Lieber Pierre,
sicherlich sind die Begriffe „Klimaschutz“ und „Überbevölkerung“ bei jedem weltweit angekommen. Doch ab welcher Zahl genau ist der/ die Eine ein „Zuviel“? Und ist es tatsächlich so, dass es mit einer Stagnation bzw. Verminderung der menschlichen Spezies besser würde? Liegt es nicht eher daran, wie die prozentuale Verteilung ist oder daran, dass reiche Industrienationen verschwenderisch die Ressourcen ausbeuten und sich die Leute in den Entwicklungsländern wie die Kaninchen vermehren? Würde eine gesunde Balance gefunden werden, kämen wir auf diesem Planeten wahrscheinlich alle recht gut zurecht. Überbevölkerung ist oft eine einfache Ausrede dafür, nicht handeln und etwas verändern zu müssen. Von den bequemen, verschwenderischen und luxuriösen Bedürfnissen reicher Länder abzurücken und sich einschränken zu müssen. Wir vergessen zudem über eine ungleiche Verteilung der Ressourcen und der Inanspruchnahme (besser: Aneignung derer von den reichen Nationen), nachzudenken. Vor allem sie müssten lernen, dass sie von ihrem hohen Ross runterkommen müssen und absolut nicht das Recht haben, armen Menschen Land, Boden und Bodenschätze wegzunehmen. Hier muss dringend etwas passieren, denn die Reichen sind schuld, wenn die Armen verhungern und gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Böden, die nicht ökologisch angemessen bewirtschaftet werden, trocknen noch mehr aus und werden oftmals einseitig ausgelaugt. Wir speisen viele arme Länder mit faden Finanzspritzen oder schlechten Handelskonditionen ab, versprechen eine bessere Zukunft und Arbeitsplätze, aber in Wirklichkeit ruinieren wir ihr Leben und die Zukunft ihrer Völker. Seien wir ehrlich, lieber Pierre… wir leben in Saus und Braus und genau dann, wenn einer von uns etwas abgeben oder reduzieren muss, ist das Geschrei groß. Selbstverständlich kommen diese armen Menschen dorthin (in die reichen Länder dieser Erde), wo sie eine Perspektive sehen – und das ist u. a. Europa tatsächlich. Mich wundert es nicht, ich kann das absolut verstehen, denn ich würde auch versuchen, meinen Arsch zu retten, wenn man mein Heimatland so plattgewalzt hat.
Fakt ist, dass unser westlicher Lebensstil nicht nachhaltig ist. Wohlstandsverzicht und eine Umverteilung des Eigentums, gepaart mit Geburtenkontrolle in den Entwicklungsländern, wären einige sinnvolle Ansatzpunkte. Von der Politik müssen saubere Technologien eingefordert werden und auch eine notwendige Geschwindigkeitsbeschränkung von max. 130 km/ h auf Deutschlands Autobahnen (wozu muss man eigentlich mit 200 Sachen über die Autobahn rasen?). Generell müssen wir alle unser Konsumverhalten prüfen und unser gesamtes Denken bedingungslos ökologisch ausrichten. Fairer Handel statt Ausbeutung und Preiskampf der Discounter, bewusstes Umgehen mit eigentlich allem, was unser Leben ausmacht. Das sind selbstverständlich einige Lösungsansätze aus einem dringend aufzuarbeitenden Maßnahmenkatalog, aber – wie so oft – unterschätzen wir die menschliche Dekadenz, Bequemlichkeit und den Egoismus des Individuums. Wenn´s um Reduktion und Einschränkung geht, fühlt sich keiner angesprochen und das ist das Dilemma.
Schaffen wir es also nicht, diese Veränderungen herbeizuführen, wird das passieren, was prognostiziert wird und bereits sichtbar ist: die Natur holt aus und wenn sie das tut, dann sind wir machtlos. Darüber sollten wir uns im Klaren sein und es nicht ausreizen. Für mich ist es das Gesetz der Evolution – der Mensch kommt nicht ohne seinen Planeten aus, die Erde aber wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach von den Zecken befreien und nur das übrig lassen, was sich bewährt, sinnvoll ist und überlebenswert. WIR sind es offenbar nicht, wie es scheint. Wir sind dumme, schwache Konsum-Zombies, die ihre ethischen Prinzipien abschalten, unsere fetten Hintern mit Schnitzeln füttern oder unsere Klamotten bequem online via Paketdienst nach Hause schicken lassen. Egozentrik und Dummheit waren schon immer eine gefährliche Mixtur.
In diesem Sinne,
etwas ratlos
Petra
© Petra M. Jansen