In der industriellen Produktion war das Osmanische Reich von europäischen Mächten abhängig. Es verfügte selbst nur über eine schwach entwickelte Textilmanufaktur (Herstellung von Rohseide und Baumwolle) und musste zahlreiche Produkte, sogar Nahrungsmittel einführen. Handel und Handwerk lag in den Händen der nicht-türkischen christlichen Bevölkerungsgruppe, deren Know-How nach den Befreiungskriegen und Vertreibungen verloren ging.
Atatürk forcierte zunächst eine liberale Wirtschaftspolitik. Der Staat investierte lediglich in den Ausbau der Infrastruktur (Eisenbahnnetz, Häfen, Versorgungsbetriebe, Bergbau). Trotzdem kam die Wirtschaft nicht richtig in Schwung.
Mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Turgut Özal (1981-1993) ist ein radikaler Wandel in der Wirtschaftspolitik verbunden. Er setzte eine Öffnung zum Weltmarkt durch und beschleunigte eine Annäherung an die EU.
Die türkische Wirtschaft ist jetzt in der Krise.
Der 42-jährige Finanzminister Albayrak schrieb in seiner Instagram-Erklärung, dass er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgebe und ab sofort mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wolle.
„Der Kollaps der Wirtschaft führt zum Rücktritt des Ministers“, schrieb die linke Zeitung Birgün (berliner-zeitung.de). Albayraks Demission erfolgt in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise der Türkei seit der Regierungsübernahme durch Erdogans islamische Regierungspartei AKP 2002 und wurde daher von oppositionellen Stimmen in der Türkei als Eingeständnis einer finanzpolitischen Notlage interpretiert. Unmittelbarer Anlass sei wohl Erdogans ebenfalls überraschende Entlassung des erst vor einem Jahr ernannten Zentralbankchefs Murat Uysal und die Neubesetzung des Postens mit Naci Agbal.
In den vergangenen Monaten hat die türkische Lira dramatisch an Stärke verloren und innerhalb eines Jahres fast 50 Prozent ihres Werts zum Dollar eingebüßt.
Hohe Inflation mindert die Kaufkraft der türkischen Bevölkerung. Momentan merkt man noch nichts davon wegen niedriger Zinsen. Das billige Geld stimuliert die Wirtschaft. Sollten die Zinsen steigen, rechnet sein Unternehmen jedoch mit Einbußen im türkischen Markt (sueddeutsche.de).
Präsident Erdogan selbst verschärft die Lage, indem er das Land in regionale Konflikte verwickelt, schadet damit auch der Wirtschaft. Die politische Unsicherheit schreckt Investoren ab und erschwert eine langfristige wirtschaftliche Verflechtung mit Deutschland und der EU.
Erhöht die Notenbank die Zinsen nicht, könnte das reale Zinsniveau, also der Zins nach Abzug der Inflationsrate, sogar noch weiter fallen. Denn viele Ökonomen erwarten, dass Importe wegen des Lira-Verfalls teurer werden und so die Inflation noch höher steigt. Bleibt der Leitzins konstant und die Teuerungsrate steigt, hat das zur Folge, dass der Realzins sinkt (handelsblatt.com).
Vor allem ist das Tempo der Lira-Abwertung ein Problem, unter anderem weil sich viele türkische Unternehmen in ausländischer Währung wie Euro und Dollar verschuldet haben. Sinkt der Kurs der Lira, steigt die Last ihrer Schulden.