Muss ich mich komfortabel fühlen, wenn ich von unbekannten Menschen aus der ganzen Welt scheinbar gemocht und hofiert werde? Muss ich meine innersten Gedanken mit Jedermann da draußen teilen und ihnen mitteilen, dass ich ein so unglaublich feinfühliger, spannender, starker, lustiger Mensch bin, der irgendwie keine Ecken und Kanten zu haben scheint? Muss ich wirklich heimlich hinter den öffentlichen Kulissen Privatfotos versenden, nur um mir zu beweisen (und dem Anderen sowieso), dass ich es Wert bin, beachtet zu werden? Und ist es tatsächlich mein Hauptgedanke, ob nun jeder sehen kann, wieviel Unterstützung ich für meinen „geistigen Output“ im Social Media bekomme, obwohl rein gar nichts von mir selbst geschaffen wurde? Ist es wirklich so, dass ich den Anschluss an das digitale Zeitalter verpasst habe, wenn ich nicht mindestens WhatsApp, Instagram, Pinterest, Twitter, Facebook, Tumblr oder Google+ habe? Bin ich nicht völlig verknastert und völlig out, wenn ich all das nicht habe und nutze? Und absolut überholt, wenn ich nicht online mein Essen und meine Klamotten bestelle weil es so unglaublich bequem ist und ich meinen Arsch nicht mehr vom Sofa hieven muss? Dreht sich also mein gesamtes Dasein tatsächlich um das Thema virtuelle Kommunikation und mein positives Eigen-Feeling im Kreise der digitalen Welt? Ist es nicht eher so, dass das Ganze unendlich zeitraubend oder eher etwas für gelangweilte Nichtstuer, ist? Irgendwie schon, denn das alles sinnvoll und regelmäßig zu „bestücken“ kostet Zeit und wenn nicht die erwünschte Aufmerksamkeit zurück kommt, dann ist aber sehr schnell Schluss mit dem Selbstbewusstsein. Auch dieses virtuelle „Partner-Abklopfen“ ist ein völliger Unsinn, denn all die zahllosen Video-Chats oder Calls kosten ebenfalls nur kostbare Lebenszeit, die man besser mit Dingen ausfüllen sollte, die einen wirklich erfüllen. Damit meine ich natürlich auch die Damenwelt, die durch einen virtuellen Schwanz und getextete, warme Worte mit Sicherheit höchst unerfüllt bleiben dürfte. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will… je mehr im Internet und online gechattet und gepostet wird, umso spärlicher sieht es mit der Zeit für soziale Kontakte im normalen Leben aus. Die gehen nämlich dabei sogar flöten, wenn sich alles um die digitale Parallelwelt dreht, in der man lieber Video-Chats macht als sich persönlich zu treffen. Ich sehe z.B., dass sich „Streifenhörnchen A“ selbst so beschreibt, sie sei höchst emotional, romantisch, lieb, ideenreich und phantasievoll und ich frage mich, wieso gerade solche Leute niemals etwas Eigenes schaffen sondern stets vorgekaute Kost (von anderen) als eigenes Gedankengut hervorbringen. Täglich und über Jahre hinweg sind sie damit beschäftigt, möglichst viel positive Reaktion von wildfremden Menschen zu bekommen. Aufmerksamkeits-Defizit nennt man das in der Psychologie. Und davon gibt es so unendlich viele. Genauso viele kriegen privat nichts auf die Reihe und klopfen schon mal mit Video-Chats im Vorfeld ab, ob sich die Reisekosten um den Globus lohnen würden. Heile Welt, geile Welt, verdrehte Welt…in der ich den Anschluss nur allzu gerne verpasse, weil ich Besseres zu tun habe. Und zwar sehr real, mit Haptik, Anfassen, Sehen, Riechen, Sprechen, Fühlen und der herrlichen, wahrhaftigen Nähe anderer Menschen in meinem Umfeld. Social Media, ja – und absolut notwendig für Unternehmen, Online-Shops und als Werbefläche, aber privat ist das alles reichlich umständlich, denn wer hat schon das nötige Kleingeld um mal eben 2.000 Kilometer in den Norden/ Süden zu fliegen, um dann letztendlich vielleicht feststellen zu müssen, dass rein gar nichts passt?! Der Zauber des Entdeckens geht verloren, mühsam hat man sich monatelang verzehrt nach einer Person, bei der einer von beiden schließlich entscheiden muss (wenn es denn Liebe werden könnte), in eine andere Welt zu ziehen und vielleicht sogar ohne Sprachkenntnisse dort finanziell überleben muss. Wenn´s mit dem Geld nicht klappt, hängt leider oft auch der Haussegen schief und die Vorwürfe sind vorprogrammiert. Fazit der Überlegungen (und da gäbe es noch viele): Weniger online bedeutet MEHR Freizeit, in der a) die Chancen für beruflichen Erfolg und b) die privaten Möglichkeiten leichter umzusetzen sind. Ganz nebenbei ist das auch entspannend, tut der Seele gut und schafft Raum für eigene Ideen. Das wäre doch mal ein Ansporn, oder nicht?
© Petra M. Jansen