Früher war´s ganz einfach, man war wie man war. Heute gibt´s Instagram, Facebook (für geistig Arme), Pinterest und jede Menge Möglichkeiten, seine eigenen Peinlichkeiten loszuwerden oder mindestens für andere schrecklich peinlich zu sein. Auf Twitter gab´s unlängst den Hashtag „zeigthereurebäuche“ – lachen, würgen, Kopfschütteln inklusive. Was geht eigentlich den Damen durch den Kopf, Gott und der Welt ihre Bäuche zu zeigen und sich vor der Öffentlichkeit dermaßen zu entblößen? Muss das sein, dass Mama nach der zweiten Niederkunft um Aufmerksamkeit hechelt, weil sie noch keine Wampe und Schwangerschaftsstreifen hat? Ist es wirklich nötig, sich in halterlosen Strümpfen mit Schlüpfer auf dem Bett via Self-shot in die Öffentlichkeit zu rücken? Und ist es wirklich erstrebenswert, als Mitte-50-er-in mit Bildbearbeitung Schleifen ins Haar zu zaubern, den Kussmund in die Kamera zu werfen und überalterte Fotos zu benutzen? Oftmals trifft einen in der Realität der Schock, wenn man den Retuschierten tatsächlich einmal live gegenübersteht und die weggebügelten Falten sich als strack nach unten hängende Furchen mit Doppelkinn entpuppen.

Auf Facebook oder Instagram gibt´s kaum was Peinlicheres als die eigene Mami im Freundeskreis zu haben. Garantiert haut Mutti jedem erwachsenen Kerl die blinkenden Herzchen, Küsschen und „HDGDL (hab dich ganz doll lieb), mein Schatz“ um die Ohren. Ähm, also da geht die beste Lady dann mal schnell weiter und sucht sich einen anderen Helden. Mit Sicherheit aber keinen in Pantoffeln und auch kein Mutti-Söhnchen, denn es dauert garantiert nicht lange, da kann Mami ihren Stolz nicht mehr verbergen und zeigt den muskelbepackten Kerl mit Windelhöschen als er sich an Möbeln entlang hangelte und seinen zahllosen Kiefer zeigte. Hust…

Zurück zu den Trockenpflaumen im Internet: Da gibt´s ja nicht nur die peinlichen Entgleisungen der dauer-brunftgeilen Frauen sondern auch die sabbernden Voyeure, die bei genauer Hinsicht sexuell völlig verklemmt  sind und deren Verhalten oft von Community zu Community wechselt. Sind sie auf einer beruflich orientierten Plattform eher sachlich zurückhaltend, tropft ihnen bei Twitter die Spucke aus dem Mund und bei YouTube outen sie sich plötzlich als Heavy Metal Fan, während sie bei Facebook eher zurückhaltend waren (wegen der Nachbarn).

Peinlicher als alle diese Dinge aber sind die Turteltauben-Fotos der jeweiligen Profilbilder mit Status-Korrektur – je nachdem ob gerade zusammen oder im Streit. Ein Hin und Her bei ihrem Beziehungsstatus in Facebook von „vergeben“, „in einer Beziehung“ bis „Single“ und nicht selten wechselt der Status innerhalb von wenigen Wochen, um dann nach weiteren Tagen wieder in den ursprünglichen Zustand und dann wieder in „ich bin glücklich alleine“ versetzt zu werden. Wen interessiert das eigentlich, außer dem Ego der jeweiligen Profilinhaber? Ganz ehrlich, mir geht das am Arsch vorbei.

Die virtuelle Welt kann eine sehr zerbrechliche Welt sein. Für die Kaffeetasse reicht es, vielleicht für einen kurzen Plausch über unwichtiges Zeug – aber wenn man ernsthaft mal nachhakt und Klartext redet, war´s das mit der Freundschaft. Sehr fragil das Ganze, wenn man keine Haptik, keine Mimik und auch keine Intonation hat. Und noch fragiler, wenn man glaubte, man kenne jemanden und sieht in einer anderen Community genau diese Person mit völlig anderer Reaktion als gewohnt.

Alles in allem – betreibt man Social Media als Instrument mit Realitätsbezug, ohne sich ausziehen oder blamieren zu müssen, ist es absolut in Ordnung. Was da aber zu beobachten ist (wohl ein Querschnitt durch unsere Gesellschaft), ist ein Mangel an Selbstbewusstsein, Ehrlichkeit und Respekt. Lächerlich und wirklich echt peinlich aber die Kommentare von Mutti und der Liebsten, die jedermann klar machen, dass ER so ein Schnuckelchen ist und natürlich der eigene Besitz. In die gleiche Kerbe hauen das Pärchen-Getue und diese unendlich auswuchernde Selfie-Darstellung, die allesamt der Welt da draußen suggerieren „ich bin glücklich.“ Wäre es wirklich so, bräuchte das ja niemand explizit zu betonen, stimmt´s? Gruß von Mutti, Kuss von Kussi-Bussi-Schatzi. Es stimmt schon – Instagram, Facebook, Messenger, Pinterest & Co. machen schlau. Nur anders, als beabsichtigt.

 

Kussi Bussi und so

 

© Petra M. Jansen

 

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Die Beamten sollen die Schlimmsten sein, was diese „Gewächse“ angeht. Ein Beispiel: Die Spontanvegetation hinter Ihrer nicht lebenden Einfriedung nimmt derart Überhand, dass Sie etwas dagegen tun müssen (rp-online.de). So oder so ähnlich könnte ein Brief einer Behörde abgefasst sein. Und natürlich versteht man so gut wie gar nichts. Also nochmal von vorne, jetzt aber auf deutsch: Hinter Ihrem Zaun wächst zu viel Unkraut und das muss weg. Beamtendeutsch ist manchmal komplizierter als es eigentlich sein müsste.

Jeder, der schon mal einen Behördenbrief in der Hand hatte, hat die Eigenheiten des Amtsdeutsch bereits schwarz auf weiss kennengelernt. Auch Anwälte nutzen diese Art zu formulieren, damit die Inhalte juristischen Maßstäben standhalten können.

Das Ziel der Verwaltungssprache ist die absolute Präzision einer Aussage oder Angabe. Das endet meist in grammatikalischen Konstruktionen mit verschachtelten Sätzen, in denen mehr Substantive als aktive Verben vorkommen und die Passiv-Form dominiert. Da diese Art zu formulieren häufig im Schriftverkehr von Ämtern genutzt wird, nennen viele Menschen es umgangssprachlich Beamtendeutsch. Laut Duden heißt es auch Papierdeutsch.

Die Genauigkeit des Beamtendeutsch sorgt ironischer Weise häufig dafür, dass selbst deutsche Muttersprachler sich vor Verwirrung an den Kopf fassen. Zum Glück sind Mitarbeiter in Ämtern in der Regel gerne bereit, ratlosen Amtsgängern den Weg durch den Dschungel des Papierdeutsch zu erklären.

Präzision und Pünktlichkeit, Gartenzwerg und Sauerkraut – so mancher Stereotyp rund um den Deutschen ist weltweit bekannt. Nicht jede Nation hat dabei das gleiche Bild vom typischen Bundesbürger. Gerade im Business-Bereich lohnt sich die Auseinandersetzung mit deutschen und internationalen Unterschieden, um ausländischen Geschäftspartnern frei von Vorurteilen und vorgefassten Meinungen zu begegnen.

Die Kanzlerin soll die Tage auch den „Vogel abgeschossen“ haben. Sie habe von -Zitat- „Öffnungsdiskussions-Orgien“ (deutschlandfunk.de) gesprochen. Merkel habe erklärt, sie mache sich größte Sorgen, dass sich die gute Entwicklung bei den Corona-Infektionen wieder umkehre, weil sich zu wenige Menschen an die Kontaktbeschränkungen hielten. Die Diskussion über Lockerungen sei nicht hilfreich.

Nun, die Frau Bundeskanzlerin ist im eigentlichen Sinne keine Beamtin, auch wenn sie unserer Republik dient. Manche/-r im Ausland mag sich wirklich schon an den Kopf gefasst haben ob unserer Sprachkapriolen.

Als Beamtendeutsch wird umgangssprachlich eine sehr förmliche Ausdrucksweise im geschäftlichen Schriftverkehr vieler Behörden und Verwaltungen bezeichnet.
Hier einige Beispiele:

Die Vermittlung einer Pflegefamilie für ein Kind wird als „Beelterung“ bezeichnet.
Ein Kind, das zur Schule geht, wird „beschult“.
„deutscher Staatsbürger ausländischer Herkunft“
„Fahrtrichtungsanzeiger“ für „Blinker“
„Spontanvegetation“ für Unkraut (vgl. oben)
„Begleitgrün“ anstelle von „Grünfläche“ oder „Grünstreifen“
„Lichtsignalanlage, Wechsellichtzeichen, Lichtzeichenanlage“ für Ampel
„Postwertzeichen“ für „Briefmarke“
.

Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Deutsche Sprache, schwere Sprache. Deutschland mag es in der Wirtschaft verstanden haben – der sprachlichen Globalisierung steht dennoch noch einiges im Wege …

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben rund 50 Menschen in Stuttgart an einer ihnen zunächst untersagten Demonstration teilgenommen. Die Stadt sah sich durch den Richterspruch veranlasst, das von ihr erlassene Verbot des Treffens am Samstag auf dem zentralen Schlossplatz zurückzunehmen. Unter der Beachtung eines Abstandes von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern und einer Distanz zu Passanten von 2 Metern könne die Versammlung am Samstagnachmittag stattfinden, teilte die Stadt mit. Ein Privatmann hatte die Demonstration gegen die Einschränkung der Grundrechte in der Corona-Krise mit maximal 50 Teilnehmern angemeldet. Die Demonstration lief friedlich ab.

Das Gericht hatte dem Eilantrag des Klägers gegen das Verbot der Demonstration in Stuttgart stattgegeben (Az. 1 BvQ 37/20). Der Beschluss verpflichtete die Kommune, über die Anmeldung neu zu entscheiden.

Der Kläger war zuvor mit Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten gescheitert (ka-news.de). Das Bundesverfassungsgericht dagegen hielt den Erlass einer einstweiligen Anordnung für geboten. Eine Verfassungsbeschwerde wäre nach gegenwärtigem Stand offensichtlich begründet, heißt es in dem Beschluss vom Freitag.

Die Stadt hatte dem Gericht in einer Stellungnahme mitgeteilt, es sei ihr nicht möglich, Auflagen festzusetzen, die der aktuellen Pandemielage gerecht würden. Das war den Richtern viel zu pauschal. Es sei zwar richtig, dass die Infektionszahlen gerade in Stuttgart in den vergangenen Wochen stark gestiegen seien. Das befreie aber nicht davon, möglichst in kooperativer Abstimmung mit dem Antragsteller alle in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen in Betracht zu ziehen und sich in dieser Weise um eine Lösung zu bemühen“.

Auch Hunderte bei Demo in Berlin. Nach einem Gespräch mit dem Kläger habe der Versammlung unter Auflagen nichts mehr entgegengestanden, teilte die Stadt mit. Sie betonte jedoch: Das Versammlungsrecht ist wie der Gesundheitsschutz ein hohes Gut. Bei unseren Entscheidungen haben wir beide Güter entsprechend der geltenden gesetzlichen Vorgaben abzuwägen.” Derzeit stehe der Schutz vor Ansteckungen im Vordergrund.

Trotz geltender Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie haben in Berlin-Mitte am Wochenende wieder Menschen gegen die von ihnen befürchtete Einschränkung von Grundrechten demonstriert. Von 79 Teilnehmern nahm die Polizei am Samstagnachmittag am Rosa-Luxemburg-Platz die Personalien auf, wie die Polizei mitteilte. Einzelne Teilnehmer wurden demnach weggetragen. Zwei Demonstranten seien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden.

Die Gruppe einte unter anderem die Sorge um die Grundrechte, die nach Meinung der Teilnehmenden durch die Corona-Erlässe in ganz Deutschland (Reiseverbot, quasi Versammlungsverbot, Kontaktsperre) in unangemessen drastischer Art eingeschränkt werden. Wie schon bei der Kundgebung der aus der Psychiatrie entlassenen „Corona-Anwältin“ Beate Bahner in Heidelberg hörte man auf dem Rosa-Luxemburg-Platz immer wieder lautstarke „Wir sind das Volk“-Sprechchöre. Auch „Grundgesetz, Grundgesetz!” wurde skandiert (nordkurier.de).

In Gießen hatten am Freitag dann mehrere Menschen unter Auflagen gegen Grundrechtseingriffe im Zuge der Corona-Krise protestiert, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der Demonstration gekippt hatte. Die Polizei zählte bis zu 50 Teilnehmer (dpa) bei der Kundgebung unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“.

Lieber Pierre,

ich lese Gedanken, Erklärungen, Angst und all das ist natürlich menschlich. Heute wollte ich mich ursprünglich nicht in bereits bekannten Fakten, Argumenten und Schlussfolgerungen verlieren, wie es derzeit unendlich viele – in zum Teil überflüssigen Talk-Shows und Internet-Portalen – tun. Jeder hat selbstverständlich seine Meinung und auch der letzte Quacksalber darf mit Thesen und Ansichten die Leute noch mehr verschrecken. Schaltest du den Fernseher an, wirst du zugeschossen mit dem Wort „Corona“ oder „Covid-19“ und jedermann wälzt tausendfach von hier nach da. Wir alle hätten gerne eine sofortige Lösung, die es aber nicht gibt. Tatsache ist, dass Pandemien die Geschichte der Menschheit schon immer begleitet haben und es auch zukünftig tun werden. Viren konnte man bisher nicht gänzlich ausrotten und das wird auch in Zukunft nicht möglich sein. Sie mutieren, verändern sich, breiten sich für unser Auge unsichtbar aus und sind uns – wenn sie neu entstanden sind – erst einmal einen großen Schritt voraus. Eines Tages werden wir einen Impfstoff gefunden haben und damit dürfte dieser Spuk ein Ende haben. Was wir heute feststellen können ist, dass sich die Geschwindigkeit – auf Grundlage der Globalisierung – rasant erhöht. Die ganze Welt ist miteinander verbunden und wir sitzen alle im gleichen Boot.

Ja, lieber Pierre, es macht Angst. Erstmalig seit meiner Geburt fühle auch ich mich bedroht, stehe fast machtlos da und wünsche, dass meinen Kindern und meiner Familie nichts passiert. Unglaublich ist, dass bei dieser Gefahr dennoch so viele Menschen die einfachsten Infektions- und Besuchsregeln missachten und größtenteils immer noch ohne Masken herumlaufen. Ihnen dürfte doch sicher auch klar sein, dass nur eine konsequente Einhaltung der Infektionsmaßnahmen schützen? Kaum zu glauben, dass gerade die ältere Generation reichlich sorglos damit umgeht (wie ich immer wieder beobachten konnte). Trotz Kontaktsperre kamen über Ostern Enkelkinder zu Oma und Opa, feierten als ob ihnen nichts passieren könnte. Ja, mir fehlen die Worte und ich hoffe, dass diese Nachlässigkeit aus rein egoistischen Gründen nicht doch am Ende seine Opfer holt. Ein Unverständnis auch für die Leugner, denen bis jetzt 4.000 Tote in Deutschland egal zu sein scheinen (solange es niemanden aus deren Umfeld trifft) und die der Meinung sind „alles halb so schlimm, reine Panikmache“. Die weltweiten Zahlen und lock down-Aktivitäten mit Aufrüstung von Intensivplätzen und Beatmungs-Kapazitäten passieren sicher nicht aus einer „alles-nicht-so-schlimm-Laune“ heraus.

Nun zum Thema Kirche: Der liebe Gott hat damit garantiert nichts zu tun und wird uns auch nicht aus dieser Misere befreien. Schlichtweg weil es diesen Quatsch von Gott und diesem Kirchen-Unsinn nicht gibt. Da kommt niemand vom Himmel runter und nimmt mich barmherzig an die Hand, führt mich in eine bessere Welt. Dass die Kirchen, Gotteshäuser und Moscheen geschlossen sind, finde ich absolut korrekt. Wir müssen nicht irgendeinen Aberglauben anbeten, der uns sowieso nicht hilft. Im Jahr 2020 dürfte dieser Blödsinn mit seinen dogmatischen Prinzipien doch sicher überholt sein. Jedenfalls bin ich nicht bereit, eine Kerze anzuzünden – und wenn, dann für eine kuschelige Liebesnacht zu Zweit. Kirche? Der liebe Gott? Nein, Pierre – nichts für mich und schon gar nicht interessant in Corona-Zeiten. Wir haben Besseres zu tun, oder nicht?

Ich verstehe die Ohnmacht, die uns umgibt und ich verstehe durchaus, dass wir die Beschneidung unserer Freiheitsrechte sowie die Reduktion des gesellschaftlichen Lebens unbequem finden. Was in meinen Augen die derzeitigen Lockerungen betrifft, erfolgt dies aus rein wirtschaftlichen Interessen. Ob das sinnvoll ist und nicht letztendlich zum Schaden der Bürger sein wird, werden wir erst in einigen Wochen sehen.

Covid-19 wird jedenfalls so lange weiterhin Menschenleben kosten und zu Erkrankungen führen bis es flächendeckend einen Impfstoff gibt. Daran gibt es wohl keinen Zweifel – es sei denn, die Virologen und Wissenschaftler wissen schon mehr als sie verraten wollen. Noch eines, lieber Pierre: Die Verschwörungstheoretiker sollte man an die Wand stellen – sie verunsichern das Volk zusätzlich, streuen Wut und Misstrauen und tragen absolut nicht zur Besserung und zum Verständnis bei. Ich möchte, dass Europa stark bleibt und dass eine große Solidarität uns allen Kraft gibt. In der Krise siehst du deinen Freund und deinen Feind. Du siehst die Dummheit ebenso wie die Gemeinschaftlichkeit, den Idioten ebenso wie den Achtsamen. Und du siehst, wie fragil unsere Welten-Systeme sein können. Prost nach München zum in 2020 nicht stattfindenden Oktoberfest und – Covid-19 sei Dank – die Alkoholiker ihren Sauf-Rausch endlich einmal zügeln müssen. 

 

Eine herzliche virtuelle Umarmung,

Petra

  

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

auch ich bin voll im Corona-Wahnsinn. Ganz schön stressig!

Die Dimension der Fläche und der Zeit

Ich habe einen Artikel im „Nouvel Observateur“ gelesen, der mich an meine Situation erinnert. Eine junge Frau beschreibt darin, dass ihr durch die Krankheit jeder Gang wie eine Weltreise vorkommt und dass sie das Gefühl hat, niemals ihr Ziel erreichen zu können. Ein Gefühl, dass bei jedem angeschlagenen Mensch zu verspüren ist. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere hat es mit einer ganz anderen Dimension zu tun, die einen Mehrwert bedeuten kann. Das erlebe ich heute mit der Pandemie, die mir – trotz ihrer Grausamkeit – Türen öffnet, die sonst für immer geschlossen gewesen wären…die von neuen Dimensionen, sei es von Fläche oder Zeit. Klar, wenn man so etwas in sich entdeckt, ist es schwer möglich ist, dass man sich seltsam fühlt. Wäre es wohl vergleichbar mit dem Fall, als ob sich das Tor zum Himmel sehr leicht öffnen würde. Nur einen winzigen Spalt, der uns dazu bringt, wissen zu wollen, was dahinter steckt. Dieser hat mich, ich gebe es gerne zu, sehr neugierig gemacht. Hätte ich ihn nicht bemerkt, hätte mich das Ganze kalt gelassen. Gestern habe ich von der gelebten Erfahrung gesprochen. Wenn man nun über die Seuchen Kluges liest, ist es bei weitem nicht das gleiche Gefühl, als wenn man mit ihnen konfrontiert ist. Man kann sie buchstäblich greifen, sich mit ihnen vergiften, was die ganze Sache sehr bedrohlich macht. Das, um euch zu sagen, warum ich irgendwie vom Ganzen fasziniert bin, auch wenn mich das sehr mitnimmt. Medizinische Erklärungen sind ein Sache, aber sie reichen nicht. Andere Phänomene sind in den Gebieten Philosophie, Theologie und Psychologie zu berücksichtigen. Man kann nicht über den Corona-Virus referieren ohne sich darüber Gedanken machen, denn das, was wir erleben ist epochal.

Reise in die Welt meiner philosophischen Gedanken

Ich gebe zu, dass ich schon immer gegrübelt und den Versuch unternommen habe, das Wie und das Wieso besser zu erfassen. Hat das Leben in Deutschland dazu geführt? Ist der Umgang mit nachdenklicheren Menschen der wahre Grund oder bin ich eher von Leuten umgeben, die sich, mit dem was sie geistig besitzen, nicht genügen können? Die nach der Vollkommenheit zielen, ohne sie genau definieren zu können? Das Gefühl verdammt zu werden. Der Corona-Virus muss diese Wahrnehmung des Unerreichbaren noch steigern, die Zeichen eines vernichtenden Schicksals nicht abwenden zu können. Ich für meinen Teil, lasse es sich so entwickeln, wie es für uns alle vorgesehen ist und unternehme nicht den Versuch, mich darüber hinauszusetzen zu wollen. Weg von den ständigen Gedanken der ultimativen Katastrophe, die ich nicht als eine Garantie der Säuberung empfinden kann und auch nicht die Pandemie, die solche Zeichen in sich trägt. Ich sehe mehr denn je meine Aufgabe im Rahmen von persönlichen Gesprächen, den Menschen einen Funken Hoffnung zu verleihen, auch wenn die Mogelei im Spiel ist. Ganz schlicht nach guten Nachrichten zu suchen und sie dementsprechend zu verbreiten. Auch wenn ich eine Menge verbrannte Erde vor mir sehe und die Lust empfinde, einfach gegen den Strom der schlechten Gedanken zu schwimmen, egal was passiert, ist der Widerstand wichtig, denn er gehört einfach zu mir.

Und was wäre, wenn Gott entmachtet wäre?

Ich stehe am Fuß der Mauer, die mich vom Garten Eden trennt und würde sie gerne überwinden, aber sie ist aalglatt. Nicht der kleinste Spalt bei dem ich mich halten könnte. Ich höre Hilferufe – würde gerne helfen – aber schaffe es nicht. Ich haben den Eindruck, dass es sich um Gott handelt, der mit uns nichts mehr auf die Reihe bringt und verzweifelt ist. So geht es mir mit der Pandemie, die ich als ein fast nicht passierbares Hindernis sehe. Es kommt das Gefühl auf, dass Gott die Kontrolle verloren hat und nicht mehr weiß wohin er uns Menschen führen soll. Soll es uns in Furcht versetzen? Uns in Panik bringen? Oder haben wir die innerliche Kraft, Widerstand zu üben? Aber das möchte ich nicht, weil ich weiter das Gefühl haben will, dass ich vom Allgegenwärtigen geliebt werde. Ist das vernünftig sich so von der Hoffnung, verleiten zu lassen? Besteht nicht die Gefahr, dass wir uns letztendlich in em Loch befinden werden, in dem kein Gebet uns verhelfen kann? Das ist gerade das, was mich mit Angst versetzt. Aber um weiterleben zu können, nützt es auch nichts uns zu wiederholen, dass es so toll geht. Dass das Leben insgesamt gesehen eine Wonne ist. Wie könnte ich folgendes erklären: Gott ist mir zugleich so nahe wie nie, auf der andere Seite gottverlassen in der Finsternis. Kann er selbst sich ertragen? Ich habe meine größten Bedenken.

Mich permanent seelisch aufbauen

Jetzt sitze ich vor dem Laptop und löffle aus Frust ein Schokoladeneis. Wunderbar für meine Diabetes! Es wird behauptet, dass das Corona-Virus brandgefährlich ist. Ist mir das wurscht? Ich weiß nur eines, die verseuchte Stimmung macht mich mürbe und ich muss jetzt einfach Schokolade fressen, um mich fröhlich zu fühlen. Die Milka-Kuh kann sich glücklich schätzen, dass ich sie im Namen des Konsums, als Therapeutin wahrnehme – Spaß bei Seite. Ich merke, dass die negative Dynamik, die die Pandemie verbreitet, mir psychisch zusetzt und dass ich langsam in einen Zustand versetzt werde, in dem viele Wesen während des 30ziger Krieges bei den Pest-Epidemien erlebten. Das Gefühl zu haben, alleine durch Orgien den Kopf befreien zu können, auch wenn die Gefahr der Ansteckung dadurch vermehrt wurde. Das Unvermögen nach einer Wahrheit zu suchen, die es in Wirklichkeit so nicht gibt. Dass das zu einer Quälerei sondergleichen führt, ist vom Tatsachenkatalog nicht verwunderlich. Die Pandemie versetzt uns in einen inneren Stress, den wir davor nur selten erdulden mussten und doch sollten wir empor schauen, wie die Bibel es uns gelehrt hat. Was tun wir? Wir kriechen auf dem Boden, weil wir uns nicht die Stärke einräumen, die noch eine existenzielle Begründung hat. Kann der Mensch sie wirklich haben, wenn er weiß, dass er automatisch irgendwann das Handtuch werfen wird? Ich hoffe, dass der Spuck bald nachlässt, um mir den Blick nach vorne neu gestalten zu können. Soll man so viel nachdenken, frage ich mich? Muss das wirklich sein?

 

Trotz Corona, umarme ich dich!

 

Pierre

//pm

 

Mitten in der Coronavirus-Pandemie legt US-Präsident Donald Trump die Beitragszahlungen für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Eis. Er habe die Regierung angewiesen, die Beitragszahlungen zu stoppen, während überprüft werde, welche Rolle die WHO bei der “schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus“ gespielt habe, sagte Trump am Dienstagabend (Ortszeit) im Rosengarten des Weißen Hauses.

Durch das Missmanagement der WHO und deren Vertrauen auf die Angaben aus China habe sich die Epidemie dramatisch verschlimmert und rund um die Welt verbreitet, sagte Trump. Die zahlreichen Fehler der Organisation seien für “so viele Todesfälle“ verantwortlich, sagte Trump. Der Präsident kritisierte insbesondere, dass die WHO sich gegen Einreisesperren aus China ausgesprochen hatte. Diese Politik habe bei der Eindämmung der Epidemie “wertvolle Zeit“ (ksta.de) vergeudet, kritisierte Trump weiter.

Im Besonderen beschuldigt Trump die WHO, die Angaben der chinesischen Regierung nicht kritisch und zeitnah überprüft zu haben. “Hätte die WHO ihren Job gemacht und medizinische Experten nach China geschickt, um die Situation vor Ort objektiv zu beurteilen und hätten sie den chinesischen Mangel an Transparenz angeprangert, hätte der Ausbruch an seiner Quelle mit sehr wenigen Toten eingedämmt werden können”, kritisierte Trump (zeit.de). Die WHO habe stattdessen jedoch die “Aktionen der chinesischen Regierung verteidigt”.

Die Weltgesundheitsorganisiation wehrte sich gegen die Anschuldigungen Trumps. Das Coronavirus für politische Zwecke zu missbrauchen, sei das Schädlichste, was jetzt passieren könne, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus vergangene Woche in Genf (faz.net).

Die in Genf ansässige WHO ist die wichtigste Sonderorganisation der Vereinten Nationen im Gesundheitsbereich. Die Institution war 1948 im Rahmen der Vereinten Nationen gegründet worden und zählt 194 Mitgliedsstaaten. Amerika ist ihr größtes Geberland, Japan die Nummer drei. Während Amerika mehr als 400 Millionen Dollar zahlt, kommt China mit 44 Millionen Dollar weg (faz.net).

Trumps Verhalten zeugt von Ratlosigkeit. Lange hatte der POTUS die Gefahr der Corona-Pandemie für sein Land geleugnet. Er sprach von einem “chinesischen Virus” und spielte die drastischen Folgen der Krise herunter. Am 29. März 2020 (rnd.de, 30.03.2020) dann die Kehrtwende: Möglicherweise könnten in den Vereinigten Staaten 100.000 Menschen an Sars-CoV-2 sterben.

Das Gebaren ist unverantwortlich. Ein Mann, der am 15. Januar nach einer Reise aus der chinesischen Stadt Wuhan nach Seattle in die amerikanische Westküstenmetropole zurückkehrte, trug das Coronavirus in sich. Wenige Tage später wurde er positiv getestet – der erste bestätigte Fall in den USA. Es bestehe aber nur ein sehr geringes Risiko, dass er weitere Menschen angesteckt haben könnte, hieß es damals aus offiziellen Kreisen.

Jetzt soll die WHO schuld sein. Mag sein, dass es Versäumnisse gab. Aber zum jetzigen Zeitpunkt die Angelegenheit politisch zu instrumentalisieren, ziemt sich nicht. Die Einstellung der Beitragszahlungen an die WHO ist unsolidarisch, geht nicht zuletzt zu Lasten der Weltgemeinschaft und gerade der Erkrankten.

Kritiker Trumps sehen deshalb im Druck des Präsidenten auf die WHO einen Versuch, von seinen eigenen Versäumnissen in der Corona-Krise abzulenken. Ihm wird vorgeworfen, die Virus-Gefahr lange kleingeredet zu haben. Wochenlang hatte er versichert, die Lage sei unter Kontrolle. Inzwischen ist die USA das Land mit den meisten Coronavirus-Infizierten weltweit. Mehr als 614.451 Menschen wurden positiv getestet, über 29.897 Menschen (bing.com, 15.04.2020 10:57 Uhr) starben an den Folgen einer Coronavirus-Infektion.

Japan, Indien und auch die Australier kritisieren die Organisation seit Wochen erheblich – vor allem, weil sie zu China-hörig sei: Es sei unglaublich, außergewöhnlich, dass die WHO es für richtig halte, die offenen Lebensmittelmärkte (wet-markets) in China wieder öffnen zu lassen – sie seien die Quelle des Ausbruchs der Pandemie gewesen (Josh Frydenberg, australischer Schatzkanzler).

Es ist bei uns in Europa üblich: Bei der Begrüßung gibt man sich die Hand. Genannt wird es der “Händedruck” oder das “Händeschütteln”.

Es war üblich … Seit Corona gelten wegen der Ansteckungsgefahr andere Regeln, “Lasst es!”. Wo kommt das Shake Hands eigentlich her? Warum machen wir das?

Höflichkeitsregeln und Grußrituale waren Schutzmaßnahmen gegen Gewalt in einer gefährlichen Gesellschaft. Sie stammen aus Zeiten, in denen kein staatliches Gewaltmonopol die Kontrolle über das Alltagsleben ausübte und ein ständiger Kampf aller gegen alle herrschte. Da jeder Mitmensch entweder Freund oder Feind war, mussten die Verhaltensweisen und Gesten deutlich zeigen, zu welcher Gruppe der Betreffende gehörte (Ari Turunen, finnischer Journalist).

Was heute absurd anmutet, war in Zeiten wie dem Mittelalter eine berechtigte Sorge. Auch wenn die katholische Kirche Nächstenliebe predigte und die tierische Natur des Menschen zu zähmen versuchte, zählten Menschenleben in dieser Epoche nur wenig. So wie die frühe Neuzeit war das Mittelalter eine der gewalttätigsten Phasen der Geschichte. Es herrschte der Ritter mit dem Schwert, nicht der Mönch mit dem Federkiel. Und in den Jahrhunderten danach dominierte eine in heutigen Augen makabre und abstoßende Faszination für Folter und drakonische Strafen. Gewalt war Schauspiel und wurde öffentlich zelebriert.

Mit dem Händeschütteln gingen Menschen nicht nur Freundschaften ein, sondern vereinbarten auch Geschäfte. Das “Hand drauf“ als Vorstufe der Unterschrift verweist auf die Welt der Wirtschaft und ist als Formulierung heute noch gebräuchlich. Das Händeschütteln war in der Vergangenheit auch ein Protest gegen Affektiertheit, gegen eine ausufernde Selbstdarstellung, gegen das Überbetonen von Rang- und Standesunterschieden. Die englischen Quäker, eine Variante des Protestantismus, wollten sich im 17. Jahrhundert nicht vor anderen verbeugen, niederknien und den Hut ziehen. Das Händeschütteln empfanden sie als christlich schlichte, angemessene Art der Begrüßung in einer Gemeinschaft von Gleichberechtigten.

Bereits im Römischen Reich war die Tradition des Händeschüttelns bekannt. Auf römischen Münzen lässt sich das Händeschütteln als Symbol der Eintracht wiederfinden. In der Zeit der Republik war die Geste nur bei einem Wiedersehen nach längerer Abwesenheit oder als Ausdruck besonderer Verbundenheit üblich. Erst in der Kaiserzeit wurde sie gängiger (wikipedia.org). Im Neuen Testament wird im Brief des Paulus an die Galater (ca. 50 n. Chr. verfasst) erwähnt, dass Paulus beim Abschied in Jerusalem die “rechte Hand der Freundschaft“ gereicht wurde.

Der evolutionäre und kulturelle Ursprung des Händeschüttelns liegt im Dunkeln. Bei Schimpansen gibt es den “Grooming Handclasp”: Beide sitzen sich gegenüber, und jeder von ihnen reckt einen seiner Arme empor. Beide Affen greifen sich oben in die Hände und unterstützen sich so gegenseitig, während sie gegenseitig Fellpflege betreiben (deutschlandfunk.de, 15.12.2016).

2017 hatte der damalige Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) das Händeschütteln in seinen Zehn-Punkte-Katalog für eine deutsche Leitkultur hineingeschrieben.

Und jetzt das Virus … Also mindestens ein, besser zwei Meter Abstand halten und auf alle Begrüßungsrituale wie Händeschütteln und Umarmungen verzichten. Und natürlich gilt immer: konsequent Hände waschen!

Bin gespannt, was Freiherr Knigge aus der Coronakrise machen wird. Was bleibt nach der Pandemie von unseren Begrüßungsritualen üblich?

Das Fest mit dem Hasen … Ostern hat kein festes Datum. Der Termin für den Ostertag wechselt von Jahr zu Jahr, er kann auf 35 verschiedene Daten zwischen dem 22. März und dem 25. April fallen (wikipedia.org). Und um diese 35 Tage verschieben sich auch die Termine, die direkt an Ostern geknüpft sind – die Sonntage der Zeit vor und nach Ostern, Feste wie Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam.

Von Februar bis Juni geht es unruhig zu im Kirchenjahr, es herrschen Turbulenzen. Woher kommt dieser Wechsel zwischen beweglichen und unbeweglichen Festen, woher kommt diese Unruhe im Jahr? Muss das wirklich sein? Könnte nicht vor allem Ostern, das höchste Fest der Christen, jedes Jahr am gleichen Tag gefeiert werden, so wie es bei Weihnachten längst der Fall ist?

Am 30. September 1930 forderte die Industrie- und Handelskammer Köln ihre Mitglieder zu einer Stellungnahme auf. Es ging um die damals weltweit geführte Diskussion um eine Kalenderreform, die (nach verschiedenen Modellen) erstens das Jahr in gleichmäßig wiederkehrende Wochen und Monate gliedern und zweitens das Osterfest auf einen festen Termin legen sollte. Unter dem Rücklauf der Befragung befindet sich auch ein Brief der Firma Stollwerck. Die Geschäftsleitung des Schokoladenherstellers hielt die Reform „aus Gründen statistischer Gegenüberstellungen“ für “sehr notwendig“. “Begrüßt“ wird auch die Festlegung von Ostern. All dies freilich bei “lebhaften Zweifeln“ daran, dass sich die Kurie einverstanden erklären werde (welt.de, 30.03.2013). Die Reform kam nicht!

Seit wann gab es diese ebenso aufgeregte wie heute völlig vergessene Diskussion? 1895 hatte Wilhelm Förster, Direktor der Berliner Sternwarte und Präsident des Internationalen Komitees für Maße und Gewichte, den Vorschlag gemacht, Ostern auf den Sonntag nach dem 4. April zu fixieren. Dieser Tag lag ungefähr in der Mitte zwischen dem 22. März und 25. April als den bislang gewohnten Eckdaten. Denn Ostern geht auf das Passahfest der Juden zurück, das auf den ersten Frühlingsvollmond datiert. Im mehrtägigen Verlauf dieses Festes war nach der Bibel Jesus Christus gestorben und auferstanden.

Wann genau starb Jesus? Die vier Evangelien der Bibel, die die Ereignisse in allen Einzelheiten berichten, weichen ausgerechnet im Verlauf voneinander ab. Nach Matthäus, Markus und Lukas starb Christus am Hauptfesttag (dem Mazzotfest). Nach Johannes starb er dagegen am Tag zuvor (dem Sederabend). In beiden Fällen war es ein Freitag, aber nur Johannes verlegt diesen Freitag auf die Zeit, in der die Juden die Ankunft des Messias erwarteten (und dabei ihre Lämmer schlachteten). Die entscheidende Nacht war nicht zufällig eine Vollmondnacht gewesen.

Die Nacht der Nächte, die Nacht der erwarteten Ankunft des Messias, wurde bei den Christen dann die Nacht der erfüllten Erlösung. In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten folgte man noch der jüdischen und damit lunaren Datierung. Aber das christliche Ostern war kein Wallfahrtsfest mehr. Und tatsächlich finden sich von früh an auch solare Feiern, in Gallien zum Beispiel am 25. März. Das wichtige Konzil von Nicäa im Jahre 325 gab allerdings der lunaren Datierung den Vorzug (wikipedia.org).

Im Jahr 525, also 200 Jahre nach dem ersten Konzil von Nicäa, wirkte in Rom der skythische Abt Dionysius Exiguus (“der Kleine”) – ein “Computist” (nzz.ch). Er berechnete die Ostersonntage für fünf neunzehnjährige Mondzyklen voraus. Und er verband zugleich – historisch folgenreich –die Ostertafeln mit einer neuen Zeitrechnung. An die Stelle der diokletianischen Ära, die bisher in Geltung war, setzte er eine christliche Ära – eine Zeitrechnung nach Christi Geburt. Sie ist bis heute in Kraft – im Westen unmittelbar geltend, in der übrigen Welt zumindest als Zweitrechnung anerkannt, von der Historie bis zum Flugverkehr.

Ja, so pendelt es bis heute, das “Schaukelfest” (Martin Luther). Mit ihm kommt der Frühling, wir feiern es gerne. Ein unstetes Datum stört dabei wenig.

Schönen Ostersonntag!