Brexit … Der Anfang ist gemacht! Wer ist raus? Endgültig?
Die britischen Inseln umfassen sowohl Großbritannien als auch das Vereinigte Königreich – und sämtliche kleinere Inseln darum herum, wie zum Beispiel die Isle of Man oder die schottischen Inseln.
Dieser Begriff schließt entsprechend auch Irland ein, das kein Teil des Vereinigten Königreichs ist – beziehungsweise nicht mehr. Denn was zum Vereinigten Königreich zählt, hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewandelt.
Es rumort nach dem Brexit. Die nordirische Europa-Abgeordnete Martina Anderson forderte Ende letzten Monats möglichst bald ein Referendum über die Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland im Süden.
Dies ergebe sich zwangsläufig daraus, dass die Mehrheit der Nordiren beim Brexit-Referendum 2016 gegen einen Austritt aus der EU gestimmt habe, der nun aber dennoch vollzogen worden sei (dpa).
Irland ist seit 1921 geteilt. Damals erkämpften sich die Iren Autonomie, die sie später zur vollständigen Unabhängigkeit von Großbritannien ausbauten. Dies galt aber nur für etwa fünf Sechstel der Insel: Der Norden, damals die mit Abstand reichste Region und die einzige mit einer protestantischen Mehrheit, blieb Teil des Vereinigten Königreichs.
Immer wieder stößt man in Belfast auf Hinweistafeln, die darüber informieren, dass hier etwas mit EU-Geldern aufgebaut worden ist. Ein solches Schild hängt zum Beispiel im „Titanic Quarter“ mit einem Museum zu dem einst hier gebauten Luxusliner, von dem es auf T-Shirts und Teetassen heißt: „Erbaut von Iren, versenkt von einem Engländer“ (wz.de), dem Kapitän, der mit überhöhter Geschwindigkeit gegen den Eisberg donnerte.
Vorbild für die Iren ist die deutsche Wiedervereinigung. Die neuen Bundesländer hätten 1990 nicht extra eine EU-Mitgliedschaft beantragen müssen. Sie wurden automatisch als Teil des wiedervereinigten Deutschlands betrachtet. Das ist das Modell, das die Iren in den nächsten fünf Jahren kopieren möchten. Eine Kleinigkeit gibt es davor noch zu regeln: Boris Johnson müsste einem Referendum über die Wiedervereinigung Irlands zustimmen …
Der Brexit als Sprungbrett für die irische Wiedervereinigung: Das wäre die Horrorvorstellung der radikalen Protestanten. Und der Traum ihrer Gegner in der Partei Sinn Fein, die früher als politischer Arm der pro-irischen Terrororganisation IRA galt. Und die Sinn-Féin-Politikerin Martina Anderson fordert möglichst bald das Referendum …
Die Frage ist, ob sich auch in der Republik Irland eine ausreichende Mehrheit dafür finden würde. Denn dort drohen im Fall einer Wiedervereinigung Steuererhöhungen (md.de), um den deutlich ärmeren Landesteil an den reicheren anzugleichen. Kommt einem irgendwie bekannt vor.
Bei den irischen Parlamentswahlen am 8. Februar hatte Sinn Fein überraschend die etablierten Parteien Fianna Fail und Fine Gael überflügelt, wurde aber aufgrund des komplizierten Wahlsystems nur zweitstärkste Kraft im Parlament in Dublin. Mary Lou McDonald, Vorsitzende der republikanischen Sinn-Fein-Partei, bekräftigte, es habe sich nicht um eine Protestwahl gehandelt: „Ich bin absolut sicher, dass wir gewählt wurden, um an die Regierung zu kommen“ (thetimes.co.uk).
Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden, dafür ist eine Mehrheit von 80 Stimmen nötig. Eine Koalition von Fianna Fáil, Sinn Féin und den Grünen wäre rechnerisch möglich, doch die Parteien haben inhaltlich wenig gemein. Sogar eine Neuwahl wird nicht ausgeschlossen, wenn keine Lösung gefunden wird. In diesem Fall könnte Sinn Féin ihre Position noch weiter stärken.
Trotz des Triumphs bei der Wahl stehen die größten Herausforderungen McDonald noch bevor. Auch wenn es ihr gelingen würde, Teil einer Regierung zu werden, wären die sozialen Versprechen, die sie während der Kampagne gemacht hat, nicht einfach umzusetzen. So will sie die Staatsausgaben drastisch erhöhen, aber gleichzeitig Steuern für Geringverdiener senken. Aus finanzieller Sicht steht ihr Programm auf wackeligen Füßen (SPON). Das seien populistische Forderungen. Experten warnen, dass die neuen jungen Wähler von Sinn Féin volatil sind. Heute sehen sie in der Partei eine Hoffnung, morgen können sie schon wieder enttäuscht sein und sich abwenden