Lieber Pierre,

definieren wir „Dogma“ mal als das, was es theoretisch bedeutet: Es ist eine feststehende Definition bzw. grundlegende Aussage, deren Wahrheitsanspruch unumstößlich ist und die – im religiösen Bereich – die göttliche Offenbarung, sowie die kirchliche Mission als wahr und real bezeichnet. Was einst von Menschen fiktiv erschaffen und niedergeschrieben wurde, sollte nun tatsächlich die absolute Wahrheit sein? Der gesunde Menschenverstand muss daran zweifeln, da gebe ich dir absolut Recht. Vor einigen Jahren begegnete mir anlässlich einer literarischen Veranstaltung ein griechischer Philosoph von Weltruhm. Ein hoch geachteter Mann mit einer eigentlich offenen Weltanschauung, sollte man meinen. Er betrachtete mich, drehte sich zu seinem Gesprächspartner und sagte ihm, ich sei eine Erscheinung des Teufels. Sein absurder Vorschlag, mich zur Reinigung sofort in ein griechisches Kloster schicken zu wollen, ließ mich wahrhaftig in Lachen ausbrechen. Solch einen Unsinn habe ich noch nie gehört und das wegen einiger Tätowierungen, die auf meiner Hand und auf meinem Arm sichtbar sind. Mit Verstand hat das nichts zu tun.

Religionen mögen dem einen oder anderen Frieden und Halt geben, aber die Kirche hat ausgedient. Der Verlust der Kirchenmitglieder ist in den vergangenen Jahren deutlich spürbar und das hat nicht unbedingt etwas mit Kirchensteuerersparnis zu tun. Was in unserer christlichen Religion gepredigt wird, hat nichts mehr mit dem realen Leben und dem Zeitgeist zu tun und interessiert viele nicht mehr. Ganz anders sieht es im Islam aus, da geht es in Richtung Fanatismus und Terror, steht aber eigentlich nicht im Sinne des ursprünglichen gewaltfreien Islam. Religionen werden als D(r)eckmantel missbraucht und immer steht eine aggressive und territoriale Gesinnung der Menschen dahinter.

Ich bin ohnehin kein Freund von Dingen, die vordergründig erst einmal Fakt sind und somit nie hinterfragt werden sollen, dürfen. Alle Tatsachen bedürfen der Prüfung auf Wahrheitsgehalt und der Überlegung, ob es klug ist, welche Folgen es haben wird oder in welche Richtung es weist. Was auch immer deinen Freund bewegt haben muss, nicht von seiner starren Meinung abzurücken, nenne ich Gehirnwäsche. Helfen kann man weder ihm noch meinem Griechen, der sich von mir abwandte, weil ich in seinen Augen dämonisch war. Weit entfernt davon… aber es macht keinen Sinn, jemandem diesen Irrsinn auszureden. Bleiben wir also besser beim gesunden Menschenverstand und erfreuen wir uns an der Tatsache, dass die Heilige Jungfrau Maria auch gevögelt hat, wie wir alle.

 

Einen lieben Gruß aus Frankfurt,

Petra

 

© Petra M. Jansen

http://jansen-marketing.de

 

 

 

Liebe Petra,

in den bewegten Zeiten, die wir durchmachen, hier ein Problem was mich sehr bewegt. Ich werde nicht so weit gehen wie damals Altkanzler Schmidt, der vor Menschen mit Visionen seine Scheu hatte, aber  so Unrecht hatte er nicht.

Vor einigen Tagen führte ich mit einem sehr engen Freund eine Debatte über das Dogma. Er geht vom Prinzip aus, dass es im Leben Regeln gibt, die unbedingt eingehalten werden müssen, vor allem bei der Religion. Als gläubiger Mann akzeptiert er das Dogma, ohne es zu hinterfragen, da es ein Gesetz Gottes ist und da er immer Recht hat, darf man daran nicht zweifeln. Ich bin immer erstaunt, dass so ein intelligenter und kultivierter Mensch solch eine Ansicht vertritt und antwortete ihm, dass es mein gutes Recht sei zu hinterfragen, aber das schien ihn nicht zu begeistern. Als nicht gläubiger Mensch könnte ich das nicht verstehen, sagte er mir. „Ich glaube an Gott und an Christus“, antworte ich ihm. Soll das bedeuten, dass ich meine Neugierde abschalten soll und jede Frage außer Acht lassen, mit dem Argument, dass sie nicht zulässig sei? Solch eine Auffassung erschreckt mich schon, denn in ihr steckt der Geist des Totalitarismus, der keinen Widerspruch akzeptiert. Ich denke, dass solch eine Denkart den Religionen schadet, weil sie durchaus in der Lage sind zu argumentieren – nur in der Debatte können sie lebendig sein. Alle Fragen über das Dogma zu unterlassen, ist brandgefährlich, denn das würde bedeuten, dass das Christentum zum Beispiel, nicht in der Lage sei, gesellschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen. Sie werden ganz einfach verworfen, weil sie unangenehm sind. Als ich ihn fragte, ob Gott selbst das Dogma festgelegt hätte, wurde es ihm unangenehm. Er sprach von den Vätern der Kirche, die schon wüssten, was sie angeregt hätten. Also war es nur eine Interpretation, eine von den Menschen festgelegte Regel, die natürlich auch einen politischen Hintergrund hatte, die vor allem das Ziel hatte das Volk ruhig zu stellen und die Menschen zu Knechten zu machen. Es ist erschreckend, wie viel Blut im Namen der Dogmen geflossen ist und schon aus diesem Grund, kann ich sie nicht dulden, da sie oft dem Evangelium widersprechen und das ist für mich die alleinige Referenz. Übrigens… mein Freund plädiert vehement für die Demokratie, für die Freiheit der Völker, für die Emanzipation durch die Kultur, für das Wissen, aber da denkt er anders. War es seine Erziehung? Ein Zeichen der Unterwerfung? Ich habe Mühe es zu glauben, aber wenn es ihm hilft, soll er daran sich halten!

Da mancher Politiker sich für Gott hält, baut er sich ein Dogma, an dem sich das Volk halten soll, sonst ab mit der Rübe. Was ich so salopp beschreibe ist leider die Regel in zahlreiche Nationen, aber auch der Terrorismus lässt sich davon beflügeln. Wer sich zum Beispiel nicht an die, von den Islamisten interpretierten Versen hält, gehört zur Schar der Ungläubigen und wird als Freiwild bezeichnet. Das bedeutet, dass diese Menschen „im Namen Allahs“ eliminiert werden können und das ist ein eklatanter Missbrauch des Korans. Dies zeigt wie ein Dogma entstehen kann und dass er feindliche Hintergründe verbirgt. Das war auch der Fall bei der Inquisition, die vor allem einen politischen Hintergrund hatte. Es ist eine sehr effiziente Methode, Macht mit Hilfe der Religion auszuüben. Eigentlich sind Dogmen ein Widerspruch zur Demokratie, das passt einfach nicht zusammen und ist auch ein Gegensatz zur Aufklärung. Dogmen schüren den Fanatismus. Es ist ein Trug zu glauben, dass sie menschlich sein können. Die schreckliche Blutspuren, die der Terrorismus hinter sich lässt, sollten uns nachdenken lassen, ob wir sie wirklich brauchen, um ein Zusammenhalt der Gesellschaft zu garantieren. Ich denke, keineswegs. Das bedeutet nicht, dass ich für eine gesetzlose Gesellschaft plädiere, aber ich verlange, dass mir das Recht eingeräumt wird, sie in Frage zu stellen. Die Französische Revolution hat gezeigt, wie weit es gehen kann, wenn das Volk geknechtet wird und die Wut, die daraus entstanden ist, hat den Terror geschürt. Die Dogmen des alten Regimes hatten die Untertanen wie Vieh behandelt und das mit Duldung der Kirche, die sich im Gegensatz zum Evangelium, den Pharisäer ergeben hatten. Wer vor 1789 religiös eingestellt war, musste den König als Halbgott betrachten und jeder Widerspruch wurde als Sünde eingestuft. Mit diesem Beispiel kann man gut sehen, wie der Missbrauch durchgeführt wurde und das hat – mit Verlaub – nichts mit der Passion Christi zu tun. Das ist schierer Absolutismus und daher nicht annehmbar. Man sieht hier, dass nicht alleine der Islam in solch eine Rolle gestupst worden ist, die theologisch nicht vertretbar ist. Das gilt auch für die rechtsextremistische Evangelikale in den USA, die die Schwarzen als minderwertige Rasse empfinden. Das hat zu einer Lynchjustiz geführt und das im Namen der Dogmen. Verwerflich!

In diesem Sinn, liebe Petra. Die Politik und die Schmerzen quälen mich zurzeit sehr.

Ich umarme dich.

Alles Liebe,

 

Pierre

//pm