Liebe Petra,

ich habe mir vorgenommen wie Vogel Strauß, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wie geht es ihnen, gnädiger Herr?“ „Es könnte mir nicht besser gehen. Wie sollte es anders sein bei diesem Beginn des Jahres 2015? Gott hat es gut mit uns gemeint, er hat für Unterhaltung gesorgt.“ Vom Narrenzug der Pegida bis zum Weihnachtsmann aus Athen, der das Geld der anderen aus dem Fenster hinaus wirft. Dazwischen hatten wir Charlie Hebdo und seine Toten, die Ukraine mit seinem Bruderkrieg und überall Populisten, die vom schönen Prinz wach geküsst worden sind und denken, dass sie die Agenda bald beherrschen werden! Diese herausragenden Ereignisse bereiten mir Alpträume. Liebe Petra, ich würde mir gerne wieder einreden, dass ich glücklich zu sein habe, weil Trübsal blasen in einer Wellness-Gesellschaft keinen Platz haben darf. Lieber die Flimmerkiste anmachen und das Leben der „Royals“ oder sich die zahlreichen roten Teppiche antun. Sie vermitteln den Hauch eines kitschigen Märchens, in dem nur „liebe Leute“ doof in die Gegend grinsen. „Das wollt ihr doch, ihr Pappfiguren!“ Und damit ist der Tag von Tante Emma gerettet! Es könnten Bomben hageln, egal – es zählt nur die vorgemachte Idylle. Das hat der unselige Joseph Goebbels sehr gut erkannt, als er von der UFA die schöne heile Welt drehen ließ. Und das Volk war dankbar und das während Millionen Menschen umkamen. Armleuchter!

Der Rosenmontag in Köln ist zur Farce geworden. Ich meine es ernst, Petra. All diejenigen, die hoch und heilig sagten, dass die Meinungsfreiheit das höchste Gut des Karnevals ist, haben schlapp gemacht. Charlie Hebdo hätte einen Wagen verdient. Er wurde entworfen und dem Publikum präsentiert, das den Entwurf bewilligte, aber dann kam es anders und „die Helden“ der Domstadt bekamen Panik. Solange kleine Gestalten veräppelt werden, ist das ok, sie können sich ohnehin nicht wehren, aber die Herrn Terroristen sollte man schonen. Wir wollen in Ruhe vögeln, uns nicht von der Präsenz der 72 Jungfrauen stören lassen, der Wagen wurde zurückgezogen. Wieder ein Zeichen der Zivilcourage und was hier passiert ist, ist Eigenzensur. Damit sind die Organisatoren dem okkulten Druck der Islamisten erlegen und dass dies genau ihr Plan ist, haben die Edelnarren nicht bedacht. Wenn es so ist, sollten sie eher die Klappe halten. Das sind armselige Gestalten!

Auch wenn ich mir manchmal lieber eine Modenschau von Giorgio Armani anschaue, kann ich nicht so tun als ob nichts geschehen würde. Die Ästhetik kann nicht die bittere Realität überdecken. Trotz herrlichen Farben und Formen, kommt sie immer wieder wie Rost an die Oberfläche. Sollen wir deswegen trauern? Nein, das werde ich nicht tun. Lieber durchknallen und das, was vom Leben übrig bleibt, ausschöpfen bis zum Exitus. Dieser Arsch wird mir meine Lebensfreude nicht nehmen, immer noch liebe ich den Duft der Frauen und ihre Feinfühligkeit. In der Geschichte haben Menschen schlechte Zeiten mit einer regen Erotik übersprungen, ab in die Federn und lasst die Sau raus. Wurde nicht Viagra in diesem Sinn erfunden?

Ich umarme dich liebe Petra
Pierre
//pm

Lieber Pierre,

irgendwie schon paradox das Thema Alter und jenseits des Anti-Aging-Imperativs. Der Widerspruch an sich, steckt nicht das Nicht-Altern in diesem Begriff? Und wie sollte das gehen, wenn man sich nicht mit spätestens 40 erhängt oder erschießt? Ein wahres Dilemma, in dem wir uns befinden und völlig kontraproduktiv zum natürlichen Zyklus des Lebens. Betrachtet man den Abschnitt des Alters als etwas völlig Normales, was einem sogar eine große Gelassenheit und Reife bescheren wird (man braucht niemandem mehr was vor zu machen und ist normalerweise stabil in sich selbst) gilt leider heute immer die Regel „Alter? Kein Problem. Aber bitte elastisch-jugendlich und in Topform!“ Da hapert´s in meinen Augen, denn das ist schon wieder ein Widerspruch. Weiterlesen

Liebe Petra,

heute könnte ich mit dir über Griechenland, die EZB oder noch einmal über Pegida und die ewig Gestrigen debattieren, aber ich ziehe es vor über glückliche Schweine auf einer grünen Wiese im bayerischen Oberland zu schreiben. Natürlich muss der Himmel blau sein, wie es sich im CSU-Staat gehört! Reinheit pur wie es auch mit dem Bier der Fall ist. So hatte sich das das Landwirtschaft-Ministerium in München vor Jahren dargestellt. Idylle pur! Liebe Petra, hast du schon einmal Schweine „weiden sehen“? Und das ohne sich im Schlamm zu wälzen? Zucht und Ordnung, jeder an seinem Platz! Auch die glückliche Rentner, die tagein, tagaus frohlocken, auch wenn sie sich keinen Steak mehr leisten können. Wie die Modellschweine haben sie zu grinsen – egal ob es ihnen dreckig geht oder nicht. Weiterlesen

Mein lieber Pierre,

Dein Unmut und Deine Sorge in großem Respekt, ich teile das unbedingt. Ein Mann, der wegen Drogendelikten und zahlreichen kriminellen Handlungen bereits vorbestraft ist, als Redner an der Spitze solch eines Sauhaufens? Warum handeln die vielen Menschen nicht, wenn sie auf Facebook Begriffe wie „Dreckspack“ oder „Viehzeugs“ lesen? Warum reagiert Facebook nicht, wo sie doch sonst alles durchfilzen? Vogel Strauß oder Ignoranz eines ganz großen Problems?

Pierre, ich wage die Behauptung, dass der Osten unserer Republik ein riesiges Problem hat. Natürlich dadurch auch Gesamtdeutschland, aber es spielt sich in Dresden und Leipzig ab – also die ehemalige DDR. Mögen sie mich nun enthaupten, aber der Osten ist kein echter Gewinn, wenn dort nicht bald Ordnung geschaffen wird. Ob es nun Pegida in Dresden, mit einem rechtsextremistischen „Führer“ heißt oder „Legida“, der Ableger dieser fatalen Bewegung aus Leipzig, es spielt keine Rolle, denn es zeigt, dass Deutschland (und speziell der Osten der Republik) kein! demokratisches Land ist. Demokratie beinhaltet Toleranz, Respekt, Akzeptanz und davon kann bei diesen schrecklichen Dingen keine Rede sein. Ich verurteile das alles zutiefst und es tut mir Leid für jeden Menschen dort draußen, der je diskriminiert, verfolgt oder angegriffen wurde.

Lieber Pierre, ich würde diesen Hanswurst von Lutz Bachmann sofort des Landes verweisen, ohne Hab und Gut…direkt mitten rein in die Steppe von Afrika, damit das „Viehzeugs“ ihn genüsslich zerfleddern könnten. Aber würden die vielleicht eine Magenverstimmung bekommen? Doch, schlechte Kost verdirbt den Magen und das wollen wir nun doch nicht. Der unfähige, kleinkariert denkende, selbsternannte Pegida-Sprecher trat zurück. Das heißt nicht, dass er seine Schandtaten weiter verbreiten und Anhänger finden wird.

Mir fehlen die Worte, mir fehlen einfach die Worte und ich schäme mich für mein Land.  Integration ist wichtig und möglich – hier ebenso wie in anderen Ländern. Wer jetzt noch bei den Aufmärschen mitläuft, macht sich mitschuldig und kann sich nicht rausreden, er habe nichts gewusst.

Die „neuen Bundesländer“ müssen dringend aufräumen, sie sind ein brodelndes Fass. Ich werde sie nicht betreten oder bereisen, so lange dort braune Gewalt, Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Übergriffe an der Tagesordnung sind! Egal, wie schön und egal, ob es nun Deutschland ist oder nicht. Ein vereintes Deutschland sieht für mich anders aus und die Bürger des Ostens haben die verdammte Pflicht, dort für Ruhe zu sorgen, die Aufrührer zu verurteilen, die Aufmärsche zu vereiteln und die friedlichen Bürger, die sich davon distanzieren, müssen ihre Stimme erheben, stärker werden und der fatalen, extremistischen Gesinnung umgehend etwas entgegensetzen! Unsere Politiker sind gefordert, aufzuwachen und die Integration ausländischer Staatsbürger zu erleichtern und zu fördern. Für ein vereintes Europa und vor allem für eine vereinte Welt!

 

© Petra M. Jansen

http://jansen-marketing.de

 

Liebe Petra,

Lutz Bachmann ist schon ein Schalk! Passt gut zum Karneval. Der Arme hat sich als Jux die Fresse von Groß-Adolf angemalt und die dazu gehörende Frisur „von unserem so lieben und gerechten Führer“ anfertigen lassen. Dazu Hasstiraden über die Einwanderer im Stil von Joseph Goebbels. Ein Narrentreiben, das das wahre Gesicht von der Pegida-Bewegung enttarnt. Die Fassade von „aufrichtigen Menschen“ bröckelt endlich ab. Hinter den bürgerlichen Habitus verstecken sich Rechtsextremisten, wie es am Ende der Weimarer Republik mit dem „so korrekten Zentrum“ der Fall war. „Nein, wir werden niemals die Nazis unterstützen, die sind uns zu vulgär!“ Von wegen, sie haben Hitler die Tore der Macht eröffnet. Ein Glück liebe Petra, dass diese dämliche Panne mit Pegida passiert ist. Sie bestätigt, was ich schon längst ahnte. Sogenannte besorgte Menschen werden rücksichtslos manipuliert. Sie denken ihre Bürgerpflicht in Anspruch zu nehmen, sind aber die Wasserträger der Rassisten. Die Gleichen, die in den 30er Jahren die Juden verfolgt haben. Bei den heutigen „Reichskristallnächten“ werden keine Synagogen mehr angezündet (wie lange noch?), bevorzugt werden Asylantenheime. Eine Tendenz, die sich nicht nur auf Deutschland begrenzt. Das ist zum kotzen, nicht wahr?

Gott sei Dank gibt es eine Überzahl von Demokraten, die diese miesen Tendenzen verurteilen, aber Achtung! Die Stimmung kann sich in Europa leicht umdrehen und ich sehe meine Rolle darin, laut und stark zu sagen, was ich denke. Ich bin dabei keineswegs alleine. Um aber diesen Spuk abzuwenden, muss dem Volk eine Aufklärungskur verabreicht werden. Zu behaupten, dass wir islamisiert werden ist reine Hetze und der Einwanderungsbericht widerlegt diese These. Liebe Petra, es fällt mir schwer, meine Angst zu verbergen. Nur noch Gewalt und Terror! Was wird aus unseren Kindern? Welches Erbe haben wir ihnen hinterlassen? Nur Mist?

Es bleibt mir vielleicht nichts anderes übrig, als den Kopf in den Sand zu stecken, dabei an die Güte der Menschheit zu glauben und wie ein Papagei den Satz: „Ja, der Mensch ist gut“, von früh bis spät zu wiederholen.

In diesem Sinne, Umarmung

Pierre

//pm

Mein lieber Pierre,

die Medien puschen gleichermaßen den gleichen Brei rund um den Erdball. Zwar ist das unabdingbar im Zeichen der Demokratie und der Informationsfreiheit, aber müssen 4jährige bereits im Vorschulalter mit Terror, Islamisten, Rassismus konfrontiert werden, wenn sie gerade den Windeln entwachsen sind? Rauf auf´ s Brett – egal, ob die eine Ahnung haben oder nicht, so ist das Volk. Unvorteilhaft, wenn falsche Solidarität das Debakel abschwächt und die Ernsthaftigkeit darunter leidet. Das darf auf keinen Fall passieren! Dennoch ein Hype, wenngleich ein äußerst wichtiger. Ich denke, wir müssen woanders ansetzen, als erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Erstens sind nicht alle Muslime radikal und zweitens darf nicht die Religion Schutzschild für Menschenhass, Terrorismus, Mord, Fanatismus sein. Ich kenne jede Menge Muslime, die feine Menschen sind. Es ist wie es ist, lieber Pierre: seitdem es Menschen gibt, gibt es auch Attentate und Kriege. Menschen sind kein friedliches Volk auf dieser Welt. Wir sollten unsere Verständigung nicht auf die schrecklichen Taten alleine richten, die wir – wie in diesem sehr bedauerlichen Fall – nicht vorher sehen und abwenden konnten sondern auf eine internationale, völkerübergreifende Verständigung und Integration andere Kulturen in den jeweiligen Ländern. Uns allen sollte klar sein, dass WIR gemeinsam auf EINER Welt leben und das sollten wir gefälligst in Frieden tun. Politik und Polizeischutz können wenig ausrichten, so lange die Gesinnung sich in fanatische mörderische Taten wandelt.

Es grüßt herzlich aus der Bankenmetropole, in der es leider auch nur um Geld, Macht und Prestige geht,

Petra

 

© Petra M. Jansen

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Prévessin, den 17. Januar 2015

Meine liebe Petra,

wer heute „in“ sein will, trägt ein Schild mit der Aufschrift „Je suis Charlie“. Eine Inflation! Eine ganze Palette von Arschlöschern ist dabei vertreten, vom Feigling bis zum Unterdrücker. Nach außen geben sie sich höchst tolerant, aber sind es in Wirklichkeit nicht. Es gehört zum guten Ton dabei zu sein! Das zum Aushänge-Schild! Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, als ich vor zwei Tagen, sehr früh am Morgen, vor dem Kiosk in Ferney-Voltaire stand, um mir die Sonderausgabe von „Charlie hebdo“ zu kaufen. Hundertfünfzig Gestalten wie mich, hat es aus dem Bett gerissen, um endlich ein Exemplar ergattern zu können, von einer Postille, die sie bisher mehr oder weniger verachteten. Eine Schar von Judas war dabei, um dem Trend der Zeit zu folgen Sich nur nicht marginalisieren und als Reaktionär zu erscheinen. Und das Ganze in dem Ort, wo Voltaire die ersten Weichen der großen Revolution im 18. Jahrhundert stellte.

Und ich? Habe ich überhaupt das Recht solch ein Urteil zu fällen und mit dem Zeigefinger herum zu ballern? Gehöre ich auch zu den geistigen Pygmäen unserer Gesellschaft? Rassist! Nichts gegen Pygmäen, die durchaus Großes leisten können. Hätte ich den Mut gehabt den Prophet zu enttarnen? Hätte ich das überhaupt gewollt? Um nicht im Trend der Zeit zu sein, sage ich dir heute offen, dass ich manche Karikaturen gegen die Religion als störend empfinde, weil sie Gefühle verletzen, die höchst intim sind. Und doch finde ich es gut, dass sie veröffentlicht werden. Das im Namen der Meinungsfreiheit, die ich als das höchste Gut der Demokratie betrachte. Ist das ein Widerspruch? Nein, unsere Gesellschaft kann nur bestehen, solange Querköpfe uns zum Nachdenken zwingen.

In der Hoffnung, dass du noch in süßen Träumen versunken bist, sende ich dir aus Frankreich herzliche Gedanken.

In diesem Sinn,

Pierre

 

//pm

Es gibt kaum etwas Authentischeres als einen Briefwechsel. Er fordert den Absender auf, auf seinen Partner einzugehen, ihm zu antworten. Geistig eine Herausforderung, die auch als ein Lernprozess betrachtet werden kann. Kein Wunder, dass die Seele vieler Literaten hier besser zum Ausdruck kommt als bei anderen Schriften. Warum? Weil sie hinterfragt werden und manchmal auch eine Kritik akzeptieren müssen. Es kommt sicherlich vor, dass sie sich outen. Müssen sie das? Nicht unbedingt, aber der Sinn einer Korrespondenz ist die Ehrlichkeit. Wer sich darauf einlässt, sollte schon offen damit umgehen. Gefühle werden wach, die sonst verborgen bleiben würden. Durch den schriftlichen Dialog erscheinen für jeden Beteiligten neue Horizonte, die sie in ihrem Schaffen zum Ausdruck kommen lassen können. Wer akzeptiert, dass das Leben synonym von Bewegung ist, sollte den Mut haben, sich in Frage zu stellen. Genau das wollen Petra M. Jansen und Pierre Mathias. Sie kommen aus verschiedenen kulturellen Kreisen, sind nicht unbedingt immer gleicher Meinung und sagen offen was sie bewegt. Das macht die Sache spannend und soll den Leser aus seiner Reserve locken. Sie werden Themen aufgreifen, die sie und auch Sie bewegen und dies ohne jegliche Tabus – also keine Schere im Kopf. Es geht alleine um die Meinungsfreiheit, die als roter Faden diesen Briefwechsel würzen soll. Wohin die Reise führt, wissen die zwei Protagonisten noch nicht und gerade das macht die Sache so spannend. Ab Februar auf dem rostra.magazin. Viel Spaß bei der Lektüre.