Die UN-Sonderbeauftragte für Migration, Louise Arbour, sagte, die Kritik am Pakt sei lächerlich: „Der Vertrag fördert Migration nicht, und er verhindert sie nicht. Er anerkennt, dass sie eine Realität ist“ (web.de).

Tatsächlich ist Migration ein globales Phänomen, von dem alle Länder der Welt betroffen sind. Zum Teil folgen die Wanderungsbewegungen den weltweiten Arbeitsmärkten – ein großer Teil der Menschen befindet sich aber auch auf der Flucht vor Kriegen und Verfolgung.

Laut dem „Migrationsreport der UN“ lebten im Jahr 2017 rund 258 Millionen Menschen (78 Millionen davon in Europa) nicht in dem Land, in dem sie geboren wurden. Im Jahr 2000 waren es 173 Millionen. Laut UNHCR sind insgesamt 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

Die USA lehnten den Pakt von vornherein ab und nahmen gar nicht erst an den Verhandlungen teil. Somit blieben 192 von den 193 in der UN organisierten Staaten übrig.

Doch dann stiegen Australien und Ungarn aus; später folgten Österreich und Bulgarien. Estland und Tschechien haben bereits Nein gesagt.

Aus Polen, Kroatien und der Schweiz sind ebenfalls überwiegend kritische Stimmen zu hören – die Zustimmung aus diesen Ländern ist ungewiss.

Der Migrationspakt soll, laut den Vereinten Nationen, für eine sichere, geordnete und reguläre Migration sorgen. Damit sollen Menschen legal und gefahrlos in aufnahmebereite Staaten gelangen.

23 Ziele gibt der Migrationspakt der Vereinten Nationen vor. Die vereinbarten Schritte reichen von der Ausstellung gültiger Papiere über Grundleistungen wie medizinische Nothilfe bis hin zur gemeinsamen Sicherung der Grenzen.

Allerdings ist der Pakt völkerrechtlich nicht bindend. Das Abkommen verpflichtet also an keiner Stelle Staaten zur Aufnahme von Migranten. Auch werden keine Quoten oder Kontingente festgelegt.

Vielmehr wird ausdrücklich das Recht anerkannt, dass jeder Staat selbst seine nationale Migrationspolitik bestimmt. Experten sprechen von einem „Katalog“, aus dem sich jeder Staat aussuchen kann, was er umsetzen will.

Wohl mehr als 180 von ihnen werden am 10. Dezember dem UN-Migrationspakt beitreten, auf einer Konferenz in Marokko. Auch Deutschland wird dabei sein, die Regierungskoalition aus Union und SPD unterstützt den Pakt, genauso wie grüne, linke und liberale Oppositionsparteien (welt.de).

Das tiefe Misstrauen vieler Bürger gegen den Pakt und seinem Zustandekommen speist sich aus der Erfahrung, dass über die großen Migrantenzuwanderungen weder direkt abgestimmt, noch die langfristigen Folgen kommuniziert wurden. Von der Gastarbeiteranwerbung bis zur aktuellen Asylzuwanderung vermittelten die jeweiligen Bundesregierungen, dass es sich um eine zeitlich befristete Aufnahme handele. Doch ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Regelwerke – vom Grundgesetz über die Dublin-Verträge bis zur Genfer Flüchtlingskonvention – sorgt meist dafür, dass sich der Aufenthalt verstetigt.

Der Pakt ist 32 Seiten lang. Seine wesentlichen Ziele sind zwei: Als erstes nennt er Information. Die Migranten sollten über alles aufgeklärt sein, was ihren Weg betrifft, einschließlich der Risiken, die sie dabei eingehen. Die Bevölkerung der Transit- und Aufnahmeländer brauche „objektive, faktengestützte und klare Informationen“ über Vorzüge wie Nachteile der Migration, „um irreführende Narrative, die zu einer negativen Wahrnehmung von Migranten führen, auszuräumen.“

Ein weiteres Ziel ist es erklärtermaßen, „die nachteiligen Triebkräfte und strukturellen Faktoren zu minimieren, die Menschen daran hindern, in ihren Herkunftsländern eine nachhaltige Existenzgrundlage aufzubauen und aufrechtzuerhalten, und die sie dazu veranlassen, anderswo nach einer besseren Zukunft zu suchen“. Dazu schlägt er einerseits vor, die Lage dort zu bessern, also das, was in der deutschen Diskussion „Bekämpfung von Fluchtursachen“ heißt. Andererseits verlangt er Standards zugunsten derer, die trotzdem gehen. Ihre Menschenrechte sollen geachtet werden, sie sollen „Fürsorge und Unterstützung“ erhalten und Zugang zur Justiz, um ihre Rechte notfalls zu erstreiten (tagesschau.de).

Es kann uns also nicht schaden, wenn man alle Aspekte abwägt, diesem Pakt beizutreten. Deutschland und die Flüchtlinge können nur gewinnen. Eine Win-Win-Situation!

„Bloquons tout!“, lautet die Parole der Bewegung „Gilets Jaunes“, deutsch: Gelbwesten, an diesem Wochenende. Lasst uns alles lahmlegen! An mindestens 600 Orten im Land wollen Bürger aus Protest gegen hohe Lebenshaltungskosten und Steuern Straßen, Kreisverkehre oder Autobahn-Mautstellen versperren. Mancherorts stellen Betriebe vorsichtshalber die Produktion ein, zum Beispiel ein Toyota-Werk in Nordfrankreich. Innenminister Christophe Castaner sprach am Samstag von mehr als 1.000 Protestaktionen mit rund 50.000Teilnehmern (sueddeutsche.de).

Der Ärger richtet sich gegen den vermeintlich gierigen Staat im Allgemeinen und gegen Macron, den vermeintlichen Präsidenten der Reichen, im Besonderen. Den meisten Franzosen hat seine Politik bisher keine spürbaren Verbesserungen gebracht. Vielen Arbeitnehmern und Rentnern reicht das Geld zum Leben nicht mehr. „Ein Aufstand gegen die Ungerechtigkeit!“.

Für Macron ist die Gelbwesten-Bewegung die bisher schwierigste Machtprobe, seit er im Mai 2017 ins Amt kam. Denn dieser Protest wird nicht, wie bisher gewohnt, organisiert und kanalisiert von Gewerkschaften, mit denen die Regierung verhandeln könnte. Er ist in den sozialen Netzwerken entstanden – ausgehend von einem Lastwagenfahrer und einer Kosmetikerin. Anders als bei der Reform der Staatsbahn SNCF im vergangenen Frühjahr, als die ständische Verteidigung von Privilegien von der Regierung kalkulierbar war, ist die Kraft des Unmuts für Macron diesmal schwer abzuschätzen. Zudem sich die politische Opposition, vor allem die von rechts, schon zum Sprachrohr der Gelbwesten macht. Die Initiatoren wollen gar einen Marsch auf den Pariser Präsidentenpalast organisieren: Ziel ist der Elysée!

Die Regierung drohte bereits im Vorfeld mit einem harten Vorgehen der Polizei. Innenminister Castaner gab bereits Anfang der Woche eine Warnung aus. „Überall, wo es eine Blockade geben wird – und damit ein Risiko für Sicherheitseinsätze und auch den freien Verkehr –, werden wir einschreiten“, sagte er (bfmtv.com).

Premierminister Édouard Philippe ergänzte diesen Freitag, man könne demonstrieren, aber ein Land zu blockieren – wenn es notwendig sei, dass Krankenwagen durchkämen, dass jeder am Morgen zur Arbeit kommen müsse – das sei nicht akzeptabel. Das Recht, seine Meinung zu sagen und zu demonstrieren, sei in Frankreich selbstverständlich garantiert. Allerdings dürfe die Sicherheit anderer nicht gefährdet werden.

Die Wut der Franzosen speist sich zum einen aus den hohen Spritpreisen: Derzeit kostet der Liter Diesel 1,54 Euro, der Liter Super 1,56 Euro. Die Steuern auf Dieselkraftstoff sind seit Jahresbeginn bereits um 7,6 Cent pro Liter gestiegen (afp.com). Für Benzin sind demnach 3,9 Cent mehr Steuern zu zahlen. Zum anderen ist eine weitere Anhebung für das kommende Jahr geplant.

Zum 1. Januar will Präsident Macron die Dieselsteuer noch einmal erhöhen, bei Diesel um 6,5 Cent pro Liter, die auf Benzin soll um 2,9 Cent steigen. Begründet wird dies mit ökologischen Motiven – die Luftverschmutzung solle bekämpft werden – und der Autoabgasaffäre. Die Opposition wirft Macron dagegen vor, nur den Staatssäckel füllen zu wollen. 15 Milliarden Euro jährlich könnte der Fiskus nach Angaben der französischen Konservativen zusätzlich erwarten (welt.de).

Mehrere Zwischenfälle ereigneten sich, als Autofahrer versuchten, ihre Wagen durch Straßenblockaden zu steuern. Bei dem tödlichen Unfall nördlich von Grenoble geriet eine Autofahrerin in Panik, als rund 40 Teilnehmer der Straßenblockade auf ihr Dach trommelten, wie die zuständige Präfektur bekanntgab.

Vielleicht würden die Franzosen ein finanzielles Opfer für das Klima akzeptieren, wenn diese zusätzlichen Einnahmen der Staatskasse tatsächlich dem guten Zweck, nämlich der Finanzierung der Energiewende, dienen würden. Das ist jedoch nicht der Fall. Gerade mal 7,2 Mrd. Euro oder 19,1% der rund 50 Mrd. Euro Einnahmen aus der TICPE werden laut dem Staatshaushalt für 2019 dafür verwendet. 45,1% dagegen stehen dem Staat für andere Ausgaben oder zur Defizitdeckung zur Verfügung, 32,6 werden für die lokalen und regionalen Ausgaben bereit gestellt, ohne aber an irgend welche Umweltauflagen gebunden zu sein. Vom Rest (3,2%), mit dem Infrastrukturen im Verkehr mitfinanziert werden sollen, kann wenigstens der Teil für den Bau und Unterhalt der Schienen als Klimapolitik verkauft werden (nzz.ch).

Die Analyse der geplanten Verwendung entlarvt die angebliche „Ökosteuer“ auf Treibstoffe als triviale Steuererhöhung zur Sanierung der öffentlichen Finanzen.

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel hat die illegalen, aus der Schweiz stammenden Parteispenden unter anderem verwendet, um Anwaltsrechnungen und ihren Internetwahlkampf zu bezahlen (faz.net). Demnach schickte ein Kölner Anwalt, der von Weidel beauftragt worden war, gegen Journalisten vorzugehen, seine Rechnungen an die Bundesgeschäftsstelle der AfD. Von dort wurden sie mit Weidels Einverständnis an den Kreisverband Bodensee weitergeleitet, wo die Kreisgeschäftsführerin mit der Bearbeitung von Weidels Rechnungen betraut war.

Für die Begleichung wurde ein Unterkonto verwendet, auf dem die rund 130.000,– € aus der Schweiz lagerten. Das Unterkonto wurde geschaffen, um die Wahlkampfausgaben von den übrigen Ausgaben des Kreisverbandes zu trennen. Neben dem Anwalt wurde ein für Weidels Wahlkampf in sozialen Netzwerken zuständiger Mitarbeiter instruiert, seine Rechnung direkt an den Kreisverband zu richten.

Im April 2018 wurden die Parteispenden in die Schweiz zurücküberwiesen. Zuvor „will der Partei bewusst geworden sein“, dass Spenden von Nicht-EU-Bürgern illegal sind.

Vertreter anderer Parteien äußerten Zweifel am Aufklärungswillen der AfD. Unter anderen Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann warf Weidel vor, sie wolle „die Öffentlichkeit für dumm verkaufen“, wenn sie behaupte, sie habe nicht gewusst, dass Parteispenden aus Nicht-EU-Staaten illegal seien. Unklar ist bis dato, wie das schon für Anwalt und Wahlkampf ausgegebene Geld ersetzt wurde. Es gab keinen Beschluss des Bundesvorstandes, dem Kreisverband die Differenz zu ersetzen (faz.net). Demnach müsste der Kreisverband das Geld aus seinem normalen Budget oder weiteren Spenden entnommen haben.

Die Staatsanwaltschaft Konstanz prüft, ein Ermittlungsverfahren gegen den örtlichen AfD-Kreisverband wegen einer Wahlkampfspende aufzunehmen. Es geht um § 31d des Parteiengesetzes (zeit.de). Darin wird demjenigen mit Strafe gedroht, der die Herkunft der finanziellen Mittel einer Partei verschleiert und so den Rechenschaftsbericht einer Partei verfälscht.

In der Affäre hat AfD-Fraktionschef Alexander Gauland die Co-Vorsitzende Alice Weidel in Schutz genommen. Er glaube nicht, dass sie sich Vorwürfe machen müsse (bild.de). Falsch gehandelt habe offensichtlich ein Schatzmeister der Partei. Eine wenig gelungene Ausrede! Ein Landesschatzmeister muss wissen, dass Spenden aus Nicht-EU-Staaten nicht angenommen werden dürfen. Die Suche nach dem Bauernopfer …

Gauland ruderte bei dem Interview argumentativ. Er räumte ein, dass das Geld „vielleicht zu spät“ zurückgezahlt worden sei. Er verwies aber auch darauf, dass mit der Rücküberweisung der Spende gehandelt worden sei, „wenn auch vielleicht etwas später, als zwingend notwendig gewesen wäre“.

Es flossen insgesamt mehr als 132.000 Euro in 18 Einzelspenden von der Schweizer Pharmafirma PWS an den AfD-Kreisverband Bodensee, in dem Weidel für den Bundestag antrat und noch Vize-Vorsitzende ist. Als Verwendungszweck war jeweils angegeben: „Wahlkampfspende Alice Weidel“ (tagesschau.de, wdr.de, sueddeutsche.de).

Die Bundestagsverwaltung erklärte auf Anfrage, dass Parteispenden aus Ländern außerhalb der Europäischen Union „grundsätzlich nicht angenommen werden dürfen“. Unzulässige Parteispenden müssten „unverzüglich“ zurückgeleitet oder an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden. Unverzüglich heißt ohne schuldhafte Verzögerung.

Ob die AfD dies getan hat, ist mehr als fraglich. Die Partei hatte das Geld aus der Schweiz von Juli bis September 2017 bekommen, aber erst am 13. April 2018 zurückgezahlt. In der Zwischenzeit wurden im Oktober 2017 von dem Konto zum Beispiel Rechnungen der Anwaltskanzlei Höcker in Höhe von rund 16.000;– € beglichen (tagesschau.de).

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) geht davon aus, dass der AfD eine Strafe von bis zu 390.000,– € droht, falls der Bundestag die Zahlung und den Umgang der AfD damit als Gesetzesverstoß ansehen sollte.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, äußerte Zweifel an Weidels Aufklärungswillen. An den hohen moralischen Maßstäben, die die AfD und Frau Weidel gern an andere anlegten, müssten sie sich nun selbst messen lassen (handelsblatt.com).

Am 19. Februar 1919 spricht erstmals eine Frau als Abgeordnete vor einem demokratisch gewählten deutschen Parlament. Zusammen mit 36 anderen Geschlechtsgenossinnen war Juchacz zuvor in das Parlament – damals noch die Weimarer Nationalversammlung – gewählt worden.

Das aktive und passive Wahlrecht für Frauen war in Deutschland am 12. November 1918 vom Rat der Volksbeauftragten, der eine Übergangsregierung darstellte, in einem Aufruf mit Gesetzescharakter verkündet worden. Tatsächlich wählen konnten die Frauen erst bei der Wahl zur Weimarer Nationalversammlung im Januar 1919, sofern sie 30 Jahre alt waren und Grundbesitz hatten.

Diese Einschränkung zeigt bereits, dass es sich dabei nicht um das große einschneidende Ereignis handelte, als das es uns verkauft werden soll.

Bis 1918 galt in großen Teilen Deutschlands das preußische Wahlrecht, das nicht vom Geschlecht abhängig war, sondern an Kriterien wie Standeszugehörigkeit, Besitz und Steuerleistung ausgerichtet war. Es konnten auch nur wenige Männer wählen. Für Bayern zum Beispiel gilt, dass noch im 19. Jahrhundert nur 1,2 % der Bevölkerung das aktive Wahlrecht hatten.

Es war vielleicht doch ein Ansatz, eine kleine Revolution, deren Anführerinnen vergessen sind. Wer kennt noch die Namen der Frauen, die im Deutschen Kaiserreich dafür kämpften, dass die eine Hälfte der Bevölkerung mit der anderen Hälfte staatsbürgerlich gleichgestellt wurde? Louise Dittmar, die bereits 1848 das Frauenwahlrecht forderte, Hedwig Dohm, deren scharfzüngige Texte anprangerten, dass Gesetze von Männern für Männer gemacht waren, oder Anita Augspurg, deren „Weckruf“ von 1912 mit der Zeile endete „wir sind nicht von minderer Art“. Eine Selbstverständlichkeit aus heutiger Sicht, damals jedoch eine Kühnheit. Ist das Gefühl für das Sensationelle an der politischen Gleichstellung von Mann und Frau vor 100 Jahren abhanden gekommen, weil kaum noch vorstellbar ist, dass es jemals anders war?!

Die Frauenbewegung erscheint auch deshalb als Marginalie, weil das kollektive Gedächtnis stets im Bezug zu den gegenwärtigen Verhältnissen steht – und der Diskurs wie auch die Politik noch immer in skandalösem Ausmaß von Männern dominiert wird. „Wer das Sagen hat, bestimmt, was in den Kanon aufgenommen wird“ (sueddeutsche.de).

Und: Die Ausrufung des Frauenwahlrechts am 12. November 1918 war von epochaler Bedeutung. Dass auch Frauen wählen und gewählt werden konnten, gab der modernen Demokratie ihr Normalmaß: Darunter geht es seither nicht mehr. Staaten, die Frauen generell von der Macht ausschließen, gelten heute nicht als Demokratien. Die längste Zeit war das anders. Das seit der Antike tradierte Schweigegebot für Frauen in der Öffentlichkeit wurde – zumindest formal – aufgehoben.

„Die Frauen besitzen heute das ihnen zustehende Recht der Staatsbürgerinnen!“ (Marie Juchacz am 19. Februar 1919 in der Weimarer Nationalversammlung). Dafür hatten sie jahrzehntelang gekämpft. Am 12. November 1918 verkündete der Rat der Volksbeauftragten – die Revolutionsregierung von SPD und USPD – was fortan für das neue Deutschland zu gelten habe. Dazu gehörte: das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen.

Schon im Zuge der bürgerlichen Revolution 1848 hatten Frauen in Deutschland begonnen, ihre staatsbürgerliche Gleichberechtigung einzufordern. Politische Frauenvereine und Frauenzeitschriften wurden gegründet. „Wo sie das Volk meinen, zählen Frauen nicht mit“, klagte Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters (1819-1895), Gründerin der einflussreichen Frauen-Zeitung.

Doch die Frauen fanden kein Gehör. Im Gegenteil: Nach der Revolution wurden Gesetze verhängt, die die politische Beteiligung von Frauen sogar noch erschwerten. Sie durften sich weder publizistisch noch in irgendeiner Form politisch betätigen.

Insoweit waren die Ereignisse zum Jahreswechsel 1918/1919 ein wichtiger Meilenstein. Wäre heute ein Bundestag vorstellbar, in dem 70 Prozent Frauen und 30 Prozent Männer sitzen? Wer jetzt zurückzuckt, kann sich vielleicht eine Vorstellung davon machen, wie revolutionär es war – damals vor 100 Jahren – als Frauen das Wahlrecht erhielten. Und dass der damit eingeschlagene Weg noch lange nicht zu Ende ist (tagesspiegel.de).

Vor hundert Jahren war es soweit: Mit der Ausrufung der ersten deutschen Republik endet am 9. November 1918 das deutsche Kaiserreich. Zwar dankt der ins Exil geflohene Kaiser Wilhelm II. erst 19 Tage später ab, doch eine Rückkehr zum „Alten und Morschen“, wie der SPD-Politiker Philipp Scheidemann die Monarchie bezeichnet, ist undenkbar.

Die Novemberrevolution besiegelt nicht nur das Ende der Monarchie, sondern zieht auch den Waffenstillstand mit den Siegermächten, mehrere Revolten und von Arbeiter- und Soldatenräten regierte Klein-Republiken nach sich, bevor im Sommer 1919 die neue Weimarer Reichsverfassung in Kraft tritt.

Gleich zweimal wird die Republik ausgerufen: In Berlin ist die Stimmung angespannt, Massenproteste der USPD werden erwartet. Reichskanzler von Baden gibt ohne das Wissen Wilhelms II. dessen Thronverzicht bekannt, der Kaiser ist an der Westfront und flieht in die Niederlande. Am Mittag des 9. November übergibt der Kanzler sein Amt an SPD-Chef Friedrich Ebert. Kurz darauf ruft am Reichstag Philipp Scheidemann ohne Absprache mit seinem Parteifreund Ebert die deutsche Republik aus. Nur wenig später proklamiert der USPD-Politiker Karl Liebknecht am Berliner Stadtschloss die sozialistische Republik. In der Hauptstadt regieren daraufhin Arbeiter- und Soldatenräte acht Wochen lang parallel zur Reichsregierung Ebert. Kaiser Wilhelm II. dankt erst am 28. November 1918 offiziell ab (zeit.de).

Wann genau die Revolution begann, ist auch im Rückblick kaum auszumachen. Ende Oktober 1918 wollte die kaiserliche Marineleitung die Hochseeflotte zu einem letzten Gefecht, zum „Heroischen Untergang“ auslaufen lassen (dw.com). Doch der Krieg war da bereits verloren; Ende September hatte die Oberste Heeresleitung – die Generäle Ludendorff und Hindenburg – nach Berlin gemeldet, dass Deutschland nicht mehr siegen könne und bei den Westalliierten um einen Waffenstillstand bitten müsse.

Die Matrosen in Kiel und Wilhelmshaven verweigerten die Befehle zum Auslaufen. Aus der Meuterei wurde ein Aufstand, Heeressoldaten schlossen sich an, bald auch Arbeiter. Schon am 3. November formierten sie sich in Räten und formulierten klare politische Forderungen: Kaiser Wilhelm II sollte abdanken, der Krieg sofort beendet werden. Der revolutionäre Funke sprang bald über auf andere Garnisonen, auch in Hamburg, Bremen und Lübeck bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Am 7. November dankte in München der letzte Wittelsbacher König ab, danach stürzten die gekrönten Häupter überall im Reich. Das Deutsche Reich war damals ein Bundesstaat: ein Verbund von 26 Föderationssubjekten, 22 von Ihnen waren Königreiche, Herzog- oder Fürstentümer (wikipedia). Am 9. November erreicht die Revolution Berlin.

Was ist alles gegen diese Revolution vorgebracht worden! Die SPD hat die Arbeiter verraten, hat sich der extremen Rechten an den Hals geworfen statt mit den Kommunisten zu paktieren und gründlich aufzuräumen mit den feudalen Verhältnissen. Weil die Revolution blutig unterdrückt wurde, weil alte Seilschaften nicht gekappt wurden, weil visionäre Hoffnungsträger wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet wurden, und nicht nur sie, sei damals der Weg in den Nationalsozialismus vorgezeichnet gewesen, so bisher der allgemeine Tenor in der Geschichtswissenschaft.

Tatsächlich gab es in der Revolutionszeit viele, die erleichtert feststellten, dass die Renten weiterbezahlt wurden, dass die Ordnung trotz Bayerischer Räterepublik und Berliner Spartakus-Aufstand recht schnell wiederhergestellt war. Aber kann das ein Kriterium sein? Lenin sagte spöttisch, wenn die Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen sie sich vorher eine Bahnsteigkarte, Kurt Tucholsky lästerte, die deutsche Revolution habe „im Saale stattgefunden“.

Revolutionen gehören nicht der Vergangenheit an. Nach der großen Weltwirtschaftskrise von 2008/09 hat international eine Periode von Massenbewegungen und gesellschaftlicher Polarisierung eingesetzt.

Vor dem Hintergrund solcher Zukunftsaussichten hat das Studium vergangener und gescheiterter Revolutionen keinen akademischen Charakter, sondern sollte als Vorbereitung auf die Zukunft verstanden werden. Revolutionen haben bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die von niemandem so offen gelegt wurden, wie von Lenin und Trotzki.

Es gilt, aus der Geschichte zu lernen.

Das Kandidatenfeld bei den Zwischenwahlen in den USA war so vielfältig wie nie zuvor. Einige von ihnen haben in der Nacht Sensationen perfekt gemacht.

So viele Frauen wie nie zuvor sind bei der Zwischenwahl 2018 für Ämter im Kongress angetreten. Und nicht nur das: Mehr Kandidaten aus der LGBTQ-Community stellten sich zur Wahl, und der Anteil an Hispanics, Afroamerikanern und Ureinwohnern war wesentlich höher als zuvor. Es wurden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Jetzt sind die Ergebnisse da: Die oppositionellen Demokraten haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen können. Hingegen konnte die Republikanische Partei von Präsident Donald Trump ihre Mehrheit im Senat verteidigen.

Ausgangslage: Die Republikaner hatten die Mehrheit in beiden Kammern, die Demokraten hatten jedoch die Chance, stärkste Kraft im Repräsentantenhaus zu werden. Im Senat war allerdings früh klar, dass es schwierig werden dürfte. Umfragen prognostizierten ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Es wurde dann doch zumindest eine kleine blaue Welle. Die Demokraten konnten bei den Midterm-Wahlen in den USA einige Gouverneursposten erobern, ihre neue Mehrheit im Repräsentantenhaus liegt im Rahmen der Erwartungen. Trotzdem mussten die Demokraten bis zum Schluss um diesen Erfolg zittern – nicht zuletzt eine Eigenart der Wahlkreisziehung, die die Republikaner bevorteilt. Doch es liegt nicht nur an diesem US-typischen „Gerrymandering“ (der politikwissenschaftliche Begriff, der die Manipulation von Wahlkreisgrenzen in einem Mehrheitswahlsystem bezeichnet, um die eigenen Erfolgsaussichten zu maximieren (wikipedia)). US-Präsident Donald Trump lief in den letzten Tagen vor der Wahl noch einmal zur Höchstform auf. Es wäre nicht der Dauerwahlkämpfer Trump, wenn er nicht noch rechtzeitig ein Feindbild geschaffen hätte, um seine Wähler mit Hassrhetorik an die Urnen zu peitschen: die „Migranteninvasion“. Der Präsident ließ an der texanisch-mexikanischen Grenze schwerbewaffnete Soldaten aufmarschieren, was letztlich der demokratischen Zukunftshoffnung Beto O’Rourke in Texas wohl den Wahlsieg gekostet hat. Die aggressive Hassrhetorik, die Demagogie, die Angstmache vor den „sozialistischen Demokraten“ wirkten. Nicht nur den Demokraten gelang die Mobilisierung, auch überdurchschnittlich viele Trump-Sympathisanten haben sich aufgerafft, um ihre Stimmen abzugeben. Trotzdem wird das Repräsentantenhaus in den nächsten beiden Jahre wieder demokratisch dominiert. Der Präsident unterliegt nun im Sinne der „Checks and Balances“ wieder einer stärkeren Kontrolle.

Welche Bedeutung hat das Ergebnis im Repräsentantenhaus? Die Demokraten haben im Repräsentantenhaus eine Vielzahl von Sitzen hinzugewonnen und die republikanische Mehrheit gekippt. Künftig könnten sie damit zahlreiche Untersuchungen gegen Donald Trump einleiten, Zeugen vorladen und Dokumente einfordern. Diese könnten für den US-Präsidenten unangenehm werden, wenn es beispielsweise um seine Steuererklärungen, die Wahlkampffinanzierung bei der Präsidentenwahl von 2016 und die mögliche Einmischung Russlands in die Wahl geht.

Eine demokratische Mehrheit könnte auch die Gesetzgebung blockieren. Das würde allerdings voraussetzen, dass die Demokraten als geschlossener Block abstimmen (zeit.de) – was nicht immer zwingend der Fall sein muss. Gespalten sind die Demokraten vor allem in ländlichen Gebieten, wenn es beispielsweise um eine Verschärfung der Waffengesetzgebung geht.

Der Senat bleibt weiterhin mehrheitlich republikanisch – man spricht hier von einem sogenannten „geteilten US-Kongress“. Die Republikaner haben ihre Mehrheit wahrscheinlich sogar leicht ausgebaut (nzz.ch). Das bedeutet: Im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten ab Januar 2019, wenn die neuen Abgeordneten einziehen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten und dieses auch führen. Entscheiden müsste aber am Ende der republikanisch dominierte Senat mit einer Zweidrittelmehrheit. Derzeit ist eine so große Mehrheit für eine Amtsenthebung Trumps kaum vorstellbar.

Die Demokraten müssen sich entscheiden, wohin die Reise geht. Und das am besten im Rahmen einer lebendigen Diskussion, die Personen hervorbringt, die es mit Trump aufnehmen können. Die Bandbreite reicht vom linken Bernie Sanders bis zum etablierten Ex-Vize-Präsidenten Joe Biden und hoffentlich darüber hinaus. Die Richtungsdiskussion ist spätestens jetzt eröffnet und muss auch geführt werden. Um mit der New York Times zu sprechen: „Der beste Weg, die Demokratie zu retten, ist, sie zu praktizieren“.

Der Christin Bibi war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach dem Blasphemiegesetz in dem vorwiegend muslimischen Land zum Tode verurteilt worden.

Bibis Anwalt Saiful Malook hatte Pakistan nach Presseberichten bereits vorgestern verlassen, da er um sein Leben und das seiner Familie fürchte (Express Tribune). Er werde aber zurückkehren, um Bibi vor Gericht zu verteidigen, wenn das Militär ihm Sicherheit gewähre. Nach der Gerichtsentscheidung habe er sich sofort verstecken müssen, schilderte Malook. Er habe nicht einmal mehr nach Hause fahren können, um Kleidung zu holen. Sobald er ein schon länger beantragtes Visum in den Händen hielt, habe er Pakistan verlassen und sei nach Italien geflogen.

Er habe das Mandat für die wegen Gotteslästerung angeklagte Christin aus professionellen Gründen angenommen, begründete der Anwalt sein Engagement. „Das ist keine Frage der Religion, sondern ein Fall, in dem es keine Beweise gab“. Es habe sich schlicht um eine falsche Beschuldigung gehandelt. Im übrigen sei er „nicht gegen das Blasphemie-Gesetz an sich, sondern nur gegen dessen falsche Anwendung“ (welt.de). Das Recht auf freie Rede gestatte keine Beleidigungen gegen andere oder den Propheten Mohammed.

Ende Oktober sprach das Oberste Gericht Pakistans die international bekannt gewordene Christin Asia Bibi nach über neun Jahren Untersuchungshaft vom Vorwurf der Blasphemie frei und ordnete ihre Entlassung an, wie ihr Rechtsbeistand mitteilte. Grundlage für die Anklage gegen sie war ein 1986 unter dem damaligen US-hofierten Diktator Zia ul-Haq verschärftes Gesetz, das im § 295c für die Beleidigung des islamischen Propheten Mohammed die Todesstrafe vorsieht.

Bibi, eine Landarbeiterin aus dem 1.500-Einwohner-Dorf Ittanwali, hatte im Juni 2009 für sich und andere Arbeitskräfte des örtlichen Großgrundbesitzers Mohammed Idrees Wasser geholt. Zwei moslemische Feldarbeiterinnen nutzten das als Gelegenheit zum Mobbing und verlangten von ihr, zum Islam zu konvertieren, da das Wasser sonst so unrein sei, dass sie es nicht trinken könnten. Der Streit, der daraufhin ausbrach, endete im Vorwurf der beiden moslemischen Feldarbeiterinnen, Bibi habe gesagt, nicht Mohammed, sondern Jesus Christus sei der wirkliche Prophet Gottes (heise.de).

Die Christin bestreitet, dass sie sich zu dieser Aussage hinreißen ließ. Sie wäre ihrem Glauben nach auch nicht korrekt, da Jesus Christus sowohl der katholischen als auch der protestantischen Glaubensvorstellung nach kein Prophet, sondern der Sohn Gottes ist. Als Prophet wertet ihn lediglich der Islam.

Extremistische Sunniten nahmen den jetzigen Freispruch nicht gewaltlos hin: In Bibis Heimatbezirk kam es zu Unruhen in mehreren Städten. In der Landeshauptstadt Islamabad muss das Militär nicht nur das Parlamentsgebäude, sondern auch Gerichte schützen. Dort blockierten Islamisten nicht nur Straßen, sondern plünderten und verwüsteten mehrere staatliche Einrichtungen.

International löst der Freispruch starken Zuspruch aus. Der Freispruch von Asia Bibi durch das Oberste Gericht sei ein wichtiger Erfolg im Ringen um die Religionsfreiheit in Pakistan, teilten Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften mit. Sie forderten, dass die pakistanische Regierung weitere Schritte unternimmt, um die Religionsfreiheit und die Menschenrechte im Land zu stärken. Vor allem seien die Blasphemiegesetze nicht hinnehmbar.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt am Main begrüßte den Mut der Richter und bezeichnete deren Entscheidung als Meilenstein. Behördenvertreter hätten inoffiziell mitgeteilt, dass Asia Bibi inzwischen auf freiem Fuß sei. Die Entscheidung sei ein mutiger Versuch des Staates, den Islamisten die Stirn zu bieten (faz.net).

Damit könnte das Vertrauen religiöser Minderheiten in die staatlichen Institutionen wieder hergestellt werden, sagten auch andere Experten. Gerade mit Hilfe der Blasphemiegesetze seien Angehörige anderer Religionen in der Vergangenheit von Muslimen mehrfach eingeschüchtert worden.

Die Umsetzung des Urteils in den Köpfen der Menschen beinhaltet noch einen langen Weg. Anführer der islamistischen Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) forderten den Tod der drei Richter des Obersten Gerichtshofes.

Am 4. November 2018 findet das Unabhängigkeitsreferendum in Neukaledonien statt, in dem über die Unabhängigkeit Neukaledoniens von Frankreich abgestimmt wird. Die Wähler entscheiden darüber, ob Neukaledonien ein unabhängiger Staat werden oder der bestehende Status als französisches Überseegebiet beibehalten werden soll.

Nicht ganz 175.000 Wahlberechtigte können darüber abstimmen, ob sie eine „vollständige Souveränität und Unabhängigkeit“ des Gebietes befürworten. Umfragen lassen eine Mehrheit von 60 bis 69 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Beibehaltung des Status quo erwarten.

Gegner der Unabhängigkeit verweisen auf die finanzielle Unterstützung durch Frankreich – 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Sie befürchten wirtschaftliche Nachteile, sollten die Verbindungen nach Frankreich gekappt werden. Befürworter der Unabhängigkeit gibt es vor allem unter den einheimischen Kanak, die etwa 40 Prozent der Bevölkerung stellen. Etwa 27 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind europäischer Herkunft. Die übrige Bevölkerung stammt aus asiatischen Ländern oder von anderen pazifischen Inseln.

Die Inselgruppe ist in den Bereichen Verteidigung, Strafverfolgung, Außenpolitik, Justiz und Bildung vollständig auf Frankreich angewiesen, genießt jedoch auch weitreichende Autonomie. Neukaledonien wird in der französischen Nationalversammlung durch zwei Abgeordnete vertreten und gilt als assoziiertes Gebiet der Europäischen Union. Die Einwohner dürfen damit auch bei Europawahlen ihre Stimme abgeben. Die Währung ist nicht der Euro, sondern der Pazifik-Franc.

Neu ist der Ruf der Kanaken nach Unabhängigkeit nicht, er ist heute nur weniger blutig als früher. Zwischen 1878 und 1917 wurden Hunderte von Indigenen in Aufständen getötet. Die ethnischen Spannungen endeten 1988 zum letzten Mal in einem großen Blutbad. Bei einer Geiselnahme wurden 19 Indigene und sechs französische Sicherheitskräfte getötet.

Eine 1988 abgeschlossene Vereinbarung, das „Matignon-Abkommen“, sah ein Ende der direkten Herrschaft durch Paris und eine Abstimmung über die Unabhängigkeit im Jahr 1998 vor. Die wurde später auf 2018 verschoben (euronews.com).

Seit tausenden von Jahren besiedeln die Kanaken Inseln im Südwestpazifik. 1853 begann die Kolonialisierung, auf Anweisung von Napoleon. Später machte Paris aus Neukaledonien eine Sträflingskolonie. Seither sind die Neukaledonier abhängig von Frankreich wie ein Baby von der Mutterbrust: Teile der Wirtschaft sowie die öffentliche Verwaltung leben bis heute von Subventionen aus Paris. Allerdings tragen Tourismus und Bergbau verstärkt zum Einkommen bei. So liegen in den Gewässern von Neukaledonien einige der am besten erhaltenen Korallenriffe der Welt.

Im dortigen Boden lagern bis zu 25 Prozent der globalen Nickelvorkommen. Der Abbau des Rohstoffs ist mehrheitlich in französischer Hand. Die Pariser Firma Eramet hält einen Anteil von 60 Prozent an der lokalen SLN (Société Le Nickel) (handelsblatt.com).

Das Gebiet hat geostrategisch Bedeutung: Kritikerinnen einer Unabhängigkeit warnen davor, dass China seinen Einfluss in der Region vergrößern könnte, wenn sich Frankreich zurückzieht.

Die Inseln profitieren von EU-Mitteln, die sie über Frankreich beziehen. Im Falle einer Unabhängigkeit müsste nachverhandelt werden. Neukaledonien ist mit einigen anderen Überseegebieten assoziiert mit der EU und eine Art Außenposten der Union, allerdings weder EU-Territorium noch Teil des Binnenmarktes.

Sollten die Neukaledonier an diesem Sonntag „Nein“ zur Unabhängigkeit sagen, werden sie im Jahr 2020 nochmals abstimmen können und im Jahr 2022 noch einmal. So sieht es der vor 30 Jahren mit Paris unterzeichnete „Nouméa-Vertrag“ vor. Charles Wea, der Sprecher der Front de Libération Nationale Kanake et Socialiste, jedenfalls will am Ende eine neue Gesellschaft aufbauen, ein neues Land und damit eine neue Beziehung zu Frankreich: „Den französischen Kolonialismus können wir nicht mehr akzeptieren“ (derstandard.at).