IQ 2.0

Möglichst intelligent wollen wir alle sein – dementsprechend gab es die vergangenen 100 Jahre stets gute Nachrichten zu vermelden: Der durchschnittliche IQ nahm zu, nicht nur hierzulande, sondern weltweit. Doch seit einiger Zeit stellen Intelligenzforscher einen gegenläufigen Trend fest: Die in Deutschland und anderen Industriestaaten gemessene Intelligenz sinkt.

Der mittlere Intelligenzquotient wuchs über Jahrzehnte kontinuierlich an. Doch nun schwächelt der so genannte Flynn-Effekt, und in einigen Ländern scheint der Durchschnitts-IQ sogar zu sinken. Woran liegt das?

Zwischen 1909 und 2013 (futurezone.at) ist der Intelligenzquotient der 

Allgemeinbevölkerung um 30 Punkte gestiegen. Vor 100 Jahren wäre man also ein Genie gewesen – zumindest den Zahlen nach. Selbst mit einem mittleren Intelligenzquotienten von 100 hätte man damals gute Chancen auf einen IQ von 130 gehabt, was einer Hochbegabung entspricht. Diese Marke knacken nur etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Schlechte Nachrichten für die Superhirne von damals: Selbst die historischen Ausnahmetalente wären nach heutigen Testnormen gerade einmal gutes Mittelmaß (spektrum.de).

Schuld daran ist ein Phänomen, das als der Flynn-Effekt bekannt ist:

Seit Beginn der Messungen schneiden Menschen immer besser in den IQ-Tests ab. Über eine lange Zeit lag dieser Zuwachs in vielen Industrienationen relativ stabil bei rund 0,3 Punkten pro Jahr. Das klingt vielleicht nicht viel, doch innerhalb von zehn Jahren summiert sich der Unterschied bereits auf 3, nach einem Jahrhundert gar auf 30 Punkte, was dem Unterschied zwischen einer durchschnittlichen und einer Hochbegabung entspricht. Genau dieser Effekt stagniert aber seit einigen Jahren. Neuere Datensätze zeigen, dass der Zuwachs mancherorts allmählich abflaut. In manchen Ländern konnten Forscher sogar eine Abnahme der Intelligenzwerte feststellen.

Grundsätzlich lässt sich der Anti-Flynn-Effektmit Veränderungen von spezifischen und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten erklären. Allgemeinwissen ist wie auch Lese- und Rechtschreibfähigkeiten, mathematische Fähigkeiten oder Raumvorstellung eine spezielle Form von Intelligenz. Während sich die größten Zuwächse – wie bereits erwähnt – zwischen 1909 und 2013 im Bereich der Logik um 37 Punkte beobachten ließen, stiegen sie bei konkretem Wissen hingegen nur gering, um 21,41 Punkte. In Europa sind es mit knapp 18 noch weniger. Das bedeutet, dass Menschen nach den Tests besser und schneller geworden sind, abstrakte Muster zu erkennen, sich räumlich zu orientieren und eine Entscheidungsauswahl zu treffen, Vokabular, Arithmetik oder allgemeines Wissen sind jedoch schwächer ausgeprägt. 

Tatsächlich ist seit 1998, dem Höchststand der IQ-Werte (deutschlandfunknova.de, 27.09.2014), der IQ-Wert im Schnitt um 2 Punkte gefallen. Ist die Bildungsgrenze erreicht?

Die Klugen sterben aus? Die Panik ist zu früh, es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass wir von einer langanhaltenden Entwicklung sprächen. Pestizide, Digitalisierung oder Migration als Ursache – alles Gelaber! Die aufgeführten Kriterien lassen sich nicht als Ursache für die rückläufige Intelligenz verifizieren.

Und: ein hoher IQ ist auch nicht alles, das zeigen die Finnen (deutschlandfunknova.de, 01.12.2017). Sie schnitten in allen Pisa-Studien super ab, haben aber die niedrigste Zahl an Nobelpreisträgern.

Intelligenz ist also eine wichtige Basis, aber beileibe nicht alles. 

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