IQ 2.0

Möglichst intelligent wollen wir alle sein – dementsprechend gab es die vergangenen 100 Jahre stets gute Nachrichten zu vermelden: Der durchschnittliche IQ nahm zu, nicht nur hierzulande, sondern weltweit. Doch seit einiger Zeit stellen Intelligenzforscher einen gegenläufigen Trend fest: Die in Deutschland und anderen Industriestaaten gemessene Intelligenz sinkt.

Der mittlere Intelligenzquotient wuchs über Jahrzehnte kontinuierlich an. Doch nun schwächelt der so genannte Flynn-Effekt, und in einigen Ländern scheint der Durchschnitts-IQ sogar zu sinken. Woran liegt das?

Zwischen 1909 und 2013 (futurezone.at) ist der Intelligenzquotient der 

Allgemeinbevölkerung um 30 Punkte gestiegen. Vor 100 Jahren wäre man also ein Genie gewesen – zumindest den Zahlen nach. Selbst mit einem mittleren Intelligenzquotienten von 100 hätte man damals gute Chancen auf einen IQ von 130 gehabt, was einer Hochbegabung entspricht. Diese Marke knacken nur etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Schlechte Nachrichten für die Superhirne von damals: Selbst die historischen Ausnahmetalente wären nach heutigen Testnormen gerade einmal gutes Mittelmaß (spektrum.de).

Schuld daran ist ein Phänomen, das als der Flynn-Effekt bekannt ist:

Seit Beginn der Messungen schneiden Menschen immer besser in den IQ-Tests ab. Über eine lange Zeit lag dieser Zuwachs in vielen Industrienationen relativ stabil bei rund 0,3 Punkten pro Jahr. Das klingt vielleicht nicht viel, doch innerhalb von zehn Jahren summiert sich der Unterschied bereits auf 3, nach einem Jahrhundert gar auf 30 Punkte, was dem Unterschied zwischen einer durchschnittlichen und einer Hochbegabung entspricht. Genau dieser Effekt stagniert aber seit einigen Jahren. Neuere Datensätze zeigen, dass der Zuwachs mancherorts allmählich abflaut. In manchen Ländern konnten Forscher sogar eine Abnahme der Intelligenzwerte feststellen.

Grundsätzlich lässt sich der Anti-Flynn-Effektmit Veränderungen von spezifischen und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten erklären. Allgemeinwissen ist wie auch Lese- und Rechtschreibfähigkeiten, mathematische Fähigkeiten oder Raumvorstellung eine spezielle Form von Intelligenz. Während sich die größten Zuwächse – wie bereits erwähnt – zwischen 1909 und 2013 im Bereich der Logik um 37 Punkte beobachten ließen, stiegen sie bei konkretem Wissen hingegen nur gering, um 21,41 Punkte. In Europa sind es mit knapp 18 noch weniger. Das bedeutet, dass Menschen nach den Tests besser und schneller geworden sind, abstrakte Muster zu erkennen, sich räumlich zu orientieren und eine Entscheidungsauswahl zu treffen, Vokabular, Arithmetik oder allgemeines Wissen sind jedoch schwächer ausgeprägt. 

Tatsächlich ist seit 1998, dem Höchststand der IQ-Werte (deutschlandfunknova.de, 27.09.2014), der IQ-Wert im Schnitt um 2 Punkte gefallen. Ist die Bildungsgrenze erreicht?

Die Klugen sterben aus? Die Panik ist zu früh, es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass wir von einer langanhaltenden Entwicklung sprächen. Pestizide, Digitalisierung oder Migration als Ursache – alles Gelaber! Die aufgeführten Kriterien lassen sich nicht als Ursache für die rückläufige Intelligenz verifizieren.

Und: ein hoher IQ ist auch nicht alles, das zeigen die Finnen (deutschlandfunknova.de, 01.12.2017). Sie schnitten in allen Pisa-Studien super ab, haben aber die niedrigste Zahl an Nobelpreisträgern.

Intelligenz ist also eine wichtige Basis, aber beileibe nicht alles. 

Die EU wollte eigentlich ein 1,8 Billionen Euro schweres Finanzpaket für die kommenden sieben Jahre beschließen. Doch die beiden Mitgliedstaaten Ungarn und Polen haben ihr Veto eingelegt – aus Protest gegen eine Verpflichtung zur Rechtsstaatlichkeit (nzz.ch).

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens starker Mann“ (SPON) Jaroslaw Kaczynski haben verhindern, dass die Auszahlung von EU-Geldern künftig an die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards gebunden sein soll. Die Zustimmung zu einem solchen Mechanismus sollte in einer Rechtsgemeinschaft wie der EU eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Allein die Tatsache, dass die anderen EU-Staaten und das Europaparlament ihn überhaupt für notwendig halten, spricht Bände über den Zustand des Rechtsstaats in manchen EU-Ländern.

Die beiden Regierungen missbrauchen den EU-Haushalt und die Coronakrise, um den Rest der EU zur Aufgabe des Rechtsstaatsmechanismus zu zwingen. Das ist politischer Vandalismus, der nicht nur die Pandemieopfer in Italien oder Spanien, sondern auch die Bevölkerungen Polens und Ungarns schädigt. 

Jetzt rächt sich, dass die Regierungen in Polen und Ungarn so lange mit Samthandschuhen angefasst worden sind. Sowohl von der Kommission als auch vom Rat – vor allem aber auch von der konservativen Parteienfamilie, wo die Fidesz von Viktor Orban immer noch Mitglied ist“ (Katarina Barley, SPD-Europaparlamentarierin und Vizepräsidenten des Europaparlaments).

Die deutsche Ratspräsidentschaft hat es nun bewusst zum diplomatischen Eklat in Brüssel kommen lassen, um zu zeigen, wo die Fronten verlaufen. Ein offenes Veto durch Ungarn und Polen gegen einen Etat, der aus der Corona-Krise führen soll, wird als Affront gewertet. Der eigentliche Rechtsstaats-Mechanismus wurde gegen die Stimmen Ungarns und Polens verabschiedet. Weil sie das nicht verhindern konnten, stimmten Ungarn und Polen hilfsweise gegen den sogenannten Eigenmittel-Beschluss, der es der EU-Kommission erlauben würde, Kredite für den Corona-Hilfsfonds aufzunehmen (dw.com). Der Eigenmittelbeschluss kann nur einstimmig gefasst werden.

Der rechtsnationalistischen Regierung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wird seit Jahren vorgeworfen, demokratische Grundprinzipien aufzuweichen. Die meisten EU-Länder wollen daher Auszahlungen unter anderem an die Unabhängigkeit der Gerichte und der Medien knüpfen – und dürften diesen Punkt auch nicht neu verhandeln wollen.

Auch Polens Justizminister Zbigniew Ziobro sagte (zdf.de), Europa sei in einer wichtigen Phase, und Polen könne so zeigen, dass es seine Souveränität nicht einschränken lassen wolle.

Zur europäischen Integration gehört die Garantie, dass sich kein politisches Subordinationsverhältnis zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten entwickeln würde. Im Gegenteil, die EU-Kommission hat die vornehmliche Aufgabe, die Einhaltung der europäischen Verträge zu überwachen. Sie war die Hüterin der Verträge, nicht aber Schöpferin und Gestalterin des Primärrechts. Zahlreiche Instrumente, insbesondere die Subsidiaritätsrüge haben diesen Grundsatz zusätzlich für das legislative Handeln im Sekundärrecht abgesichert.

Für die Länder, die mit der Osterweiterung Mitglied der EU geworden sind, gilt nichts anderes (welt.de). Die Osterweiterung war kein Gnadenakt Westeuropas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.

Es war vielmehr ein langer Verhandlungs- und Anpassungsprozess im gegenseitigen wirtschaftlichen wie politischen Interesse.

Ein Plagiat liegt vor, wenn „Texte Dritter ganz oder teilweise, wörtlich oder nahezu wörtlich übernommen und als eigene wissenschaftliche Leistung ausgegeben werden. Ein solches Vorgehen widerspricht nicht nur guter wissenschaftlicher Praxis, es ist auch eine Form des geistigen Diebstahls und damit eine Verletzung des Urheberrechts (Resolution des Deutschen Hochschulverbandes vom 17. Juli 2002).

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat im Zuge der Plagiatsaffaire um ihre Doktorarbeit erklärt, dass sie künftig auf ihren Titel verzichtet. Das teilte Giffey dem Präsidenten der Freien Universität Berlin, Günter Ziegler, am Freitag mit. Die FU bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, das Schreiben von Giffey erhalten und zur Kenntnis genommen“ (stern.de) zu haben.

Öffentlich machte die Plagiatsfälle unter anderem die Internet-Plattform „VroniPlag Wiki“ – die schon Plagiate in den Arbeiten der FDP-Politiker Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis und Margarita Mathiopoulos – allen wurden die Titel entzogen – dokumentierte und aus deren Mitte auch derjenige stammt, der die Plagiate Schavans seinerzeit als Erster publizierte. Die Aktivisten von „VroniPlag Wiki“ sind die bekanntesten unter den Plagiatssuchern.

Welche Personen hinter der Plattform stecken, ist weniger klar als die Fälle, die sie aufspüren. Schon der Name des Portals lässt keinen Rückschluss auf die Mitwirkenden zu.

Die Frage muss wirklich lauten: Wer wirft hier diversen Leuten Plagiate vor? Die Vorgehensweise mag legitim sein. Aber: Was qualifiziert die Plagiatssucher? Sind es gar Studienabbrecher? Eine Neidkampagne?

Warum diese Häufung von Fällen? „Copy and Paste“ ohne Zitat ist nicht ok (s.o.). Man muss sich aber fragen, wie hochdotierte Menschen, Professoren/-innen, u. U. über Jahre eine Doktorarbeit betreuen, sichten und nach einer Prüfung die Titel verleihen und offensichtlich als Experten den Gedankenklau en masse nicht bemerken. Wie kann so etwas sein?

Bei jüngeren Politikern sind es gar unter Umständen die gleichen Doktorväter und -mütter, die einst die Arbeiten ihrer Schützlinge priesen und nunmehr auf diese verbal eindreschen. Man fasse sich an die eigene Nase!

Also: Cui bono?

Einer der am häufigsten vorgebrachten Vorwürfe richtet sich gegen das anonyme Vorgehen der Plagiatsjäger.

Kritik basiert weiterhin auf der Annahme einer fehlenden Rechtssicherheit gegenüber Plagiatsvorwürfen; es stelle sich die Frage der Verjährungsfristen (Hermann Horstkotte, zeit.de, 29.08.2011). Eine mangelnde Rechtssicherheit und entsprechende Verjährungsfristen werden von Gerichten jedoch verneint (u.a. Verwaltungsgericht Köln 6 K 2684/12 vom 06.12.2012). Weiter wird vorgebracht, u.a. VroniPlag sehe seine Zitierregeln als die einzig verbindlichen an und ignoriere, dass diese Regeln sich im Laufe der Zeit verändert hätten (wikipedia.org). Die Motivation wird verglichen mit dem „Idealismus von Rentnern, die Falschparker aufschreiben“ (Horstkotte, a.a.O.). 

Doktoranden/-innen geben am Ende eine eidesstattliche Versicherung ab, u.a. mit dem Hinweis, die Arbeit selbst geschrieben zu haben, will heißen, es ist ihr Gedankengut.

Falsche eidesstattliche Versicherungen sind strafbar.

Plagiatsjagd: man kann Neid oder politische Motivation vermuten. Beweisen kann es nicht …

Vielleicht dient das Ganze doch der Wissenschaft.

In der industriellen Produktion war das Osmanische Reich von europäischen Mächten abhängig. Es verfügte selbst nur über eine schwach entwickelte Textilmanufaktur (Herstellung von Rohseide und Baumwolle) und musste zahlreiche Produkte, sogar Nahrungsmittel einführen. Handel und Handwerk lag in den Händen der nicht-türkischen christlichen Bevölkerungsgruppe, deren Know-How nach den Befreiungskriegen und Vertreibungen verloren ging.

Atatürk forcierte zunächst eine liberale Wirtschaftspolitik. Der Staat investierte  lediglich in den Ausbau der Infrastruktur (Eisenbahnnetz, Häfen, Versorgungsbetriebe, Bergbau). Trotzdem kam die Wirtschaft nicht richtig in Schwung.

Mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Turgut Özal (1981-1993) ist ein radikaler Wandel in der Wirtschaftspolitik verbunden. Er setzte eine Öffnung zum Weltmarkt durch und beschleunigte eine Annäherung an die EU.

Die türkische Wirtschaft ist jetzt in der Krise.

Der 42-jährige Finanzminister Albayrak schrieb in seiner Instagram-Erklärung, dass er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgebe und ab sofort mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wolle. 

Der Kollaps der Wirtschaft führt zum Rücktritt des Ministers“, schrieb die linke Zeitung Birgün (berliner-zeitung.de). Albayraks Demission erfolgt in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise der Türkei seit der Regierungsübernahme durch Erdogans islamische Regierungspartei AKP 2002 und wurde daher von oppositionellen Stimmen in der Türkei als Eingeständnis einer finanzpolitischen Notlage interpretiert. Unmittelbarer Anlass sei wohl Erdogans ebenfalls überraschende Entlassung des erst vor einem Jahr ernannten Zentralbankchefs Murat Uysal und die Neubesetzung des Postens mit Naci Agbal.

In den vergangenen Monaten hat die türkische Lira dramatisch an Stärke verloren und innerhalb eines Jahres fast 50 Prozent ihres Werts zum Dollar eingebüßt. 

Hohe Inflation mindert die Kaufkraft der türkischen Bevölkerung. Momentan merkt man noch nichts davon wegen niedriger Zinsen. Das billige Geld stimuliert die Wirtschaft. Sollten die Zinsen steigen, rechnet sein Unternehmen jedoch mit Einbußen im türkischen Markt (sueddeutsche.de).

Präsident Erdogan selbst verschärft die Lage, indem er das Land in regionale Konflikte verwickelt, schadet damit auch der Wirtschaft. Die politische Unsicherheit schreckt Investoren ab und erschwert eine langfristige wirtschaftliche Verflechtung mit Deutschland und der EU.

Erhöht die Notenbank die Zinsen nicht, könnte das reale Zinsniveau, also der Zins nach Abzug der Inflationsrate, sogar noch weiter fallen. Denn viele Ökonomen erwarten, dass Importe wegen des Lira-Verfalls teurer werden und so die Inflation noch höher steigt. Bleibt der Leitzins konstant und die Teuerungsrate steigt, hat das zur Folge, dass der Realzins sinkt (handelsblatt.com).

Vor allem ist das Tempo der Lira-Abwertung ein Problem, unter anderem weil sich viele türkische Unternehmen in ausländischer Währung wie Euro und Dollar verschuldet haben. Sinkt der Kurs der Lira, steigt die Last ihrer Schulden.

Die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten haben sich, als direkte Reaktion auf den Terroranschlag in Wien, darauf geeinigt, sichere Verschlüsselung EU-weit zu verbieten (heise.de). Das geht aus dem geheimen Entwurf einer geplanten Deklaration des EU-Ministerrats hervor. Zwar betont das Dokument die Bedeutung der Verschlüsselung und spricht davon, sie zu fördern, doch dann wird nach innovativen Ansätzen und technischen Lösungen zur Brechung der Verschlüsselung verlangt.

Will heißen: Regierungen sollen alle Dienste-Betreiber dazu zwingen können, Hintertüren in ihre Verschlüsselung einzubauen. Darüber ist man sich im Rat der EU-Minister offenbar bereits einig. Die Betreiber von Ende-zu-Ende-verschlüsselten Diensten wie zum Beispiel Whatsapp und Signal sollen dazu verpflichtet werden, für den Betrieb unnötig Generalschlüssel zu erzeugen und diese bei Behörden zu hinterlegen. Diese können sich dann jederzeit unerkannt in private Unterhaltungen und andere verschlüsselte Übertragungen einklinken.

Eine Regierung bräuchte einen Generalschlüssel. Berühmt ist, dass die von Edward Snowden aufgedeckten Überwachungsprogramme der US-Regierung einen Generalschlüssel verwendeten. Dieser erlaubte es den USA, jede Nachricht oder Daten zu entschlüsseln, die sie wollten. Große Technologieunternehmen haben inzwischen ihre Hintertürschlüssel zurückgezogen.

Nutzer-zu-Nutzer-Verschsellung („End-to-End“ oder „E2E“) bedeutet im Kern, dass nur SenderIn oder EmpfängerIn eine Nachricht lesen können. Schickt Person A eine Nachricht an Person B, ist sie stets verschlüsselt; würde jemand diesen Nachricht abfangen, wäre sie unleserlich. Um sie zu entziffern, braucht es einen Code, einen Schlüssel, den nur A und B haben – auf ihren jeweiligen Endgeräten.

Das ist auch einer der Gründe, wieso Staatstrojaner bei Behörden so beliebt sind: Damit käme man direkt auf die Endgeräte und könnte die dechiffrierten Nachrichten mitlesen. Die deutsche Polizei hat dieses Werkzeug (euractiv.de).

Sichere End-to-End-Verschlüsselung ist das Rückgrat der Digitalisierung“, so NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon (ots.at). „Expertinnen und Experten befürchten massive Einschnitte in die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer durch eine Aufhebung, sowohl aus technischer als auch aus demokratiepolitischer Sicht“. Gerade in Zeiten der Corona-Krise, in der digitale Kommunikation und Homeoffice im Vormarsch seien, müsse man das geplante Verbot strikt ablehnen. Gamon: „Die Menschen bleiben daheim, um sich und andere zu schützen, und kommunizieren vorwiegend über digitale Kanäle. Anstatt unschuldige Bürgerinnen und Bürger zu überwachen, sollten die Nachrichtendienste der EU-Mitgliedstaaten alles daransetzen, den Austausch untereinander zu verbessern, um so effizienter gegen Terrorzellen vorgehen zu können …“.

Befürworter des Entwurfs sagen hingegen, damit wäre der Inlandsgeheimdienst von seinen Möglichkeiten her bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören. Wir brauchen einen Verfassungsschutz, der auch im digitalen Zeitalter sehen und hören kann. Nur so können wir den extremistischen Geschwüren in unserer Gesellschaft etwas entgegensetzen, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) (freiepresse.de).

Wir werden sehen …

 

Ab Januar werden die USA wieder von einem Demokraten geführt. Nachdem Biden am Samstag laut Berichten des US-Senders CNN den Schlüsselstaat Pennsylvania für sich entscheiden konnte, steht der 77-Jährige als Sieger fest. 

Wird es Joe Biden gelingen, eine von Kulturkämpfen gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzuführen? Das scheint mehr als fraglich. Veranschaulichen lässt sich das sehr gut am katholischen Glauben Bidens. Eigentlich müsste es ja stutzig machen: Da wird exakt 60 Jahre nach John F. Kennedy, dem ersten Katholiken im Weißen Haus, wieder ein Katholik ins Oval Office gewählt – doch die große Freude bleibt aus. Von Anfang an fremdelten weite Teile der katholischen Wählerschaft mit Biden. Zu progressiv sind dessen Ansichten zu den gesellschaftspolitischen Zankäpfeln wie Homo-„Ehe“, Abtreibung oder auch Einwanderung.

Vielleicht wird Joe Biden, wenn er ins Präsidentenamt eingeführt wird, in der Außenpolitik der Vereinigten Staaten einige Dinge verändern. Das hat er im Wahlkampf zumindest angekündigt. Er möchte etwa dem Klimaabkommen von Paris wieder beitreten und den Streit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (tagesschau.de) beenden. Das ist für Deutschland nicht unbedeutend.

Joe Biden stimmt die Amerikaner auf seine Präsidentschaft ein und ruft zur Einheit auf. Es sei an der Zeit, als Nation zusammenzukommen und zu heilen, sagte Biden am Freitagabend (Ortszeit) in Wilmington (boerse-online.de, 07.11.2020) im Bundesstaat Delaware. Es sei nicht einfach, aber man müsse es versuchen. Zorn und Dämonisierung müssten überwunden werden.

Sein Widersacher, Donald Trump, wird, solange es geht, versuchen, die Wahl, die er an den Urnen verloren hat, vor Gericht für sich zu entscheiden. Und wenn das – was so sein wird – nicht gelingt, wird er weiter auf Medien, Justiz und den Deep State schimpfen, der ihm den Wahlsieg gestohlen habe. Trumps Abwahl mag gelungen sein, die Entgiftung“ (taz.de) aber wird viel länger dauern.

Das Brückenbauen kann Joe Biden schon bei der Auswahl seines Kabinetts zeigen. Er wird eine Mischung finden müssen, mit der er die Linken seiner Partei nicht zu sehr enttäuscht und die Republikaner, mit denen er im Parlament zusammenarbeiten will, nicht vor den Kopf stößt.

Der „President elected“ weiß, dass es für ihn keine Strategie sein kann, auf Zeit zu spielen. Die Zwischenwahlen in zwei Jahren gehen traditionell zulasten der regierenden Partei, so dass der Wandel eher schwieriger als einfacher werden dürfte.

Der ehemalige Vize-Präsident steht für genau jenes Establishment, das die Bevölkerung satt hatte – und das Trump vor vier Jahren erfolgreich anprangerte. Biden mag als neuer Präsident moderatere Töne in der Außenpolitik anschlagen und das eigene Volk mehr einen als spalten. Aber eine Vision für die Zukunft Amerikas hat er erst mal nicht parat.

Insgesamt ist Amerika wieder kalkulierbarer geworden. Die deutsch-amerikanische Freundschaft kann an alte Zeiten anknüpfen. Frieden ist kein politisches Zufallsprodukt einer undurchschaubaren, impulsiven Macho-Außenpolitik. Die geostrategischen Interessen der USA werden wieder berechenbarer. Die Wiederbelebung der transatlantischen Allianz wird Putin und Xi Jinping nicht schmecken, denen ein zunehmend politisch vereinsamtes Europa gefallen haben dürfte.

Die Herausforderungen in den USA sind groß. Bidens Vorgänger hat so viele Probleme hinterlassen, dass man argumentieren könnte, seine Aufgabe sei nicht zu schaffen. Doch das sollte man anders sehen: Der Raum für schnelle Verbesserungen ist so groß, dass die Freude und der Optimismus über Joe Bidens Sieg berechtigt sind.

Jede Zeit hat ihre Helden. Congrats, Mister President!

 

Heute ist der 05. November 2020, 9:30 Uhr. Man muss dass erwähnen, denn die Ereignisse in Übersee überschlagen sich.

Wird das hier ein Abgesang für den POTUS? Oder ist das auch zu früh? Spricht der Supreme Court ein „Machtwort“ in nächster Zeit oder verschanzt sich Trump im Weißen Haus? Fragen über Fragen …

Vor 12 Stunden wurde ein angeblicher „Live Shot“ von einem vermeintlichen Umzugswagen vor dem Weißen Haus bei twitter geleakt. Trump auf der Flucht?

Geduld gehört kaum zu den Stärken Trumps, entsprechend leiden dürfte der Mann. Tatsächlich ließ sich der Präsident den ganzen Tag und Abend über nicht blicken (nzz.ch). Das ist ungewöhnlich, selbst wenn das Weiße Haus in diesen Tagen großräumig abgeriegelt ist. Man kann Trumps Verhalten als Resignation interpretieren. Vielleicht ist es aber auch nur Erschöpfung.

Das entschuldigt freilich nicht seinen verantwortungslosen Auftritt am frühen Mittwochmorgen, bei dem er sich frühzeitig und fälschlicherweise zum Wahlsieger erklärte, und seine Handvoll Tweets, in denen er die Integrität der Auszählung der brieflichen Stimmabgabe in Frage stellt und von Wahlbetrug spricht.

Joe Biden 264 . Donald Trump 214, 9:51 Uhr (google.com).

Wütend sind Trumps Unterstützer gegen die weitere Stimmenauszählung nach der Wahl auf die Straße gegangen. In den hart umkämpften Staaten Michigan und Arizona protestierten sie am Mittwoch vor Gebäuden, in denen Stimmen ausgezählt wurden (welt.de).

Ungeachtet dessen riefen Dutzende Demonstranten in Detroit „Stoppt die Auszählung!“ und „Stoppt die Abstimmung!“ – in Phoenix skandierten sie: „Stop the Steal!“. Ja, so nach dem Motto: „Unser Mann hat doch genug stimmen, hört auf zu zählen, bevor sich etwas ändert …“. Das ist kein Zeugnis menschlicher Intelligenz, geschweige denn ein solches demokratischen Stils.

Nachdem Donald Trumps Wahlkampfteam in mehreren Bundesstaaten juristische Schritte gegen eine weitere Stimmenauszählung eingeleitet hat, will Joe Biden sich wehren. Dafür bittet der Herausforderer um Spenden an den neu eingerichteten Biden Fight Fundum sicherzugehen, dass jede Stimme gezählt wird, wie Biden mitteilt (sueddeutsche.de). Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Donald Trump bei seinen Spendern für die anstehenden Rechtsstreitigkeiten rund um die Wahl um mehr Geld gebeten hat.

Was bitte sollen Anwälte vortragen?! Es gibt keinerlei Anzeichen auf Wahlbetrug bzw. „Stimmendiebstahl“. Muss sich jetzt auch die amerikanische Justiz noch mit Fake News herumschlagen? Man machte den Bock zum Gärtner!

Bei Falschbehauptungen zum Wahlbetrug ist eine doppelte Strategie zu erkennen: Trump streut Gerüchte und Misstrauen, beschädigt die Integrität der Wahlen, unterstellt seinen Gegnern Betrug, um im Falle einer Wahlniederlage diese möglicherweise nicht anzuerkennen(tagesschau.de, 02.11.2020).

Schon seit Wochen wird in den USA die Möglichkeit diskutiert, was passiere, wenn Trump das Resultat nicht anerkenne und das Weiße Haus nicht räumen werde. In Großstädten wurden bereits Schaufenster gesichert, aus Angst vor Ausschreitungen. Auch die Polizei ist in Alarmbereitschaft. 

Desinformation beeinflusst die Präsidentschaftswahlen deutlich. Die gegenseitigen Anschuldigungen der Spitzenkandidaten fielen kaum noch auf. Trump beispielsweise behauptete, die Demokratischen Partei wolle faktisch einen Sozialismus einführen, die private Krankenversicherung und das Fracking komplett abschaffen, was Joe Biden immer wieder zurückwies.

Die demokratischen Werte in Übersee sind in Gefahr. Die Vereinigten Staaten müssen aufpassen, dass sich nicht in einen „Orwell-Staat“ hineinrutschen, in welchem – bei aller Informationsflut – niemand mehr weiß, was man noch glauben kann und was nicht.

Möge der Bessere gewinnen!

Politische Kultur (abgekürzt: pK) bezeichnet allgemein das Verteilungsmuster aller Orientierungen einer Bevölkerung gegenüber dem politischen System als der Summe aller Institutionen (bpb.de). Zur politischen Orientierung zählen Meinungen, Einstellungen und Werte. Zum Bereich der politischen Kultur zählen auch Felder, die zunächst als unpolitisch erscheinen (Einstellungen zu Arbeit und Freizeit, religiöse Vorstellungen, Erziehungsstile und -ziele). Der Begriff wird in der Wissenschaft wertfrei verwendet, während der allgemeine Sprachgebrauch pK häufig als Synonym für guten politischen Stil nimmt.

Was ist los in den Vereinigten Staaten, gerade jetzt vor der Wahl?!

Überall in den USA laufen derzeit die Vorbereitungen für das Worst-Case-Szenario: Ausschreitungen, gewalttätige Auseinandersetzungen, Plünderungen – das alles hat das Land in diesem Jahr schon gesehen. Niemand weiß, was am 4. November passieren wird, doch alle wollen irgendwie gerüstet sein.

Die International Crisis Group, eine Organisation, die sich eigentlich mit der Vermeidung von Gewalt beschäftigt, hat in diesem Jahr zum ersten Mal einen Report über die USA veröffentlicht – und kommt zu einem beunruhigenden Schluss: „Die Brandstifter-Rhetorik von Präsident Donald Trump lässt darauf schließen, dass er Spannungen eher zusätzlich anfachen als sie beruhigen würde“ (handelsblatt.com).

Der POTUS hat vor Unruhen im Land nach der US-Wahl gewarnt. Falls nicht schnell ein klarer Wahlsieger feststehe, könnte „Chaos in unserem Land“ ausbrechen, sagte Trump bei einem Wahlkampfauftritt im US-Bundesstaat Pennsylvania am Samstag, den 30.11.2020 (fr.de). 

Immer mehr Menschen in den USA empfinden politisch Andersdenkende als Feinde. Sie glauben, dass Konflikte nicht mehr über Kommunikation und Kompromisse, sondern über Gewalt gelöst werden müssen. Das gilt in erhöhtem Maße für die Rechten im Land, die oftmals ganze Waffenarsenale horten, sich das Recht auf diese Waffen unter keinen Umständen nehmen lassen wollen und zu vielem bereit sind, um ihr Weltbild zu verteidigen und durchzusetzen.

Das alles geschieht in einem politischen Klima, in dem vom Weißen Haus keine Besonnenheit zu erwarten ist. Donald Trump trägt dabei nicht allein die Schuld an dieser Situation.

Die Gräben in den USA werden seit Jahren tiefer, Ausschreitungen auf den Straßen gab es auch unter Barack Obama schon. Sechs Jahre später kämpft das Land jedoch nicht nur mit und gegen seinen strukturellen Rassismus, sondern hat vielfältige Krisen zu bewältigen. Millionen Menschen trifft die Corona-Pandemie und die daraus resultierende Wirtschaftskrise. Zugleich hat beides die Ungleichheit und Spaltung im Land deutlicher als jemals zuvor offengelegt.

Donald Trump weicht Fragen nach einer friedlichen Machtübergabe im Falle einer Niederlage am 3. November aus (zeit.de), feiert das verfassungsmäßige Recht auf die eigene Waffe. 

Niemand kann mit Sicherheit sagen, was in der Wahlnacht am 3. November und den Tagen danach in den USA passieren wird. Vieles wird von einem klaren Ergebnis abhängen. Das aber wiederum ist ob der vielen Briefwahlstimmen nicht so schnell zu erwarten. Möglich scheint nach Monaten der Krisen, Anspannung und Angst derzeit alles.

Dafür reicht am Ende ein einziger Schuss, eine Kurzschlusshandlung. Deeskalationsstrategien hat Donald Trump nicht im Gepäck.