Es geht hier nicht darum, Zahlen wiederzugeben, die morgen schon Schall und Rauch sein werden.

Die Überlegung ist, wie Corona unser Leben verändert. Wir haben eine Virus-Krise. Ja … Aber gibt es nicht überall einen Neuanfang? Wie wird die Zeit danach aussehen? Ich meine, wir können nicht ernstlich von der Gleichung ausgehen: nach Corona = vor Corona. Liebe Leute, das geht nicht!

Szene nach der ersten Welle, ein warmer Tag (wienerzeitung.at, 10.06.2020):

Corona-Frühling an der Grenze zum Sommer: Die Blumen blühen, die Bäume sind voller Blätter, und die Friseure haben längst wieder geöffnet. Der Klopapier-Versorgungsengpass gehört der Vergangenheit an, man bekommt mühelos Desinfektionsmittel, Mund-Nasen-Masken und sogar beim Italiener eine vorzügliche Pizza, die man, heiß, knusprig und duftend, wie sie ist, im Lokal verspeisen kann und nicht, dem Pizza-Schicksal entsprechend, lauwarm und zäh geworden zu Hause. Museen sind geöffnet, einige Theater schauen, ob auch Publikum kommt. Grenzöffnungen lassen sogar einen Auslandsurlaub möglich scheinen.

Ja, Hoffnung lag in der Luft.

Jetzt die zweite Welle. Szenario: Total Shutdown!

Der Lockdown als Normalität. Vor sozialen Kontakten sendet man sich gegenseitig die Gesundheitsdaten. Handelsabkommen einzelner Staaten untereinander gewährleisten die Grundversorgung, aber auch nicht mehr. Für Ausreisen braucht es eine Genehmigung, für Reisen in Länder außerhalb der EU durchläuft man gar ein langwieriges, aufwendiges Visumverfahren.

Wenn es ein muss, kann man sich daran gewöhnen. Eine Frage der Einsicht in die Notwendigkeiten.

Es geht noch schlimmer: Alles bricht zusammen, System-Crash.

Das Virus hat die Welt ins Taumeln gebracht, und sie kommt nicht mehr heraus. Jede Nation ist sich selbst die Nächste. Die Sorge vor einer erneuten Pandemie macht jede noch so kleine lokale Verbreitung eines Virus zum Auslöser drastischer Maßnahmen. Die internationale Zusammenarbeit gehört der Vergangenheit an.

Mein Hemd ist mir näher als der Anderen Hose … Wir igeln uns ein, jeder wurstelt wieder für sich selbst.

Das Wort „wursteln“ beinhaltet aber schon ein Definitionsmerkmal: ohne rechten Plan! (duden.de)

Eines ist klar: hören wir auf, uns etwas vorzumachen: Die Zeit nach Corona wird nie mehr so sein wie die vor Corona.

Krisen setzen destruktive wie konstruktive Kräfte frei. Im besten Fall erzeugen sie eine Atmosphäre des Aufbruchs – auch wenn die Gesellschaft sich noch im Interregnum befindet: Das Alte stirbt, das Neue ist noch nicht geboren (deutschlandfunk.de).

Auch die Gesellschaft vor Corona war das Ergebnis unumkehrbarer Krisensituationen. Verallgemeinert: Jede Gesellschaftsordnung ist das Resultat einer vorangegangenen Krise. Wir nehmen das im konkreten Fall nur anders wahr, weil die Krisen, aus denen die Vor-Corona-Gesellschaft hervorgegangen ist, von den meisten Menschen nicht selbst erlebt wurden. Personen, die die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs bewusst wahrgenommen haben, sind heute über 80 Jahre alt. Für die Generation der Jüngeren ist die Wahrnehmung einer Krise verhältnismäßig neu. Die sogenannte Flüchtlingskrise war niemals eine solche, weil weder Grundfreiheiten noch Wohlstand noch soziale Sicherheit der hiesigen Bevölkerung jemals bedroht waren.

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