In den USA kennt man das Problem seit langem: Waffenrecht, die Waffenlobby gegen den Rest des Landes. Jeder mit seinen Argumenten …
Wie im Hinblick auf Hanau? Wir reden da nicht von den Vereinigten Staaten, das liegt mitten in Deutschland. Sind wir hier noch sicher? Wie wäre es mit der Bewaffnung der Gesellschaft, um solche Attentate zukünftig zu vermeiden? Kann ein schärferes Waffenrecht zukünftig Attentate vermeiden?
Hanau: Der Täter war Sportschütze, seit 2013 war er Inhaber einer Waffenbesitzkarte, auf die zwei Waffen eingetragen waren. Ausweislich des von ihm hinterlassenen Manifests und mehreren Videos war er ein Rassist, der „gewisse Volksgruppen … komplett vernichten“ (zeit.de) wollte. Zugleich vertrat er Verschwörungstheorien – indem er von einem geheimen System in den USA sprach, das im Untergrund Kinder vergewaltige. Sein Manifest gibt Hinweise darauf, dass er psychisch krank war.
Das deutsche Waffenrecht berücksichtigt dieses Problem längst, auch wenn eine Gesundheitsprüfung für den Waffenbesitz nicht zwingend vorgesehen ist. Hat die Behörde aber Zweifel an den Angaben des Antragstellers, kann sie die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens verlangen. Auch wenn die Behörde beispielsweise durch Verurteilungen von einer psychischen Störung oder von Alkohol- oder Drogensucht erfährt, kann sie die Waffenbesitzerlaubnis verweigern bzw. entziehen. Das steht in § 6 Absatz 1 des Waffengesetzes.
Die politische Gesinnung wurde bislang nicht geprüft. Seit Jahren gelangen Rechtsradikale legal an Waffen, indem sie in Schützenvereine eintreten, einen Jagdschein beantragen oder eigene Schützenvereine gründen. Deutschlandweit gibt es 750 Rechtsextremisten, die legal Waffen besitzen (Stand 2017, Bundesamt für Verfassungsschutz). Auch viele Reichsbürger und Selbstverwalter horten Waffen. Im Verfassungsschutzbericht 2018 heißt es bereits, „rund 910 Szeneangehörige“ besäßen eine waffenrechtliche Erlaubnis.
Um dem zu begegnen, wurde das deutsche Waffenrecht im Dezember letzten Jahres verschärft. Nun wird immer der Verfassungsschutz befragt, bevor eine Waffenerlaubnis erteilt wird. Hat dieser Erkenntnisse darüber, dass sich jemand in rechtsextremen Gruppen engagiert, erhält er keine Waffenbesitzkarte.
Der Anschlag von Hanau befeuert den Ruf nach noch strengeren Waffengesetzen.
Welche Lücken bestehen jetzt noch? Schon während des Gesetzgebungsprozesses hatte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) die Änderungen als unzureichend kritisiert. Es sei wissenschaftlich „nicht begründbar“, warum eine psychologische Begutachtung weiterhin nur bei unter 25-Jährigen verpflichtend vorgesehen sei. „Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse dazu, dass Personen ab dem 25. Lebensjahr geringere Risiken aufweisen, wenn diese mit Schusswaffen umgehen, als ältere Menschen“, hieß es in einer Stellungnahme an das Bundesinnenminsterium. Vielmehr sei davon auszugehen, „dass Entwicklungsverzögerungen, die bis zum 25. Lebensjahr vorliegen, auch später stabil erhalten bleiben können“ (welt.de).
Der Schütze von Hanau rutschte wegen dieser Lücken möglicherweise durch das Raster.
In der Politik gibt es Überlegungen, das Waffenrecht abermals nachzujustieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) brachte „ein medizinisches Gutachten oder eine ärztliche Bestätigung“ für Waffenbesitzer ins Gespräch (bild.de). Es müsse gewährleistet sein, „dass da alles in Ordnung ist und die Verwirrung oder die Krankheit einer Person nicht zur Gefahr für die Allgemeinheit werden“.
Wir müssen reden und vor allem handeln: „Vertuschen ist die Grundlage des nächsten Versagens!“ (Stefan Aust, WELT-Herausgeber).
Das verschärfte Waffenrecht ist Teil des Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus, das die Bundesregierung nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle auf den Weg gebracht hatte. Den neuen Regelungen zufolge müssen Jäger und Sportschützen nach fünf und dann noch einmal nach zehn Jahren nachweisen, dass ihr „Bedürfnis“ nach Waffenbesitz fortbesteht. Leider wäre auch das dem Schützen von Hanau vermutlich nicht schwergefallen.
Es geht nicht um die Bewaffnung der Gesellschaft, um potenziellen Attentätern im Ernstfall zu begegnen. Anders als in den USA soll es in Deutschland Möglichen Attentätern quasi unmöglich gemacht werden, an die entsprechenden Waffen zu kommen.
Soviel zu legalen Waffen … Politische Gesinnung beginnt im Kopf, Waffen gibt es auch bei uns wie Sand am Meer.
Die Frage, die sich stellt, ist: Wer kontrolliert den Handel mit illegalen Waffen?