Brexit … Der Anfang ist gemacht! Wer ist raus? Endgültig?

Die britischen Inseln umfassen sowohl Großbritannien als auch das Vereinigte Königreich – und sämtliche kleinere Inseln darum herum, wie zum Beispiel die Isle of Man oder die schottischen Inseln.

Dieser Begriff schließt entsprechend auch Irland ein, das kein Teil des Vereinigten Königreichs ist – beziehungsweise nicht mehr. Denn was zum Vereinigten Königreich zählt, hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewandelt.

Es rumort nach dem Brexit. Die nordirische Europa-Abgeordnete Martina Anderson forderte Ende letzten Monats möglichst bald ein Referendum über die Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland im Süden.

Dies ergebe sich zwangsläufig daraus, dass die Mehrheit der Nordiren beim Brexit-Referendum 2016 gegen einen Austritt aus der EU gestimmt habe, der nun aber dennoch vollzogen worden sei (dpa).

Irland ist seit 1921 geteilt. Damals erkämpften sich die Iren Autonomie, die sie später zur vollständigen Unabhängigkeit von Großbritannien ausbauten. Dies galt aber nur für etwa fünf Sechstel der Insel: Der Norden, damals die mit Abstand reichste Region und die einzige mit einer protestantischen Mehrheit, blieb Teil des Vereinigten Königreichs.

Immer wieder stößt man in Belfast auf Hinweistafeln, die darüber informieren, dass hier etwas mit EU-Geldern aufgebaut worden ist. Ein solches Schild hängt zum Beispiel im „Titanic Quarter“ mit einem Museum zu dem einst hier gebauten Luxusliner, von dem es auf T-Shirts und Teetassen heißt: „Erbaut von Iren, versenkt von einem Engländer“ (wz.de), dem Kapitän, der mit überhöhter Geschwindigkeit gegen den Eisberg donnerte.

Vorbild für die Iren ist die deutsche Wiedervereinigung. Die neuen Bundesländer hätten 1990 nicht extra eine EU-Mitgliedschaft beantragen müssen. Sie wurden automatisch als Teil des wiedervereinigten Deutschlands betrachtet. Das ist das Modell, das die Iren in den nächsten fünf Jahren kopieren möchten. Eine Kleinigkeit gibt es davor noch zu regeln: Boris Johnson müsste einem Referendum über die Wiedervereinigung Irlands zustimmen …

Der Brexit als Sprungbrett für die irische Wiedervereinigung: Das wäre die Horrorvorstellung der radikalen Protestanten. Und der Traum ihrer Gegner in der Partei Sinn Fein, die früher als politischer Arm der pro-irischen Terrororganisation IRA galt. Und die Sinn-Féin-Politikerin Martina Anderson fordert möglichst bald das Referendum …

Die Frage ist, ob sich auch in der Republik Irland eine ausreichende Mehrheit dafür finden würde. Denn dort drohen im Fall einer Wiedervereinigung Steuererhöhungen (md.de), um den deutlich ärmeren Landesteil an den reicheren anzugleichen. Kommt einem irgendwie bekannt vor.

Bei den irischen Parlamentswahlen am 8. Februar hatte Sinn Fein überraschend die etablierten Parteien Fianna Fail und Fine Gael überflügelt, wurde aber aufgrund des komplizierten Wahlsystems nur zweitstärkste Kraft im Parlament in Dublin. Mary Lou McDonald, Vorsitzende der republikanischen Sinn-Fein-Partei, bekräftigte, es habe sich nicht um eine Protestwahl gehandelt: „Ich bin absolut sicher, dass wir gewählt wurden, um an die Regierung zu kommen“ (thetimes.co.uk).

Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden, dafür ist eine Mehrheit von 80 Stimmen nötig. Eine Koalition von Fianna Fáil, Sinn Féin und den Grünen wäre rechnerisch möglich, doch die Parteien haben inhaltlich wenig gemein. Sogar eine Neuwahl wird nicht ausgeschlossen, wenn keine Lösung gefunden wird. In diesem Fall könnte Sinn Féin ihre Position noch weiter stärken.

Trotz des Triumphs bei der Wahl stehen die größten Herausforderungen McDonald noch bevor. Auch wenn es ihr gelingen würde, Teil einer Regierung zu werden, wären die sozialen Versprechen, die sie während der Kampagne gemacht hat, nicht einfach umzusetzen. So will sie die Staatsausgaben drastisch erhöhen, aber gleichzeitig Steuern für Geringverdiener senken. Aus finanzieller Sicht steht ihr Programm auf wackeligen Füßen (SPON). Das seien populistische Forderungen. Experten warnen, dass die neuen jungen Wähler von Sinn Féin volatil sind. Heute sehen sie in der Partei eine Hoffnung, morgen können sie schon wieder enttäuscht sein und sich abwenden

Baum biegt den Wind,

Naturgewalt pur.

Keiner wird’s aufhalten,

der Mensch duckt sich.

Das Tier tut´s ihm gleich.

Der Globus, eine Kugel.

So ist die Welt entstanden,

Intelligent Design!

Hintergründe verstehen wir nicht,

„Finger weg!“ hieß es dazumal.

Alles Leben, geboren,

um zu reisen, querfeldein.

Keiner und nichts soll es hindern,

auf seinem Weg.

Was haben wir getan?!

Zog der Erste eine Linie,

sagte: „Meins!“ und ging.

Der Andere hat´s ihm nachgetan.

Vorbei mit der Ruhe,

Nachbarn dürfen Linien nicht übertreten.

So erzählt man es sich.

Alles aus alter Zeit …

Überall auf diesem Raumschiff

sind die Linien, mit den Limits

kam das Wort Frieden.

Aber auch der Krieg!

Nicht jeder macht halt an Grenzen.

Warum auch?!

Begehrlichkeiten wachsen,

die Erde ist für alle da!

Die Grenze brachte Ruhe,

bei Zweien.

Bei vielen hieß es Frieden,

alles geregelt.

Dazwischen der Krieg …

Streichen wir aus unserem Wortschatz:

Limit, Grenze, Linie und so weiter.

Worte wie Ruhe und Frieden

würden überflüssig.

Vielleicht auch der Krieg …

Die Welt hat natürliche Grenzen:

Flüsse und Gebirge.

Menschen ist nicht vorbestimmt,

weitere zu ziehen.

Lasst es endlich!

Bei den Angriffen durch britische und amerikanische Bomber am 13. und 14. Februar 1945 starben nach Schätzungen etwa 25.000 Menschen. Große Teile des historischen Stadtkerns und angrenzender Wohnviertel wurden zerstört. Nach Einschätzung britischer Historiker war vor allem das Ziel, die Eisenbahn-Infrastruktur zu zerstören und so die Verlegung deutscher Truppen zur Ostfront zu stoppen.

Als sich damals die deutsche Niederlage abzeichnete, hatte kaum einer der knapp 600.000 Einwohner im malerischen „Elbflorenz“ noch damit gerechnet, zum Ziel alliierter Bombenangriffe zu werden. Die Stadt war schutzlos, die Flugabwehr längst an die Ostfront abgezogen worden.

In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar warfen 796 britische Lancaster-Bomber ihre tödliche Fracht in zwei Angriffswellen fächerförmig über der Stadt ab, wie schon erstmals im September 1944 an Darmstadt erprobt. 311 amerikanische „B-17“-Bomber zerstörten am nächsten Tag, was von Dresden noch übrig war.

Weil die Zahl der Opfer dieser Angriffe über Jahrzehnte umstritten war – die Angaben schwankten in der Regel zwischen etwa 20.000 und 500.000 Menschen -, setzte im Jahr 2004 der damalige Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg eine Historikerkommission ein.

Vor allem Rechtsextremisten hatten die Angriffe immer wieder als beispiellos hingestellt und somit versucht, die deutsche Kriegsschuld zu relativieren. Es war ein Mythos, den schon der Propagandaapparat der Nationalsozialisten am Ende des Zweiten Weltkriegs für sich zu nutzen versuchte.

In ihrem fast 100 Seiten starken Bericht kam die Historikerkommission nach mehr als fünf Jahren Forschung zu dem Schluss, dass bei den Angriffen nicht mehr als 25.000 Menschen (stern.de) ums Leben kamen.

Die Experten untersuchten unter anderem Friedhofsunterlagen nach Angaben zu den Todesopfern und werteten über 1.300 Aussagen von Zeitzeugen aus. Außerdem gingen die Forscher der Behauptung nach, Tausende Menschen seien im Inferno spurlos verbrannt – und dadurch liege die Zahl der Opfer in Wahrheit weit höher.

Nach der Konsultation von Experten – unter anderem aus Brandschutz, Rechtsmedizin, Archäologie und Architektur – kamen die Historiker aber zu dem Schluss, dass das spurlose Verschwinden einer größeren Zahl von Menschen unmöglich gewesen ist.

Die Ereignisse von Dresden wurden immer wieder propagandistisch genutzt (Henning Fischer, Historiker, zeit.de, 13.02.2020). Das traf in verschiedenen geschichtlichen Phasen auf fruchtbaren Boden. Unter anderem im Kalten Krieg hat man die Erzählung der Angriffe in der DDR genutzt, um eine politische Front gegen die Westalliierten aufzubauen. Sie haben eine derartige symbolische Kraft bekommen, sind ein Teil der Lebensgeschichten in Dresden und der Stadtöffentlichkeit geworden wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Gedenken an jene schreckliche Nacht im Februar 1945: Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog sprach 1995 von einem Gedenken, das sich gegen „den Krieg als solchen“ richten sollte. Es gab Initiativen, die darauf drangen, die jüdische und nationalsozialistische Geschichte der Stadt in das Gedenken miteinzubeziehen.

Lange wurde in Dresden um den richtigen Umgang mit dem Gedenken gerungen. Erst 2010 gelang es, mit einer Menschenkette einen Konsens für den breiten bürgerlichen Protest gegen die Rechtsextremen zu finden, die seit Jahren den Gedenktag für ihre Propaganda missbrauchen. Zeitweise versammelten sich mehr als 6.000 Neonazis in der Stadt.

Wer heute noch die Toten von Dresden gegen die Toten von Auschwitz aufrechnet; wer versucht, deutsches Unrecht kleinzureden; wer wider besseres Wissen historische Fakten verfälscht, dem müssen wir als Demokratinnen und Demokraten die Stirn bieten“ (Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zeit.de).

Mit der Kette, zu der in den vergangenen Jahren bis zu 12.000 Leute strömten, möchten die Dresdner einerseits an die Opfer der Luftangriffe erinnern. Zum anderen wehren sich die Bürger gegen einen Missbrauch des Dresden-Gedenkens durch Rechtsextreme und andere Revisionisten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat beim Gedenken an die Bombardierung Dresdens vor 75 Jahren zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. Gefahren wie Menschenverachtung, Antisemitismus und Rassenwahn seien bis heute nicht gebannt.

Kramp-Karrenbauers Tage als Parteichefin der CDU sind gezählt. Mit einem neuen Kanzlerkandidaten soll es für die Union wieder aufwärts gehen. Geht es nach der Meinung der Deutschen, kommt dafür nur einer infrage (t-online.de).

Nach dem angekündigten Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer sucht die CDU einen neuen Parteichef und Kanzlerkandidaten. Während in der Union bald das Gezerre um die Nachfolge losgehen wird, haben die Deutschen bereits einen klaren Favoriten für den Job: Deutlich mehr als jeder Dritte glaubt, dass der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz der geeignetste Kanzlerkandidat für die Union wäre.

Die K-Frage …

Friedrich Merz hat angedeutet, wie er nach dem angekündigten Rückzug der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer seine Rolle sieht. In einer Rede vor dem CDU-nahen Wirtschaftsrat des Landes Sachsen-Anhalt sagte er am Dienstagabend, er wolle einen „persönlichen Beitrag dazu leisten“, dass die Union wieder zur großen Volkspartei werde. Er wolle das aber so tun, dass die Einheit der Partei „nicht gefährdet“ werde.

Der Machtkampf in der CDU hat begonnen. Die Partei muss einen neuen Vorsitzenden finden – und die Union einen neuen Kanzlerkandidaten. Wer könnte Kramp-Karrenbauers Nachfolge antreten?

Noch hat sich kein Kandidat für die Nachfolge von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer so richtig aus der Deckung gewagt. Doch es wird längst spekuliert, wer die Union in den kommenden Bundestagswahlkampf führen soll und/oder sogar als Kanzlerkandidat antreten könnte.

Friedrich Merz unterlag Kramp-Karrenbauer beim Bundesparteitag Ende 2018 denkbar knapp – seine Bewerbungsrede um den Parteivorsitz zündete nicht so recht. Der 64-jährige Jurist und Finanzexperte aus dem Sauerland gilt als großes politisches Talent.

Er begann seine politische Laufbahn 1989 mit der Wahl ins Europaparlament. 1994 zog Merz für den Hochsauerland-Wahlkreis in den Bundestag ein. Auf dem Höhepunkt des Parteispendenskandals wurde er im Februar 2000 als Nachfolger Wolfgang Schäubles zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt – und 2002 von Parteichefin Merkel verdrängt. Der Wertkonservative zog sich danach von wichtigen Posten in Fraktion und Partei zurück und arbeitete als Rechtsanwalt (tagesschau.de). Merz ist meinungsstark und ein glänzender Rhetoriker.

Jens Spahn, Armin Laschet und Markus Söder … Die Konkurrenten! Es mag ein Rennen in der CDU geben, ob sich jene Kandidaten richtig ins Zeug dabei legen, bleibt abzuwarten.

Schon Ende Oktober letzten Jahres ließ Friedrich Merz Umfragen gemäß seine Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur von CDU/CSU weit hinter sich. Dabei ist es ganz egal ob man Unions-Wähler oder die Allgemeinheit befragt. Annegret Kramp-Karrenbauer liegt abgeschlagen zurück (cicero.de, 29.10.2019).

Aus der Ferne betrachtet hat die Union vier denkbare Kanzlerkandidaten: Armin Laschet, Friedrich Merz, Jens Spahn und Markus Söder. Genau besehen sind es aber nur zwei. Jens Spahn ist zwar unbestritten ein CDU-Hoffnungsträger und tatkräftiger Minister, doch hat er den Wettstreit um den Parteivorsitz vor 14 Monaten viel zu deutlich verloren, als dass er nun ernsthaft antreten könnte. Er ist jung und klug genug, um seine ganz großen Optionen zu vertagen und sich jetzt eher den nächsten Schritt – etwa zum Fraktionschef – zu sichern.

Und auch Markus Söder wird für 2021 kein Kanzlerkandidat mehr, weil er sich selber aus dem Rennen nimmt. Zu laut und zu deutlich verkündet er seit Wochen und auch nach dem AKK-Rücktritt noch einmal, dass sein Platz in Bayern sei. Also: Merz oder Laschet …

Es dar kein monatelanges Tauziehen werden, 2021 naht, die Wahlen! Und die SPD hat es vorgemacht: Zuviel Gerede und es laufen einem die Wähler davon.

Auch der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer hat der CDU geraten, ihre Führungskrise rasch zu lösen. Die CDU könne es sich nicht leisten, sich ein halbes Jahr in internen Grabenkämpfen zu verstricken, um dann auf einem ordentlichen Parteitag die nun anstehenden Fragen zu klären (handelsblatt.com),

Es müsse jetzt in den nächsten Wochen einen Sonderparteitag geben. Die CDU solle nicht den Fehler der SPD wiederholen, sich monatelang für die Wahl einer neuen Führung Zeit zu lassen. Sonst liefe sie Gefahr, ihren Status als Volkspartei zu verlieren.

In CDU-Kreisen hieß es, Kramp-Karrenbauer werde „zum Sommer“ den Prozess der Kanzlerkandidatur organisieren, „die Partei weiter auf die Zukunft vorbereiten“ und dann den Parteivorsitz abgeben. Weiteres werde sie auf einer Pressekonferenz nach den Sitzungen von Parteipräsidium und Vorstand am Montag bekanntgeben. Im Präsidium habe sie gesagt, dass es ein ungeklärtes Verhältnis „von Teilen der CDU“ zur AfD und zur Linkspartei gebe. Sie sei weiterhin „strikt“ gegen eine Zusammenarbeit der CDU mit AfD und Linken.

Kramp-Karrenbauer hatte zu Beginn des Jahres 2018 ihr Amt als saarländische Ministerpräsidentin abgegeben, war mit einem hervorragenden Ergebnis zur CDU-Generalsekretärin gewählt worden und galt seither als Anwärterin für die Nachfolge Angela Merkels. Im Dezember 2018 war sie bereits zur CDU-Vorsitzenden gewählt worden, im Sommer des vorigen Jahres dann als Verteidigungsministerin ins Kabinett Merkel eingetreten. Dieses Amt soll sie nach dem Wunsch Merkels behalten.

Die amtierende CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer will jetzt nicht mehr Kanzlerkandidatin werden. Dies teilte die Politikerin am Montag im CDU-Präsidium mit, wie ein Sprecher der Partei erklärte.

Auch werde sie den CDU-Vorsitz in absehbarer Zeit abgeben, wie es weiter aus Parteikreisen heißt. Sie wolle vielmehr „zum Sommer den Prozess der Kanzlerkandidatur organisieren, die Partei weiter auf die Zukunft vorbereiten und dann den Parteivorsitz abgeben“.

Für Kramp-Karrenbauer ist es „offensichtlich, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft sowie Kanzlerkandidatur in eine Hand gehörten“ (fr-online.de). Daher strebe sie keine Kanzlerkandidatur an. Dass sie als Kanzlerkandidatin und Parteivorsitzende neben Angela Merkel agierte, war ihr stets als Nachteil ausgelegt worden.

Aktuell war Annegret Kramp-Karrenbauer im Kontext der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen wieder in den Fokus der Diskussion geraten. Ihr wurde mangelnde Führungskraft innerhalb ihrer eigenen Partei vorgeworfen. Nach dem Wahl-Debakel in Erfurt hatte sie den Thüringer CDU-Landesverband aufgefordert, sich von der Wahl Kemmerichs zu distanzieren und ihn als Ministerpräsidenten nicht zu unterstützen. Sie hatte die Durchsetzung des Präsidiumsbeschlusses für Neuwahlen gefordert.

Doch die Thüringer CDU denkt nicht daran, ihrer Vorsitzenden zu folgen. Also nun doch keine Neuwahlen. AKKs Blitzbesuch in Thüringen hatte trotz intensiver Gespräche bis in die tiefe Nacht zum Freitag hinein keinen Erfolg gebracht.

Die Ereignisse in Thüringen haben diese schärfere Abgrenzung nach rechts notwendig gemacht. Dabei verschiebt sich in der CDU allerdings die Bewertung der Linkspartei ein wenig. Dieser Punkt nimmt eine Abstufung zwischen AfD und Linkspartei vor.

Von der Linken ist allerdings nichts zu lesen. Zwar schließt die CDU im ersten Punkt des Präsidiumsbeschlusses noch aus, dass die CDU „für einen Kandidaten der AfD oder der Linkspartei“ bei einer Ministerpräsidentenwahl stimmen könnte. Ein Kandidat, der auf Stimmen der Linkspartei angewiesen, aber nicht Mitglied der Linken ist, wäre allerdings okay.

Diese Unterscheidung zwischen Linke und AfD ist in der Tat eine historische Neuerung für die CDU, weil damit die alte „Hufeisen-Theorie“ (watson.de) nicht mehr gilt, die in der Unvereinbarkeitsklausel der CDU festgeschrieben wurde. Die Extremismustheorie besagt, dass sich Links- und Rechts-Außen an den Enden der politischen Skala berühren. Punkt zwei räumt diese Gleichsetzung von Linke und AfD in der CDU ab.

Kramp-Karrenbauer, die als Parteichefin ohnehin glücklos agierte, musste damit eine weitere Schwächung ihrer Autorität hinnehmen. Offenbar hatte sie den thüringischen Landesverband nicht im Griff, der vergangene Woche zusammen mit der AfD für den FDP-Politiker Kemmerich als Ministerpräsidenten gestimmt hatte – und damit bundesweit Entrüstung entfachte.

Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich bis dato zurückhaltend zur Lage in der CDU nach dem angekündigten Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer als Parteichefin geäußert. „In so einer Situation ist kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden“, ließ der CDU-Politiker am Montag mitteilen (dpa).

Über 130 Unterschriften Prominenter hat der Journalist Günter Wallraff für die Freilassung von Julian Assange gesammelt. Die Unterzeichner befürchten, der Wikileaks-Gründer könnte in die USA ausgeliefert werden. Dort drohen ihm wegen der Veröffentlichung interner Militärdokumente bis zu 175 Jahre Gefängnis.

Briten und Amerikaner behandeln den WikiLeaks-Gründer Assange wie einen Schwerverbrecher. Jetzt kritisieren Schriftsteller und Politiker seine Haftbedingungen als Verstoß gegen die Menschenrechte.

Das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, im Südosten Londons gelegen, wurde einst für Terroristen und andere Schwerverbrecher gebaut, ehemalige Kämpfer der nordirischen IRA sitzen hier ein und berüchtigte Islamisten. Wegen der harten Haftbedingungen wird das Gefängnis auch die „britische Version von Guantánamo Bay“ (zeit.de) genannt.

Der derzeit prominenteste Insasse des Knastes ist allerdings weder Terrorist noch Schwerverbrecher, wenngleich er wie ein solcher behandelt wird: Assange, der enigmatische Australier und Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks. Er wartet in Belmarsh auf den nächsten Akt in einem Drama, in dem es um Spionage, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit geht – und nicht zuletzt wohl auch um Rache.

Ohne Julian Assange wäre das Bild vom unendlichen Krieg in Afghanistan um viele Facetten ärmer, vor allem staatstragender und unerträglich verharmlosend. Seit 2010 weiß die Welt mehr über das Elend, die Unmenschlichkeit, die Verlogenheit dieses US-geführten Feldzugs. Damals wurden zigtausend geheime Militär- und Geheimdienst-Dokumente auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht. Gründer dieses investigativen Internet-Mediums ist Julian Assange.

Von seiner Idee profitieren seither Journalisten auf der ganzen Welt. Schneller und besser denn je können sie sich vernetzen, um intransparentes, rechtswidriges oder gar verbrecherisches Handeln politischer und wirtschaftlicher Eliten aufzudecken. Dass sich die Mächtigen in Regierungs- und Konzernzentralen davor fürchten, ist klar. Und sie sollen sich dagegen auch wehren können – aber bitte mit fairen Mitteln und Methoden. Davon aber kann im Kampf gegen Assange schon lange keine Rede mehr sein.

In der Causa Julian Assange hat der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, erneut das Vorgehen westlicher Staaten scharf gerügt und den Finger in eine offene Wunde gelegt. Es werde viel diskutiert darüber, ob der Wikileaks-Gründer Julian Assange etwas Falsches gemacht habe oder nicht, meint Melzer. Diese Frage erscheint dem in Glasgow lehrenden Schweizer Rechtsprofessor aber schal angesichts der sich vor den Augen der Gesellschaft abspielenden viel größeren Vergehen etwa in Afghanistan oder im Irak.

Wir leben in einer Zeit, in der unsere eigenen Kriegsverbrechen nicht länger verfolgt werden“, klagte Melzer schon am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion über Assange im Frontline Club in London, einem Treff für Medienschaffende unweit vom Bahnhof Paddington. Auch der Westen habe in den vergangenen Jahren Aggressionskriege geführt. Für solche Schritte „haben wir Menschen in Nürnberg gehängt“, verwies der Jurist auf die Nürnberger Prozesse gegen deutsche Nazi-Hauptkriegsverbrecher direkt nach dem Zweiten Weltkrieg (heise.de).

Der Beginn des Auslieferungsverfahrens ist für Ende Februar vorgesehen. Assange war im April 2019 in London verhaftet worden und sitzt in Großbritannien eine fast einjährige Gefängnisstrafe wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen ab (n-tv.de).

Zuvor hatte er sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt, um einer Auslieferung nach Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen aus dem Jahr 2010 zu entgehen. Die schwedische Justiz hat die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange im November 2019 fallengelassen.

Wenn Journalisten und Whistleblower befürchten müssten, die Aufdeckung staatlicher Verbrechen mit Einkerkerung oder ihrem Leben zu bezahlen, sei die „vierte Gewalt“ in Gefahr, sagte Wallraff bei seinem Aufruf. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) klagte, die Ausübung der Pressefreiheit werde kriminalisiert.

Ihnen kann an diesem historischen Trauertag nur entgegnet werden: Vor 87 Jahren, am 30. Januar 1933, wurde ein gewisser Adolf Hitler vom demokratisch gewählten Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Hitlers Partei war in einer demokratischen Wahl stärkste Fraktion geworden. Am 5. März desselben Jahres verabschiedete der Reichstag das „Ermächtigungsgesetz“, das der Abschaffung der Demokratie gleichkam – mit den Stimmen der „bürgerlichen“ Parteien.

Was läuft da in Thüringen? Der Politikwissenschaftler Martin Florack spricht gar vom „Sündenfall“ (tagesschau.de).

Der Vergleich zwischen dem Ende der Weimarer Republik und dem Skandal von Erfurt ist an einer Stelle legitim: Erneut erweist sich, dass formal demokratische Entscheidungen den Feinden der Demokratie den Weg ebnen können.

Genau das ist am Mittwoch im Thüringer Landtag geschehen. Nicht, weil Höcke demnächst an die Regierung käme, so weit ist es noch nicht. Aber mit der Wahl Kemmerichs ist es seiner Partei erstmals gelungen, einen Block mit den „Bürgerlichen“ zu bilden, um die demokratische Alternative, in diesem Fall Rot-Rot-Grün, zu verhindern.

Der bisherige thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat nach der umstrittenen Wahl der FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD ein Zitat von Adolf Hitler auf Twitter veröffentlicht. „Den größten Erfolg erzielten wir in Thüringen. Dort sind wir heute wirklich die ausschlaggebende Partei. […] Die Parteien in Thüringen, die bisher die Regierung bildeten, vermögen ohne unsere Mitwirkung keine Majorität aufzubringen. A. Hitler, 02.02.1930“ (welt.de), schrieb Ramelow auf Twitter.

Zuvor war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich vom Thüringer Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden – auch mit Hilfe der AfD. Im dritten Wahlgang erhielt Kemmerich am Mittwoch 45 Stimmen und damit eine Stimme mehr als der bisherige Amtsinhaber Bodo Ramelow (Linke). Damit stimmte die AfD-Fraktion offenbar geschlossen für den FDP-Kandidaten, ihr eigener Bewerber Christoph Kindervater erhielt keine Stimme.

Auch die FDP hadert mit der Entwicklung. Parteichef Lindner reist am Donnerstag als erster Spitzenvertreter einer Bundespartei zu Gesprächen nach Erfurt. Laut Medienberichten erwägt er, eine Vertrauensfrage im Erfurter Landtag anzuregen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen.

Der Mann, der alles erklären sollte, kam zur Pressekonferenz zwanzig Minuten zu spät. Christian Lindner lief mit reichlich Verzug die Treppe im Hans-Dietrich-Genscher-Haus nach unten und stellte sich ans Pult vor die Journalisten. „Die FDP verhandelt und kooperiert mit der AfD nicht“ sagt er vor der Presse.Wer umgekehrt unsere Kandidaten in einer geheimen Wahl unterstützt, das liegt nicht in unserer Hand“, fügte er hinzu. Die FDP ist in Ostdeutschland ohnehin schwach und kaum organisiert. Der Einzug in den Landtag war als großer Erfolg bejubelt worden. Sollte es jetzt zu Neuwahlen kommen, muss sie damit rechnen, aus dem Parlament zu fliegen. Dann war es ein kurzes Vergnügen.

Gerhart Baum, der frühere FDP-Innenminister, sagte: „Ein Hauch Weimar liegt in der Luft“ (SPON). Was in Realität passierte, hatte schon deshalb zumindest kein Außenstehender im Kalkül, weil es bisher noch in keiner Realität passiert war: dass eine Partei – in diesem Fall die AfD – ihren eigenen Kandidaten allenfalls zur Ablenkung im Wettbewerb ließ. Sie hatte gar nicht vor, ihn zu wählen – sondern stimmte geschlossen für den neuen Bewerber der FDP. Plötzlich war Thomas Kemmerich Ministerpräsident. Wie hatte Björn Höcke, der Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD, zuvor über seine Partei, CDU und FDP gesagt: „Wir können so viel gemeinsam erreichen“.

Es ist eine Schande, dass Kemmerich in Kenntnis des Ergebnisses diese Wahl angenommen hat. Im dritten Wahlgang ist in Thüringen gewählt, „wer die meisten Stimmen erhält“. Der Landtag besteht aus 90 Abgeordneten. Hätte zum Beispiel der AfD-Kandidat in diesem dritten Wahlgang 22 Stimmen erhalten, Ramelow 20, Kemmerich 26; der Rest Enthaltungen: Es wäre eine zwar kuriose, aber seriöse Wahl gewesen. Weil aber tatsächlich der AfD-Kandidat null Stimmen bekam und es auch lediglich eine Enthaltung gab, konnte Thomas Kemmerich nur durch ein Zusammenwirken der bürgerlichen Parteien CDU und FDP mit einer Partei ins Amt kommen, an deren Spitze in Thüringen ein Nazi steht. Noch mal zur Erinnerung: „Denkmal der Schande“, „tausendjährige Zukunft“, „wohltemperierte Grausamkeit“, „vollständiger Sieg der AfD“ usw. (sueddeutsche.de), alles Zitate des Björn Höcke, im Diskurs platziert. Der Mann nutzt die Instrumente der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, um diese zu bekämpfen.

Zahlreiche Länder sind im Syrien-Konflikt direkt involviert und verfolgen dort vor allem eigene Interessen. Zwei besonders gewichtige Akteure stehen in Syrien zwar auf unterschiedlichen Seiten, sind bislang aber ungeachtet dessen auch internationale Partner: Russland und die Türkei. Deren Zusammenarbeit steht nach den Ereignissen vom Montag in Frage.

Die Türkei hat nach Angaben ihres Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Montag F-16-Kampfjets nach Syrien geschickt, die dort auf Dutzende Ziele feuerten, die der syrischen Armee zugerechnet wurden. Der Regierung in Ankara zufolge wurden dabei zwischen 35 und 76 syrische Soldaten getötet beziehungsweise „neutralisiert“ (n-tv.de), was auch Verletzte einschließen könnte.

Seit gut zwei Monaten geht das Asad-Regime mit Hilfe der russischen Luftwaffe wieder verstärkt in Idlib vor. In der überwiegend von islamistischen Rebellen kontrollierten Region leben über drei Millionen Menschen. Rund die Hälfte davon sind Vertriebene, die vor dem Regime aus anderen syrischen Gebieten geflüchtet waren. Der Vormarsch der Regierungstruppen hat in Idlib eine neue Fluchtwelle ausgelöst. Seit Anfang Dezember floh eine halbe Million Menschen aus dem Süden der Provinz an die geschlossene türkische Grenze im Norden.

Trotz dem immensen menschlichen Leid ist das Asad-Regime entschlossen, „jeden Zentimeter syrischen Bodens“ (nzz.ch) zurückzuerobern. Offensichtlich ist es vom russischen Rückhalt so überzeugt, dass es sich auch durch die gegenwärtigen türkischen Manöver nicht bremsen lässt. In der Nacht auf Montag kam ein neuer türkischer Militärposten westlich von Sarakeb unter Artilleriebeschuss.

Ankara hatte 2019 erklärt, nach dem Einmarsch in Nordsyriens Kurdenregion bis zu zwei Millionen in der Türkei lebende Männer, Frauen und Kinder umsiedeln zu wollen. Dies verstoße einem Gutachten des Deutschen Bundestages nach gegen internationales Recht, wenn keine Gefahr für „die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe“ vorlägen. Beobachter wiesen zuletzt darauf hin, dass die syrischen Kurden die Türkei weder angegriffen noch bedroht hätten. Die Bundesregierung sprach davon, eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge nur unterstützen zu wollen, wenn sie „ohne gezielte Veränderung der demografischen Struktur vor Ort“ erfolge, wie es im Gutachten heißt.

Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte nach einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan dem Kreml zufolge, die Lage rund um Idlib sei besorgniserregend. Es gebe eine starke Zunahme terroristischer Gruppen. Dies führe auch zu vielen zivilen Opfern, sagte Putin am späten Abend. Es sei vereinbart worden, dass die Verteidigungsministerien beider Länder Sofortmaßnahmen zur besseren Koordinierung des Vorgehens in Syrien ergreifen sollten. Details wurden zunächst nicht genannt. Es sei außerdem notwendig, dass das Abkommen beider Länder zu Idlib strikt umgesetzt werde.

Viele Menschen sind nun auf der Flucht in der Region. UNO-Hilfsorganisationen warnen schon seit Längerem vor einer humanitären Katastrophe vor Ort. Mit fortschreitender Rückeroberung des Landes durch Assad ist die Zahl der Menschen, die in Idlib leben, von einer auf drei Millionen angewachsen. Laut UNO sind seit Anfang Dezember Massen von Menschen auf der Flucht. Die Zahl der Vertriebenen in den vergangenen neun Monaten soll sich auf 750.000 belaufen (SPON).

Schon jetzt haben die Spannungen zwischen Moskau und Ankara zugenommen. Ein Versuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin, eine politische Lösung für Idlib zu finden, war in der Vergangenheit gescheitert. Erdogan, der verschiedene Rebellengruppen unterstützt, gelang es nicht, die HTS-Miliz abzurüsten; Putin konnte Assad nicht von dessen Plan abbringen, ganz Syrien zurückzuerobern.

In Idlib wird die letzte Schlacht geschlagen, die stärker eskaliert als bei den früheren Offensiven, bei denen die dschihadistischen Milizen mit ihren Familien der Abzug in noch nicht von Damaskus kontrollierte Gebiete gewährt wurde. Zwar hat sich die Türkei, die die syrischen Islamisten unterstützt, in Nordsyrien mit Afrin und einem Gebiet von Rojava vorsorglich Territorien gesichert, um meist nicht-kurdische Flüchtlinge aus Syrien und alliierte Milizen mit ihren Familien anzusiedeln und zugleich die Kurden aus den Grenzgebieten zu vertreiben, aber wenn Hunderttausende vor der Offensive in einem Massenexodus fliehen, ist Ankara überfordert. Die Türkei hat die Grenze geschlossen und nutzt die Situation, um die EU unter Druck zu setzen (heise.de), auch um auf Russland einzuwirken, die Offensive zu stoppen.