Junge Menschen möchten nicht mehr arbeiten als sie müssen, sie kündigen innerlich: Das jüngste Phänomen auf dem Arbeitsmarkt der Generation Z nennt sich „Quiet Quitting“. Eigentlich gibt es das schon länger. Neu ist, dass es jetzt um die Generation Z geht, also die heute 15- bis 30-Jährigen, die langsam auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. „In den USA gab es in den vergangenen zwei, drei Jahren einen sehr positiven Arbeitsmarkt“ (Frédéric Pirker,
Unternehmensberater, capital.de). Wer gerade nach einem Job suche, habe oft sogar mehrere Angebote auf dem Tisch liegen – und könne höhere Ansprüche stellen. Quiet Quitting bedeutet sich von der Idee und Vorstellung zu verabschieden, dass Arbeitende übers Limit hinausgehen, Überstunden und Extra-Arbeit machen, die vertraglich gar nicht von ihnen verlangt werden. Auf verschiedenen Plattformen kann man lesen: „Mit Quiet Quitting sagen wir: Wir leisten nur das, für das wir bezahlt werden“. Das allerdings stellt Betriebe in Deutschland vor große Aufgaben: Denn der Personalmangel bedeutet für die Unternehmen derzeit: Weniger müssen mehr leisten. Um neue Leute zu bekommen, brauchen die Firmen neue Anwerbekonzepte. Klar definierte Arbeitszeiten, die eingehalten werden und klar genannte Aufgabengebiete, die Zeit für Familie und Freizeit lassen, können hochattraktiv für potenzielle neue
Arbeitnehmer/-innen sein. Das Konzept des Quiet Quitting liegt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen –
einer stark emotionalen Verbundenheit auf der einen Seite und dem kühl kalkulierten Eigennutz auf der anderen. Menschen, die sich im Zustand der Quiet Quitting befinden, sind nicht bereit, mehr als die Arbeit zu leisten, die vertraglich festgeschrieben wurde. Mehr noch: selbst bezahlte Überstunden lehnen sie zum Teil ab. Dies bedeutet
allerdings nicht zwangsläufig, dass sie keinerlei emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber aufweisen oder bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zur Konkurrenz überlaufen. Sie setzen ihrem Arbeitgeber jedoch klare Grenzen an der Schnittstelle zwischen beruflichem und privatem Leben.

Wenn das ein echtes Problem wäre, müsste die Wirtschaft deutlich schlechter dastehen. Etliche der quiet quitters, die sich bisher in der Debatte zu Wort meldeten, sehen die innere Kündigung als Burn-out-Prophylaxe; Selbstfürsorge statt Ausbrennen. Die Bewegung, wenn man sie denn als solche zusammenfassen will, denkt das Konzept Arbeit eben nicht als Lebensinhalt, sondern als Mittel zum Zweck. Unbezahlte Überstunden mehren nicht den Lebenssinn, und warum sollte man Aufgaben zusätzlich übernehmen, für die man gar nicht bezahlt wird? In Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt 4,5 Millionen Menschen im vergangenen Jahr Überstunden geleistet – davon ein gutes Fünftel unbezahlt (spiegel.de, 30.08.2022). Hinter dem Phänomen „Quiet Quitting“ könnte also letztlich einfach das Gesetz des Marktes stecken. Wenn Arbeitnehmer durch den Fachkräftemangel in einer so guten Verhandlungsposition sind, dass sie nicht auf Gedeih und Verderb alles mit sich machen lassen müssen, um den Job zu behalten, dann tut es auch die simple Vertragserfüllung.

Wählerwille
Annalena Baerbocks Auftritt auf einer Podiumsdiskussion in Prag sorgt weiter für Diskussionen. Auf Englisch hatte die Ministerin dort gesagt, dass sie den Ukrainern Unterstützung zugesagt habe und dass sie ihnen beistehen wolle, solange es nötig sei – unabhängig davon, was ihre deutschen Wähler darüber denken („no matter what my German voters think“ deutschlandfunkkultur.de, 03.09.2022). Die Ansicht, der Wählerwillen müsse (für Frau Baerbock) oberste Priorität haben, kann so nicht uneingeschränkt gelten. Der Wählerwille artikuliert sich in den Wahlen. Die Regierung hinterher tut Dinge, die der Wähler im Moment der Wahl nicht wollte. Machte man es anders, könnte man
einfach Meinungsumfragen regieren lassen. Der Weg zum Populismus wäre geebnet … (Ursula Weidenfeld, Journalistin, a.a.O.).
Schnell verbreiteten sich nach dem Interview kurze Videoausschnitte von Baerbocks langer, auf Englisch gehaltener Antwort in den sozialen Netzwerken. In einer Telegram-Gruppe war ein Clip mit der Bemerkung versehen: Die deutsche Außenministerin verspricht, dass die Ukraine an erster Stelle komme, ́egal, was deutsche Wähler denken` oder wie hart ihr Leben wird“. (nzz.ch). Auf Twitter wurde ein entsprechendes Video 1,7 Millionen Mal aufgerufen. Ein User versah es mit der Einleitung, dass in der Demokratie das Volk die Staatsgewalt ausübe, und stellte dem
Baerbocks Äußerungen zugespitzt gegenüber -für sie käme die Ukraine zuerst, egal, was ihre deutschen Wähler dächten. Fakt ist, dass das verbreitete Video erkennbar geschnitten ist. Andere Accounts etwa auf Telegram erweckten zudem den Eindruck, Baerbock seien die Folgen der Sanktionspolitik für die deutsche Bevölkerung egal. Tatsächlich versprach sie aber sowohl den Deutschen als auch den Ukrainern die Solidarität des deutschen Staates.
Es ist richtig, dass prorussische Kanäle Baerbocks Aussagen verkürzt wiedergegeben haben. Dennoch bleibt ihre Aussage bestehen, die Ukraine unabhängig von der Zustimmung ihrer deutschen Wähler unterstützen zu wollen.
Zur Verteidigung der Ministerin zur Verteidigung ist darauf hinzuweisen, dass es in der repräsentativen Demokratie gerade keine imperativen Mandate gibt. Staatspolitische Verantwortung drückt sich zudem mitunter auch darin aus, als richtig Erkanntes trotz mangelnder demoskopischer Unterstützung durchzusetzen. Dennoch ist der Ministerin hier wohl ein kommunikativer Lapsus unterlaufen. Baerbocks Aussage ist inhaltlich kein Skandal. Dass eine Politikerin an dem, was sie als richtig erkannt hat, festhalten will, selbst wenn die Umfragen zwischenzeitlich mal in den Keller rutschen sollten, ist kein Amtsmissbrauch, sondern ehrenwert (merkur.de, 08.09.2022). Dass es nicht selten andersrum läuft und aus Angst vor dem Unmut der Wähler nicht oder falsch gehandelt wird, ist einer der Gründe dafür, dass manche Probleme immer größer werden – zum Beispiel in der Rentenpolitik. Gerade deswegen entscheiden in einer Demokratie am Ende immer die Wähler, nur eben nicht täglich, sondern alle vier oder fünf Jahre. Der Verfassungs- und Gesetzgeber hat sich bei den Wahlperioden offensichtlich etwas gedacht. Und das ist gut so …
Die vollständige Antwort der Ministerin – aus welcher der Satz propagandistisch herausgerissen wurde – findet sich in deutscher Übersetzung u.a. auf TELEPOLIS, heise.de vom 02.09.2022.

Michail Gorbatschow ist im Alter von 91 Jahren gestorben. In den vergangenen Jahren hatte sich der Friedensnobelpreisträger zurückgezogen. Er war der Mann, dem die Deutschen maßgeblich ihre politische Einheit zu verdanken haben, war in seinen letzten Lebensjahren fast völlig aus der Öffentlichkeit verschwunden: Der Friedensnobelpreisträger lebte zurückgezogen in einer Datscha in einem Vorort von Moskau. Schon längere Zeit hieß es, es gehe ihm gesundheitlich nicht besonders gut. Der letzte Generalsekretär der KPdSU und erste Präsident der Sowjetunion leitete die Perestroika (deutsch: Umstrukturierung) und somit das Ende des kalten Krieges zwischen dem Westen und Osten ein. Am 1. November 1987 erschien in der UdSSR Michael Gorbatschows Buch Perestroika. Vier Jahre später, 1991, wurde Gorbatschow als Folge des Augustputsches entmachtet. Wie steht es um das historisches Ansehen dieses letzten Generalsekretärs und ersten Präsidenten der Sowjetunion? Stellt man diese Frage in Russland, fällt die Antwort wohl in den meisten Fällen eher negativ aus. Für viele Menschen gilt Gorbatschow als Verräter, der eine Supermacht auf dem Gewissen hat. Es hat auch etwas mit der aktuellen innen- wie außenpolitischen Situation Russlands zu tun. Bei den aktuellen Spannungen mit dem Westen wegen des Ukrainekrieges und der zunehmend schweren Wirtschaftslage wird die Sowjetunion zu einem historischen Sehnsuchtsort. Gerade Wladimir Putin wird immer wieder wie folgt zitiert: „Der Zerfall der UdSSR ist die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“. Es gibt natürlich auch andere Stimmen. Menschen, die vor allem an die Freiheit denken, die Gorbatschows Reformen den sowjetischen Bürgern gebracht haben. So hat der Friedensnobelpreisträger zu seinem 80. Geburtstag 2011, fast 20 Jahre nach dem Ende seiner politischen Karriere, vom Präsident Medwedew den höchsten Orden des russischen Staates zuerkannt bekommen. Heute wäre das bei der derzeitigen Stimmung in Russland undenkbar …

Es gab auch die Kehrseite Gorbatschows: Ethnische Konflikte und nationale Unabhängigkeitsbestrebungen in den sowjetischen Teilrepubliken versuchte er mit Gewalt zu unterdrücken, andere ignorierte er so lange, bis sie explodierten. Das macht Gorbatschow in vielen Nachfolgestaaten des Sowjetimperiums zu einer umstrittenen Figur, etwa in Georgien oder Litauen (welt.de, 31.08.2022). Ja, unter dem Strich war er – von russischer Seite betrachtet – der „Totengräber“ der Sowjetunion. Gescheitert ist er mit dem Ziel, das sowjetische Imperium zu erhalten. Die desolate Wirtschaftslage zwang den kommunistischen Machtblock letztlich in die Knie, gerade weil die von ihren Rohstoffverkäufen abhängige Sowjetunion durch den niedrigen Ölpreis kaum noch Einnahmen erzielte. Gorbatschow hat von Wirtschaftsfragen wenig verstanden, er war diesbezüglich wankelmütig und zaudernd
(Ignaz Lozo, „Gorbatschow. Der Weltveränderer“).

Aber: „Gorbatschow hat mehr als 164 Millionen Menschen in die Freiheit entlassen: 38 Millionen Polen, fast 16 Millionen Tschechen und Slowaken, 23 Millionen Rumänen, jeweils fast neun Millionen Bulgaren und Ungarn sowie rund 16 Millionen Deutsche in der DDR“ (Lozo, a.a.O.). Ja, wir Deutschen verdanken „Gorbi“ Freiheit, volle Souveränität und schließlich die Wiedervereinigung. Danke, Michail Gorbatschow! Requiescat in pacem!

Wär ́s ein Buch, es wäre leer.
Am Anfang weiße Seiten.
Das Licht der Welt entdecken,
Mach den Buchdeckel auf.
Die Freude des neuen Anfangs.
Feder und Tinte hinterlassen erste Spuren,
Prägungen unschuldigen Daseins.
Wille und Phantasie tragen uns.
Einzigartigkeit entfaltet sich.
Ungestört, blauer Himmel …
Andere betreten die Bühne,
Zweiter Akt, Bohlen knarzen.
Lektoren tun sich breit,
Beginnen mit dem Lesen.
Korrekturen, auf zum richtigen Weg!
Lerne das Schreiben,
Auf dass es passe in weiteren Kapiteln.
Nicht alles verkauft sich,
Was die Vorstellung wünscht.
Die Oberfläche, geputzt und blank …
Denn: im Regal stehen noch mehr.
Dicker, größer und vielleicht interessanter.
Bleibe in der Reihe!
Schreibe weiter; wer wird ́s lesen?!
Staub setzen wir alle an.
Das letzte Blatt, die letzte Seite …
vorbehalten einem Résumé.
Was fügt sich, worin lag der Sinn?
Wer entscheidet: der Stift,
Oder das Leben selbst?
Dachboden oder Flohmarkt?

Moderne Menschen gibt es seit 300.000 Jahren, die ersten Hochkulturen bildeten sich vor 5.000 Jahren heraus – diese Erfolgsgeschichte kommt schon bald zu einem katastrophalen Finale. 2050 ist die Menschheit am Ende, weil die Erde nicht mehr bewohnbar sein wird, prognostizieren jetzt australische Forscher in einem Klimareport. Bislang konnten die meisten Exoplaneten nur mit indirekten Messmethoden nachgewiesen werden, indem leichte Veränderungen physikalischer Größen auf ihr Zentralgestirn – der Sonne die sie umkreisen – gemessen werden. Die ersten Planeten überhaupt, die außerhalb des Sonnensystems bestätigt wurden, umkreisen den Pulsar PSR 1257+12 (welt.de). Leben, wie man es auf der Erde kennt, ist auf den dort entdeckten vier Planeten ausgeschlossen. In jüngster Zeit werden aber auch immer mehr erdähnliche Gesteinsplaneten entdeckt, die in lebensfreundlicher Entfernung zu ihrem Heimatstern liegen und auf denen außerirdisches Leben möglich scheint.

Gibt es auch eine Chance für uns, wenn unsere Welt in absehbarer Zeit nicht mehr bewohnbar sein wird? Bis dato scheint dies wenig wahrscheinlich … Entdecken neuer Welten ist das eine, diese zu erreichen, das andere. Unsere Technik erlaubt uns derzeit nicht, u.a. Tausende von Lichtjahren zu überbrücken .Selbst bei den ambitionierten Vorhaben, wie beispielsweise den Mars zu erreichen, gibt es eigene Hürden: Die Strahlung im Weltraum ist extrem gesundheitsschädlich. Bei den Mondmissionen war das Risiko noch vertretbar. Bei zukünftigen interplanetaren Raumflügen könnte die Strahlenbelastung allerdings zum Show-Stopper werden (nzz.ch). Damit sich auf einem Planeten Leben entwickeln kann, muss dieser Planet habitabel bzw. superhabitabel – also für die Entstehung und Evolution von Lebewesen noch besser geeignet sein als die Erde. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass er über eine Atmosphäre verfügt, die Wasser und Atemgase bindet, Temperaturen, die flüssiges Wasser ermöglichen sowie
geeignete chemische Ausgangssubstanzen und Lebensräume. Vorausgesetzt, wir kämen da irgendwie hin: auf Raumanzüge könnten wir nicht verzichten. Und das soweit, wie Menschen auch immer in die Zukunft blicken
können. Und: nicht jeder Planet entwickelt sich immer Richtung Lebensfreundlichkeit. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Evolution von Leben ist nämlich Zeit: Venus und Mars waren zu Beginn ihrer Entstehung zwar auch lebensfreundlich, aber ihre habitable Phase endete, bevor sich dort überhaupt Leben entwickeln konnte. In unserem Sonnensystem landen wir also auf Planeten, die sich im Laufe der Zeit für unsere Bedürfnisse „rückwärts“ entwickelt haben. Will heißen, die Situation dort ist nicht anders oder gar schlechter als bei uns aktuell auf der Erde – unser Habitat stirbt!

Was auch immer aktuell zum Thema Ukraine diskutiert wird: Nuklearkrieg, atomare Verseuchung …
Der TOP kann nicht sein, ob die Menschheit einen Atomkrieg überleben kann oder nicht. Wie auch immer: Ein ungebremster Klimawandel wird die Menschheit ausradieren. Obwohl es über sieben Milliarden Menschen auf der Welt gibt, existieren sie in ihrer aktuellen Größe erst seit etwas weniger als einer Milliarde Jahre. Die Evolution könnte in Zukunft nicht schnell genug dafür sorgen, dass sich der Mensch den neuen Konditionen der Erde anpasst (Ethan Siegel, Astrophysiker in businessinsider.de, 22.01.2019).

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der 78-Jährige verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Rechtsanwalt Michael Nagel sagte (dpa). Die Klage ist beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden. Der Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig. Der Altkanzler steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum
russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Vielmehr solle die Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen“ (sueddeutsche.de). Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen

Es geht in der Sache um den Einsatz erheblicher öffentlicher Haushaltsmittel. Nach Angaben der Bundesregierung in einer Kleine Anfrage wurden zwischen 2016 und 2021 jeweils mehr als 400.000 Euro jährlich, anfangs sogar über 550.000 Euro im Jahr allein für die Unterstützung des Büros des Bundeskanzlers a.D. Gerhard Schröder aufgewandt (BT-Drucks. 20/950). Eine nicht unerhebliche Belastung der Steuerzahler/-innen …
Jetzt geht Gerhard Schröder in die Offensive. Er klagt vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen den Bundestag und verlangt seine ihm entzogenen Sonderrechte zurück. Dies mit einigem Getöse. Seine Anwälte formulieren, die
Entscheidung des Haushaltsausschusses erinnerte an einen absolutistischen Fürstenstaat und dürfte in einer Demokratie keinen Bestand haben. Bei nüchterner Betrachtung ist indes die Klage von Schröder aussichtslos und
voraussichtlich bereits unzulässig. Trotz seiner dargestellten Unzufriedenheit fehlt dem Bundeskanzler a.D. die nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung erforderliche Klagebefugnis. Danach hat der Kläger darzulegen, durch den Verwaltungsakt oder eine sonstige Handlung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dass ein Bundeskanzler a.D. geltend machen könnte, durch die Bereitstellung von Stellen und Räumen für seine fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Regierungsamt in seinen persönlichen Rechten betroffen oder gar verletzt zu sein, ist fernliegend. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte haben jedenfalls Beamte und sonstige Beschäftigte im öffentlichen Dienst keinen Anspruch darauf, dass für ihre eigene Beschäftigung oder zur Unterstützung der ihnen übertragenen Aufgaben zusätzliche oder andere Stellen geschaffen werden müssen.

Die Haushaltsplanung des Deutschen Bundestags kann deshalb eigene subjektive Rechtspositionen eines nicht mehr mit Regierungsaufgaben befassten Bundeskanzlers nicht verletzen (Prof. Dr. Klaus Herrmann in lto.de). Bei der gebotenen nüchternen Betrachtung verbindet den Altkanzler mit dem beklagten Bundestag hinsichtlich der überlassenen Büros kein irgendwie rechtlich relevantes Verhältnis. Die Büroräume am Regierungssitz werden jeweils durch die Fraktion des Bundestags bereitgestellt, aus der der Bundeskanzler hervorging. Die Bereitstellung von Büros aus dem Fraktionskontingent verstößt gegen das Abgeordnetengesetz und stellt eine zweckwidrige Verwendung von Fraktionsmitteln dar (Bundesrechnungshof, Bericht vom 18.09.2018).

Vor über 50 Jahren waren die damaligen Geschehnisse, zwei Jahre später trat der 37. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Richard M. Nixon, von seinem Amt zurück – dies, um einem angelaufenen Amtsenthebungsverfahren zu entgehen. Er ist bisher der einzige Präsident in der US-amerikanischen Geschichte, der zurückgetreten sein soll (bpb.de). Zeit, sich zu erinnern …
Seit dem Watergate-Skandal steht das Suffix gate für politische Skandale, Korruption und Vertuschung. Dazu zählen beispielsweise das Cablegate für die von Wikileaks veröffentlichten US-Botschaftsdepeschen 2010 oder Trumpgate für die mutmaßliche Einflussnahme Russlands auf US-Präsidentschaftswahlkampf 2016. Der Einbruch in die Büros der Demokratischen Partei im Juni 1972 stürzte die US-amerikanische Demokratie in eine schwere Krise. Eine abenteuerliche Geschichte hatte die Grundfeste der US-Demokratie erschüttert. Genau am Samstag, dem 17. Juni 1972, gegen 2:30 Uhr morgens wurden fünf Einbrecher in der Wahlkampfzentrale der Demokratischen Partei im Watergate-Hotel in Washington D.C. verhaftet. Sie waren schon zum dritten Mal dort eingebrochen, um Wanzen zu installieren oder auszutauschen. Aber es war nicht nur ein Einbruch im Büro der Demokraten, sondern der Anfang einer Staats- und Verfassungskrise, weil sich in den kommenden Monaten immer mehr herausstellt, dass das Weiße Haus und der Präsident in den Vorfall verstrickt sind. Richard Nixon spricht von einem drittklassigen Einbruch und weist jede Schuld von sich. Nach der Präsidentschaftswahl im November 1972, die Nixon mit einem historisch guten Ergebnis gewinnt, gehen die Ermittlungen aber weiter. Die Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward von der „Washington Post“ erhielten den Auftrag, über den skandalösen Einbruch zu recherchieren. Während das FBI herausfand, dass im Wahlbüro Akten kopiert und Abhöranlagen erneuert und neu installiert wurden, konnten Bernstein und Woodward nachweisen,dass die Spur der Täter ins Weiße Haus führte.
Heute weiß man: Ein ehemaliger CIA-Mann namens James McCord ist der „Sicherheitskoordinator“ von Nixons Wahlkampagne gewesen, die der Ex-Justizminister John Mitchell leitete. Es waren also Leute aus dem Umfeld der
Wahlkampagne der Republikaner, die im Büro der Demokratischen Partei eingebrochen waren (welt.de, 16.06.2022).
Die Watergate-Affäre wirkte sich verheerend für die US-Demokratie aus, weil sie eine langanhaltende Glaubwürdigkeitskrise im Verhältnis Staat, Gesellschaft und Medien verursachte. Zumal der abgetretene Präsident bereits einen Monat nach seinem Rücktritt am 08. August 1974 von seinem Amtsnachfolger Gerald Ford begnadigt wurde. Die Bürger/-innen verlieren das Vertrauen in die politische Ordnung. Solche Skandale sorgen dafür, dem Ansehen der Demokratie zu schaden und das Vertrauen in staatliche Institutionen zu zerstören. Für manch einen ist das der Grund, sich rechten populistischen Parteien zuzuwen den.Was ist heute anders? Vielleicht wenig. Wenn das Establishment wackelt, sucht sich die Wählerschaft neuen Halt; dies meist bei den Falschen.

Die Inflation: im Mai 7,9%, im Juni 7,6% und im Juli wahrscheinlich 7,5%. Sie sinkt, ist aber bei weitem noch viel zu hoch. Die Wirtschaftspäpste vertreten 2 – 2,5%. Das soll gut sein, mehr nicht! Und da sind wir drüber, massig! Ob Energie, Mieten oder Lebensmittel: Die Preise in Deutschland kennen zurzeit nur eine Richtung: Nach oben! Die Angst vor einer großen Lohn-Preis-Spirale geht um. Gegen die Inflation in der Eurozone hat die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, etwas getan und im Juli eine Zinswende durchgesetzt. Die Leitzinsen wurden um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Einerseits ist die Zinserhöhung überfällig, so die Finanzexperten, doch sie birgt auch Risiken für die Wirtschaft der Eurozone: Steigende Zinsen erhöhen die Gefahr von Pleiten, sowohl von Unternehmen wie von Privatleuten.

Wo bleibt unser Wohlstand? Damit die Wohlstandsmaschine weiterlaufen kann, Unternehmen weitere, neue Dinge
produzieren können, brauchen sie Menschen, die sie ihnen abkaufen. In diesem Sinne bekam die große Maschine Ende der 1980-er Jahre neuen, ungeahnten Schwung. Nach dem Mauerfall breitete sich der Kapitalismus rund um die Welt aus, bis in den letzten Winkel Osteuropas, Asiens, Afrikas, und überall fand er: neue Märkte. Er kam zu den Ukrainern und Rumänen, Indern und Chinesen, Vietnamesen und Kambodschanern. Jetzt: Inflation im Westen, Null-Covid-Strategie in China und über allem der Krieg in der Ukraine: Die Weltwirtschaft befindet sich einer neuen Prognose des Internationalen Währungsfonds zufolge auf dem Weg in die Rezession. Ökonomen aus Washington (sueddeutsche.de, 26.07.2022) gehen für dieses Jahr nur noch von einem weltweiten Wachstum von 3,2 Prozent aus. Das sind 0,4 Punkte weniger als sie bei ihrer letzten Vorhersage im April als Zielmarke ausgegeben hatten. Für
kommendes Jahr gehen sie noch von 2,9 Prozent Wachstum aus, ein Minus von 0,7 Punkten. Das ist happig!
Und es dürfte klar sein: Nicht nur die 30 glorreichen Jahre der Globalisierung sind vorbei, sondern auch die fetten Zeiten eines Wohlstands für viele, der bei Weitem nie einer für alle war. Noch lässt sich die Erkenntnis nicht am Zustand der Warenwelt ablesen: Ehe Ressourcen-Knappheit im Zusammenspiel mit ausufernden Preisen deutlichere Konsum- und Wohlstands-Bremsspuren hinterlassen, leben manche in der Illusion eines nicht enden wollenden Mega-Zeitalters weiter: Viele Produkte sind immer größer geworden, ja wurden aufgeblasen, als ob es Ressourcen ohne Ende gäbe und der Klimawandel nicht längst zur Überlebensfrage der Menschheit geworden ist.
Verzicht würde auf individueller Ebene zwar funktionieren, nicht jedoch systematisch. Wir leben in einer Bedarfsweckungsgesellschaft, nicht in einer Bedarfsdeckungsgesellschaft (Richard David Precht, zdf.de, 13.07.2022). Heute leben wir in einer Welt, in der das Wichtigste Sinn, Lust ist und in der die wichtigsten Wohlstandswerte Zeit und Raum sind und nicht notwendigerweise Gegenstände. Niemand muss jetzt am Kapitalismus zweifeln. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends hatten es die deutschen Unternehmen nicht leicht. Die Lohnkosten waren hoch, die Konkurrenz auf den Weltmärkten war groß, die deutsche Wirtschaft galt als überreguliert. Gut möglich also, dass es sich hier nicht um ein Problem des Kapitalismus handelt, sondern um ein Problem der Deutschen (wiwo.de). Schließlich gibt es die kapitalistische Maschine in verschiedenen Ausführungen, nicht nur in der deutschen, sondern auch in der französischen, der amerikanischen, der japanischen.