Es kommt schleichend, in den Gazetten liest man es aber schon geraume Zeit.

Ein Trio Infernale aus Firmenpleiten, Stellenstreichungen und Überschuldung von Unternehmen und Haushalten legt der deutschen Konjunktur dicke Steine in den Weg. Um sozialen und systemischen Krisen entgegenzuwirken, wird der Staat noch lange das Motto „Wir machen den Weg frei“ verfolgen.

Je hartnäckiger sich das Corona-Virus hält, umso länger werden staatliche Transferleistungen an die Bürger gewährt. So ist bereits die Verlängerung des Kurzarbeitergelds bis weit in das nächste Jahr kein Tabu mehr.

Je mehr und je länger der Väterchen Staat Geld verteilt, umso mehr werden seine Dienste zur Gewohnheit und umso weniger sind die Empfänger bereit, auf diese Gaben zu verzichten. Parteien wollen ihre Wählerbasis nicht enttäuschen. Die wachsende „Popularität“ des Staats ist geradezu eine Einladung für mehr Staatswirtschaft. 

Demokratie und Marktwirtschaft haben Autokratie und Planwirtschaft überlebt. Im November 1989 ist die Mauer gefallen, die DDR war wirtschaftlich und politisch am Ende. Im Oktober 1990 kam die deutsche Wiedervereinigung. Auch die meisten früheren Sowjetrepubliken haben sich von der Planwirtschaft verabschiedet. Demokratie wird in freien Wahlen gelebt, und die Menschen genießen viele Annehmlichkeiten der Sozialen Marktwirtschaft, die ihnen die Planwirtschaft nicht ermöglicht hätte. Seit China, obwohl politisch weiterhin eine Diktatur, mehr und mehr Privateigentum und unternehmerische Initiative zugelassen hat, erlebte das Riesenreich eine gigantische Wachstumsgeschichte. Ökonomen sehen gesicherte private Eigentumsrechte (property rights) als eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wohlstand und Wachstum an. 

Während man noch vor Jahren den Sozialisten vorwarf, eine Brotmarken-Zwangswirtschaft anzustreben, hört man heute oft die Bemerkung, die sozialistische Wirtschaftspolitik unterscheide sich in ihren Forderungen im Grunde nicht mehr vom modernen wirtschaftlichen Liberalismus. Wankt unser System?!

Wenn der Staat seinen Bürgern und Unternehmen schon so umfangreich hilft, wird er dann nicht früher oder später eine Gegenleistung für seine Barmherzigkeit einfordern? Ist das nicht die Gelegenheit, sich einzumischen, der Wirtschaft endlich den politisch korrekten Stempel des Allgemeinwohls aufzudrücken und Fehlentwicklungen eines eigennützigen Kapitalismus zu bekämpfen?

Natürlich ist auch der Kapitalismus absolut nicht ohne Mängel. Es gibt durchaus Marktversagen. Aber im Vergleich ist er allen anderen Gesellschaftsformen weit überlegen. Als Karl Marx seine gut gemeinten Theorien in seinem Buch „Das Kapital“ veröffentlichte, konnte er nicht wissen, dass seine sozialistischen Jünger in der Praxis immer und ohne Ausnahmen scheitern würden. Dazu sollte so mancher „Neo-Sozialist“ die rosarote Brille abnehmen und ideologiefrei in die (Wirtschafts-)Geschichte schauen: Jedes Wirtschaftssystem, das dem Staat zu viel Einfluss einräumte, litt an Innovations- und Wettbewerbsschwäche. Das Leistungsprinzip wird mit Füßen getreten, weil der Staat sich in alles bevormundend einmischt. 

Soziale Marktwirtschaft zu überwinden grenzt an wirtschaftliche Selbstverstümmelung.

Stattdessen muss der Kapitalismus generell saniert bzw. weiterentwickelt werden. Dieses Feld liegt seit Jahren (Jahrzehnten) brach …

Corona bietet uns hierzu eine Chance.

Von einer der wichtigsten Anführerinnen der Opposition in Belarus, Maria Kolesnikowa, fehlt jede Spur. Ihre Kollegen hätten keinen Kontakt zu ihr, teilte der Pressedienst des Koordinierungsrates der Demokratiebewegung in Minsk mit. Außerdem seien ihr Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihr Sprecher Anton Rodnenkow nicht mehr erreichbar.

Das Internetportal tut.by (sueddeutsche.de) berichtete nach Darstellung einer Augenzeugin, dass Unbekannte am Montagmorgen Kolesnikowa in einen Minibus gesteckt und entführt haben sollen. Das wurde bislang vom Koordinierungsrat nicht bestätigt.

Was ist los in Weißrussland?! Die 38-Jährige ist eine der wichtigsten Oppositionellen, die sich gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko stellen. Einige andere Mitglieder des Koordinierungsrates waren zuvor schon festgenommen worden, ausgereist oder zur Ausreise gezwungen worden, darunter die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja.

Hintergrund der immer noch laufenden Proteste ist die Präsidentenwahl vor mehr als vier Wochen. Lukaschenko hatte angeblich 80,1 Prozent der Stimmen erhalten und sich zum Sieger erklärt. Die Opposition hält dagegen Swetlana Tichanowskaja für die wahre Gewinnerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht (SPON) in der Kritik – die EU, die USA und weitere Länder erkennen das von offizieller Seite genannte Ergebnis nicht an.

Kolesnikowa arbeitet für den Ex-Bankenchef Viktor Babariko, der für das Präsidentenamt kandidieren wollte. Sie ist auch im Präsidium des Koordinierungsrates, der einen friedlichen Machtwechsel anstrebt. Kolesnikowa hatte viele Jahre in Stuttgart gelebt und von dort aus Kulturprojekte gemanagt. Kolesnikowa trat immer wieder bei Protestaktionen auf und wurde dabei von den Demonstranten bejubelt. Bei der Großdemonstration am Sonntag marschierte sie in Minsk mit.

Trotz eindringlichen Warnungen des Innenministeriums vor neuen Protesten sind an diesem Tag mehr als hunderttausend Menschen in der Hauptstadt Minsk auf die Straße gegangen. Auf Videos war am Sonntag zu sehen (nzz.ch), wie Menschen mit der historischen weiß-rot-weißen Landesflagge in größeren Gruppen in Richtung Stadtzentrum zogen. Die Sicherheitskräfte waren mit einem großen Aufgebot vor Ort, sperrten Straßen ab und den Unabhängigkeitsplatz ab und nahmen viele Protestierende fest. Auf Videos und Fotos war zu sehen, wie Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten vorgingen und sie in Polizeibusse zerrten. Zudem waren Panzerfahrzeuge unterwegs. Den Sonntagsdemonstrationen hatten sich in den vergangenen Wochen Hunderttausende Teilnehmer angeschlossen.

Lukaschenko besetzt mehrere wichtige Positionen im Sicherheitsapparat neu. Dabei hat er nicht neues Personal gefunden, sondern auf seine Vertrauten gesetzt. Neuer Chef des Geheimdienstes KGB werde Iwan Tertel, meldete die Staatsagentur Belta am 03. September (a.a.O.) in Minsk. 

Weißrussland, eine Nation wird geboren

Sie galten als langmütig und als Sowjet-Nostalgiker. Doch dann überspannte Lukaschenkow den Bogen.

Jetzt wollen die Weißrussen als mündige Bürger ernst genommen werden.

Die Revolution rollt!

 

Am 8. November 2011 ist die Nord-Stream-Welt noch in Ordnung: Es ist ein fröhlicher Termin in Lubmin an der Ostsee. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige russische Präsident Dmitri Medwedjew öffnen symbolisch das Ventil für die Pipeline Nord Stream, die Erdgas durch die Ostsee von Russland nach Deutschland liefern soll.

Irgendwie steht Nord Stream symbolisch für das Verhältnis Russland-Deutschland.

Knapp neun Jahre später spitzt sich die Diskussion um Nord Stream 2, die fast fertig gebaute zusätzliche Pipeline, weiter zu. Ich hoffe nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern, sagte Außenminister Heiko Maas (bild.de). Es ist eine Aussage, die man durchaus als Drohung deuten kann.

Die Pipeline Nord Stream 2 soll Erdgas durch die Ostsee von Russland nach Deutschland transportieren. Nur noch etwa 150 Kilometer der insgesamt 2.360 Kilometer langen Strecke fehlen. Derzeit ruht der Bau wegen im Dezember 2019 verhängter US-Sanktionen. Doch nun steht die Unterstützung der Bundesregierung wegen der Vergiftung des russischen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny auf der Kippe.

Im Falle eines vollständigen Aus für Nord Stream 2 würde dies viel Geld kosten: bei einem Baustopp müssten Investitionen in Höhe von acht Milliarden Euro (tagesschau.de) abgeschrieben werden. 

Mit dem Fall des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny ist das Szenario in den Zentralen der beteiligten Unternehmen aber einmal mehr in den Vordergrund gerückt. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch bestätigt hat, dass auf Nawalny ein Giftanschlag verübt wurde, haben Politiker in Deutschland und auf EU-Ebene Forderungen nach Sanktionen erhoben – und fordern unter anderem einen Stopp von Nord Stream 2.

Tatsächlich hat Europa einen Bedarf an zusätzlichen Gasimporten. Russland deckt aktuell zwar rund 35 Prozent (handelsblatt.com) des Gasbedarfs in der Europäischen Union und der Türkei. Derzeit stammt ein Großteil des Gases aber noch aus eigenen Quellen in der Nordsee – jedoch mit sinkender Tendenz. Speziell in den Niederlanden geht die Förderung zur Neige.

Die Vergiftung des Kremlkritikers Nawalny … Deutschland und die EU müssen Druck auf Russland ausüben. Sowohl Sanktionen gegen das Land als auch das Aus für die fast fertiggestellte Gaspipeline Nord Stream 2 stehen dabei zur Diskussion. Sicher ist bislang nur eines: Das Potential, der russischen Volkswirtschaft mit Wirtschaftssanktionen zu schaden, ist groß: 42 Prozent der russischen Ausfuhren – allen voran Rohstoffe – gingen 2019 in die 27 EU-Länder. Die Union ist wichtigster Abnehmer Russlands und zugleich mit Abstand größter Investor im Land. Dementsprechend hart könnte ein wirtschaftlicher Schlagabtausch das Land treffen. Russland ist hingegen nur fünftwichtigster Abnehmer europäischer Waren (faz.net).

Die Hoffnung geht dahin, dass Putin selbst dokumentieren wird, dass der Anschlag nicht auf sein Geheiß, nicht unter seine Ägide geschehen ist. Sollte es anders sein, sollten wir keine vernünftigen Erklärungen aus Russland bekommen, werden wir die nächsten Wochen und Monate, vielleicht Jahre eine Eiszeit zwischen Deutschland und Russland erleben

Bereits im Juni wurde nach US-Präsident Trumps ersten Attacken gegen die Briefwahl sein demokratischer Gegenkandidat Joe Biden in der TV-Sendung „The Daily Show“ gefragt, ob er es für möglich halte, dass der Amtsinhaber sich schlicht weigert, eine Niederlage einzugestehen und seinen Posten zu räumen. Biden sagte zu dieser Möglichkeit mit Verweis auf die amerikanischen Militär-Stabschefs: „Ich bin überzeugt, sie werden ihn aus dem Weißen Haus abführen“ (welt.de).

Dass Trump das Prinzip Briefwahl in Zweifel zieht, ist ein klares Indiz für seine unredlichen Pläne: Die Briefwahl nutzt den Demokraten, deshalb attackiert er sie. Trump legt schon heute das Fundament, um nach der Wahl im November die Ergebnisse anfechten zu können. Das Wahlverfahren sei seiner Ansicht zwar nicht „perfekt“, aber auch nicht anfälliger als andere Methoden.

Die USA haben ein anachronistisches und vermutlich dysfunktionales System, um den Präsidenten zu wählen. Eine Direktwahl wäre wohl besser – für die bräuchte es allerdings eine Verfassungsänderung, welche praktisch unmöglich unmöglich ist. Die US-Verfassung setzt bei der Machtübergabe ihrer Präsidenten schlicht voraus, dass alles glatt läuft. Ein existierendes Gesetz für den Fall von Hindernissen dabei schaffe mehr Probleme als es löse (Lawrence Douglas, US-Jura-Professor in merkur.de).

Für den Fall, dass zwei Politiker behaupten, sie seien der legitim gewählte US-Präsident, müsste sehr rasch eine Klärung stattfinden, allein schon wegen des Oberbefehls über das US-Militär. In einem solchen Szenario könnte am Ende das Militär entscheiden, wer CommanderinChief ist. Unvorstellbar …

Dies für den Fall, dass der Supreme Court nicht angerufen bzw. dessen Urteil ignoriert würde. Im Jahr 2000 hat Al Gore seine Niederlage gegen George W. Bush erst nach einem Urteil des Supreme Court akzeptiert.

Man stelle sich das vor: Trump akzeptiert seine Wahlniederlage nicht, boykottiert die für den 20. Januar 2021 geplante Inauguration von Biden und verschanzt sich im Weißen Haus. Zivile Mitarbeiter, Teile des Secret Service und des Militärs schließen sich ihm an.

Dieses Szenario klingt spektakulär und filmreif, ließe sich aber schnell beenden: Trump würde vom Secret Service und US-Marshalls aus dem Weißen Haus eskortiert werden und seine Unterstützer müssten mit einer schweren Anklage bis hin zu Hochverrat rechnen (Martin Thunert, Politikwissenschaftler am Heidelberg Center for American Studies).

Sollte bis zum 20. Januar 2021 um 12 Uhr unter allen Umständen kein neuer Präsident vereidigt worden sein, greift zunächst der Presidential Succession Act aus dem Jahr 1947.

Dort ist die Reihenfolge festgelegt, mit der ein kommissarischer Präsident bestimmt wird:

der Sprecher des Repräsentatenhauses

– der Präsident pro tempore des Senats

– danach Mitglieder des Kabinetts in einer im Gesetz festgelegten Reihenfolge.

Wirklich vorbereitet ist das US-System auf ein solches Extremszenario nicht – dann gibt es keine klaren Spielregeln mehr und Rechtsgelehrte sind sich uneins, was genau dann passieren wird.

Mehrere Zehntausend Menschen demonstrierten am Samstag in Berlin gegen die Corona-Beschränkungen. Abends durchbrachen Teilnehmer die Absperrungen am Reichstag. Politiker reagieren empört und beschämt“ (welt.de).

Was ist los in unserer Republik?!

Rechtsextreme, Reichsbürger und Corona-Leugner neben Impfgegnern und Familien: Auf Berlins Straßen demonstrierten am Samstag laut Polizei bis zu 38.000 (tagesschau.de) Gegner der Corona-Politik der Bundesregierung. Damit lag die Zahl der Teilnehmer über den Erwartungen der Initiatoren.

Das Reichstagsgebäude sei die Wirkungsstätte unseres Parlaments und damit das symbolische Zentrum unserer freiheitlichen Demokratie. Dass Chaoten und Extremisten es für ihre Zwecke missbrauchten, sei unerträglich, so Horst Seehofer, Bundesinnenminister. Der Staat müsse gegenüber solchen Leuten mit null Toleranz und konsequenter Härte durchgreifen.

Wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgere oder ihre Notwendigkeit anzweifele, könne das tun, auch öffentlich, auch in Demonstrationen (Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident).

Das Verständnis endet da, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen. 

Das Demonstrationsrecht, die freie politische Meinungsäußerung ist eines der bestimmenden Grundrechte unserer parlamentarischen Demokratie, unseres Staates. Es steht auch denen zu, deren Meinung der eine, andere – oder viele nicht teilen. Man kann gegen alles demonstrieren, was einem nicht passt. Also selbstverständlich auch gegen die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen. Hat aber die zuständige Behörde den begründeten Verdacht, dass die Demo eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen könnte, kann sie verboten werden.

Die Einschränkungen sind klar geregelt: Offen menschenverachtenden, extremistischen, rassistischen und antisemitischen Meinungen steht die Demonstration als Bühne der öffentlichen Meinungsäußerung nicht zur Verfügung.

Die Politik muss sich erklären, sich genau diesen Menschen besser vermitteln. Es müssen neue Kommunikationswege gefunden werden. 

Der Staat gewährt dem „Protestvölkchen“ (dw.com) ein Grundrecht: Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wer diese für eine lebendige und streitbare Demokratie so wichtige Freiheit in Anspruch nimmt, muss sich selbstverständlich an Regeln halten.

Der Samstag in Berlin, unterstreicht, dass COVID19 nicht nur eine Herausforderung für die Wirtschaft und das Gesundheitswesen ist, sondern auch für das politische System dieses Landes. Es hat die Prüfung bisher bestanden, wenn auch nicht durchgehend mit Bravour. Wenigstens die Vernünftigen unter den Demonstranten sollten sich dann und wann fragen, in welchem Staat sie in den Zeiten von Corona lieber leben möchten als in diesem.

Über ein Demonstrationsverbot kann sich niemals freuen, wer Freiheit nicht nur als Freibrief für sich selbst versteht, sondern als Bauprinzip des Rechtsstaats (fr.de).

Die Meinungen, die von den Demonstranten in Berlin vertreten wurden, sind teils belanglos, rührend, empörend, teils gefährlich. Egal, wie das Wochenende verlief, wird es das aufgeregte Versprechen des Chaos nicht einhalten. Am Montag wird die Straße gekehrt, und die Straße des 17. Juni ist wieder frei.

Das kann man aushalten“ (SPON).

Die Regierungskoalition hat sich nun doch über eine Wahlrechtsreform geeinigt. Das ist nur der erste Schritt hin zu einer Regelung, die eine weitere Vergrößerung des Bundestags verhindern soll.

Der Kompromiss sieht vor, dass ein weiteres Anwachsen des Bundestags bei der Wahl 2021 durch eine Dämpfungsmaßnahme verhindert werden soll. Die richtige Reform soll dann erst 2025 greifen. 

Die Wahlrechtsreform soll verhindern, dass der Bundestag bei der Wahl im Herbst 2021 nochmals größer wird. Mit 709 Abgeordneten hat er schon jetzt ein Rekordausmaß erreicht. Die Normalgröße sind 598 Abgeordnete. Ohne eine Reform wird ein weiteres Anwachsen auf möglicherweise mehr als 800 Abgeordnete befürchtet. Im Bundestag herrscht weitgehend Einigkeit, dass dies die Arbeitsfähigkeit des Parlaments beeinträchtigen würde. Außerdem würden dadurch die Kosten steigen.

Die Reform soll in zwei Schritten erfolgen (SPON). An der Kommission sollen sich auch Vertreter der Opposition beteiligen. Sie soll noch in dieser Legislaturperiode eingesetzt werden, wie die Koalitionsspitzen vereinbarten. Ihre Ergebnisse soll die Kommission demnach bis Mitte 2023 vorlegen. Die für 2025 angestrebte Reduzierung der Zahl der Wahlkreise soll noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich verabschiedet werden.

Die Zahl der Wahlkreise wird um 19 reduziert, zudem soll es eine Beschränkung bei den Ausgleichsmandaten geben. Bis zu drei Überhangmandate sollen dann nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden.

Sicherlich kein großer Wurf, und der Effekt bei der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2021 dürfte überschaubar sein – nicht ohne Grund sprechen die Koalitionäre unter anderem nebulös von Dämpfungsmaßnahmen“. Aber es ist zumindest ein Anfang nach sieben Jahren Stillstand. 

Es geht um Macht. Weniger Wahlkreise, weniger Überhang- oder weniger Ausgleichsmandate – jede Fraktion verfolgt hier ihre eigenen legitimen Interessen.

Wie gesagt, sieben Jahre Stillstand. Schon im Oktober 2013 (zeit.de), bei der allerersten Parlamentssitzung nach der Wahl, redete der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert den Abgeordneten ins Gewissen. Es sei nun Zeit, noch einmal in Ruhe und gründlich auf das (…) Wahlrecht zu schauen, und zwar nicht erst nach der nächsten Wahl, sondern rechtzeitig vor der nächsten Wahl. Das Sitzungsprotokoll vermerkt Beifall.

Es schlägt der Demokratie keine tödliche Wunde“ (Lenz Jacobsen in zeit.de), wenn Deutschland nicht mehr in 299, sondern nur noch in 280 oder gar 250 Wahlkreise aufgeteilt ist. Viel fataler wäre für das Ansehen der Parlamentarier, wenn sie sich gerade dann als handlungs- und reformunfähig erweisen, wenn es um ihre eigene Macht geht.

Änderungen des Wahlrechts sind komplex und nicht ganz folgenlos. Mit Urteil vom 25. Juli 2012 hatte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass das damals mit der Änderung des Bundeswahlgesetzes (BWG) neu gestaltete Verfahren der Zuteilung der Abgeordnetensitze des Deutschen Bundestages gegen die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie der Chancengleichheit der Parteien verstößt. 

Wollen hoffen, dass die aktuelle Reform standhält …

Alexej Nawalny liegt weiter im Koma. Seine Mitstreiterin Ljubow Sobol ist überzeugt, dass der Kremlkritiker vor den anstehenden Regionalwahlen vergiftet wurde.

Noch immer liegt der mutmaßlich vergiftete russische Oppositionspolitiker Nawalny in der Berliner Charité. Wie sein Zustand genau ist, bleibt unklar. Die behandelnden Ärzte wollen sich erst nach Abschluss der Untersuchungen und Rücksprache mit der Familie äußern. Das könne im Tagesverlauf passieren.

Die Ärzte, die Nawalny in Omsk behandelt haben, dementierten inzwischen Berichte, wonach sie unter Druck der Sicherheitsbehörden gestanden hätten. Chefarzt Alexander Murachowski sagte auf einer Pressekonferenz: Wir haben den Patienten versorgt, und wir haben ihn gerettet. Es gab keinen Einfluss von außen auf die Behandlung des Patienten (tagesschau.de).

Nawalnys engster Kreis geht davon aus, dass er vergiftet wurde – russische Ärzte vermuten dagegen lediglich eine Stoffwechselerkrankung. Wann sich die Sprecher des Kreml-Kritikers nun zu einer möglichen Vergiftung äußern werden, ist nicht bekannt.

In den russischen Staatsmedien wurden unterschiedliche Versionen verbreitet, warum Nawalny seit Tagen im Koma liegt – von Alkoholkonsum, einer Diät bis Unterzuckerung. Das sei eine vom Kreml koordinierte typische Desinformation“ sagt die Juristin Sobol. Es sei ein Mordanschlag auf Nawalny gewesen, der einzig einem nütze – dem Kreml. Nawalny habe bis zu dem Vorfall nie gesundheitliche Probleme gehabt und sei sehr fit gewesen. Er war nie richtig krank, höchstens mal erkältet. Wir haben mal gescherzt, dass er wie ein Roboter sei“ (handelsblatt.com).

Was genau in Sibirien geschah, ist unklar. Kurz vor dem Rückflug nach Moskau habe Nawalny am Flughafen in Tomsk noch einen Tee getrunken. Die Moskauer Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“ veröffentlichte am Samstag einen Bericht, in dem die Bewegungen des Oppositionellen bei seiner Reise durch Sibirien genau beschrieben werden. Die Zeitung beruft sich auf nicht näher genannte Sicherheitskreise …

In dem Bericht wird beschrieben, wo sich Nawalny wann aufhielt, mit wem er sprach und wo er übernachtete. Das Team soll mehrere Hotelzimmer angemietet haben, Nawalny sei aber in eine „konspirative“ Wohnung gebracht worden. Jemand aus seinem Team soll Sushi bestellt haben.

Das weckt Erinnerungen. November 2006: Der russische Ex-Spion Alexander Litwinenko – auch 44-jährig – ist mit einer radioaktiven Substanz vergiftet worden. Der russische Präsident Putin wies Vorwürfe zurück, der Geheimdienst seines Landes stecke hinter dem Tod.

Auch Litwinenko traf sich vor seinem Tod am 01. November 2006 mit mehreren Russen in einem Hotel (dw.com, 24.11.2006).

Bei seiner Reise nach Sibirien verfolgte der russische Geheimdienst Putin-Kritiker Nawalny offenbar auf Schritt und Tritt (n-tv.de).

Wenn es überhaupt eine Vergiftung gegeben haben soll, könne jene nur am Flughafen oder im Flugzeug passiert sein, heißt es daher von staatlicher Seite in Russland. Alle Bewegungen und Kontakte Nawalnys in der Stadt seien akribisch untersucht“ worden.

Vorgefertigte Meinung,

Vorurteile durch gelebtes Leben.

Engstirnig, unbelehrbar, uneinsichtig.

Abgestumpft. Der Idealismus ging verloren.

Hoffnung und Frohsinn tragen Trauer.

Die Grenzen sind fließend, Rechtfertigungen endlos nutzlos.

Wisser wissen eben alles besser und stets auf der Seite deines Gegenteils.

Es gilt nicht, den Standpunkt zu überdenken.

Im Gegenteil. Dogma und das war´s.

Unverrückbar wird weggewischt, verunsichert und zerredet.

Es gilt Stoizismus. Punkt.

Tust besser so, als wüsstest du rein gar nichts.

Gibst keinen Grund, dem Mühlstein-artigen Geschwätz die Hand zu reichen.

Perlen vor die Säue.

Steh drüber, such das Weite

und weiß die schweigende Stille noch mehr zu schätzen.

Alleswisser wissen alles und lassen dich zu oft Falsches wissen.

Vergiss die Fakten und entlarve nicht, was du ohnehin schon kennst.

Schweige. Stille. Nimm die Portion freien Abstand.

Kaputte Hosen kannst du irgendwann nicht mehr flicken.

Was immer sie zerschlissen hat…

sie gehören einfach in den Müll.

 

 

© Petra M. Jansen

http://literatourpoetictext.blogspot.com/