Ein fixer Betrag, jeden Monat vom Staat auf die Konten der Bürger/-innen überwiesen – ohne dass diese etwas dafür tun müssten: Das ist, vereinfacht gesagt, die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Der Vorschlag ist kontrovers, denn er kratzt an einigen elementaren Fragen: Ist der Mensch von Natur aus faul oder fleißig? Wie sehr vertrauen wir unseren Mitmenschen wirklich? Was ist der eigentliche Sinn von Arbeit? Nein, gleich vorab: Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen! Selbst Silicon Valley befürwortet das Grundeinkommen. Banales Argument: Wer keine Kohle hat, fragt nicht nach! Als Einkommen ohne Vorleistungen und ohne Bedarf stellt es das Gegenteil dar zum Leistungsprinzip des aktuellen Sozialsystems, das eine Grundsicherung von der Arbeitsbereitschaft abhängig macht und im Zweifel auf strenge bürokratische Kontrollen setzt. Dieser Kurswechsel lässt sich mit gewissen Überzeugungen begründen, auch wenn nicht alle Befürworter es so formulieren würden.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist gerecht, weil der gegenwärtige Wohlstand auf die Leistungen aller zurückgeht, zum einen der vorangegangenen Generationen, zum anderen auf Tätigkeiten in allen Bereichen auch außerhalb des Arbeitsmarktes. Daher haben alle das gleiche Recht auf einen Anteil daran. Es ist sinnvoll, weil es die Freiheit des Einzelnen stärkt und eine neue Kultur der Anerkennung aller gesellschaftlich notwendigen Bereiche schafft. Damit werden wichtige Tätigkeiten außerhalb des Arbeitsmarktes aufgewertet wie die Sorge für Familien oder für das Gemeinwesen, demokratische Teilhabe wird gefördert. Schlussendlich ist das alles machbar, weil bei vorhandener Produktivität soviel Wohlstand erzeugt wird, dass es finanzierbar ist. Die Entkopplung von Arbeit und
Einkommen entspricht genau der längst eingetretenen Entkopplung von menschlicher Arbeitsleistung und produzierten Werten. Jedem fällt irgendwann die Decke auf den Kopf, sei man auch noch so faul. Man will sich betätigen. Das fördert das Gemeinwohl, man stellt sich sozusagen in den Dienst der Allgemeinheit. Und mal ehrlich: Seele und Geldbeutel tut ́s auch gut.

Wer den Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchte, wäre mit dem bedingungslosen Grundeinkommen abgesichert. Wenn sich mehr Menschen trauen, ein eigenes Unternehmen zu gründen, würde das mehr Innovationen hervorbringen, Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln. Eine der wichtigsten Fragen zum bedingungslosen Grundeinkommen ist seine Finanzierung. Die Meinungen gehen auch bei diesem Thema auseinander. Klar ist: Um das bedingungslose Grundeinkommen zu finanzieren, müsste der Staat sehr viel Geld aufbringen. Schätzungen zufolge wären das pro Jahr knapp 900 Milliarden €, basierend auf einem Grundeinkommen von monatlich 1.000 € (n26.com, 07.10.2022). Diese Summe müsste der Staat zumindest teilweise aus Steuern finanzieren. Unsere Arbeitswelt wird immer mehr robotisiert. Wenn wir als Arbeitnehmer/-innen überflüssig sind, taugen wir nur als Konsument/-innen. Warum nicht den produktiven Maschinen Geld abnehmen in Form von Steuern und es uns zuführen als Grundeinkommen? Aber soweit sind wir noch nicht …

In einer Stichwahl wird heute, 30.10.2022, in Brasilien über das Präsidentenamt entschieden. Dabei stehen sich der rechtsextreme Amtsinhaber Jair Bolsonaro und der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gegenüber. Die erste Runde der Wahl hatte Lula gewonnen. Brasilien ist das fünftgrößte Land der Welt und zu einem großen Teil von Regenwald bedeckt, der als grüne Lunge der Erde gilt. Unter dem rechtsextremen Präsident Jair Bolsonaro hat die Zerstörung des Regenwalds im Amazonas-Gebiet drastisch zugenommen, was ihm angesichts des fortschreitenden Klimawandels international Kritik eingebracht hat. Jetzt stellt Bolsonaro sich zur Wiederwahl, doch im Land macht sich Wechselstimmung breit. Der Amazonas ist der größte noch zusammenhängende Regenwald unserer Erde und
beherbergt eine Artenvielfalt, die ihresgleichen sucht. Außerdem gibt es hier mehr als 6.000 indigene Territorien mit teilweise noch unkontaktierten Völkern und einem unermesslich vielfältigen kulturellen Reichtum. Stirbt der Amazonas, verlieren wir all das und der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten. Denn die gigantischen Tropenwälder halten unsere Erde im Gleichgewicht (wwf.de/amazonas, 30.10.2022).

Dass es Änderungen des Klimas bei zunehmender Regenwaldvernichtung geben wird gilt als sicher, jedoch in welcher Weise, ist wissenschaftlich noch nicht bewiesen. Derzeit funktioniert der Amazonasregenwald mit seinen immensen Ausmaßen als Klimapuffer. Durch den niedrigen Quotienten (0,05 -0,18) seiner Albedo (Quotient der Reflexion einer einfallenden Lichtmenge) und seiner gleichmäßig hohen Luftfeuchtigkeit bleiben hohe Temperaturschwankungen (Tag – Nacht, Sommer –  Winter) aus. Dies würde sich bei einer Versteppung oder Wüstenbildung (Albedo-Quotient: 0,3) wesentlich ändern. Temperaturschwankungen im Tagesverlauf von 50 °C oder mehr bewirken ausgeprägte Luftmassenbewegungen (lebensraum-regenwald.de). Welche Folgen dies im Verlauf mit sich führt, ist noch völlig unklar. Wälder und Bäume, allen voran der Regenwald, sind die grüne Lunge unserer Welt. Die Regenwälder sind für etwa 40 Prozent des Sauerstoffs in der Luft verantwortlich – alleine der Amazonas-Regenwald produziert rund 20 Prozent, also ein Fünftel, des weltweiten Sauerstoffs. Pflanzen helfen unter anderem dabei, CO2 zu binden und können dieses auch in den für uns lebensnotwendigen Sauerstoff umwandeln. Je mehr Regenwald für Futteranbau und Rinderweiden gerodet wird, desto weniger CO2 kann
abgebaut und O2 produziert werden. Die Rodungen verstärken daher auch den Klimawandel. Die konstant hohen
Rodungszahlen und Brände führten unlängst zu der dramatischen Erkenntnis, dass der brasilianische Regenwald inzwischen mehr Treibhausgase abgibt, als er aufzunehmen in der Lage ist. Zusätzlich verursacht die landwirtschaftliche Tierhaltung auch zahlreiche klimarelevante Treibhausgase und Umweltgifte wie Ammoniak und Lachgas. Diese schädigen Bäume und sind mitverantwortlich für das Waldsterben und weitere Umweltauswirkungen wie Feinstaub und die Versauerung des Bodens – auch in Deutschland. Nichts ist in der Politik sicher nach der Wahl, es wurde schon jedes Versprechen gebrochen. Eins ist sicher: Der Regenwald würde Lula da Silva wählen!

 

Die Bedeutung des Wortes Richtlinienkompetenz kann man in Artikel 65 unseres Grundgesetzes nachlesen. Dort ist festgelegt, dass Bundeskanzler Scholz die Richtlinien der Politik bestimmt und dafür die Verantwortung trägt. Er hat dafür quasi die Kompetenz bzw. Zuständigkeit. Scholz steht damit in einer Reihe mit Konrad Adenauer. Seit dem ersten Kanzler der Bundesrepublik hat kein Regierungschef seinen Punkt mehr so klargemacht wie Scholz bei den Atomkraftwerken: per Brief an seine Minister und mit explizitem Verweis auf seine Richtlinienkompetenz. Im Streit über den Weg zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wies Adenauer seine Minister 1956 in einer „Direktive“ an,
die Integration Europas „mit allen in Betracht kommenden Mitteln zu fördern“ und dies als „Richtlinie der Politik der Bundesregierung zu betrachten und danach zu verfahren“ (faz.net). Auch sonst ermahnte er seine Minister im Kabinett regelmäßig, entzog ihnen Kompetenzen und ließ keinen Zweifel daran, wer die Richtung vorgab: ausschließlich er!

Dass sowohl Wirtschaftsminister Habeck als auch Finanzminister Lindner das Vorgehen des Bundeskanzlers klaglos akzeptierten, zeigt, dass beide erleichtert waren, heil aus ihren selbst geschaufelten Schützengräben herauszukommen. Man kann getrost davon ausgehen, dass beide nicht nur über diesen Schritt des Kanzlers
informiert, sondern auch damit einverstanden waren. Fragt man sich also, wer aus diesem Streit als Sieger hervorgeht, lautet die Antwort: alle! Der Einsatz der Richtlinienkompetenz ist mehr als ein Machtwort des
Regierungschefs, wie Scholz ́ Parteigenossen immer wieder betont hatten. Das Kanzlerprinzip“ (stern.de, 18.10.2022) ist gewissermaßen die vorletzte Machtoption vor der Vertrauensfrage, wenn ein Kompromiss ausweglos erscheint und der Problemlösung nicht mit milderen Mitteln beizukommen ist. Scholz ́ Machtwort erstreckt sich nur auf den Kreis der Bundesregierung. Die Richtlinienkompetenz markiert verfassungsrechtlich die Sonderstellung des
Bundeskanzlers im Verhältnis zu den Ministern: Er ist der Regierungschef!

Deshalb beinhaltet sie unumstritten das Recht des Bundeskanzlers, in politischen Grundsatzfragen Führungsentscheidungen zu treffen, bei denen sich das Kabinett als Ganzes nicht einig wird. Denn bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesministern soll vorrangig die Bundesregierung als Kollegium entscheiden (Art. 65 Satz 3 GG). Der Bundeskanzler und seine Minister/-innen bilden gemeinsam das Kollegialorgan der Bundesregierung (Kollegialitätsprinzip). In gewisser Hinsicht ist der Kanzler damit „le premier ministre“, also Erster unter Gleichen. Das war nicht immer so: Nach der Reichsverfassung von 1871 war der Reichskanzler der einzige verantwortliche Minister. Im Verhältnis zu den Staatssekretären, die die verschiedenen Ämter – nicht Ministerien – wie das sogenannte Auswärtige Amt leiteten, waren Bismarck und Nachfolger nicht lediglich primus inter pares, sondern weisungsbefugt. Das änderte sich erst mit der Weimarer Reichsverfassung 1919, nachdem die Oktoberreformen von 1918 bereits eine teilweise Kollegialisierung der Reichsleitung verfolgt hatten. So hat Art. 65 GG sein unmittelbares historisches Vorbild in dem geradezu wortgleichen Art. 56 WRV.

Mit den Starlink Satelliten bringt Elon Musk schnelles Internet in entlegene Orte. Nach jedem neuen Start fliegen die Satelliten erstmal in einer Kette beieinander, bevor sie sich auf die für sie vorgesehenen Umlaufbahnen verteilen. Es ist ein Spektakel, die Satelliten in dieser Formation als „Perlenkette“ am heimischen Himmel fliegen zu sehen. Die Zielsetzung des SpaceX-Projekts Starlink ist schnell erklärt. Starlink will seit 2020 einen globalen Breitband-Internetgürtel um die Erde legen und ist auf eine Flotte von zwischen 12.000 und 42.000 Satelliten konfektioniert. Die Satelliten sollen in relativ niedrigen Umlaufbahnen fliegen, Daten von Bodenstationen erhalten und untereinander per Laser weiterleiten (t3n.de, 11.10.2020). Das Satellitennetz soll vor allem den ländlichen Raum mit schnellem und gleichzeitig kostengünstigem Internetzugang versorgen. Die Starlink-Satelliten der Firma SpaceX stellen seit vielen Monaten den Internetzugang in der Ukraine sicher und unterstützen die ukrainischen Truppen bei
der Kriegsplanung, seit die Russen zu Beginn des Überfalls auf die Ukraine die dortige Internetversorgung gestört haben.

Für manche Besitzer eines Häuschens auf dem Land sind daher die Starlink-Antennen ein komfortabler Zugang zu schnellem Internet. Für viele ukrainische Soldaten an der Front in der Ukraine sind sie überlebenswichtig: Inzwischen läuft über Starlink ein beträchtlicher Teil der digitalen Kommunikation der Armee, die ansonsten vom
Internet abgeschnitten wäre. Bisher ließ sich SpaceX-Gründer Elon Musk, reichster Mensch der Welt, dafür
feiern, der Ukraine mit seinem Starlink-System zu helfen. Doch mit der Wohltätigkeit war es fast vorbei; wie der US-Nachrichtensender CNN berichtet, hat sich Musk in einem Brief an das US-Verteidigungsministerium gewandt. SpaceX könne den Internetdienst in der Ukraine nicht länger finanzieren. Das mache laut SpaceX Kosten von mehr als 120 Millionen Dollar für den Rest des Jahres aus, in den nächsten zwölf Monaten lägen sie bei fast 400 Millionen Dollar (tagesspiegel.de). Das Schreiben an das Pentagon enthält aber offenbar auch Daten, die belegen, dass
SpaceX keineswegs alle Kosten für die Ukraine bisher selbst getragen hat. 85 Prozent der 20.000 Antennen sollen Länder wie die USA und Polen bezahlt haben (wiwo.de). Auch 30 Prozent der Kosten für die Datenübertragung sollen nationale Behörden beglichen haben.

Vertrauen ist schnell verspielt, man kann das große Geld in Kriegen machen. Aber „Kriegsgewinnler“ gelten heutzutage als unredlich, bauen sie doch ihren Gewinn auf Zerstörung und menschlichem Leid auf. Das Unternehmen SpaceX will daher das Internetangebot für die Ukraine über den Satellitendienst Starlink nun doch weiter finanzieren. Was soll ́s … auch wenn Starlink immer noch Geld verliert und andere Unternehmen
Milliarden an Steuergeldern erhalten, werden wir die ukrainische Regierung weiterhin
kostenlos finanzieren, schrieb Musk auf Twitter (n-tv.de).

Ob der Krieg (polemos), wie Heraklit in der Geburtszeit der westlichen Philosophie („Achsenzeit“ nach Karl Jaspers) gesagt haben soll, „der Vater aller Dinge und von allem der König“ ist, sei dahingestellt. Aber die bekannte Äußerung weist neben der Verankerung von Widerstreit und Konkurrenz in das Weltgeschehen darauf hin, dass
Kriege für lange Zeit als selbstverständliche Vorkommnisse in einer Welt betrachtet wurden, in der zwischen Gemeinschaften Gewalt und Begehrlichkeiten herrschen und in der Kriege, wie wir dies auch jetzt wieder erfahren haben, die Gemeinschaft und die Machthaber der Gemeinschaft stärken. 1914 war eine Generation begeistert in den Ersten Weltkrieg gezogen, darunter viele Künstler, die das Ereignis zusätzlich poetisch bejubelten. 1917 war es damit vorbei. Die Realität des Jahres 1917 sah so aus: Die großen Genies der Kunstgeschichte sind noch da – Renoir, Monet, Rodin, Degas. Aber auch die jungen Avantgarden: 1917 war der Anfang von De Stijl, Dada befindet sich im Aufschwung, für Matisse ist es ein entscheidendes Jahr und auch für Picasso, der sich vom Kubismus abwendet.

Was passiert mit der Kunst im Krieg? Wie positionierten sich Künstler/-innen in dieser patriotisch aufgeheizten Zeit, wo Hunderttausende auf den Schlachtfeldern getötet und verletzt wurden? In unserer heutigen Gesellschaft ist es mit solchen blinden Begeisterungsstürmen – Gott sei Dank – vorbei. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hält an. Kulturschaffende aus beiden Ländern versuchen, ihre Erfahrungen künstlerisch umzusetzen. Die einen kämpfen gegen Zensur und Isolation, bei den anderen floriert die Kunst. Wo bleibt Platz für die Kunst, wenn zwei Länder sich bekämpfen? Die Antwort auf die Frage hängt davon ab, auf welcher Seite des Frontverlaufs man sich befindet. Während die russischen Künstler unter Zensur und Isolation leiden (deutschlandfunkkultur.de, 17.08.2022), seit ihr Land einen Krieg angezettelt hat, profitieren ukrainische Künstler vom Zugewinn an künstlerischer Freiheit und gesellschaftlicher Veränderung, die der Krieg antreibt. Aber nicht nur staatliche Zensur, auch gesellschaftliche Empörung führt zu merkwürdigen Ergebnissen: Ein großes Street-Art-Mural, das einen russischen und einen ukrainischen Soldaten in einer Umarmung zeigte, hatte in Australien für Proteste gesorgt. Das umstrittene Wandgemälde in Melbourne stammte von dem Künstler Peter Seaton, der sich mittlerweile für das Werk entschuldigt hat und es wieder entfernte (monopol-magazin.de). Die Kunstfreiheit in Zeiten von Kriegen ist ein zartes Pflänzchen …Dokumentation ist Aufgabe des Journalismus, das Schwimmen gegen den Mainstream und das Schaffen von Freiheiten für Interpretationen Sache der Kunst. Kunst eckt an, muss und soll dies auch tun. Kunst – und Journalismus – dienen der Meinungsbildung. Und die lassen wir uns nicht wegzensieren respektive niederschreien.

Eine Ideologie ist im neutralen Sinne die Lehre von den Ideen, d. h. der wissenschaftliche Versuch, die unterschiedlichen Vorstellungen über Sinn und Zweck des Lebens, die Bedingungen und Ziele des Zusammenlebens usw. zu ordnen (bpb.de). Aus diesen Bemühungen entstanden historisch unterschiedliche
Denkschulen. Ursprünglich sind sie eine aus Frankreich stammende, an Etienne Bonnot de Condillac (1714-1780) und Antoine Louis Claude Destutt de Tracy (1754-1836) anknüpfende sensualistische philosophische Richtung, „welche durch eine genaue und systematische Kenntnis der physiologischen und psychischen Welt praktische Regeln für Erziehung, Ethik und Politik festzustellen sucht“ (juraforum.de). Im politischen Sinne dienen Ideologien zur Begründung und Rechtfertigung politischen Handelns. Es gibt Staaten, die ideologisch handeln. Die Herrschenden wollen die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen und Ansichten gestalten und lassen keine anderen
Meinungen zu. Dies war zum Beispiel in den kommunistischen Staaten der Fall. Die Menschen konnten dort nicht frei entscheiden, wie sie leben wollten, sondern die herrschende Partei gab das vor. Das ganze Leben war „ideologisiert“, das heißt, es hatte sich der kommunistischen Weltanschauung unterzuordnen. Alles wurde danach beurteilt, ob es in die Weltanschauung passte. Auch der Nationalsozialismus war eine Ideologie, die von den Bürgern die totale Unterordnung forderte und jeden verfolgte und bestrafte, der sich gegen diese Weltanschauung stellte. Beispiele aus heutiger Sicht sind Russland und der Iran. Während in Russland das Dogma auf politischen Säulen fußt, ist es im Iran die Religion, die das alltägliche Leben bestimmt. Eine staatlich verordnete, aufgezwungene Religion ist nichts anderes als eine Ideologie; Religion muss mit der Freiheit der Wahl eines Bekenntnisses verbunden sein. Nur dann kann man von Religion im eigentlichen Sinne sprechen. Alles andere ist
eine Ideologie, fußend auf politischen respektive religiösen Fundamenten. Der „Kopftuchstreit“ und der tragische Tod der jungen Frau im Iran, verursacht durch die sogenannte „Sittenpolizei“, sowie von „Gott befohlene“ Morde im Sinne der Religion oder auch der „Ehre“ zeigen, welche Gefahren sich bei unkritischem Umgang mit Denkrichtungen ergeben.

Aus Sicht des Grundgesetzes bedrohen im Gegensatz zur Allgemeinkriminalität politisch/religiös motivierte Straftaten vor allem die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Gemeinwesens und die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. Die Täter verfolgen mit den Taten politische Ziele beziehungsweise fühlen sich bei der Begehung durch eine Ideologie oder ein Gefühl angeblicher Überlegenheit gegenüber den Tatopfern gerechtfertigt. Sie entwickeln daher häufig kein Unrechtsbewusstsein. Dabei sind Staatsschutzdelikte im
eigentlichen Sinne solche, die sich gegen die Verfassung, den Bestand des Staates oder gegen seine innere und äußere Sicherheit richten. Ideologie ist Machterhalt einer keinen Clique gegenüber der breiten Masse. Um sie zu
enttarnen, muss man ihr buchstäblich die Maske vom Gesicht reißen. Eine Ideologie ist nur in der Lage, einen bestimmten Aspekt des realen Lebens zu beleuchten. Andere Aspekte werden nicht abgedeckt, für deren Erklärung und Lösung daraus resultierender Probleme. Man meidet deren Lösung, sei es aus mangelndem Mut, vielleicht auch aus mangelnder Intelligenz.

Da stehst du nun und sie erkennt dich nicht mehr. Sie weiß nicht, dass du sie ein Leben lang begleitet hast. Sie weiß nicht, dass sie dich einst geboren hat. Unwiderruflich verloren. Du hast keine gemeinsame Erinnerung mehr für sie und es schmerzt, es tut so weh.

Da versuchst du nun, ihre Hand zu streicheln. Sie wehrt das energisch ab, fühlt sich bedroht von einer Fremden und wirft mit greifbaren Gegenständen nach dir, um ihre Angst auszudrücken. Es ist noch nicht lange her, da teiltest du mit ihr Bilder der Vergangenheit, du erzähltest Geschichten, wo sie dir als Kind oft den Arsch gerettet hat. Ihr konntet gemeinsam lachen, streiten, lieben. Da konnte sie noch sprechen, da konnte sie noch essen, trinken und laufen. Du schaust sie an, voller Liebe … doch diese wird von ihr nicht mehr – für dich wahrnehmbar – erwidert. Angewidert musst du wegschauen, wenn ihr der Sabber aus den Mundwinkeln läuft. Du unterdrückst den aufkommenden Ekel, wenn der Geruch ihrer Exkremente in deine Nase kriecht. Wozu das alles? Warum ist das bloß passiert? Ein Mensch, der sein Leben so wundervoll gelebt hat, so wunderschöne Dinge geschaffen hat, so ein liebenswerter Mensch war? Warum? Diese Frage beantwortet dir niemand, höchstens die Tatsache, dass Menschen durch medizinische Hilfe heute sehr, sehr alt werden. So alt, wie sie früher niemals wurden und niemand den Verfall des Gehirns so deutlich sehen konnte, wie heute. Es erschreckt dich, du fürchtest dich, auch einmal so zu enden. Hilflos, entmündigt, mit dem Hirnstand eines Säuglings, obwohl du vielleicht bereits 85 Jahre alt bist. Es gleicht einem Zombie, was du da siehst. Dieser Mensch – deine Mutter – ist unwiderruflich verloren und sie kommt nie mehr wieder! Unsere Schaltzentrale im Gehirn ist – wie alles andere auch – einem natürlichen Verschleißprozess unterworfen. Genetische Disposition, Lebensstil, Narkoseschäden, Medikamente, Drogenkonsum und vieles mehr, sind die möglichen Ursachen.

Da stehst du nun und sie schreit. Sie schreit dreißig Mal in der Minute Laute, die keinen Sinn ergeben. Sie hämmert auf dem Tisch herum und zuckt mit den Augenlidern. Gestern saß sie in ihrem Zimmer und hatte vergessen, wo die Toilette ist. Sie weiß es einfach nicht mehr und auch nicht mehr, wofür eine Toilette überhaupt ist. Grausam. Das Absterben der erlernten Fähigkeiten, das Absterben der Gehirnzellen, das Absterben der Impulse… grausamer geht es nicht.

Da stehst du nun und möchtest so gerne mit ihr reden. So wir früher, als ihr so schöne, interessante Gespräche führen konntet und sie dir eine große Hilfe war. Da stehst du nun und schaust auf einen Menschen, dessen Schicksal dem lebendigen Begräbnis gleicht. Und hoffst, dass du niemals so dasitzen wirst. Entscheidest in diesem Augenblick, dass dir jedes Mittel Recht ist, dich vorher um die Ecke zu bringen. Es riecht nach Erbrochenem. Du rufst nach einem Pfleger, wie so oft, wenn du zu Besuch kommst, um deine Mutter zu sehen. Unwiderruflich weg ist sie. Diese Krankheit kennt kein Erbarmen, kennt kein Zurück. Es ist Siechtum, Sterben in kleinen Schritten, nahe der Geisteskrankheit (was es nicht ist). Können Menschen überhaupt noch schlimmer enden? Nein! Und es steht die berechtigte Frage im Raum, ob es wirklich eine echte Errungenschaft der Medizin ist, Menschen immer älter werden zu lassen…

 

© Petra M. Jansen

http://literatourpoetictext.blogspot.com/

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, anlasslose, pauschale Vorratsdatenspeicherung ginge nicht (Urt. v. 20.09.2022, Rs. C-793/19, C-794/19 u.a.). Damit ist klar: Die deutschen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung, die schon lange auf Eis liegen, müssen endgültig weg. Ein Grund zur Freude für alle, diesich gegen das fragwürdige Überwachungsinstrument einsetzen. Einen Schritt zurückzutreten und Bedenken auszuhalten, bevor man etwas Neues macht, ist schwer. Gerade wenn laute Stimmen nach Schnelligkeit schreien, aber niemand nach einer ausgeruhten, komplexen Vogelperspektive. Und auch, wenn das vielleicht bei der Vorratsdatenspeicherungsregelung nichts wird. Es gibt noch genug geplante Gesetze- und andere Vorhaben, für die es diesen Blick von oben dringend braucht (netzpolitik.org). Sei es ein neues Bundespolizeigesetz, die Frage nach den Staatstrojanern oder die nach einem konsequenten Schwachstellenmanagement. Hintergrund des Urteils ist ein Rechtsstreit der Bundesnetzagentur mit dem Internetprovider SpaceNet und der Telekom, die gegen die Speicherpflicht im Telekommunikationsgesetz vorgegangen waren. Die Bundesnetzagentur hatte die Regelung bereits 2017 auf Eis gelegt, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hatte, dass SpaceNet nicht zur Speicherung der Daten verpflichtet werden darf – wenige Tage, bevor die neue Regel hätte in Kraft treten sollen. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Sache dem EuGH vor. Der EuGH räumt aber in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung abweichend von dem grundsätzlichen Verbot einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung dennoch Spielraum für die Mitgliedstaaten ein, das Instrument vorzusehen, auch für
Deutschland ergibt sich damit ein Rahmen für eine Neuregelung, u.a. zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zum Schutz der nationalen Sicherheit kann den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste aufgegeben werden, während eines festgelegten Zeitraums die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern (lto.de).

Abgesehen davon gilt: Der Satz von Verbindungs- und Standortdaten, die nach der deutschen Regelung gespeichert werden sollten, kann nach Ansicht der Richter des EuGH sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen ermöglichen – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens oder das soziale Umfeld. Damit könne ein Profil dieser Personen erstellt werden. Dies sei ein Grundrechtseingriff, der eine gesonderte Rechtfertigung erfordere, so die Richter. Datenschutz und eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter
Viele von uns, ja die Jugend, sind technikaffin, doch wir wehren uns dagegen, dass unsere Demokratie verdatet und verkauft wird. Der Ball liegt nun bei der Bundesregierung. Der EuGH hat mit seiner Entscheidung den Rahmen abgesteckt, in dem eine Vorratsdatenspeicherung rechtlich zulässig ist. Sowohl die SPD als auch die FDP haben sich bereits positioniert. Die Politik hat nun die Aufgabe, zu entscheiden, ob sie einen neuerlichen Versuch für
eine nationale Vorratsdatenspeicherung wagt. Dabei käme es insbesondere darauf an, die vom EuGH vorgegeben unbestimmten Rechtsbegriffe der „nationalen Sicherheit“ oder der „schweren Kriminalität“ mit Leben zu füllen. Welchen Weg die Bundesregierung allerdings final einschlagen wird, ist unklar. Eines ist dagegen gewiss: Der EuGH hat sich sicher nicht zum letzten Mal mit der Vorratsdatenspeicherung befasst. Fortsetzung folgt …