epoch and also friends circle. Classical music requires some understanding. To be able to „read“ it, you need a certain level of education. We are listening to the music of “our time.“ There is no other on the market. And what kind of music do the friends listen to? If you want to be cool, you have to listen what they listen to. Is music a question of age? Yes and no! What do you and I listen to in the nursing home in about thirty or forty years? Of course to topical music of that times! We don´t? No! Look at the current pensioners. Swaying to German pop songs and folk music. Will we also do that? Never in life! We are not about to discuss here whether the German pop song is dead or not. It is fact: A study found out that at the age of about thirty the human taste of music does no longer adapt to the current trend. Which means: The music of the first Over 30s´ Party will be with us from now on. Yes: Oh my God! But that´s the way it is! Coffee morning circle accompanied by Tina Turner, playing skat with Bryan Adams. For the younger ones it will be Miley Cyrus, Bruno Mars or whoever. Now we know where this slogan comes from: „Music was better back then!“. Sometimes time is standing still.
Rocken im Altersheim

Welche Musik hörst Du? Eine Frage des Alters, der Erziehung, der Epoche und auch der Clique. Klassische Musik erfordert ein gewisses Verständnis. Um sie „lesen“ zu können, bedarf es einer gewissen Bildung. Man hört die Musik, die es „in unserer Zeit“ gibt. Andere ist nun mal nicht auf dem Markt. Und was hören die Freunde? Willst Du cool sein, musst Du mithören. Ist Musik auch eine Altersfrage? Jein! Was hören Du und ich in etwa dreißig oder vierzig Jahren im Altersheim? Logisch: die dann aktuelle Musik! Oder? Nein! Schaut Euch die jetzigen Rentner an. Schunkeln zu deutschen Schlagern und Volksmusik. Machen wir das auch? Nie im Leben! Ob der Schlager tot ist, soll hier nicht diskutiert werden. Fakt ist: eine Studie fand heraus, dass im Alter von etwa dreißig Jahren der menschliche Musikgeschmack aufhört, sich immer neu auf den aktuellen Trend einzustellen. Will heißen: Die Musik der ersten Ü30-Party wird uns fortan begleiten. Ja: Oh mein Gott! Ist aber so! Kaffeekränzchen in Begleitung von Tina Turner, Skatrunde mit Bryan Adams. Für die Jüngeren heißt das Miley Cyrus, Bruno Mars oder wer auch immer. Jetzt wissen wir auch, wo dieser Spruch herkommt: „Musik war damals besser!“. Manches Mal bleibt die Zeit halt doch stehen.

 

© Thomas Dietsch