Liebe Petra,

auch ich bin voll im Corona-Wahnsinn. Ganz schön stressig!

Die Dimension der Fläche und der Zeit

Ich habe einen Artikel im „Nouvel Observateur“ gelesen, der mich an meine Situation erinnert. Eine junge Frau beschreibt darin, dass ihr durch die Krankheit jeder Gang wie eine Weltreise vorkommt und dass sie das Gefühl hat, niemals ihr Ziel erreichen zu können. Ein Gefühl, dass bei jedem angeschlagenen Mensch zu verspüren ist. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere hat es mit einer ganz anderen Dimension zu tun, die einen Mehrwert bedeuten kann. Das erlebe ich heute mit der Pandemie, die mir – trotz ihrer Grausamkeit – Türen öffnet, die sonst für immer geschlossen gewesen wären…die von neuen Dimensionen, sei es von Fläche oder Zeit. Klar, wenn man so etwas in sich entdeckt, ist es schwer möglich ist, dass man sich seltsam fühlt. Wäre es wohl vergleichbar mit dem Fall, als ob sich das Tor zum Himmel sehr leicht öffnen würde. Nur einen winzigen Spalt, der uns dazu bringt, wissen zu wollen, was dahinter steckt. Dieser hat mich, ich gebe es gerne zu, sehr neugierig gemacht. Hätte ich ihn nicht bemerkt, hätte mich das Ganze kalt gelassen. Gestern habe ich von der gelebten Erfahrung gesprochen. Wenn man nun über die Seuchen Kluges liest, ist es bei weitem nicht das gleiche Gefühl, als wenn man mit ihnen konfrontiert ist. Man kann sie buchstäblich greifen, sich mit ihnen vergiften, was die ganze Sache sehr bedrohlich macht. Das, um euch zu sagen, warum ich irgendwie vom Ganzen fasziniert bin, auch wenn mich das sehr mitnimmt. Medizinische Erklärungen sind ein Sache, aber sie reichen nicht. Andere Phänomene sind in den Gebieten Philosophie, Theologie und Psychologie zu berücksichtigen. Man kann nicht über den Corona-Virus referieren ohne sich darüber Gedanken machen, denn das, was wir erleben ist epochal.

Reise in die Welt meiner philosophischen Gedanken

Ich gebe zu, dass ich schon immer gegrübelt und den Versuch unternommen habe, das Wie und das Wieso besser zu erfassen. Hat das Leben in Deutschland dazu geführt? Ist der Umgang mit nachdenklicheren Menschen der wahre Grund oder bin ich eher von Leuten umgeben, die sich, mit dem was sie geistig besitzen, nicht genügen können? Die nach der Vollkommenheit zielen, ohne sie genau definieren zu können? Das Gefühl verdammt zu werden. Der Corona-Virus muss diese Wahrnehmung des Unerreichbaren noch steigern, die Zeichen eines vernichtenden Schicksals nicht abwenden zu können. Ich für meinen Teil, lasse es sich so entwickeln, wie es für uns alle vorgesehen ist und unternehme nicht den Versuch, mich darüber hinauszusetzen zu wollen. Weg von den ständigen Gedanken der ultimativen Katastrophe, die ich nicht als eine Garantie der Säuberung empfinden kann und auch nicht die Pandemie, die solche Zeichen in sich trägt. Ich sehe mehr denn je meine Aufgabe im Rahmen von persönlichen Gesprächen, den Menschen einen Funken Hoffnung zu verleihen, auch wenn die Mogelei im Spiel ist. Ganz schlicht nach guten Nachrichten zu suchen und sie dementsprechend zu verbreiten. Auch wenn ich eine Menge verbrannte Erde vor mir sehe und die Lust empfinde, einfach gegen den Strom der schlechten Gedanken zu schwimmen, egal was passiert, ist der Widerstand wichtig, denn er gehört einfach zu mir.

Und was wäre, wenn Gott entmachtet wäre?

Ich stehe am Fuß der Mauer, die mich vom Garten Eden trennt und würde sie gerne überwinden, aber sie ist aalglatt. Nicht der kleinste Spalt bei dem ich mich halten könnte. Ich höre Hilferufe – würde gerne helfen – aber schaffe es nicht. Ich haben den Eindruck, dass es sich um Gott handelt, der mit uns nichts mehr auf die Reihe bringt und verzweifelt ist. So geht es mir mit der Pandemie, die ich als ein fast nicht passierbares Hindernis sehe. Es kommt das Gefühl auf, dass Gott die Kontrolle verloren hat und nicht mehr weiß wohin er uns Menschen führen soll. Soll es uns in Furcht versetzen? Uns in Panik bringen? Oder haben wir die innerliche Kraft, Widerstand zu üben? Aber das möchte ich nicht, weil ich weiter das Gefühl haben will, dass ich vom Allgegenwärtigen geliebt werde. Ist das vernünftig sich so von der Hoffnung, verleiten zu lassen? Besteht nicht die Gefahr, dass wir uns letztendlich in em Loch befinden werden, in dem kein Gebet uns verhelfen kann? Das ist gerade das, was mich mit Angst versetzt. Aber um weiterleben zu können, nützt es auch nichts uns zu wiederholen, dass es so toll geht. Dass das Leben insgesamt gesehen eine Wonne ist. Wie könnte ich folgendes erklären: Gott ist mir zugleich so nahe wie nie, auf der andere Seite gottverlassen in der Finsternis. Kann er selbst sich ertragen? Ich habe meine größten Bedenken.

Mich permanent seelisch aufbauen

Jetzt sitze ich vor dem Laptop und löffle aus Frust ein Schokoladeneis. Wunderbar für meine Diabetes! Es wird behauptet, dass das Corona-Virus brandgefährlich ist. Ist mir das wurscht? Ich weiß nur eines, die verseuchte Stimmung macht mich mürbe und ich muss jetzt einfach Schokolade fressen, um mich fröhlich zu fühlen. Die Milka-Kuh kann sich glücklich schätzen, dass ich sie im Namen des Konsums, als Therapeutin wahrnehme – Spaß bei Seite. Ich merke, dass die negative Dynamik, die die Pandemie verbreitet, mir psychisch zusetzt und dass ich langsam in einen Zustand versetzt werde, in dem viele Wesen während des 30ziger Krieges bei den Pest-Epidemien erlebten. Das Gefühl zu haben, alleine durch Orgien den Kopf befreien zu können, auch wenn die Gefahr der Ansteckung dadurch vermehrt wurde. Das Unvermögen nach einer Wahrheit zu suchen, die es in Wirklichkeit so nicht gibt. Dass das zu einer Quälerei sondergleichen führt, ist vom Tatsachenkatalog nicht verwunderlich. Die Pandemie versetzt uns in einen inneren Stress, den wir davor nur selten erdulden mussten und doch sollten wir empor schauen, wie die Bibel es uns gelehrt hat. Was tun wir? Wir kriechen auf dem Boden, weil wir uns nicht die Stärke einräumen, die noch eine existenzielle Begründung hat. Kann der Mensch sie wirklich haben, wenn er weiß, dass er automatisch irgendwann das Handtuch werfen wird? Ich hoffe, dass der Spuck bald nachlässt, um mir den Blick nach vorne neu gestalten zu können. Soll man so viel nachdenken, frage ich mich? Muss das wirklich sein?

 

Trotz Corona, umarme ich dich!

 

Pierre

//pm

 

Mitten in der Coronavirus-Pandemie legt US-Präsident Donald Trump die Beitragszahlungen für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Eis. Er habe die Regierung angewiesen, die Beitragszahlungen zu stoppen, während überprüft werde, welche Rolle die WHO bei der “schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus“ gespielt habe, sagte Trump am Dienstagabend (Ortszeit) im Rosengarten des Weißen Hauses.

Durch das Missmanagement der WHO und deren Vertrauen auf die Angaben aus China habe sich die Epidemie dramatisch verschlimmert und rund um die Welt verbreitet, sagte Trump. Die zahlreichen Fehler der Organisation seien für “so viele Todesfälle“ verantwortlich, sagte Trump. Der Präsident kritisierte insbesondere, dass die WHO sich gegen Einreisesperren aus China ausgesprochen hatte. Diese Politik habe bei der Eindämmung der Epidemie “wertvolle Zeit“ (ksta.de) vergeudet, kritisierte Trump weiter.

Im Besonderen beschuldigt Trump die WHO, die Angaben der chinesischen Regierung nicht kritisch und zeitnah überprüft zu haben. “Hätte die WHO ihren Job gemacht und medizinische Experten nach China geschickt, um die Situation vor Ort objektiv zu beurteilen und hätten sie den chinesischen Mangel an Transparenz angeprangert, hätte der Ausbruch an seiner Quelle mit sehr wenigen Toten eingedämmt werden können”, kritisierte Trump (zeit.de). Die WHO habe stattdessen jedoch die “Aktionen der chinesischen Regierung verteidigt”.

Die Weltgesundheitsorganisiation wehrte sich gegen die Anschuldigungen Trumps. Das Coronavirus für politische Zwecke zu missbrauchen, sei das Schädlichste, was jetzt passieren könne, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus vergangene Woche in Genf (faz.net).

Die in Genf ansässige WHO ist die wichtigste Sonderorganisation der Vereinten Nationen im Gesundheitsbereich. Die Institution war 1948 im Rahmen der Vereinten Nationen gegründet worden und zählt 194 Mitgliedsstaaten. Amerika ist ihr größtes Geberland, Japan die Nummer drei. Während Amerika mehr als 400 Millionen Dollar zahlt, kommt China mit 44 Millionen Dollar weg (faz.net).

Trumps Verhalten zeugt von Ratlosigkeit. Lange hatte der POTUS die Gefahr der Corona-Pandemie für sein Land geleugnet. Er sprach von einem “chinesischen Virus” und spielte die drastischen Folgen der Krise herunter. Am 29. März 2020 (rnd.de, 30.03.2020) dann die Kehrtwende: Möglicherweise könnten in den Vereinigten Staaten 100.000 Menschen an Sars-CoV-2 sterben.

Das Gebaren ist unverantwortlich. Ein Mann, der am 15. Januar nach einer Reise aus der chinesischen Stadt Wuhan nach Seattle in die amerikanische Westküstenmetropole zurückkehrte, trug das Coronavirus in sich. Wenige Tage später wurde er positiv getestet – der erste bestätigte Fall in den USA. Es bestehe aber nur ein sehr geringes Risiko, dass er weitere Menschen angesteckt haben könnte, hieß es damals aus offiziellen Kreisen.

Jetzt soll die WHO schuld sein. Mag sein, dass es Versäumnisse gab. Aber zum jetzigen Zeitpunkt die Angelegenheit politisch zu instrumentalisieren, ziemt sich nicht. Die Einstellung der Beitragszahlungen an die WHO ist unsolidarisch, geht nicht zuletzt zu Lasten der Weltgemeinschaft und gerade der Erkrankten.

Kritiker Trumps sehen deshalb im Druck des Präsidenten auf die WHO einen Versuch, von seinen eigenen Versäumnissen in der Corona-Krise abzulenken. Ihm wird vorgeworfen, die Virus-Gefahr lange kleingeredet zu haben. Wochenlang hatte er versichert, die Lage sei unter Kontrolle. Inzwischen ist die USA das Land mit den meisten Coronavirus-Infizierten weltweit. Mehr als 614.451 Menschen wurden positiv getestet, über 29.897 Menschen (bing.com, 15.04.2020 10:57 Uhr) starben an den Folgen einer Coronavirus-Infektion.

Japan, Indien und auch die Australier kritisieren die Organisation seit Wochen erheblich – vor allem, weil sie zu China-hörig sei: Es sei unglaublich, außergewöhnlich, dass die WHO es für richtig halte, die offenen Lebensmittelmärkte (wet-markets) in China wieder öffnen zu lassen – sie seien die Quelle des Ausbruchs der Pandemie gewesen (Josh Frydenberg, australischer Schatzkanzler).

Es ist bei uns in Europa üblich: Bei der Begrüßung gibt man sich die Hand. Genannt wird es der “Händedruck” oder das “Händeschütteln”.

Es war üblich … Seit Corona gelten wegen der Ansteckungsgefahr andere Regeln, “Lasst es!”. Wo kommt das Shake Hands eigentlich her? Warum machen wir das?

Höflichkeitsregeln und Grußrituale waren Schutzmaßnahmen gegen Gewalt in einer gefährlichen Gesellschaft. Sie stammen aus Zeiten, in denen kein staatliches Gewaltmonopol die Kontrolle über das Alltagsleben ausübte und ein ständiger Kampf aller gegen alle herrschte. Da jeder Mitmensch entweder Freund oder Feind war, mussten die Verhaltensweisen und Gesten deutlich zeigen, zu welcher Gruppe der Betreffende gehörte (Ari Turunen, finnischer Journalist).

Was heute absurd anmutet, war in Zeiten wie dem Mittelalter eine berechtigte Sorge. Auch wenn die katholische Kirche Nächstenliebe predigte und die tierische Natur des Menschen zu zähmen versuchte, zählten Menschenleben in dieser Epoche nur wenig. So wie die frühe Neuzeit war das Mittelalter eine der gewalttätigsten Phasen der Geschichte. Es herrschte der Ritter mit dem Schwert, nicht der Mönch mit dem Federkiel. Und in den Jahrhunderten danach dominierte eine in heutigen Augen makabre und abstoßende Faszination für Folter und drakonische Strafen. Gewalt war Schauspiel und wurde öffentlich zelebriert.

Mit dem Händeschütteln gingen Menschen nicht nur Freundschaften ein, sondern vereinbarten auch Geschäfte. Das “Hand drauf“ als Vorstufe der Unterschrift verweist auf die Welt der Wirtschaft und ist als Formulierung heute noch gebräuchlich. Das Händeschütteln war in der Vergangenheit auch ein Protest gegen Affektiertheit, gegen eine ausufernde Selbstdarstellung, gegen das Überbetonen von Rang- und Standesunterschieden. Die englischen Quäker, eine Variante des Protestantismus, wollten sich im 17. Jahrhundert nicht vor anderen verbeugen, niederknien und den Hut ziehen. Das Händeschütteln empfanden sie als christlich schlichte, angemessene Art der Begrüßung in einer Gemeinschaft von Gleichberechtigten.

Bereits im Römischen Reich war die Tradition des Händeschüttelns bekannt. Auf römischen Münzen lässt sich das Händeschütteln als Symbol der Eintracht wiederfinden. In der Zeit der Republik war die Geste nur bei einem Wiedersehen nach längerer Abwesenheit oder als Ausdruck besonderer Verbundenheit üblich. Erst in der Kaiserzeit wurde sie gängiger (wikipedia.org). Im Neuen Testament wird im Brief des Paulus an die Galater (ca. 50 n. Chr. verfasst) erwähnt, dass Paulus beim Abschied in Jerusalem die “rechte Hand der Freundschaft“ gereicht wurde.

Der evolutionäre und kulturelle Ursprung des Händeschüttelns liegt im Dunkeln. Bei Schimpansen gibt es den “Grooming Handclasp”: Beide sitzen sich gegenüber, und jeder von ihnen reckt einen seiner Arme empor. Beide Affen greifen sich oben in die Hände und unterstützen sich so gegenseitig, während sie gegenseitig Fellpflege betreiben (deutschlandfunk.de, 15.12.2016).

2017 hatte der damalige Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) das Händeschütteln in seinen Zehn-Punkte-Katalog für eine deutsche Leitkultur hineingeschrieben.

Und jetzt das Virus … Also mindestens ein, besser zwei Meter Abstand halten und auf alle Begrüßungsrituale wie Händeschütteln und Umarmungen verzichten. Und natürlich gilt immer: konsequent Hände waschen!

Bin gespannt, was Freiherr Knigge aus der Coronakrise machen wird. Was bleibt nach der Pandemie von unseren Begrüßungsritualen üblich?

Das Fest mit dem Hasen … Ostern hat kein festes Datum. Der Termin für den Ostertag wechselt von Jahr zu Jahr, er kann auf 35 verschiedene Daten zwischen dem 22. März und dem 25. April fallen (wikipedia.org). Und um diese 35 Tage verschieben sich auch die Termine, die direkt an Ostern geknüpft sind – die Sonntage der Zeit vor und nach Ostern, Feste wie Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam.

Von Februar bis Juni geht es unruhig zu im Kirchenjahr, es herrschen Turbulenzen. Woher kommt dieser Wechsel zwischen beweglichen und unbeweglichen Festen, woher kommt diese Unruhe im Jahr? Muss das wirklich sein? Könnte nicht vor allem Ostern, das höchste Fest der Christen, jedes Jahr am gleichen Tag gefeiert werden, so wie es bei Weihnachten längst der Fall ist?

Am 30. September 1930 forderte die Industrie- und Handelskammer Köln ihre Mitglieder zu einer Stellungnahme auf. Es ging um die damals weltweit geführte Diskussion um eine Kalenderreform, die (nach verschiedenen Modellen) erstens das Jahr in gleichmäßig wiederkehrende Wochen und Monate gliedern und zweitens das Osterfest auf einen festen Termin legen sollte. Unter dem Rücklauf der Befragung befindet sich auch ein Brief der Firma Stollwerck. Die Geschäftsleitung des Schokoladenherstellers hielt die Reform „aus Gründen statistischer Gegenüberstellungen“ für “sehr notwendig“. “Begrüßt“ wird auch die Festlegung von Ostern. All dies freilich bei “lebhaften Zweifeln“ daran, dass sich die Kurie einverstanden erklären werde (welt.de, 30.03.2013). Die Reform kam nicht!

Seit wann gab es diese ebenso aufgeregte wie heute völlig vergessene Diskussion? 1895 hatte Wilhelm Förster, Direktor der Berliner Sternwarte und Präsident des Internationalen Komitees für Maße und Gewichte, den Vorschlag gemacht, Ostern auf den Sonntag nach dem 4. April zu fixieren. Dieser Tag lag ungefähr in der Mitte zwischen dem 22. März und 25. April als den bislang gewohnten Eckdaten. Denn Ostern geht auf das Passahfest der Juden zurück, das auf den ersten Frühlingsvollmond datiert. Im mehrtägigen Verlauf dieses Festes war nach der Bibel Jesus Christus gestorben und auferstanden.

Wann genau starb Jesus? Die vier Evangelien der Bibel, die die Ereignisse in allen Einzelheiten berichten, weichen ausgerechnet im Verlauf voneinander ab. Nach Matthäus, Markus und Lukas starb Christus am Hauptfesttag (dem Mazzotfest). Nach Johannes starb er dagegen am Tag zuvor (dem Sederabend). In beiden Fällen war es ein Freitag, aber nur Johannes verlegt diesen Freitag auf die Zeit, in der die Juden die Ankunft des Messias erwarteten (und dabei ihre Lämmer schlachteten). Die entscheidende Nacht war nicht zufällig eine Vollmondnacht gewesen.

Die Nacht der Nächte, die Nacht der erwarteten Ankunft des Messias, wurde bei den Christen dann die Nacht der erfüllten Erlösung. In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten folgte man noch der jüdischen und damit lunaren Datierung. Aber das christliche Ostern war kein Wallfahrtsfest mehr. Und tatsächlich finden sich von früh an auch solare Feiern, in Gallien zum Beispiel am 25. März. Das wichtige Konzil von Nicäa im Jahre 325 gab allerdings der lunaren Datierung den Vorzug (wikipedia.org).

Im Jahr 525, also 200 Jahre nach dem ersten Konzil von Nicäa, wirkte in Rom der skythische Abt Dionysius Exiguus (“der Kleine”) – ein “Computist” (nzz.ch). Er berechnete die Ostersonntage für fünf neunzehnjährige Mondzyklen voraus. Und er verband zugleich – historisch folgenreich –die Ostertafeln mit einer neuen Zeitrechnung. An die Stelle der diokletianischen Ära, die bisher in Geltung war, setzte er eine christliche Ära – eine Zeitrechnung nach Christi Geburt. Sie ist bis heute in Kraft – im Westen unmittelbar geltend, in der übrigen Welt zumindest als Zweitrechnung anerkannt, von der Historie bis zum Flugverkehr.

Ja, so pendelt es bis heute, das “Schaukelfest” (Martin Luther). Mit ihm kommt der Frühling, wir feiern es gerne. Ein unstetes Datum stört dabei wenig.

Schönen Ostersonntag!

 

 

Distanz nicht respektieren.

Ruhemomente zerstören.

Dem Gegenüber auf die Pelle rücken.

Ungefragt, die Meinung aufdrücken.

Teilhaben lassen an ekligen Geschichten.

Tränendrüse des ewigen Märtyrers.

Junggebliebene auf Internet-Fotos,

dabei bereits gealtert um 20 Jahre.

Zu Hause dem Staat auf der Tasche liegend

für ein Leben in Juhu und Partytime.

Schubsen, wenn Warten menschlich wäre.

Belehrend, Zeigefinger hebend den anderen nieder quatschen.

Coolness auf dem Bike der Welt da zeigen,

missachtend die Ausgangsregeln.

Husten und Niesen direkt vor deine Füße.

Dreck raus fegen, Hauptsache weg.

Bespitzeln, nörgeln, neiden.

Man hat ja sonst nichts zu ertragen.

Reinballern in die Kanone der Diskriminierung,

dem Deutschen geht´s ja – ach, so schlecht.

Immer dicker werden und keine Schuld?

Raum einnehmen, der dir nicht gehört?

Diebstahl vor deiner Haustüre ist kein Kavaliersdelikt

und Spucke auf dem Briefkasten asozial.

Hau doch einfach mal eine Oma um,

dann hast du wieder Kohle.

Ist so leicht, das Leben ohne Respekt.

Habgier ist des Menschen Schande.

Lass doch sein, wie es sein soll

und vernichte nicht,

weil d u vergiftet bist.

 

  

© Petra M. Jansen

http://literatourpoetictext.blogspot.com/

 

 

Die Sonne scheint,

der Vogel zwitschert.

Der Kapitalist im Stuhl,

macht sich Gedanken.

Katze und Vogel schauen zu.

Ruhige Straßen, Autos stehen,

Ameisen auf ihrem Weg.

Der Kommunist reibt sich die Hände,

endlich die Zeitenwende.

Hunde begrüßen den Tag.

Ein laues Lüftchen

umspielt die Nase.

Der Fabrikant in Not,

kalkuliert seine Bücher.

Hühner gackern im Hof.

Laub raschelt in den Bäumen,

Knospen sprießen, es wächst.

Die Bürofrau liest die Nachrichten,

der Bildschirm flackert.

Ein Kaktus am Fenster, verweilt.

Chrom glitzert im Raum.

Die Uhr an der Wand, sie tickt.

Der Friseur im Laden wischt Staub,

die Schere ruht vorm Spiegel.

Das Türschild spricht: “Closed!”.

Tauben gurren und picken,

Versammlung bei Litfaß.

Die Rentnerin lächelt auf dem Balkon,

die Hausarbeit ist getan.

Die Turmuhr schlägt halb zwei.

Hasen im Garten,

hoppeln und mümmeln.

Der Manager schaut gelangweilt

aus dem Fenster: “Nichts los!”.

Ein Frosch hüpft in den Teich.

Andere Zeiten, andere Sitten!

Kaum Veränderung, wen schert´s?!

Die Welt dreht sich,

Besinnung und Demut.

Eine Biene besucht die Blüte.

 

 

 

Das Ausmaß dieser Epidemie überschreitet alles, was die Menschheit bisher erlebt hat. Selbst bei der Pest im Mittelalter waren nur bestimmte Gegenden betroffen, jetzt ist es gleichzeitig die ganze Menschheit. In einem Jahr wird unsere Welt gewiss eine andere sein. Manches, was bisher selbstverständlich war, wird es nicht mehr sein. Man kann vermuten: das Leben wird wohl etwas weniger oberflächlich sein.

Warten wir es ab. Dass Menschen nach solchen Katastrophen zur Besinnung kommen können, das sieht man an so herrlichen Kulturleistungen wie der Kirche Santa Maria della Salute am Ende des Canale Grande in Venedig, die zum Dank für das Ende der Pest (wikipedia.org) gestiftet worden war. Aber nach dem schrecklichen Ersten Weltkrieg gab es auch zunächst ein Abgleiten in eine gewisse Vergnügungssucht. Übrigens wird es für die Politiker erheblich schwieriger sein, die Schulen und andere Institutionen wieder zu öffnen.

Die Vorstellung, dass die Zivilisation nur eine ganz dünne Schutzschicht sei, existiert in unserer westlichen Kultur tatsächlich seit langem. Dass wir uns von unserer schlechtesten Seite zeigten, sobald irgendetwas Schlimmes geschieht, sagen wir, ein Krieg, eine Naturkatastrophe oder eine Epidemie wie jetzt. Dann entblößen wir unser wahres, animalisches Selbst. Das ist eine uralte Annahme in der westlichen Geistesgeschichte, die sich zu den klassischen Griechen, den Gründungsvätern der christlichen Kirche und den Philosophen der Aufklärung zurückverfolgen lässt. Und es ist eines der zentralen Dogmen unseres kapitalistischen Gesellschaftsmodells (Lutger Bregman, dw.com 30.03.2020).

Die Not … Sie wird uns Menschen heute inmitten der Corona-Krise erfinderisch machen. Zwangsweise! Unsere Art zu leben stößt nun an eine empfindliche Grenze. Wir haben es nicht nur mit einer medizinischen Krise zu tun, sondern auch mit einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen. Ein “Weiter so!” gibt es auf absehbare Zeit nicht und wird es vielleicht auch nicht mehr geben.

Die Wirtschaft mit den Grundsätzen “höher – schneller – weiter” hat spürbar Sand im Getriebe. Plötzlich wird sie entschleunigt, kommt zum Teil sogar zum Stillstand. Abstand bedeutet Respekt, Zeit kann zu “In-sich-Gehen“ führen, und Not macht erfinderisch. Vielleicht können nun offene Konfliktfelder völlig neu durchdacht werden und eine lebenswerte Zukunft mit einer für alle lebensfreundlichen Wirtschaft entworfen werden?!

Bei vielen läuft jetzt eine Gedankenkette ab – vom Verlust des Lebensstandards und der Gesundheit, drohende Arbeitslosigkeit bis hin zum Bankrott. Und leider ist im Moment noch nicht klar, wo diese Gedankenkette unterbrochen werden könnte, weil wir nicht wissen, wie die Krise letztendlich verlaufen wird.

Mit ihren Maßnahmen hat die Politik den Menschen eine Orientierung gegeben. Sie lernen jetzt, sich innerhalb dieser Regeln zu bewegen und wie weit der Spielraum geht. Es ist menschlich, dass dieser Spielraum mehr und mehr genutzt wird. Das ist ein Anpassungsprozess (Enno Maaß, deutsche-handwerks-zeitung.de). Neue Regeln treffen auf “Das haben wir schon immer so gemacht”; warum also etwas verändern?!

Wir müssen! Neue Situationen erfordern neue Verhaltensregeln in der Gemeinschaft. Das Problem bei der Akzeptanz ist hier, dass die neuen Normen mit Freiheitsentzug – zumindest teilweise – verbunden sind. Wie viel Freiheit kann dem Durchschnittsbürger entzogen werden bis er rebelliert?! Wieviel Einsicht in die Notwendigkeit ist vorhanden, um die “Durststrecke” – die es hoffentlich sein wird – zu überstehen?

In Krisenzeiten werden Grundbedürfnisse wie Wohlstand, Existenz und Sicherheit neu reflektiert und der Weg zur Befriedigung dieser Bedürfnisse hinterfragt (Maaß, a.a.O.).

 

 

 

Polen, Ungarn und Tschechien haben laut Europäischem Gerichtshof EU-Recht gebrochen, als sie die Übernahme von Asylbewerbern aus Griechenland und Italien verweigerten. Das entschied der EuGH am Donnerstag in Luxemburg. Der Streit um die Flüchtlingsumverteilung hatte die europäische Asylpolitik jahrelang mitgeprägt (Az: C-715/17, C-718/17 und C-719/17).

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung hatten die EU-Innenminister im September 2015 per Mehrheitsvotum zwei Beschlüsse gefällt. Damit sollten ursprünglich 160 000 Asylbewerber aus Italien und Griechenland in die übrigen EU-Staaten umgesiedelt werden. Am Ende wurden aus verschiedenen Gründen laut EU-Kommission nur rund 35 000 Menschen umverteilt, viele davon nach Deutschland (sueddeutsche.de).

Polen, Ungarn und Tschechien nahmen keine oder fast keine der Menschen auf. Die EU-Kommission verklagte sie darum vor dem EuGH. Dort führten die Länder eine Reihe von Argumenten ins Feld. Ungarn und Polen machten insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit geltend. Tschechien argumentierte, dass es wirksamere Maßnahmen zur Bewältigung der Migration unternommen habe, etwa Unterstützung beim Schutz der EU-Außengrenzen.

Die drei Staaten verteidigten sich vor dem EuGH auch mit dem Argument, dass die Menschen, die da kämen, möglicherweise gefährliche Islamisten seien. Auch sei die Zusammenarbeit mit Italien und Griechenland schlecht gewesen, diese Länder hätten sie nicht gut informiert.

Die Richter am EuGH hatten dafür aber kein Verständnis. Sie sahen einen Verstoß gegen die Solidaritätsverpflichtung innerhalb der Europäischen Union. Die Mitgliedsstaaten, die Menschen aufnehmen sollen, könnten sich zwar im Einzelfall weigern, wenn sie eine konkrete Person für gefährlich halten. Sie müssten dies aber genau begründen. Ganz allgemein kategorisch “Nein” zu sagen, weil ihre Gesellschaften durch solche Umsiedlungen gefährdet seien, sei nicht zulässig.

Was droht den Staaten?

Den Ländern drohen nun hohe Geldstrafen. Dazu müsste die EU-Kommission den EuGH allerdings noch einmal anrufen und auch finanzielle Sanktionen beantragen. Dann würde der Gerichtshof die Höhe der Strafe berechnen. Dabei werden Dauer und Schwere des Verstoßes berücksichtigt, aber auch die Wirtschaftskraft des Landes.

Die EU ist seit Jahren zerstritten über ihre Asylpolitik. Staaten wie Griechenland, Italien und Spanien an den südlichen Außengrenzen fordern eine Reform der sogenannten Dublin-Regeln. Danach ist meist jener Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden die Schutzsuchenden zuerst europäischen Boden betreten haben. Länder wie Ungarn, Polen oder auch Österreich lehnen es jedoch kategorisch ab, verpflichtend Asylbewerberinnen und Asylbewerber aufzunehmen. Nach Ostern will die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen einen neuen Migrationspakt (zeit.de) vorlegen.

Seit Jahren ist klar: Die Asyl- und Migrationspolitik der EU muss reformiert werden. Und seit Jahren geht es kaum voran. Staaten wie Griechenland und Italien an den südlichen Außengrenzen wollen die sogenannten Dublin-Regeln ändern. Danach ist meist jener Staat für einen Asylantrag zuständig, dessen Boden der Schutzsuchende zuerst in Europa betreten hat.