Lieber Pierre,

welch düstere Gedanken du heute mit dir trägst!? Der Tod gehört zum Leben – als letztendlich erlösender Schritt ins sogenannte „Paradies“. Das könnte es durchaus auch sein, wenn der Mensch einen langen Leidensweg gehen musste und sein hiesiges Leben mehr Qual als Freude bedeutete. Kann der Tod nicht wirklich die Erlösung sein? Verstehe mich nicht falsch, Pierre, niemand mag gerne tot sein, aber wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen und jedes gelebte Jahr unseres Lebens führt unabdingbar genau dorthin. Eine starker Umgang ist das, den du beschreibst und gesehen hast und ich bewundere die Menschen, die sich im Angesicht ihres Schicksals genau dem widmen, was ihre Aufgabe ist: lebendig jeden Tag genießen, so lange es noch geht.
Nimm es mal so: wenn wir uns kraftvoll und wohl fühlen, könnten wir Bäume ausreißen und sprühen vor Kraft und Energie. Sind wir schwer krank oder ist unser Leiden größer als unsere Freude, dann können wir nichts tun, außer uns darauf vorbereiten, dass der letzte Schritt a u s dem Leben gekommen ist und das akzeptieren. Tun wir das indem wir tanzen (sofern wir können) und feiern, dann ist es genau das, was richtig ist, denn niemand auf dieser Welt kann etwas ändern am Lauf des Lebens. Andersrum stellen wir uns einmal vor, wir würden ewig leben? Wollen wir das tatsächlich? Jeder kennt den Film Highlander….wollen wir das tatsächlich? Dann kommt der nächste menschliche Wunsch: wir wollen gefälligst gesund, potent, ewig jung bleiben und nichts darf uns wehtun. Lieber Pierre, das erinnert mich ein wenig an die irrsinnige Vorstellung von Dorian Gray, der weder altern noch sterben wollte.
Es ist wahr – genieße jeden Tag, den du hast und das mit vollem Optimismus und mit Freude! Mein Optimismus wurde tatsächlich niemals lange durch irgendetwas gestört oder gemindert, es ist meine Natur, mit dem Leben auf diese Art und Weise umzugehen. Gestatte mir eine ehrliche Frage: liegt nicht das Problem ganz alleine in dir und deinen Gedanken, zum alten Eisen zu gehören? Schau dir den Totenkult der Germanen, der Ägypter oder der Römer an. Jede Kultur hat sich anders mit der Thematik auseinander gesetzt und niemand! ist bisher davon gekommen. Für mich also tatsächlich eine Frage des Umgangs mit Tatsachen und es kommt letztendlich nun darauf an, wie wir das tun.
„Prost“ – auf ein neues „Leben“ jenseits des Lebens!?
Herzliche Grüße,

Petra
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

immer wieder stelle ich mir die Frage, wie Menschen es fertig bringen in bedrohlichen Situationen noch lachen zu können und sie dem mit Humor begegnen. Eine Haltung, die ich toll finde. Wenn ich daran denke, kommt mir ein Freund in Erinnerung. Er hat Krebs und muss sich einer komplexen Therapie ohne sicheren Ausgang fügen und trotz dieser schmerzlichen Tatsachen sind unsere Begegnungen immer sehr geistreich und voller Ironie. Er will somit dem Tod trotzen und ist für mich ein gutes Beispiel, wie ich mich verhalten sollte. Klar, jede Krankheit ist ein Hindernis, aber wenn sie zu viel Platz eingeräumt bekommt, hat sie uns bereits besiegt. Am besten man streckt ihr die Zunge raus und sagt ihr: „verpisse dich!“ Wenn ich zurückblicke, erinnere ich mich an eine Situation, die bei mir zuerst Bedenken auslöste und dann große Bewunderung. Ich habe in einem Hospiz in Köln gedreht, am 11. November um 11 Uhr und wie du weißt, liebe Petra, ist das der Beginn des Karnevals. Es war in einem Reihenhaus und dort herrschte Party. Von Zimmer zu Zimmer wurde getanzt und gesungen. Lauter Masken und bunte Kostüme und vor allem viele Kinder und dazwischen Menschen, die am Sterben waren – unter ihnen viele junge Mütter. Zuerst war ich entsetzt, dann aber blickte ich mit einer immer größeren Bewunderung auf das Geschehen, denn das war die beste Antwort, die man dem Tod geben konnte. Durch Jux ihn in die Schranken verweisen, mit dem Bewusstsein, dass er nicht nur das Ende bedeutet. Warum würden wir sonst Kinder in die Welt setzen?

Ja, es gibt Grund genug, uns Sorgen zu machen, aber wir dürften nie vergessen, wie wertvoll das Leben ist. Das bedeutet, dass wir immer die Gelegenheit nutzen sollten, jeden kleinsten Moment zu genießen. Das ist die einzige Art, den Druck den wir ausgesetzt sind, zu ertragen. Ich bewundere deine Lebensfreude, liebe Petra und betrachte sie als ansteckend! In der Kiste werden wir Zeit genug haben zum Jammern, dass wiederhole ich mir immer, wenn meine Knochen mich quälen! Nein, ich will die Gesundheit nicht zum Dogma machen und mich auch nicht von ihr quälen lassen. Sich bei jedem Schritt einschränken zu müssen, liegt nicht in meiner Natur. Eines ist sicher: am Ende landen wir alle bei den Würmern, ob wir veganer sind oder nicht! Ein wenig Hurerei macht doch das Leben erträglicher, nicht wahr? Wer sich immer einschränkt, wird zum Dogmatiker und neigt zum Fundamentalismus. Das gilt auch für die Kräuterfresser, die uns missionieren wollen. Wenn es so ist, pfeife ich auf die Gesundheit. Ob wir wollen oder nicht, das Leben ist eine tödliche Krankheit.

Wer glaubt, dass er mit einem asketischen Leben 72 Jungfrauen im Paradies vögeln kann, irrt sich. Warum sich das Leben zur Hölle machen, das ist heute eine berechtigte Frage. Lieber eine Fete veranstalten, als sich ständig zu geißeln. Der Hacke dabei ist, dass Sadomasochismus einige Freude bereitet und die versauen uns die Existenz. Es gibt dabei nur eine Lösung: lachen, lachen, lachen! Das vertragen diese Pharisäer aber nicht – das haben die Zeichner von Charlie Hebdo bitter erfahren müssen – und doch ist das die beste Waffe, um uns über Wasser zu halten. Ist das nicht so, liebe Petra?
In diesem Sinne,
Pierre

//pm

Mein lieber Pierre,
ja, kotz dich ruhig aus, ich verstehe deine Gedanken und Bedenken. „Kleider machen Leute“, das ist hier nicht anders. Ein bisschen Nonchalance, ein wenig Sexappeal, ein sympathisches Lächeln und heiße Klamotten – das überzeugt auch meine Oma. Schlecht sieht er ja nicht aus, der Herr Minister, aber man hat sich in Brüssel nicht blenden lassen und lediglich einen Aufschub gewährt. Dem griechischen Volk mag es nicht wirklich helfen, Schäuble ist ein harter Gegner! Das haben sie nun davon…Korruption, Kohle scheffeln und den Bürger verarschen. Aber lieber Pierre, ich sagte es bereits mehrfach: der Mensch ist ein korrupter, egoistischer Affe und da spielt die Nationalität keine Rolle. Wir werden sehen, ob sie es schaffen – ähnlich wie die Portugiesen – ihr Land einigermaßen auf Vordermann zu bringen, abwarten also, ob der Ledermantel hält, was er verspricht.
Zum Thema Impotenz mag ich mich nicht äußern, ich habe zu viele enorm potente Männer in meinem Leben kennengelernt und sage mal danke dafür. Allzu privat möchte ich heute nicht werden, doch nur so viel: Männer müssen nicht stets präsent und potent sein, im Gegenteil. Ich schätze mehr den sensiblen Mann, der auch mal nicht kann, wenn ihn etwas bedrückt und habe großes Verständnis dafür. Zeigt ER doch, dass er kein reiner Ficker ist und seine Standhaftigkeit mit dem Grad des Nachdenkens und der eigenen Verfassung zusammenhängt. Da warte ich als Frau gerne, bis alles wieder in der Balance ist, damit man gemeinsam die Echtheit genießen kann.
Tut mir leid, dass ich heute so knapp und wenig kämpferisch unterwegs bin. Ich verschließe keineswegs die Augen vor der Problematik, die uns weltweit umgibt, aber heute mache ich nur eines: den Tag genießen, lieben, leben, dankbar sein, dass wir (noch) Frieden haben und lieben…lieben…lieben – das absolute Erfolgsrezept gegen ALLES! Wenn es denn auch ehrlich gemeint ist…
© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

cool Baby, be cool Baby… ich stehe vor dem Spiegel und versuche mir den Look von Yanis Varoufakis, der Finanzminister des maroden Griechenland zu verpassen. Eine Lederjacke, ein Schal von Burburry und ein offenes Hemd und schon kann die Party losgehen. The show goes on! Das Affentheater, inszeniert von Alexis Tsipras and Co., ist am Ende nur eine Klamotte! Sie hat an der Grundhaltung der bösen Geldgeber nichts geändert, nach wie vor wollen sie ihre Knete zurückerhalten. Eine Unverschämtheit! Viel Wind um nichts und am Ende sind die Verarschten die Bürger der ältesten Demokratie der Welt. Aber warum haben sie solche Pappfiguren an die Macht gebracht? Weil das populistische Getöse sie in Trance versetzt hat, wie es halt mit „crystal meths“ zuerst der Fall sein kann – das Paradies auf Erden. Man verspürt eine wundersame Kraft und die Illusion, gegen böse Buben wie der Schäuble standhalten zu können. Dass er den Hahn zumachen kann, merken sie nur nachhaltig und dann kommt der Verfall! Was hier passiert ist der Beweis, dass Populismus mit Chloroform gleich zu stellen ist…Leute, habt ihr nichts in der Birne?

Aber es wäre höchst trügerisch zu glauben, dass nur die Griechen so blind wären. Auch bei uns erweisen sich die Stammtischgenossen als Weltverbesserer und das geschieht, liebe Petra, in dem wie beim Kasperle-Theater man dem Schwächeren eine scheuert – so einfach ist das. Ein völkisches Outfit reicht, um sich Gehör zu verschaffen und das bis in die bürgerlichen Kreise, die sich als Wertkonservative betrachten, AfD lässt grüßen. Wenn du von der geplagten Vergangenheit Deutschlands spricht, darf nie vergessen werden, dass diese „vornehme Schicht“ einen Proleten wie Hitler an die Macht gehisst hat. Der Look ist nur Tarnung, im Inneren herrscht Hass, auch wenn er durch gute Manieren getarnt wird. Ich werde keine Lobeshymne des Mobs machen, aber Schläger sind wenigstens sichtbar! Die Reportagen, die ich bei den Neonazis gedreht habe, haben gezeigt, dass die wahren Drahtzieher durchaus salonfähig sind und nur wer die Zwischentöne entziffern kann, merkt in welcher Gefahr wir uns befinden – das auch zum Thema Volksverdummung!

Ich könnte mir der Nase bohren und dabei frohlocken, tue ich aber nicht. Das Spektakel, das mir weltweit geboten wird, lässt mir keine Ruhe und ohne meinen Willen werde ich in das Geschehen hineingezogen. Liebe Petra, ich würde lieber über den Beischlaf sprechen aber auch er ist von der allgemeinen Unsicherheit gestört. Sich unter der Daunendecke zu verschanzen ist vergebens. Die Hiobsbotschaften machen keinen Halt vor der Liebe, sie pervertieren sie und das ist vor allem bei den Mannsbildern sichtbar, die immer egoistischer werden, sich keineswegs engagieren wollen und nur an ihren Kick glauben. Dass er immer mehr ausfällt, ist eine Tatsache unter der die Frauen sehr leiden und um das zu vertuschen, ziehen sie vor nach der schönen Welt in der Glotze zu suchen. Vergessen aber die Nähe und verfallen somit in die Gleichgültigkeit. Ist das Impotenz? Was sich in der Politik ausdrückt, pervertiert auch die Zweisamkeit, nicht wahr?
In diesem Sinne,

Pierre
//pm

Lieber Pierre,
Herzchen verteilen lähmt den Widerstand, wusstest du das nicht? Mit Herzchen kann Mensch nichts falsch machen und steckt seine Nase lieber in den Sand als ins aktuelle Weltgeschehen. Ich kenne solche geistigen Dilettanten, die sich für nichts wirklich interessieren, nichts lesen, nicht diskutieren und sich mit nichts auseinander setzen wollen. Sie fahren ihre eigene Ego-Geschichte und – traurig aber wahr – sie verstehen gar nicht, warum kritische, politisch interessierte Menschen sich überhaupt mit all den Themen vehement auseinandersetzen. Vogel Strauß hatten wir ja schon, lieber Pierre.
Das Blatt „I Avgi“ ist ein radikales linksgerichtetes Blatt, auch als „morning newspaper on the left“ bezeichnet. Wir beide plädieren für einen unzensierten Journalismus inklusive der bitterbösen Satire und Karikaturen und müssen nun zusehen, dass wir nicht mit zweierlei Maß messen. In Frankreich gab es Tod über die Satire und nun denken wir – bei Schäuble und auch Merkel mit Hitlerbärtchen – über die Grenzen der Satire nach. Ich verstehe absolut die Aufregung und ich sehe es ebenfalls als eine große Geschmacklosigkeit an. Schon 2012 wurde Schäuble als Gauleiter bezeichnet – ganz furchtbar. Doch eines können wir nicht wegwischen: unsere verwerfliche Nazi-Vergangenheit, unabdingbar verknüpft mit unserer Nation und unserer „Kultur“. Im Ausland werden wir dafür immer wieder an den Pranger gestellt und wir werden uns auch immer diesen Schuh anziehen müssen, egal, ob es uns gefällt oder nicht. Wenn nun im griechischen Schuldenkampf mit harten rechtsradikalen Bandagen gekämpft wird, ist es die eine Seite, solche diskriminierenden Äußerungen selbstverständlich zu verurteilen und die andere Seite ist es, zu erkennen, dass wir tatsächlich außerhalb unserer deutschen begrenzten Grenzen immer noch so an- und gesehen werden.
Lieber Pierre, wir haben ein Problem und das ist bis heute noch nicht gelöst! In unserem Land keimt der Faschismus erneut auf, die Zahl der rechtsradikalen Gewalttaten steigt an, der Zulauf ist unübersehbar. Ich sagte es schon einmal: im Osten unserer Republik brodelt es und wer das leugnet, steckt ebenfalls den Kopf in den Sand. Wir müssen aufräumen, härter durchgreifen, nationalsozialistische Aufmärsche, Töne, Zellen, Gruppierungen dringend zerstören, um Ruhe zu schaffen. Mich wundert es nicht wirklich, dass die Welt uns so sieht und mich wundert es auch nicht, wenn ich schaue, was in unserem Land derzeit gerade passiert. Es ist eine Schande, mit nichts zu entschuldigen und ich plädiere seitdem ich denken kann für eine multikulturelle Gesellschaft und ein internationales Miteinander. Ein „Drecksdeckelchen“ soll nun das „Drecksfässchen“ stopfen? Irgendwie eine Ironie.

 

Herzlichst,
Petra

 

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

Valentinstag. Heute sollen wir lieben, knutschen, die Blumenhändler mit einem guten Umsatz beglücken und auf Facebook lauter vorgefertigte Herzen rundum senden. Ich finde diesen Tag genauso bescheuert wie den Muttertag, denn dahinter steckt vor allem Kommerz. Wenn ich Gefühle für jemanden empfinde, sollen sie dauerhaft sein, aber eigentlich wollte ich das nicht schreiben, liebe Petra. Du weißt, dass ich jedem Karikaturisten die Freiheit lasse, das zum Ausdruck zu bringen, was er empfindet. Wie die Satiriker von Charlie Hebdo, die für ihre Meinungsfreiheit ihr Leben lassen mussten. Das ist für mich eine Grundhaltung, aber auch für die Betroffenen ein Recht, sich gegen Angriffe zu wehren. Was Wolfgang Schäuble in Griechenland widerfahren ist finde ich ganz einfach infam. Ihn in eine Naziuniform zu stecken ist schon peinlich aber vielmehr folgende Wortblasen: „Wir bestehen darauf, Seife aus eurem Fett zu machen“, sagt der Bundesfinanzminister…und: „Wir diskutieren nur über Düngemittel aus eurer Asche.“ Das ist der Jargon, der im Vernichtungslager Auschwitz benutzt wurde. Das ist nicht nur beleidigend, sondern vielmehr eine Postille im Stil des antisemitischen „Stürmer“ und – wie damals – in einer regierungsnahen Zeitung. Wenn das die Aussage von der Syriza-Partei ist, können wir alle wieder einpacken. Toll, Herr Tsipras, das ist echte linke Politik!
Wir haben uns oft die Frage gestellt, liebe Petra, inwieweit wir uns kritisch ausdrücken sollten und du kennst meine Meinung dazu. Nur kein Blatt vor den Mund nehmen, solange es um sachliche Dinge geht. Aber wenn das geschriebene Wort beleidigend und verletzend ist, sehe ich schon manche Grenzen. Wolfgang Schäuble so darzustellen, als ob er ein Schurke des 3. Reichs sei, ist sachlich gesehen nicht exakt und hat nur die Provokation als Hintergrund. Wenn die Griechen sich über ihn ärgern, haben sie andere Mittel ihn bloß zu stellen, aber damit schießen sie ein Eigentor! Solche Auswüchse machen mich wütend, weil die unsere journalistische Ethik zertrampeln. Unsere Seriosität kann durchaus in Frage gestellt werden. Eine gute Satire muss sehr gut recherchiert werden, denn jedes Wort hat seine Bedeutung. Der große Meister des deutschen Kabaretts, Dieter Hildebrand, hat das sehr wohl praktiziert und das erlaubte ihm, in seiner Kritik sehr weit zu gehen. Bei Charlie Hebdo kann man sich wohl über das eine oder andere ärgern, aber der Hintergrund war und ist immer gut recherchiert.

Ich finde diesen Vorfall symbolisch für das Aufkommen des Populismus in ganz Europa. Immer mehr hantieren Politikern mit Schlagwörtern, ohne in die Tiefe zu gehen. In dem Twitter-Zeitalter fast eine Selbstverständlichkeit. In 140 Zeilen wird die Welt verändert, alles im Telegrammstil! Da darf man sich nicht wundern, manipuliert zu werden. Dem kleinen Mann in Griechenland soll vermittelt werden, dass eine Mehrheit der Deutschen sich wie SS benehmen und deswegen gehasst werden müssen. Aber derselbe Bürger hat nichts dagegen, wenn die Germanen ihre Moneten in seinem Land ausgeben. Wenn dort Mist herrscht, haben es die dortigen Politikern zu verantworten. Jetzt halte ich besser die Klappe um nicht auszurasten.

In diesem Sinn, liebe Petra,
Pierre

//pm

Lieber Pierre,
Narrenfreiheit für die Deppen – entschuldige – Jecken! Ausgelassene Stimmung, betäubte Gehirne, Jeder kann mit Jedem, der Schalk treibt den Verstand aus den Köpfen. Ja, so ist es. Wir sind Meister im Selbstbetrug und der Verdrängung, nicht nur bei diesem Thema. Wen interessiert denn da Aids oder irgendwelche Genitalpilze? Pierre, die Wucherungen sind schon so ausgeartet, da kommt es darauf doch gar nicht mehr an, oder? Während die Ukraine um vorübergehenden Waffenstillstand ringt, die Journalisten angegriffen werden, Menschen sich mit kleinen Flüchtlings-Bootchen versuchen, zu retten…wen interessiert das alles? Die schnöde Bankangestellte geht in den närrischen Tagen bestrapst auf Männerschau und steckt jedem die Zunge in den Schritt, der gebildete BILD-Leser trägt Militärklamotten, Sturmhaube und Knüppel – und sie saufen und ficken bis zum Erbrechen. Nicht mein Ding, lieber Pierre. Ich feiere nicht auf Kommando und nicht nach Datum, wenn es nichts zu feiern gibt. Hasenohren auf? Pappnase dran? Perücke und jede Menge Schminke… das alles dient zur Verwischung der realen Probleme. Alle Jahre wieder lassen sie die Sau raus und ich hoffe, dass die Karnevalsvereine nicht den Mund verschließen werden vor brisanten Themen. Ob die Satire bei den besoffenen Narren ankommt? Ich bezweifele es, lieber Pierre.
Sie sehen auch sonst nur ihr Vergnügen und schauen gerade mal knapp über den Tellerrand. Ich spreche von der Masse der abgestumpften Gesellschaft, die auch auf Facebook z.B. ihr verwahrlostes Hirn in die Welt streuen. Hauptsache, sie sehen gut aus, Hauptsache, sie können feiern, saufen, ficken, lachen… arme Welt. Mögen die Künstler, die Menschen mit Rebellionswillen und die Journalisten, die ihr Leben für die Wahrheit riskieren eine Welle in Gang setzen, dass dem schnöden Mammon da draußen die Spucke wegbleibt und ihr feierwütiges Verhalten ernsthaft Gewissensbisse auslöst, was ich aber nicht glaube. Es ist zu spät…die Manipulation und Abstumpfung hat ihre Kinder gezeugt und die vermehren sich fickend wie die Kaninchen. Helau!

 

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

die Narren und die Schalke haben die Straßen im Rheinland besetzt. Im Fernsehen werden zahlreiche Sitzungen ausgestrahlt, für mich oft peinliche Einlagen einer aufgesetzten Fröhlichkeit. Das Volk soll mit Hilfe des Alkohols benebelt werden. Wenn die Scheiße am Dampfen ist, ist nicht Lachen die beste Medizin? Bei der großen Pest hat man auch Karneval gefeiert, reichlich viel gevögelt und das um die bösen Geister zu jagen. Dass sich dabei zahlreiche gesunde Leute ansteckten ist nur ein Detail der Geschichte. Wichtig war es, der Illusion nachzugehen, dass das Leben nicht so leicht zu ersticken ist. Der Alltag mit seinen schrecklichen Nachrichten soll im Rausch weg gepustet werden, scheint die Devise zu sein. Die Ängste in Schach zu halten ist letztendlich die einzige Möglichkeit, die uns verbleibt, um noch an eine Zukunft zu glauben. Wenn das wilde Treiben uns dazu verleiht einen Funken Hoffnung zu erwecken, werde ich mir eine rote Pappnase kaufen und durch die Gassen geistern auf der Suche nach knackigen Pos und Titten. Kann die große institutionelle Ausgelassenheit mir dazu verhelfen die Finsternis in ein sonniges Paradies zu verwandeln? Großes Kino, um uns zu blenden? Aber keine Angst, die düstere Wirklichkeit holt uns immer wieder ein.

Wenn ich das Geschehen beobachte, fühle ich mich immer mehr mit Humorlosigkeit konfrontiert. Zahlreiche schwarz gekleidete Gestalten, die glauben, dass das Geißeln der Gefühle, die Pforten zum Himmel öffnen kann. Eine neue Ordnung, die sich nur durch Gewalt ausdrücken soll. Eine Weltanschauung, die Gottes-Fanatiker jeder Gattung verfolgen und die uns durch den Gebrauch von Waffen erzwingen wollen – und dies um uns das Glück der Seligkeit beizubringen! Da ziehe ich einen Rosenmontag vor, weil er nicht erzwungen ist. Die Klempner der Seelen würde ich am liebsten in die Wüste schicken, die zahlreiche Pharisäer, die es „gut mit mir meinen“ sind eine Zumutung. Ich habe diese Moralapostel satt, die nur ein Ziel verfolgen, das der Macht, der Nötigung, der Fesselung! Die Religionen zeigen hier ihr wahres Gesicht. Der Beweis, dass eine Ideologie nicht tolerant sein kann, dass sie Ausgrenzungen verursacht mit allen schrecklichen Konsequenzen, die zur Hexenverbrennungen geführt haben – und das im Namen des Glaubens!

Liebe Petra, als gläubiger Mensch fällt es mir schwer diese Zeilen zu schreiben, aber ich habe mehr oder weniger das Gefühl, dass die Menschheit kläglich gescheitert ist. Wenn von Nächstenliebe die Rede ist, suche ich sie oft vergeblich. Nur in meinem unmittelbaren Lebenskreis ist sie manchmal vorhanden, aber der Funke überträgt sich nicht auf die Gesellschaft. Die Ereignisse der letzten Tage beweisen uns das.. und jetzt ab in das wilden Treiben. Alaaf!

In diesem Sinn,

Pierre

//pm