Es geht hier nicht darum, Zahlen wiederzugeben, die morgen schon Schall und Rauch sein werden.

Die Überlegung ist, wie Corona unser Leben verändert. Wir haben eine Virus-Krise. Ja … Aber gibt es nicht überall einen Neuanfang? Wie wird die Zeit danach aussehen? Ich meine, wir können nicht ernstlich von der Gleichung ausgehen: nach Corona = vor Corona. Liebe Leute, das geht nicht!

Szene nach der ersten Welle, ein warmer Tag (wienerzeitung.at, 10.06.2020):

Corona-Frühling an der Grenze zum Sommer: Die Blumen blühen, die Bäume sind voller Blätter, und die Friseure haben längst wieder geöffnet. Der Klopapier-Versorgungsengpass gehört der Vergangenheit an, man bekommt mühelos Desinfektionsmittel, Mund-Nasen-Masken und sogar beim Italiener eine vorzügliche Pizza, die man, heiß, knusprig und duftend, wie sie ist, im Lokal verspeisen kann und nicht, dem Pizza-Schicksal entsprechend, lauwarm und zäh geworden zu Hause. Museen sind geöffnet, einige Theater schauen, ob auch Publikum kommt. Grenzöffnungen lassen sogar einen Auslandsurlaub möglich scheinen.

Ja, Hoffnung lag in der Luft.

Jetzt die zweite Welle. Szenario: Total Shutdown!

Der Lockdown als Normalität. Vor sozialen Kontakten sendet man sich gegenseitig die Gesundheitsdaten. Handelsabkommen einzelner Staaten untereinander gewährleisten die Grundversorgung, aber auch nicht mehr. Für Ausreisen braucht es eine Genehmigung, für Reisen in Länder außerhalb der EU durchläuft man gar ein langwieriges, aufwendiges Visumverfahren.

Wenn es ein muss, kann man sich daran gewöhnen. Eine Frage der Einsicht in die Notwendigkeiten.

Es geht noch schlimmer: Alles bricht zusammen, System-Crash.

Das Virus hat die Welt ins Taumeln gebracht, und sie kommt nicht mehr heraus. Jede Nation ist sich selbst die Nächste. Die Sorge vor einer erneuten Pandemie macht jede noch so kleine lokale Verbreitung eines Virus zum Auslöser drastischer Maßnahmen. Die internationale Zusammenarbeit gehört der Vergangenheit an.

Mein Hemd ist mir näher als der Anderen Hose … Wir igeln uns ein, jeder wurstelt wieder für sich selbst.

Das Wort „wursteln“ beinhaltet aber schon ein Definitionsmerkmal: ohne rechten Plan! (duden.de)

Eines ist klar: hören wir auf, uns etwas vorzumachen: Die Zeit nach Corona wird nie mehr so sein wie die vor Corona.

Krisen setzen destruktive wie konstruktive Kräfte frei. Im besten Fall erzeugen sie eine Atmosphäre des Aufbruchs – auch wenn die Gesellschaft sich noch im Interregnum befindet: Das Alte stirbt, das Neue ist noch nicht geboren (deutschlandfunk.de).

Auch die Gesellschaft vor Corona war das Ergebnis unumkehrbarer Krisensituationen. Verallgemeinert: Jede Gesellschaftsordnung ist das Resultat einer vorangegangenen Krise. Wir nehmen das im konkreten Fall nur anders wahr, weil die Krisen, aus denen die Vor-Corona-Gesellschaft hervorgegangen ist, von den meisten Menschen nicht selbst erlebt wurden. Personen, die die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs bewusst wahrgenommen haben, sind heute über 80 Jahre alt. Für die Generation der Jüngeren ist die Wahrnehmung einer Krise verhältnismäßig neu. Die sogenannte Flüchtlingskrise war niemals eine solche, weil weder Grundfreiheiten noch Wohlstand noch soziale Sicherheit der hiesigen Bevölkerung jemals bedroht waren.

Mit dem Denken hast du aufgehört, Stumpfsinn regiert in deinem Kopf.

Lange genug belastet und nunmehr nicht mehr belastbar fällst du in deine heile Trance.

Essen. Putzen. Schlafen. Überleben. Nicht mehr aufregen. Nicht mehr erregen. Mausetot.

Der Schatten läuft nicht mehr voran, du hast den Spieß rumgedreht.

Er lacht dir hämisch von hinten in die Hacken und reibt sich die Hände.

Eine Illusion deines kleinen Lebens, es geschah vor langer Zeit.

Jugend, Heroes, was kostet denn die Welt?

Hast über deine Grenzen hinausgelebt und jetzt hängst du an dem Nektar des Systems.

Grenzenlos haben sie dich ausgebeutet, jetzt erbeutest du, was du kriegen kannst.

Gnadenlos mit zwölf Kindern häufst du dir Vermögen der Gesellschaft an, reichst es weiter in den Topf der gold´nen, fetten Bäuche. Der Clan reibt sich die Hände und zeugt fröhlich weiter kleine Knirpse. Die werden rausgeschickt in fiktive Gebilde, um dort die Kohle zu kassieren und nach außen heile Welt zu spielen.

Drei Kinder von drei Männern mögen deine Erklärung dazu nicht hören. Aus Lust Schrott gezeugt, dessen frühe Fäulnis und Verrottung jedem Spross schon am Anfang in die Wiege blickt. Erzeuger zeugen wahllos, um auszubeuten. Die Brut folgt in Kürze.

Zuviel hast du genossen und immer den großen „Max“ gespielt. Weiber lagen dir zu Füssen, das Glück kostete dich nur dein Lachen. Halligalli und Juchhe, her mit dem weißen Schnee!

Kopf einziehen und sich einreden, du seist noch zu etwas nütze.

Bist du nicht. Zecken haben auch irgendwie keine Funktion.

Die Keule schwingt über dem, der zweifeln möchte an der Gerechtigkeit, die dich wahrhaftig rettet.

Es ist nicht dein Verdienst, wirklich nicht. Du hast alles bewusst versemmelt.

Hebe dein Glas auf diejenigen, die dir jetzt dein Leben geben.

Doch hochmütig willst du dir nichts sagen lassen, bildest dir ein, ein guter Mensch zu sein.

Das ist mehr als absurd, arrogant und überzogen.

Bist ein zum Vegetieren verkommenes Ding – alleine nicht mehr überlebensfähig.

Lache über deine Helfer, sehe nichts, höre nichts, weiß nichts.

Ignoriere alles, was echt hartes Leben ist.

Anforderung, Mensch! Anforderung Mensch. Der Mensch ist ohne Anforderung kein Mensch.

Brauchst das Hoch und runter der Leistung und Achtung und erntest oft nur Mitleid.

Was macht Leben lebenswert und spannend? Den Berg, den du erklimmen kannst und todmüde und innerlich glücklich weißt, dass du eine Säule bist.

Doch du bist keine Stütze, „die Stütze“ stützt dein Leben!

Gibst aber rein gar nichts mehr zurück. Nehmen, nehmen, nehmen.

Alle Achtung vor so viel Einfalt. Keinen Knicks. Kein Respekt.

Es kam so, du hast es kommen sehen. Darauf wartend, dass andere dich überleben lassen.

Welt, so sozial und gnädig. Der rebellische Krieg der brav Malochenden klopft schon an deine Tür.

 

© Petra M. Jansen

http://literatourpoetictext.blogspot.com/

 

 

 

Sonnenschein und Regenwetter,

die Natur spielt verrückt.

Klimaerwärmung, kalter früher Winter …

Was gilt hier noch?!

Keiner weiß Bescheid!

Ist noch alles im Rahmen,

oder fällt schon Zeugs heraus?

Was haben wir angestellt?

Fragen über Fragen,

sucht gefälligst Antworten.

Die Fugen bröckeln,

die Ordnung geht dahin.

Wenn wir nicht aufpassen,

macht Corona uns fertig.

Sucht die neuen Wege!

Kein Versmaß vorhanden,

jede Zeile heraus.

rutscht

An was haltet Ihr Euch noch?

Die Hoffnung auf das Gestern

kommt morgen nicht mehr …

Cowboys/-girls,

Gendern ist wichtig!

Wer führt den Laden:

Frau Hauptmann oder Hauptfrau?

Das Virus wetzt die Waffen …

Gesellschaft von Schwätzern,

alles in der Diskussion.

Hohle Phrasen, ja nicht handeln!

Verantwortung will niemand,

nur jeder den Erfolg!

Badet Euch in Oberflächlichkeit,

Schutz muss sein,

Wirtschaft muss brummen,

lasst die Schlote rauchen!

Mit wehenden Fahnen in den Untergang!

Denkfaulheit und Handlungsunfähigkeit,

wir werden´s nicht schaffen!

Was das alles kostet!“

Ja, gehen wir lieber unter …

Vielleicht nicht schade drum?

Oder doch?!

Jede Krise birgt Chancen,

nicht jede Vision ist Verschwörung.

Auf Normbruch folgt Legalität,

spürst Du den „Wind of Change“?!

In Brasilien soll der Schutz indigener Gebiete aufgehoben werden, um Bergbau zu betreiben. Weiterer Regenwald ginge so verloren. Forscher haben nun errechnet, wieviel die Umweltzerstörung kosten würde.

Der wirtschaftliche Verlust durch die weitere Abholzung für Brasilien würde vor allem in der verminderten Produktion von Kautschuk, Edelholz und Nüssen bestehen. Dazu komme der verstärkte Ausstoß von Treibhausgasen, der ebenfalls hohe Kosten mit sich bringt.

Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen wurde so viel brasilianischer Amazonas-Regenwald zerstört wie im ersten Halbjahr 2020 (presseportal.de). Nun appelliert die brasilianische Indigenen-Dachorganisation APIB (Articulação dos Povos Indígenas do Brasil) gemeinsam mit der Gesellschaft für bedrohte Völker, sowie weiteren Organisationen an die brasilianische Regierung, langfristige Maßnahmen zum Schutz des Amazonas und der Rechte der Indigenen zu ergreifen.

Unter Präsident Bolsonaro nahm die Zerstörung des Regenwaldes durch Brände und Abholzung dramatisch zu: So stieg die Abholzung zwischen August 2018 und Juli 2019 im Vergleich zu derselben Periode ein Jahr zuvor um 34,4 Prozent. Und von August 2019 bis Juli 2020 wurden nochmals 34,6 Prozent mehr abgeholzt als während den gleichen Monaten im Vorjahr (Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., 07.10.2020). Durch die Brände kommt nicht nur der Amazonas-Regenwald unter Druck: Auch das Sumpfgebiet Pantanal brennt wie noch nie.

In diesem Jahr ist die Lage noch dramatischer, aufgrund der Corona-Pandemie aber in den Hintergrund gerückt. Satellitenaufnahmen zum Beispiel von Inpe zeigen, wie riesige Rauchwolken auch derzeit den Himmel der südlichen und südwestlichen brasilianischen Bundesstaaten verdunkeln. Auch Manaus (taz.de), die Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas, ist von einer riesigen Rauchwolke verdeckt, die zu Atembeschwerden führt.

Im Vergleich zum drastischen Vorjahr hat die Waldvernichtung nach derzeitigem Kenntnisstand zwar abgenommen, doch bis August verschwanden 6.086 Quadratkilometer Regenwald – das ist mehr als im gesamten Jahr 2018. Während der Trockenzeit legen Viehzüchter und Spekulanten Feuer, um die abgeholzten Teile des Regenwaldes als Weideland nutzen zu können. Wildtiere verlassen ihren Lebensraum, um dem Feuer und dem Rauch zu entkommen.

Der Regenwald brennt, und das Schicksal des irdischen Lebens gleich mit. Nicht nur in Brasilien brennt der Urwald.

Die Zerstörung der Regenwälder durch Brandrodung im Amazonas, im Kongo-Becken und in Indonesien macht elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen (Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in mopo.de, 14.09.2020) aus. Seit 1990 gingen nach Angaben des Entwicklungsministeriums schätzungsweise 420 Millionen Hektar Wald verloren – fast die Fläche der EU. Besonders dramatisch sei der Verlust des ursprünglichen Regenwalds. Im letzten Jahr sei Brasilien das Land mit dem weltweit höchsten Primärwaldverlust gewesen. Insgesamt sei der Waldverlust in Afrika am höchsten.

Felipe Milanez, Politik- und Umweltkonfliktforscher und Professor an der Universidade Federal de Bahía (UFBA) beobachtet unter anderem Amazonien seit rund 20 Jahren und warnt davor, dass – entgegen der Aussagen des Präsidenten – „Brände schon immer vorgekommen sind“, die Situation jetzt aber „viel schlimmer“ sei. Er glaubt, die Brände und die Umweltzerstörung werden von der Regierung öffentlich genehmigt. Der Experte vergleicht Bolsonaro mit dem römischen Kaiser Nero (npla.de), bekannt für eine der tragischsten Ereignisse in der Geschichte der italienischen Stadt Rom. 

In China wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Wir können gerade erleben, wie sich das Reich der Mitte erhebt, um gegen die Umweltsünden der Vergangenheit anzukämpfen und sich für die Zukunft zu rüsten. Um ihre Umweltziele zu erreichen, investieren die Chinesen massiv in nachhaltige Infrastruktur-Projekte wie Renaturierung und erneuerbare Energien. Die Ausgaben dafür sind höher als die von Europa und den USA zusammen. Mit einem Investmentvolumen von über 100 Milliarden US-Dollar (globalance-bank.com) für erneuerbare Energien (2015) ist China dabei, ein globaler Vorreiter zu werden.

Als die chinesische Regierung im Herbst 2016 bekannt gibt, sämtliche Autohersteller zu einer 15%-igen Elektroauto-Quote zu zwingen, war die Aufregung groß. Die Automobilindustrie in Europa verfiel regelrecht in Panik. Deutschland entsandte eine hochrangige Delegation nach China und Kanzlerin Merkel telefonierte persönlich mit Premier Li Keqiang –  alles, um den deutschen Autobauern mehr Zeit zu verschaffen.  

Spätestens da durfte allen klar gewesen sein, dass China den Technologiewandel zur E-Mobilität vorantreibt. Weltweit streben die Chinesen die Marktführerschaft in sämtlichen Sparten der E-Mobilität an. Das ist Industrie- und Umweltpolitik in einem. Darüber kann man staunend verharren. Oder inspiriert und elektrisiert in die Zukunft starten. 

Der Zusammenhang zwischen der Verschmutzung Chinas und dem Wirtschaftswachstum hat sich seit 1995 abgeschwächt. Dies geht aus einer neuen internationalen Studie hervor, die im Science Advances Journal veröffentlicht wurde und auf Statistiken basiert, die das Wirtschaftswachstum und die Umweltbedingungen in China im Zeitraum 1977-2017 umfassen (german.china.org.cn, 25.09.2019). Forscher aus fünf Ländern weisen darauf hin, dass das gestiegene Umweltbewusstsein und die Investitionen in China in den letzten zehn Jahren zu Ergebnissen geführt hätten.

In den letzten Jahren hat China daran festgehalten, der Ökologie und der grünen Entwicklung Vorrang einzuräumen. Der Umweltschutz ist zu einer wichtigen Kraft und zu einem Schlüssel für die Förderung einer qualitativ hochwertigen wirtschaftlichen Entwicklung geworden.

Umweltschädliche und energieintensive Industrien sollen schrittweise geschwächt oder ganz aus dem Land gedrängt werden. Allein in Peking wurden zwischen Januar und September 2015 (handelsblatt.com, 12.11.2015) 315 Firmen geschlossen. Dafür will die Staatsführung nachhaltige Energien gezielt stärken.

Die Verlautbarungen hört man wohl, kann man das unkritisch auch glauben? Was ist mit den Bildern vor Corona in Peking, auf welchen Chinesen Atemmasken wegen der horrenden Luftverschmutzung in der Stadt trugen?

Auch ein Report des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) zeigt, dass China auch den weltweiten Ausbau von Kohlekraftwerken maßgeblich finanziert (taz.de, 23.01.2019). Insgesamt werden derzeit Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 399 Gigawatt global gebaut oder geplant – die meisten davon in Bangladesch, Vietnam, Südafrika, Pakistan und Indonesien. Zum Vergleich: Die rund 150 Kohlekraftwerke in Deutschland haben eine Leistung von 45 Gigawatt.

Die Fakten sind im Zeitraum 2015 bis heute widersprüchlich …

Über vier Jahrzehnte waren Berlin, Deutschland und Europa geteilt. 30 Jahre nach der Deutschen Einheit wachsen Ost und West weiter zusammen. Gleichzeitig bleiben die Spuren der Teilung bis heute sichtbar – in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. 

Dreißig Jahre nach 1990 wird deutlich, dass sich mit der Wiedervereinigung nicht nur die neuen Länder, sondern Deutschland insgesamt stärker verändert hat, als es vielen bewusst ist: Auf den Fundamenten der alten Bundesrepublik ist ein neues Deutschland entstanden.

Der erst nach dem Fall der Mauer und der Öffnung der Archive mögliche, nüchterne Blick auf die Hinterlassenschaften der SED offenbart, was viele seinerzeit ahnten, aber aufgrund fehlender Öffentlichkeit und der rigiden Geheimhaltungspolitik der Machthaber nicht konkretisieren konnten: Die DDR hat aus politisch-ideologischen Motiven weit über ihre Verhältnisse gelebt, die Umwelt flächendeckend zerstört, Innenstädte verfallen lassen und die Menschen in ein zentralistisch gelenktes Korsett von Vorgaben gespannt. Die sozialistische Diktatur, die letztlich nur wegen des Schutzes durch die Rote Armee und der Gewaltandrohung der Sicherheitsorgane vier Jahrzehnte lang überleben konnte, hinterließ einen Scherbenhaufen (bpb.de, 19.07.2010).

45 Jahre Teilung wirken länger nach, als viele das bei der Wiedervereinigung gedacht hätten. Bis die beiden einst getrennten Teile wirklich zusammenwachsen, wird es wohl mindestens eine weitere Generation dauern, urteilen die Forscher. Insgesamt sehen viele die Entwicklung in den 30 Jahren seit der Wiedervereinigung aber als Erfolgsgeschichte.

Blühende Landschaften“ hatte der „Kanzler der Einheit“, Helmut Kohl, den Ostdeutschen seinerzeit versprochen, als die D-Mark mit der Deutschen Einheit zu ihnen kam. Nach diesem Kraftakt ohnegleichen sind bis heute zwar teilweise blühende Landschaften entstanden, von einer flächenhaften Angleichung zwischen Ost und West kann aber keine Rede sein. Eine völlige Angleichung kann wohl aus strukturellen Gründen vermutlich auch nie vollständig erreicht werden. Die Einheit bleibt weiter ein schwieriger, langwieriger Prozess der Annäherung. Deutschland ist ein Projekt, an welchem weiter hart gearbeitet werden muss.

Wo sind sich Ost und West ähnlicher geworden?

Frauen bekommen ähnlich viele Kinder, auch der Westen sieht berufstätige Mütter nunmehr positiv. Ossis und Wessis gönnen sich zudem die gleichen Fernseher und Telefone. Die massenhafte Abwanderung nach Westdeutschland scheint beendet – ebenso die Unzufriedenheit der Ostdeutschen mit den Umweltbedingungen in ihrem Wohnumfeld.

Bei Lohnniveau, Wirtschaftskraft, Forschung und Innovation liegt der Osten Deutschlands auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gegenüber dem Westen zurück. Die Kleinteiligkeit der Wirtschaft im Osten ist ein Grund dafür. Die meisten großen deutschen Unternehmen haben ihre Zentralen im Westen. Zudem gehören viele Unternehmen im Osten zu westdeutschen oder ausländischen Konzernen.

Das wirtschaftliche Problem:

Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU wird das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der EU sinken. Das hat zur Folge, dass die EU rein statistisch ärmer und Deutschland rein statistisch wohlhabender wird. Daher könnten deutsche Regionen in Zukunft weniger Geld aus dem europäischen Strukturfonds erhalten (Martin Orth, deutschland.de, 28.09.2018).

In Europa hat wohl mancher sich am frühen Mittwochmorgen den Wecker gestellt, in den USA kam es am Dienstagabend zu Rekord-Einschaltquoten: Genau fünf Wochen vor der Präsidentschaftswahl steigt die erste von drei Fernsehdebatten zwischen Donald Trump, 74, und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden, 77.

Trump und Biden haben jetzt ihre erste Fernsehdebatte hinter sich gebracht. 94 Minuten, moderiert vom Fox-Journalisten Chris Wallace. Es ging um Covid-19, die Wirtschaft, um den Supreme Court und andere Themen. Es wurde viel durcheinander geredet, vor allem, weil der Präsident sich an die Absprache Ausreden lassen nicht erinnern wollte.

Trump hatte sich ganz offenbar nicht auf diesen Abend vorbereitet und meinte wohl, sich voll auf seine Spontaneität und Aggressivität verlassen zu können. Konnte er nicht. Denn, alte Regel: Der amtierende Präsident ist in der Debatte immer in einer schlechteren Position. Er muss Rechenschaft für seine Amtszeit ablegen. Trumps Bilanz klang kurz gefasst so: Er habe die großartigste Wirtschaft aller Zeiten“ (tagesschau.de) geschaffen, nur sei da leider eine Pandemie dazwischen gekommen. Und überhaupt sei China schuld.

Beschuldigungen, Abfälligkeiten, persönliche Angriffe – die Zuschauer der ersten Fernsehdebatte vor der Präsidentschaftswahl in den USA haben ein zum Teil chaotisches Rededuell erlebt. Während politische Kommentatoren von einem unwürdigen Schauspiel sprechen, rückt nun die Frage in den Mittelpunkt, wie die Debatte beim Wahlvolk ankam. Wen sahen die Amerikaner als Sieger?

Mehrere US-Medien lieferten noch in der Nacht – nach US-Zeit – erste Stimmungsbilder. So sah eine Blitzumfrage eine knappe Mehrheit für den demokratischen Herausforderer Joe Biden (cbs.com) gegenüber Präsident Donald Trump. 48 Prozent meinten demnach, Biden habe die bessere Figur abgegeben. 41 Prozent wähnten Trump vorn. Zehn Prozent sahen ein Unentschieden. Befragt nach ihrem überwiegenden Empfinden beim Anschauen der Debatte antworteten mehr als zwei Drittel (69 Prozent), die Diskussion habe sie vor allem verärgert (t-online.de). Nur 31 Prozent fühlten sich also davon unterhalten.

Kleine Anekdote: Donald Trump sorgte mit Zwischenrufen immer wieder dafür, dass Joe Biden viele Gedanken nicht zu Ende bringen konnte. Der ehemalige Vizepräsident reagierte meist mit Kopfschütteln und einem ironischen Lächeln und wehrte sich gelegentlich in leicht resigniertem Ton. „Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?“ (fr.de).

CNN bezeichnete das Duell als eine „absolut furchtbare Debatte“ (cnn.com), u. a. die Washington Post schrieb: „Es dauerte nur 15 Minuten, bis sich die erste Debatte zwischen Präsident Trump und dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden in ein unverständliches Chaos verwandelte“ (washingtonpost.com).

Die beiden „Elder Statesmen“ werden sich in den kommenden beiden Debatten um mehr Contenance bemühen müssen. Die US-Amerikaner/-innen werden sonst das Vertrauen in das Amt des POTUS verlieren.

Wahlverweigerung können sich die Vereinigten Staaten derzeit nicht leisten. Jede Stimme zählt Anfang November.

Das Grundgesetz hat in Deutschland eine streitbare Demokratie verankert. Zu ihr gehört dreierlei: die Wertgebundenheit (bestimmte Artikel der Verfassung wie etwa die Unantastbarkeit der Menschenwürde stehen auch durch eine noch so große Mehrheit nicht zur Disposition des Parlaments), die Abwehrbereitschaft (Parteien und Vereinigungen können verboten werden) sowie die Vorverlagerung des Demokratieschutzes: Um also Gegner der Demokratie zu sein, ist es nicht nötig, Gewalt zu propagieren oder gar anzuwenden. Der Verfassungsstaat muss Kräften, die ihn auf parlamentarischem Weg abzuschaffen oder einzuschränken gedenken, glaubwürdig entgegentreten. 

Was sich derzeit tut in Deutschlands Presselandschaft, das offenbart seine Dramatik erst bei näherem Hinsehen. Zwei miteinander verwobene Phänomene sind zu beobachten.

Das eine ist das allmähliche Verschwinden der traditionellen Medien der bürgerlich-demokratischen Mitte, wie man sie einst verstand. Der technische Aspekt dabei ist die Wanderung der Konsumenten von Printformaten zu digitalen Angeboten, vom Fernsehen als Programm zu den ausufernden audiovisuellen Angeboten des Netzes – oder, um es noch allgemeiner zu formulieren: Vom linearen zum selektiven Empfang von Bildern, Erzählungen und Begriffen. Der ökonomische Aspekt dabei ist überdeutlich: Die werbende Industrie beschleunigt und radikalisiert diesen Prozess, da ihre Sucht nach Subjektivierung und Deregulation ihrer Botschaften im Netz wesentlich einfacher zu befriedigen ist als in den alten, linearen Medien.

Das zweite Phänomen ist eine unübersehbare Wanderung der aktuellen Meinungs- und Unterhaltungsindustrie nach rechts.

Populistische Statements sind laut, vereinfachen stark, geben sich als Meinung des Volkes aus und scheinen oft immun gegenüber Faktenwissen. Es macht den Anschein, als ob die Grenzen des Sagbaren in einem immer schnelleren Takt überschritten werden und die Hemmungen, zu lügen und zu beleidigen, sinken. Journalistische Informationen und Aufklärung sind umso wichtiger und werden von vielen Menschen gern und verständig genutzt (grimme-lab.de).

Wie umgehen mit rechtspopulistischen politischen Strömungen und Vertretern dergleichen?

Einerseits muss über das Themenfeld Rechtspopulismus und –extremismus berichtet werden, da dieses in der politischen und gesellschaftlichen Realität Deutschlands stattfindet und entsprechende Themen mit der AfD auch im politischen Geschehen angekommen ist. Andererseits will Journalismus nicht dazu beitragen, dass rechtes Gedankengut in seiner Verbreitung Unterstützung erhält. Die Waage zu halten ist tatsächlich schwierig …

Phänomene einer Krise des Journalismusnicht nur in Deutschland: Auf der Produzentenseite geht es um ein Angebot, das einerseits um sein Überleben in Printform kämpft – bei den Öffentlich-Rechtlichen, um Legitimation und Akzeptanz – und das andererseits einen geordneten, sich rechnenden, im Einzelfall sozialverträglichen Übergang in die digitale Erscheinungsweise vollziehen will (neues-deutschland.de, 01.12.2018).

Es besteht keine Einigkeit mehr darin, wer als extremistisch zu gelten hat, jedenfalls mit Blick auf die linke Variante, sofern diese weder Gewalt anwendet noch propagiert. Hingegen wird gegen die rechte Variante des Extremismus, ob gewalttätig oder nicht, mitunter unerbittlich argumentiert. Die Position, eine spezifische Auffassung sei „gefährlich“, provoziert unter Umständen Beifall von der falschen Seite.

Wichtig wäre, dem Bürgertum wieder demokratische Werte zu vermitteln, sozusagen „aufzufrischen“.

Das No-Go muss sein, rechtsradikal mit linksradikal oder vice versa zu bekämpfen.