Manche werden es sich fragen, andere sprechen es wohl aus: „Hat er jetzt vollkommen den Verstand verloren? Bildung schadet?! Und das in einer Welt, die vom technischen Fortschritt lebt, in welcher wir dringend auf Fort- und Weiterbildung angewiesen sind!“. Ja, ich bleibe dabei: Bildung schadet!

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bildung in gewisser Hinsicht ist notwendig! Wir wollen alle die Dinge und Abläufe um uns herum verstehen. Wir reden hier nicht über Astrophysik. Nein, es ist nicht nur die Bildung in wissenschaftlicher Hinsicht. Die gehört auch dazu. Es sind auch die einfachen Dinge um uns herum im Haushalt, auf der Straße, in Schulen und am Arbeitsplatz. Die Welt, dieses Universum, hat ein System, wie das Ganze funktioniert. Wollen wir uns verantwortungsvoll darin bewegen, müssen wir dieses System auch verstehen. Beuten wir unsere Ressourcen in wirtschaftlicher Hinsicht bis zur Neige aus, vergiften wir die Umwelt um uns herum, dann werden weder wir, noch die Generationen nach uns vernünftig wirtschaften, geschweige denn leben können. Wir müssen uns also ein Bild von dem um uns herum machen, in räumlicher, wie auch zeitlicher Hinsicht. Ich möchte vernünftig mit meinen Zeitgenossen leben können, unsere Kinder und Kindeskinder sollen dies auch tun können. Thema Verantwortung! Und so gehen wir in alle Arten von Schulen und Universitäten, nehmen beruflich Handbücher zur Hand, ja, ganz einfach: lesen täglich die Zeitung oder hören Nachrichten.

Also, alles klar! Was soll dann das alles mit: „Bildung schadet!“? Wir werden systemgerecht erzogen, gebildet. Das Ziel: der/die mündige Staatsbürger/-in! Man soll sich im System frei, selbständig und selbstverantwortlich bewegen können.

Frage: Meckern wir nicht seit Jahren über die Eintönigkeit, Ideenlosigkeit und Machtlosigkeit der Politik? Im Moment sind wir angeblich wieder in einer Phase, in der es in der Wirtschaft gut läuft. In vielen Unternehmen ist man jedoch weniger zufrieden. Es fehlen Fachkompetenz, technische Voraussetzungen, neue Ideen – der sogenannte „frische Wind“. Und letztlich der Umsatz, der nach Abzug der hoffentlich nicht steigenden Kosten zu entsprechenden Gewinnen führt. Nur hieraus ergibt sich genug Investitionsvolumen, das Obige anschieben zu können. Know-How und technischer Fortschritt bedingen sich gegenseitig! Klappt es dann doch nicht mit dem „Fort-Schritt“, dann soll „Vater Staat“ ran, der große Bruder bekommt das bestimmt hin, wenn die das in der Wirtschaft nicht schaffen. Schauen wir auf die obigen Ausführungen zur Politik und auf die leeren Staatskassen. Geht wohl doch nicht! Aus der Geschichte grüßt die DDR freundlich …

Warum geht es nicht? Nehmen wir das zitierte Beispiel „Fortschritt“. Das Wort besteht aus „fort“ und „Schritt“. Dumm gefragt: Wo geht´s denn hin? Zuvor haben wir gesehen, dass wir gebildet sind. Wichtig! Also: was bedeutet Fortschritt? Na, erste Assoziation? Logisch: „Immer schneller, höher, weiter!“. Hat Opa schon so gelernt, „machen wir schon immer so“! Blick rüber von der Wirtschaft zum Staat: typischer Beamtenspruch, „schon immer so“! Die neuen Kompendien beinhalten heute noch Regeln aus uralter Zeit. Nicht alles ist schlecht – zugegeben -, aber wer hat das alles mal vernünftig nachgeprüft in puncto Aktualität? Und hier beginnt die Problematik. Wir sind so gefangen in unseren Denkschemata, dass es uns schwerfällt, „über den Tellerrand“ hinauszublicken. Grundsätzlich ist das nicht verwunderlich, weil wir – teilweise seit Generationen – nichts anderes kennen. Lösungen für Probleme entwickeln sich aus Wissen, zum Teil erarbeitetem Wissen. Aus welchem Topf aber sollen wir unser Wissen denn schöpfen, wenn nicht aus dem uns beigebrachten und uns zugänglichen Material? Ein Gros unseres Know-How beziehen wir doch aus unserem Schulwissen und aus der Zeitung. Und das ist systemimmanent. Und aus der Spirale kommen wir schwer raus. Gerade das, was uns zu mündigen Individuen machen soll, steht uns im Wege, weil es uns mental einsperrt. Ein schönes Beispiel sind oft kleine Kinder: noch frei von bürgerlicher Bildung stellen sie oft die komischsten, irrationalen Fragen. Komisch und irrational sind sie aber nur, weil wir Erwachsene – bereits „verbildet“ – sie nicht in unser Denksystem implantieren können. Die Fähigkeit der Kinder fehlt den meisten von uns. Dieser „Blick über den Tellerrand“ ist im Alltag genauso wichtig, wie in Beruf, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Bildung schadet dann, wenn sie ein Gefängnis ist, wir aus unserem Gedankenkäfig nicht ausbrechen können. Dann drehen wir uns als Gesellschaft oder Einzelperson im Kreis.

Manches Mal ist es doch wichtig, alte Strukturen aufzubrechen und neue Regeln zu schaffen: Ein Plädoyer für das „freie Denken“. Ist doch kinderleicht …