Der Christin Bibi war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach dem Blasphemiegesetz in dem vorwiegend muslimischen Land zum Tode verurteilt worden.

Bibis Anwalt Saiful Malook hatte Pakistan nach Presseberichten bereits vorgestern verlassen, da er um sein Leben und das seiner Familie fürchte (Express Tribune). Er werde aber zurückkehren, um Bibi vor Gericht zu verteidigen, wenn das Militär ihm Sicherheit gewähre. Nach der Gerichtsentscheidung habe er sich sofort verstecken müssen, schilderte Malook. Er habe nicht einmal mehr nach Hause fahren können, um Kleidung zu holen. Sobald er ein schon länger beantragtes Visum in den Händen hielt, habe er Pakistan verlassen und sei nach Italien geflogen.

Er habe das Mandat für die wegen Gotteslästerung angeklagte Christin aus professionellen Gründen angenommen, begründete der Anwalt sein Engagement. „Das ist keine Frage der Religion, sondern ein Fall, in dem es keine Beweise gab“. Es habe sich schlicht um eine falsche Beschuldigung gehandelt. Im übrigen sei er „nicht gegen das Blasphemie-Gesetz an sich, sondern nur gegen dessen falsche Anwendung“ (welt.de). Das Recht auf freie Rede gestatte keine Beleidigungen gegen andere oder den Propheten Mohammed.

Ende Oktober sprach das Oberste Gericht Pakistans die international bekannt gewordene Christin Asia Bibi nach über neun Jahren Untersuchungshaft vom Vorwurf der Blasphemie frei und ordnete ihre Entlassung an, wie ihr Rechtsbeistand mitteilte. Grundlage für die Anklage gegen sie war ein 1986 unter dem damaligen US-hofierten Diktator Zia ul-Haq verschärftes Gesetz, das im § 295c für die Beleidigung des islamischen Propheten Mohammed die Todesstrafe vorsieht.

Bibi, eine Landarbeiterin aus dem 1.500-Einwohner-Dorf Ittanwali, hatte im Juni 2009 für sich und andere Arbeitskräfte des örtlichen Großgrundbesitzers Mohammed Idrees Wasser geholt. Zwei moslemische Feldarbeiterinnen nutzten das als Gelegenheit zum Mobbing und verlangten von ihr, zum Islam zu konvertieren, da das Wasser sonst so unrein sei, dass sie es nicht trinken könnten. Der Streit, der daraufhin ausbrach, endete im Vorwurf der beiden moslemischen Feldarbeiterinnen, Bibi habe gesagt, nicht Mohammed, sondern Jesus Christus sei der wirkliche Prophet Gottes (heise.de).

Die Christin bestreitet, dass sie sich zu dieser Aussage hinreißen ließ. Sie wäre ihrem Glauben nach auch nicht korrekt, da Jesus Christus sowohl der katholischen als auch der protestantischen Glaubensvorstellung nach kein Prophet, sondern der Sohn Gottes ist. Als Prophet wertet ihn lediglich der Islam.

Extremistische Sunniten nahmen den jetzigen Freispruch nicht gewaltlos hin: In Bibis Heimatbezirk kam es zu Unruhen in mehreren Städten. In der Landeshauptstadt Islamabad muss das Militär nicht nur das Parlamentsgebäude, sondern auch Gerichte schützen. Dort blockierten Islamisten nicht nur Straßen, sondern plünderten und verwüsteten mehrere staatliche Einrichtungen.

International löst der Freispruch starken Zuspruch aus. Der Freispruch von Asia Bibi durch das Oberste Gericht sei ein wichtiger Erfolg im Ringen um die Religionsfreiheit in Pakistan, teilten Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften mit. Sie forderten, dass die pakistanische Regierung weitere Schritte unternimmt, um die Religionsfreiheit und die Menschenrechte im Land zu stärken. Vor allem seien die Blasphemiegesetze nicht hinnehmbar.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt am Main begrüßte den Mut der Richter und bezeichnete deren Entscheidung als Meilenstein. Behördenvertreter hätten inoffiziell mitgeteilt, dass Asia Bibi inzwischen auf freiem Fuß sei. Die Entscheidung sei ein mutiger Versuch des Staates, den Islamisten die Stirn zu bieten (faz.net).

Damit könnte das Vertrauen religiöser Minderheiten in die staatlichen Institutionen wieder hergestellt werden, sagten auch andere Experten. Gerade mit Hilfe der Blasphemiegesetze seien Angehörige anderer Religionen in der Vergangenheit von Muslimen mehrfach eingeschüchtert worden.

Die Umsetzung des Urteils in den Köpfen der Menschen beinhaltet noch einen langen Weg. Anführer der islamistischen Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) forderten den Tod der drei Richter des Obersten Gerichtshofes.

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