Über vier Jahrzehnte waren Berlin, Deutschland und Europa geteilt. 30 Jahre nach der Deutschen Einheit wachsen Ost und West weiter zusammen. Gleichzeitig bleiben die Spuren der Teilung bis heute sichtbar – in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.
Dreißig Jahre nach 1990 wird deutlich, dass sich mit der Wiedervereinigung nicht nur die neuen Länder, sondern Deutschland insgesamt stärker verändert hat, als es vielen bewusst ist: Auf den Fundamenten der alten Bundesrepublik ist ein neues Deutschland entstanden.
Der erst nach dem Fall der Mauer und der Öffnung der Archive mögliche, nüchterne Blick auf die Hinterlassenschaften der SED offenbart, was viele seinerzeit ahnten, aber aufgrund fehlender Öffentlichkeit und der rigiden Geheimhaltungspolitik der Machthaber nicht konkretisieren konnten: Die DDR hat aus politisch-ideologischen Motiven weit über ihre Verhältnisse gelebt, die Umwelt flächendeckend zerstört, Innenstädte verfallen lassen und die Menschen in ein zentralistisch gelenktes Korsett von Vorgaben gespannt. Die sozialistische Diktatur, die letztlich nur wegen des Schutzes durch die Rote Armee und der Gewaltandrohung der „Sicherheitsorgane“ vier Jahrzehnte lang überleben konnte, hinterließ einen Scherbenhaufen (bpb.de, 19.07.2010).
45 Jahre Teilung wirken länger nach, als viele das bei der Wiedervereinigung gedacht hätten. Bis die beiden einst getrennten Teile wirklich zusammenwachsen, wird es wohl mindestens eine weitere Generation dauern, urteilen die Forscher. Insgesamt sehen viele die Entwicklung in den 30 Jahren seit der Wiedervereinigung aber als Erfolgsgeschichte.
„Blühende Landschaften“ hatte der „Kanzler der Einheit“, Helmut Kohl, den Ostdeutschen seinerzeit versprochen, als die D-Mark mit der Deutschen Einheit zu ihnen kam. Nach diesem Kraftakt ohnegleichen sind bis heute zwar teilweise blühende Landschaften entstanden, von einer flächenhaften Angleichung zwischen Ost und West kann aber keine Rede sein. Eine völlige Angleichung kann wohl aus strukturellen Gründen vermutlich auch nie vollständig erreicht werden. Die Einheit bleibt weiter ein schwieriger, langwieriger Prozess der Annäherung. Deutschland ist ein Projekt, an welchem weiter hart gearbeitet werden muss.
Wo sind sich Ost und West ähnlicher geworden?
Frauen bekommen ähnlich viele Kinder, auch der Westen sieht berufstätige Mütter nunmehr positiv. „Ossis“ und „Wessis“ gönnen sich zudem die gleichen Fernseher und Telefone. Die massenhafte Abwanderung nach Westdeutschland scheint beendet – ebenso die Unzufriedenheit der Ostdeutschen mit den Umweltbedingungen in ihrem Wohnumfeld.
Bei Lohnniveau, Wirtschaftskraft, Forschung und Innovation liegt der Osten Deutschlands auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gegenüber dem Westen zurück. Die Kleinteiligkeit der Wirtschaft im Osten ist ein Grund dafür. Die meisten großen deutschen Unternehmen haben ihre Zentralen im Westen. Zudem gehören viele Unternehmen im Osten zu westdeutschen oder ausländischen Konzernen.
Das wirtschaftliche Problem:
Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU wird das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der EU sinken. Das hat zur Folge, dass die EU rein statistisch ärmer und Deutschland rein statistisch wohlhabender wird. Daher könnten deutsche Regionen in Zukunft weniger Geld aus dem europäischen Strukturfonds erhalten (Martin Orth, deutschland.de, 28.09.2018).