Wertloser Plunder,

liegt rum.

Kriegst Du´s hin?!

Man zählt auf Dich.

Stahlgewitter, Einschläge.

Die 16 steht auf dem Kalender.

Nur eine Zeitangabe,

umgeben von Leid.

Puppenköpfe, Lappen.

Staub setzt sich an.

Was wollen wir eigentlich?!

Keiner kennt die Antwort.

Marcel, Elsa, irgendwer …

Alltagsgegenstände überall.

Ist normal Kunst oder umgekehrt?

Was für eine Zeit!

Die zerrissene Briefmarke,

Schatten auf ihrem Gesicht.

Die Lippen schwarz,

sie klagt uns an, seht Ihr´s nicht?!

Dada oder nichts,

eine Fontäne steht in der Aula.

Jeder ist entsetzt,

beherrscht von kontrolliertem Wissen.

Die wilden Zwanziger,

die 16 ist vorbei.

Wirklich alles?

Frag die schwarzen Lippen.

Bodo Ramelow, der alte und neue Ministerpräsident von Thüringen, begründete seine Handschlagsverweigerung gegenüber dem AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke mit einer Risikowarnung vor Hass und Hetze. “Sie sind die Brandstifter in diesem Saal!”, rief der Linke Ramelow den extremem Rechten bei seiner Antrittsrede zu. Er sei erst dann wieder bereit, Höcke die Hand zu reichen, wenn die AfD die Demokratie verteidige und nicht mehr mit Füßen trete.

Björn Höcke ist nicht irgendein AfD-Politiker, sondern der Anführer jenes Flügels, der es sich offenkundig zum Ziel gesetzt hat, das System von rechts außen zu untergraben. Seine Programmatik, seine vergiftete Sprache und sein würdeloses Taktieren im Landtag lassen erkennen, dass er eben gerade nicht dazugehören will. Man muss ihm und seinen Anhängern zeigen: Indem er versucht, andere auszugrenzen, grenzt er sich selbst aus. Das hat Ramelow mit einer gut begründeten Geste sehr deutlich gezeigt. Und er hat sie sogar mit einer Einladung verbunden: dass er Höcke an jenem Tag die Hand schütteln werde, an dem dieser an den Tisch der Demokraten zurückkehre.

Bodo Ramelow hat sich von Björn Höcke erpressen lassen wie in einem schlechten Film. Ramelow hat den AfD-Kandidaten für das Amt des Landtagsvizepräsidentemitgewählt, um der AfD „die parlamentarische Teilhabe“ zu gewähren, die „jeder Fraktion zugebilligt werden muss“ (msn.com). Das Recht der AfD, einen Vizepräsidenten zu stellen, ist aber keine Zubilligungsfrage. Die AfD hat nur das Recht, einen Kandidaten zu benennen. Gewählt wird, wer die Mehrheit bekommt. Höcke ist mit seinen Kandidaten immer gescheitert.

Deshalb hatte Höcke schon seit geraumer Zeit zur Erpressung gegriffen. Solange seine Partei keinen Landtagsvize bekam, schickte er auch keine AfD-Vertreter in den Richterwahlausschuss. Der Ausschuss besetzt Richterstellen und muss im Gegensatz zum Landtagspräsidium Mitglieder aller Fraktionen umfassen. Die AfD hat den Ausschuss und damit die Justiz lahmgelegt, um einen Landtagsposten zu erzwingen, der ihr nicht einfach als Anspruch zusteht, sondern durch eine demokratische Mehrheit erworben werden muss. Höcke hat den Rechtsstaat sabotiert. Er handelte illegal. Sein Erpressungsmanöver wäre ein Fall für das Verfassungsgericht. Den großen Worten gegen die AfD, die Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow nach seinem Amtseid noch fand, folgte seine Stimme für eben diese Partei.

Was wird nun? Zum entspannten Verhältnis zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU als „konstruktiver Opposition“ beitragen soll die Vereinbarung über einen „Stabilitätsmechanismus“, den führende Vertreter von CDU, Linkspartei, SPD und Grünen am Morgen vor der Landtagssitzung unterzeichneten – für die CDU Fraktionschef Voigt und Parlamentsgeschäftsführer Andreas Bühl. Die Unterzeichner des Drei-Seiten-Papiers versprechen sich, Kompromisse im Landtag „nur untereinander zu suchen“ – sprich: vor allem ohne die AfD. Und jetzt das!

Vielleicht sollte man sich erneut in Erinnerung rufen, warum essentielle Teilhaberechte nicht durch demokratische Bewährung, sondern durch Wahl errungen werden. Es sind nämlich nicht die Konkurrenten, die über die Gewährung entscheiden, sondern die Wähler/-innen an der Wahlurne. Die so Gewählten haben – demokratisch betrachtet – gar nicht die Wahl, ob sie diese Rechte der AfD zugestehen. Sie haben nur die Wahl, ob sie sich dem Gedanken der selbst gesetzten Regeln verweigern.

Wenn die Demokratinnen und Demokraten sich von den Demokratieverächtern mit den Mitteln der Verfassung erpressen lassen, wie soll man dann von Menschen, die keine Berufspolitiker sind, noch erwarten können, dass sie den Angriffen auf Freiheit, Demokratie und Solidarität noch mutig und entschlossen entgegentreten?

 

 

 

Die Sonne ist fast schon untergegangen am Evros. Da steigen die Chancen durchzukommen, zumindest für die fitten jungen Männer …

In gleich zwei Reden hat der türkische Präsident am Montag seinen groß angelegten Erpressungsversuch verstärkt. Erdogan verkündete, dass „die Zeit der einseitigen Opferbereitschaft nun vorbei“ sei (n-tv.de). Mit Bussen lassen die türkischen Behörden jetzt Tausende von Migranten (nur ein Teil davon sind Syrer) an die griechische Grenze karren, um politischen Druck auszuüben. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu spricht von 78.358 Flüchtlingen, die bis Sonntagmorgen in Richtung Edirne aufgebrochen sein sollen. Die Provinz im Nordwesten der Türkei grenzt an die EU-Staaten Griechenland und Bulgarien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet diese Machtpolitik auf Kosten von Flüchtlingen als „inakzeptabel“. Eigentlich sollte diese Woche in Brüssel ganz anders ablaufen. Am Mittwoch will die EU-Kommission ihr Klimagesetz beschließen, Ursula von der Leyen hatte die Klimaaktivistin Greta Thunberg persönlich ins Berlaymont-Gebäude eingeladen. Auch im Kampf gegen das Coronavirus und dessen Folgen für Europas Bürger und Volkswirtschaften wollte die oberste EU-Behörde ein Zeichen setzen. Gleich mit fünf Kommissaren und Kommissarinnen präsentiert von der Leyen im „Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen“ das neue „Corona Response Team“.

Den Vorwurf Erdogans, Brüssel breche seine Versprechen, erbost EU-Diplomaten. Drastisch formuliert es der niederländische Premier Mark Rutte, der das Abkommen damals als Ratspräsident vorangetrieben hat: Europa werde nicht mit „dem Messer an der Kehle“ (sueddeutsche.de) verhandeln. Rutte wirft Erdogan vor, das Schicksal der Flüchtlinge für seine eigenen politischen Ziele zu missbrauchen.

Das Abkommen zwischen Türkei und EU sah vor, dass sich Ankara verpflichtet, von einem bestimmten Tag an alle syrischen Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Verabredet wurde auch, dass die EU für jeden von Griechenland in die Türkei zurückgeführten Syrer je einen Syrer direkt aus der Türkei aufnimmt. Die Grenzen zu Griechenland sollte die Türkei geschlossen halten. Als Gegenleistung für Ankara versprach die EU, den Beitrittsprozess wiederzubeleben.

Merkel sprach sich für die schnelle Aufnahme von Gesprächen der EU mit der Türkei aus, um den durch das EU-Abkommen mit der Türkei erreichten Zustand wiederherzustellen und die Versorgung der Flüchtlinge auf türkischem Boden sicherzustellen. Die Bundeskanzlerin sprach in diesem Zusammenhang nicht nur von weiterer finanzieller Hilfe durch die EU, sondern auch von der Möglichkeit direkter Unterstützung durch Deutschland.

Der Migrationsforscher Gerald Knaus hat angesichts der Eskalation zwischen Grenzschützern und Migranten an der türkisch-griechischen Grenze vor einem Zerbrechen der Genfer Flüchtlingskonvention gewarnt. „Das was Donald Trump sich erträumt hätte, einfach das Recht auf Asyl abzuschaffen und die Grenze zu militarisieren, das macht heute die Europäische Union“, kritisierte Knaus (ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“, zitiert in welt.de). Die Milliardenhilfe der EU für die Integration der Syrer in der Türkei sei bisher eines der wenigen moralischen und erfolgreichen Projekte der EU gewesen.

Die Bundeskanzlerin weiß, wie viel die Türkei für Flüchtlinge leistet. Zugleich ist ihr bewusst, dass es schnell Kritik in Deutschland und im Rest der EU gibt, sobald sie Erdogan allzu große Zugeständnisse macht. Die Menschenrechtslage in der Türkei ist schließlich unverändert dramatisch. Außerdem stoßen Ankaras geopolitische Ambitionen, sei es in Libyen, im östlichen Mittelmeer oder in Syrien, auf Abwehrreaktionen in Europa. Zugleich ist Merkel klar, dass an der Türkei derzeit wohl kein Weg vorbeiführt, weil es keine europäische Lösung für den Umgang mit Migranten und Migrantinnen gibt und in etlichen Ländern Rechtspopulisten Erfolge feiern.

Seit die türkische Wirtschaft in der Krise ist, wächst die Fremdenfeindlichkeit in der türkischen Bevölkerung. Zwei von drei Türken stört es, so viele Syrer zu beherbergen, geht aus einer Studie der Kadir Has University (zeit.de, 24.01.2020) aus dem vergangenen Jahr hervor. Und die Zahl der Migranten und Migrantinnen im Land steigt weiter. Nach Zahlen des renommierten türkischen Migrationsexperten Murat Erdogan sind allein im vergangenen Jahr mehr als 425.000 Einwanderer (a.a.O.), die illegal ins Land kamen, gefasst worden.

 

 

Landesgrenzen und Firmen dicht machen, Großveranstaltungen absagen: Ist das angesichts des Coronavirus aktuell notwendig? Der Bundesgesundheitsminister verneint.

Gesundheitsminister Jens Spahn hält eine Schließung von Grenzen wegen des neuen Coronavirus in Deutschland weiter nicht für nötig. Auch die Absage von Großveranstaltungen oder die Schließung von Unternehmen sei nicht generell ratsam, sagte er. Dies sei weiter nicht verhältnismäßig und angemessen (zdf.de).

Grenzschließungen hätten massive Auswirkungen. Auch gegen eine Einstellung von Direktflügen zwischen China und Deutschland wandte sich Spahn. Das könne dazu führen, dass bis zu rund 30.000 Deutsche ausgeflogen werden müssten.

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus kaufen die Menschen in Deutschland mehr ein. Der Discounter Lidl (tagesschau.de) verzeichne in einigen Regionen deutlich höhere Abverkäufe von etwa Nudeln und Konserven, teilte eine Sprecherin mit. Auch Artikel aus dem Hygienebereich wie Toilettenpapier und Desinfektionsmittel würden „aktuell stark nachgefragt“.

Verschwörungstheorien sind im Umlauf:

Wegen des neuartigen Coronavirus sind in vielen Apotheken Schutzmasken seit Wochen ausverkauft: Ein einfacher Mund-Nasen-Schutz, wie ihn Pfleger und Ärzte bei Eingriffen tragen, schütze jedoch nicht vor einer Ansteckung mit dem neuen Virus Sars-CoV-2. Um sich vor eine Infektion durch Tröpfchen zu schützen, sind laut Experten nur spezielle Atemschutzmasken mit eingebautem Filter geeignet. Eine Ansteckung durch Tröpfchen-Übertragung können aber auch da nur sogenannte FFP2- und FFP3-Masken verhindern – wenn sie denn richtig sitzen. Noch sieht das Robert-Koch-Institut jedoch keinen Anlass, solche Masken zu tragen. Gründliches Händewaschen biete den besten Schutz.

Weltweit ist die Zahl der Todesopfer durch das neuartige Coronavirus auf 3.000 gestiegen. Zu den bislang von der Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigten 2.980 Opfern kamen am Montag 42 weitere Todesopfer aus China hinzu (hurriyet.de).

In Europa ist nach wie vor Italien das am stärksten betroffene Land. Die Zahl der Toten stieg auf 34, teilte Zivilschutzchef Angelo Borrelli am Sonntag in Rom mit. Inzwischen sind nach seinen Angaben 1694 Menschen mit dem Sars-CoV-2-Erreger infiziert. Davon seien 83 bereits wieder genesen. Nun plant die italienische Regierung ein Hilfspaket für die durch den Coronavirus-Ausbruch zusätzlich angeschlagene Wirtschaft in Höhe von 3,6 Milliarden Euro (a.a.O.).

Die Coronavirus-Epidemie könnte der Weltwirtschaft im laufenden Jahr einen herben Dämpfer verpassen. Nach Einschätzung der Industriestaaten-Organisation OECD könnte sich das für 2020 erwartete Wachstum halbieren, sollte sich das Virus im asiatisch-pazifischen Raum, Europa und Nordamerika weiter ausbreiten. Damit läge die Rate nur noch bei plus eineinhalb Prozent.

Für das laufende erste Quartal schließt die OECD nicht aus, dass die Weltwirtschaft gar schrumpfen könnte. Alle 20 führenden Industrie- und Schwellenländer sind wirtschaftlich betroffen. Je stärker die Verbindungen zu China seien, desto stärker seien auch die Auswirkungen – etwa in Japan, Südkorea und Australien.

Um der Konjunkturschwäche entgegenzuwirken, empfiehlt die Industriestaaten-Gruppe höhere staatliche Ausgaben (tagesschau.de). Geld müsste vor allem in die Gesundheitssysteme fließen, um genügend Personal und Material zur Verfügung zu haben. Zudem müsse die Liquidität von Banken gesichert werden, damit Unternehmen in Schieflage Geld geliehen werden kann. Auch Kurzarbeit sei ein sinnvolles Instrument.

Das Wirtschaftswachstum in China dürfte sich laut OECD wegen des Virus deutlich verlangsamen. Die Ökonomen (reuters.com) rechnen hier 2020 nur noch mit 4,9 Prozent, nachdem es 2019 noch 6,1 Prozent waren. Gegenüber den jüngsten OECD-Schätzungen im November sind auch die Perspektiven für Indien deutlich schwächer. Deutschland dürfte nur um 0,3 Prozent zulegen, ein Tick langsamer als zuletzt gedacht. 2019 waren es hierzulande noch 0,6 Prozent. Italien, das vor allem im wirtschaftlich wichtigen Norden viele Corona-Fälle hat, wird laut OECD 2020 stagnieren, nachdem es 2019 noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent gab.

Die Ausbreitung des Coronavirus hatte in Europa bereits Rezessionsängste geschürt. Die Börse ging in der zurückliegenden Woche auf Talfahrt.

 

 

 

 

Der Fall einer muslimischen Rechtsreferendarin aus Hessen geht bis vor das Bundesverfassungsgericht. Am Donnerstag haben die Karlsruher Richter ihre Entscheidung bekanntgegeben (Az. 2 BvR 1333/17).

Die in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin trägt in der Öffentlichkeit Kopftuch. Als sie im Januar 2017 ihren juristischen Vorbereitungsdienst antritt, wird das zum Problem. Denn in Hessen können Rechtsreferendarinnen ihre Ausbildung zwar mit Kopftuch machen. Sie dürfen damit aber keine Aufgaben übernehmen, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrzunehmen sind. Das verfügt das hessische Justizministerium 2007 per Erlass. Die Frau wurde vor Ausbildungsbeginn darauf hingewiesen.

Das heißt für Betroffene, sie dürfen Gerichtsverhandlungen nicht, wie die anderen Referendare, von der Richterbank verfolgen, sondern müssen sich in den Zuschauerraum setzen. Außerdem dürfen sie keine Sitzungen leiten oder Beweise aufnehmen und auch nicht die Staatsanwaltschaft vertreten. Ursprünglich drohte Juristinnen mit Kopftuch deshalb eine schlechtere Gesamtnote. Davon sieht Hessen aber inzwischen ab. Seit 2017 dürfen die fehlenden Leistungen durch andere kompensiert werden.

Das Verbot ist in dieser Form verfassungsgemäß – auch weil es sich nur auf wenige eng umrissene Aufgaben bezieht. Die Richter erkennen zwar an, dass gläubige Muslimas ein Kopftuch nicht einfach ablegen können wie Christen eine Halskette mit Kreuz. Eine Juristin, die das Zweite Staatsexamen anstrebe, habe auch keine andere Wahl, als ein Referendariat zu absolvieren. Der Eingriff in die Glaubensfreiheit sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt.

Das Verbot greife zwar in die Glaubensfreiheit der Klägerin ein, entschieden die Richter. Dies sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt – etwa die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität. Anders als etwa in der Schule, wo Lehrerinnen das Kopftuchtragen nicht pauschal verboten werden darf, trete der Staat dem Bürger in der Justiz hoheitlich gegenüber. Menschen vor Gericht würden so unausweichlich mit dem religiösen Symbol konfrontiert.

All das ist für die Verfassungsrichter allerdings kein zwingender Grund, Rechtsreferendarinnen das Kopftuch im Gerichtssaal zu verbieten. Die hessische Entscheidung sei aber zu respektieren.

Einer der acht Richter des Zweiten Senats – Ulrich Maidowski – trug dieEntscheidung nicht mit. Er hält das Verbot für unverhältnismäßig (Sondervotum, dissenting opinion).

Die Gesetzgebung der Bundesländer hat das Kopftuchverbot unterschiedlich geregelt. Ein ähnliches Verbot wie in Hessen gilt unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen. Niedersachsen bringt gerade ein entsprechendes Gesetz auf den Weg. Es gebe regelmäßig Referendarinnen mit dem Wunsch, Kopftuch zu tragen, heißt es von dort (giessener-allgemeine.de). In anderen Ländern gibt es gar keine Regelung. Teils ist das Problem dort nie aufgetaucht, teils hat man eine einvernehmliche Lösung gefunden. So gab es etwa in Brandenburg eine Referendarin, die mit Kopftuch eine Gerichtsverhandlung leiten und als Staatsanwältin auftreten durfte.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich schon zweimal in wichtigen Entscheidungen mit dem Kopftuch bei Lehrerinnen befasst. Nach dem letzten Beschluss von 2015 darf das Kopftuch an öffentlichen Schulen nicht pauschal verboten werden. Als Voraussetzung muss die konkrete Gefahr gegeben sein, dass der Schulfrieden oder die staatliche Neutralität beeinträchtigt werden. Bekenntnisoffene Schulen sollten Toleranz gegenüber anderen Religionen vermitteln. In diesem Punkt sehen die Richter auch den Hauptunterschied zum Gerichtssaal: Die Justiz trete dem Bürger hoheitlich gegenüber.

Der Grundsatz weltanschaulich-religiöser Neutralität der Justiz, den die Richter in Karlsruhe zur Begründung ihres Urteils heranziehen, ist ein Ideal – notwendig für die Demokratie, unbedingt anzustreben, um jeden Preis zu verteidigen, aber, wie jedes Ideal, unerreichbar (msn.com). Die Diskrepanz zwischen absolutem Anspruch und menschlichem Faktor lässt sich nicht aufheben. Durch Kreuz, Kopftuch, Turban oder sonstige visuelle Reize wird sie lediglich sichtbar.

Seit Dezember 2015 stellt der Paragraf 217 Strafgesetzbuch Sterbehilfe als Dienstleistung unter Strafe. Es drohen Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Haft. Als Reaktion auf zunehmende Aktivitäten von Sterbehilfevereinen hatte das Parlament die Regelung unter Aufhebung des Fraktionszwangs beschlossen. Seitdem ist die eigentlich straflose Beihilfe zum Suizid verboten, wenn sie „geschäftsmäßig“ erfolgt. Auf ein Profitinteresse kommt es dabei nicht an. Als geschäftsmäßig wird im juristischen Sinn Hilfe angesehen, die auf Wiederholung angelegt ist. Straffreiheit sieht der Paragraf nur für Angehörige und „Nahestehende“ vor, die beim Suizid unterstützen.

Der Gesetzgeber wollte mit dem Paragrafen verhindern, dass Suizidhilfe-Vereine wie Sterbehilfe Deutschland oder Dignitas aus der Schweiz ihre Angebote für zahlende Mitglieder ausweiten und gesellschaftsfähig werden. Niemand sollte sich unter Druck gesetzt fühlen, seinem Leben ein Ende zu setzen.

Diese Norm hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kurzerhand für verfassungswidrig und, was selten vorkommt, auch gleich für „nichtig“ erklärt, also für ungültig von Anfang an. Dabei war die praktische Bedeutung der Vorschrift gering: Soweit ersichtlich, wurde von 2015 bis heute kein einziges Strafverfahren aufgrund des Paragrafen 217 eröffnet. Der symbolische Rang der Entscheidung hingegen ist enorm.

Mit dem Urteil endet vorerst ein erbittert und hochemotional geführter Streit über die Legalisierung der Sterbehilfe. Gegen den Paragrafen 217 StGB hatten Sterbewillige, Ärzte sowie Vereine Verfassungsbeschwerde erhoben, die in Deutschland und der Schweiz Suizidhilfe anbieten.

Das Urteil der Verfassungsrichter soll Klarheit darüber schaffen, unter welchen Umständen sich strafbar macht, wer einem anderen Menschen beim Sterben hilft. Es geht um die Frage, ob es ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben gibt und wie weit dieses Recht womöglich reicht. Die jetzige Regelung hatte unter Ärzten für Verunsicherung gesorgt.

Gerichtspräsident Voßkuhle sagte in seiner Urteilsbegründung, der Gesetzgeber könne zwar Suizidprävention betreiben und palliativmedizinische Angebote ausbauen. Die Straflosigkeit der Sterbehilfe stehe aber nicht zu seiner freien Disposition. Ohne Dritte könne der Einzelne seine Entscheidung zur Selbsttötung nicht umsetzen. Dies müsse rechtlich auch möglich sein (welt.de).

Einen Anspruch auf Sterbehilfe gebe es hingegen nicht. Das Urteil verpflichtet also keinen Arzt, gegen seine Überzeugung Sterbehilfe zu leisten.

Es gebe ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, sagte Präsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Das schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen. Der Strafrechtsparagraf 217 mache das weitgehend unmöglich (SPON).

In dem Verfahren ging es nicht um ethische, moralische oder religiöse Fragen, sondern darum, ob der Paragraph 217 des Strafgesetzbuches verfassungsmäßig ist.

In den Benelux-Länder und in der Schweiz gelten liberalere Regelungen als bei uns. In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe seit 2002 erlaubt – wenn auch mit strengen Auflagen. Belgien und Luxemburg zogen nach. Auch aktive Sterbehilfe für psychisch kranke Patienten ist in Belgien gesetzlich erlaubt (br.de). Die Regelung ist jedoch sehr umstritten. In den meisten europäischen Ländern ist die rechtliche Lage dagegen restriktiver, somit unklarer.

Aktive Sterbehilfe – also die Tötung auf Verlangen, zum Beispiel durch eine Spritze – ist und bleibt in Deutschland verboten. Bei der assistierten Sterbehilfe wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es aber selbst ein.

In der Verhandlung wurde von der Richterbank kritisch angemerkt, dass der Staat ausgerechnet die sanfteste Art der Selbsttötung faktisch unmöglich gemacht habe. Dadurch dass der Paragraf 217 nicht mehr gilt, ist die Sterbehilfe wie vor dem Jahr 2015, also in den alten Grenzen möglich. Ärzte könnten also über Sterbehilfe aufklären und passive Sterbehilfe leisten, also ein tödliches Medikament also zur Verfügung stellen.

Insgesamt sechs Verfassungsbeschwerden waren gegen den Paragrafen 217 Strafgesetzbuch eingelegt worden. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte im April 2019 zwei Tage darüber verhandelt. Beobachter rechnen damit, dass das Urteil die Debatte um Sterbehilfe nicht beendet, aber einen wichtigen Markstein darstellt.

Manche feiern ausgelassen, andere flüchten, sind regelrechte Muffel. Die Rede ist von Karneval, Fasching, Fasenacht, usw. Wo kommt das her? Warum begehen wir das Fest?

Das Wort „Fastnacht“ stammt von mittelhochdeutsch vastnaht (belegt seit 1200 und in der Bedeutung „Vorabend vor der Fastenzeit“, also seit der Synode von Benevent 1091 der „Dienstag vor Aschermittwoch“), von naht, „Nacht, Vorabend“, und gehört zu mittelhochdeutsch vaste von althochdeutsch fasta, „das Fasten, die Fastenzeit“, wobei die Möglichkeit besteht, dass eine Angleichung an „fasten“ vorliegt, wenn – passend zu Formen wie „Fasenacht“ und „Faselabend“ – mittelhochdeutsch vaseln, „gedeihen, fruchtbar sein“, Einfluss hatte (wikipedia.org).

Hier müsste eigentlich jetzt ein Smiley her, einer mit Knippauge … Soviel zur Etymologie, der Begriff des Festes und damit dieses selbst sind offensichtlich schon älter.

Insbesondere im Kalendermonat Februar gibt es in vielen deutschen Dörfern und Städten was zu feiern: Fasching hier, Karneval dort oder doch lieber zum Fastnachtsumzug? Eines haben diese Veranstaltungen gemeinsam: Verkleidete Menschen spaßen und scherzen gemeinsam bis in die Morgenstunden. Doch wo liegt der Ursprung der Faschingszeit?

Vorläufer des Karnevals wurden bereits vor 5.000 Jahren in Mesopotamien gefeiert, im Land mit den ersten urbanen Kulturen. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. gibt Kunde davon, dass unter dem Priesterkönig Gudea ein siebentägiges Fest gefeiert wurde und zwar nach Neujahr als symbolische Hochzeit eines Gottes. Die Inschrift besagt: „Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet“. Hier wird zum ersten Mal das Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Festen praktiziert und dies ist bis heute ein charakteristisches Merkmal des Karnevals.

Die Völker Mitteleuropas verehrten die heidnischen Götter der Natur und deren Mythos. Durch den sich ankündigenden Frühling wurde dieser Jahreszeit eine besondere Bedeutung zugeschrieben, da sich durch die Rückkehr der Sonne das Leben (hdm-stuttgart.de) wieder regenerierte. Damit dies geschehen konnte, mussten die Sturmgeister des Winters, mit ihren Nebeln, der Kälte und den Krankheiten, symbolisch vertrieben werden. Diese Tradition fand bereits seit dem 12. Jahrhundert statt und prägt folglich das Bild jener Faschings-Tage im Februar.

Die katholische Kirche versuchte hingegen immer wieder diesen heidnischen Brauch zu unterbinden, bis sie ihn letztlich als ihren Eigenen aufnahm.

Fasching und Berliner: Wie kommt´s?

Egal, ob man die süßen Teilchen jetzt Berliner, Pfannkuchen oder Krebbel nennt: Die Gepäckstücke sind sehr fettig. Dies ist typisch für Speisen zu Karneval weltweit. Vor der Fastenzeit hat man üppig gegessen, wenn man es sich denn leisten denn konnte.

Prinzipiell hätte es also auch eine andere Leckerei zu Fasching geben können, der Berliner (oder Pfannkuchen, wie die Berliner sagen) hat sich allerdings eingebürgert. Aber auch die „Kamellen“, also die beim Zug umhergeworfenen Bonbons, gehören fest zu Karneval.

Ein Berliner Zuckerbäcker und verhinderter Kanonier soll unter Friedrich dem Großen aus seiner Wehruntauglichkeit eine Tugend gemacht und die ersten Krapfen in ihrer typischen, bewusst an Kanonenkugeln angelehnten Form ausgebacken haben. Was dem Gebäck – Kanonenkugeln zu Hefeballen! – eine gewisse pazifistische Note verleiht, gleichwohl wieder Fragen aufwirft wie etwa diese, dass wer ein Krapfen ist, doch nicht zugleich eine Granate sein könne. Eine Legende …

Fasching – Urlaub vom eigenen Leben. Mal die Sau rauslassen … Es gibt regelrechte Hochburgen des Faschings. Eine davon in Deutschland ist Koln. „Kölle alaaf!“, so heißt es in den Niederungen der Kölner Bucht. Pappnase, Clowns, Kölsch Kaviar, alles klar. Scheinbar. Doch der närrische Schrei ist tatsächlich viel älter als der institutionalisierte Straßenkarneval seit 1817. Der Hochruf ist im Rheinland bereits spätestens Mitte des 16. Jahrhunderts verbreitet, so das Ergebnis einer neuen wissenschaftlichen Sprachgeschichte des „Alaaf“ (welt.de).

Die Rosenmontagsumzüge in Nordrhein-Westfalen stehen wegen der Sturmwarnungen unter keinem guten Stern. Venedig hat das Treiben aufgrund des Coronavirus abgesagt.

Ach, noch eines: Das Urteil des Amtsgerichts Köln ist deutlich: Wer bei einem Faschingsumzug von geworfenen Süßigkeiten verletzt wird, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dass bei einem Umzug kleinere Gegenstände geworfen werden, sei üblich, allgemein bekannt und von den Zuschauern erwartbar (Az.: 123 C 254/10) (mz-web.de).

In den USA kennt man das Problem seit langem: Waffenrecht, die Waffenlobby gegen den Rest des Landes. Jeder mit seinen Argumenten …

Wie im Hinblick auf Hanau? Wir reden da nicht von den Vereinigten Staaten, das liegt mitten in Deutschland. Sind wir hier noch sicher? Wie wäre es mit der Bewaffnung der Gesellschaft, um solche Attentate zukünftig zu vermeiden? Kann ein schärferes Waffenrecht zukünftig Attentate vermeiden?

Hanau: Der Täter war Sportschütze, seit 2013 war er Inhaber einer Waffenbesitzkarte, auf die zwei Waffen eingetragen waren. Ausweislich des von ihm hinterlassenen Manifests und mehreren Videos war er ein Rassist, der „gewisse Volksgruppen … komplett vernichten“ (zeit.de) wollte. Zugleich vertrat er Verschwörungstheorien – indem er von einem geheimen System in den USA sprach, das im Untergrund Kinder vergewaltige. Sein Manifest gibt Hinweise darauf, dass er psychisch krank war.

Das deutsche Waffenrecht berücksichtigt dieses Problem längst, auch wenn eine Gesundheitsprüfung für den Waffenbesitz nicht zwingend vorgesehen ist. Hat die Behörde aber Zweifel an den Angaben des Antragstellers, kann sie die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens verlangen. Auch wenn die Behörde beispielsweise durch Verurteilungen von einer psychischen Störung oder von Alkohol- oder Drogensucht erfährt, kann sie die Waffenbesitzerlaubnis verweigern bzw. entziehen. Das steht in § 6 Absatz 1 des Waffengesetzes.

Die politische Gesinnung wurde bislang nicht geprüft. Seit Jahren gelangen Rechtsradikale legal an Waffen, indem sie in Schützenvereine eintreten, einen Jagdschein beantragen oder eigene Schützenvereine gründen. Deutschlandweit gibt es 750 Rechtsextremisten, die legal Waffen besitzen (Stand 2017, Bundesamt für Verfassungsschutz). Auch viele Reichsbürger und Selbstverwalter horten Waffen. Im Verfassungsschutzbericht 2018 heißt es bereits, „rund 910 Szeneangehörige“ besäßen eine waffenrechtliche Erlaubnis.

Um dem zu begegnen, wurde das deutsche Waffenrecht im Dezember letzten Jahres verschärft. Nun wird immer der Verfassungsschutz befragt, bevor eine Waffenerlaubnis erteilt wird. Hat dieser Erkenntnisse darüber, dass sich jemand in rechtsextremen Gruppen engagiert, erhält er keine Waffenbesitzkarte.

Der Anschlag von Hanau befeuert den Ruf nach noch strengeren Waffengesetzen.

Welche Lücken bestehen jetzt noch? Schon während des Gesetzgebungsprozesses hatte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) die Änderungen als unzureichend kritisiert. Es sei wissenschaftlich „nicht begründbar“, warum eine psychologische Begutachtung weiterhin nur bei unter 25-Jährigen verpflichtend vorgesehen sei. „Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse dazu, dass Personen ab dem 25. Lebensjahr geringere Risiken aufweisen, wenn diese mit Schusswaffen umgehen, als ältere Menschen“, hieß es in einer Stellungnahme an das Bundesinnenminsterium. Vielmehr sei davon auszugehen, „dass Entwicklungsverzögerungen, die bis zum 25. Lebensjahr vorliegen, auch später stabil erhalten bleiben können“ (welt.de).

Der Schütze von Hanau rutschte wegen dieser Lücken möglicherweise durch das Raster.

In der Politik gibt es Überlegungen, das Waffenrecht abermals nachzujustieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) brachte „ein medizinisches Gutachten oder eine ärztliche Bestätigung“ für Waffenbesitzer ins Gespräch (bild.de). Es müsse gewährleistet sein, „dass da alles in Ordnung ist und die Verwirrung oder die Krankheit einer Person nicht zur Gefahr für die Allgemeinheit werden“.

Wir müssen reden und vor allem handeln: „Vertuschen ist die Grundlage des nächsten Versagens!“ (Stefan Aust, WELT-Herausgeber).

Das verschärfte Waffenrecht ist Teil des Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus, das die Bundesregierung nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle auf den Weg gebracht hatte. Den neuen Regelungen zufolge müssen Jäger und Sportschützen nach fünf und dann noch einmal nach zehn Jahren nachweisen, dass ihr „Bedürfnis“ nach Waffenbesitz fortbesteht. Leider wäre auch das dem Schützen von Hanau vermutlich nicht schwergefallen.

Es geht nicht um die Bewaffnung der Gesellschaft, um potenziellen Attentätern im Ernstfall zu begegnen. Anders als in den USA soll es in Deutschland Möglichen Attentätern quasi unmöglich gemacht werden, an die entsprechenden Waffen zu kommen.

Soviel zu legalen Waffen … Politische Gesinnung beginnt im Kopf, Waffen gibt es auch bei uns wie Sand am Meer.

Die Frage, die sich stellt, ist: Wer kontrolliert den Handel mit illegalen Waffen?