Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben rund 50 Menschen in Stuttgart an einer ihnen zunächst untersagten Demonstration teilgenommen. Die Stadt sah sich durch den Richterspruch veranlasst, das von ihr erlassene Verbot des Treffens am Samstag auf dem zentralen Schlossplatz zurückzunehmen. Unter der Beachtung eines Abstandes von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern und einer Distanz zu Passanten von 2 Metern könne die Versammlung am Samstagnachmittag stattfinden, teilte die Stadt mit. Ein Privatmann hatte die Demonstration gegen die Einschränkung der Grundrechte in der Corona-Krise mit maximal 50 Teilnehmern angemeldet. Die Demonstration lief friedlich ab.
Das Gericht hatte dem Eilantrag des Klägers gegen das Verbot der Demonstration in Stuttgart stattgegeben (Az. 1 BvQ 37/20). Der Beschluss verpflichtete die Kommune, über die Anmeldung neu zu entscheiden.
Der Kläger war zuvor mit Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten gescheitert (ka-news.de). Das Bundesverfassungsgericht dagegen hielt den Erlass einer einstweiligen Anordnung für geboten. „Eine Verfassungsbeschwerde wäre nach gegenwärtigem Stand offensichtlich begründet“, heißt es in dem Beschluss vom Freitag.
Die Stadt hatte dem Gericht in einer Stellungnahme mitgeteilt, es sei ihr nicht möglich, Auflagen festzusetzen, die der aktuellen Pandemielage gerecht würden. Das war den Richtern viel zu pauschal. Es sei zwar richtig, dass die Infektionszahlen gerade in Stuttgart in den vergangenen Wochen stark gestiegen seien. Das befreie aber nicht davon, „möglichst in kooperativer Abstimmung mit dem Antragsteller alle in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen in Betracht zu ziehen und sich in dieser Weise um eine Lösung zu bemühen“.
Auch Hunderte bei Demo in Berlin. Nach einem Gespräch mit dem Kläger habe der Versammlung unter Auflagen nichts mehr entgegengestanden, teilte die Stadt mit. Sie betonte jedoch: „Das Versammlungsrecht ist wie der Gesundheitsschutz ein hohes Gut. Bei unseren Entscheidungen haben wir beide Güter entsprechend der geltenden gesetzlichen Vorgaben abzuwägen.” Derzeit stehe der Schutz vor Ansteckungen im Vordergrund.
Trotz geltender Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie haben in Berlin-Mitte am Wochenende wieder Menschen gegen die von ihnen befürchtete Einschränkung von Grundrechten demonstriert. Von 79 Teilnehmern nahm die Polizei am Samstagnachmittag am Rosa-Luxemburg-Platz die Personalien auf, wie die Polizei mitteilte. Einzelne Teilnehmer wurden demnach weggetragen. Zwei Demonstranten seien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden.
Die Gruppe einte unter anderem die Sorge um die Grundrechte, die nach Meinung der Teilnehmenden durch die Corona-Erlässe in ganz Deutschland (Reiseverbot, quasi Versammlungsverbot, Kontaktsperre) in unangemessen drastischer Art eingeschränkt werden. Wie schon bei der Kundgebung der aus der Psychiatrie entlassenen „Corona-Anwältin“ Beate Bahner in Heidelberg hörte man auf dem Rosa-Luxemburg-Platz immer wieder lautstarke „Wir sind das Volk“-Sprechchöre. Auch „Grundgesetz, Grundgesetz!” wurde skandiert (nordkurier.de).
In Gießen hatten am Freitag dann mehrere Menschen unter Auflagen gegen Grundrechtseingriffe im Zuge der Corona-Krise protestiert, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der Demonstration gekippt hatte. Die Polizei zählte bis zu 50 Teilnehmer (dpa) bei der Kundgebung unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“.