Russische Agenten haben das Silicon Valley instrumentalisiert, um Einfluss auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlen zu nehmen. Hieran arbeitet derzeit der amerikanische Kongress in einer Anhörung des zuständigen Senatsausschusses. Die Senatoren haben deshalb Vertreter der Firmen Facebook, Twitter und Google zur Anhörung Anfang November gebeten. Facebook und Twitter haben inzwischen bekannt gegeben, sie würden der Einladung Folge leisten. Google hat sich noch nicht geäußert.
Die Unternehmensvertreter müssen mit harten Befragungen über russische Nutzerkonten und Werbung rechnen. Facebook hatte 470 verdächtiger Nutzerprofile aufgedeckt, die auf russische Agenten zurückgeführt werden konnten. Die Nutzer hatten rund 3.000 Anzeigen während der Präsidentschaftswahlen geschaltet und damit nach Facebook-Schätzungen rund zehn Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten erreicht. Twitter konnte rund 200 Profile auf die gleiche Agentengruppe zurückführen.
Die offenbar von russischen Agenten geschaltete Werbung und formulierten Tweets dienten weniger dazu, die Kandidaten Donald Trump oder Hillary Clinton zu fördern oder zu beschädigen. Vielmehr sei es die erkennbare Absicht gewesen, soziale und politische Spannungen zu befeuern, sowie die Polarisierung in Amerika zu vergrößern, berichtetet unter anderen die Washington Post.
Brisante Themen wie die Rechte von Homosexuellen, die Immigration oder Waffengesetze wurden in den Anzeigen aufgenommen, folgt man Insidern. Ein Beispiel liefert ein Tweet vom 26. September diesen Jahres. Da fordert eine vermeintliche Antifa-Gruppe aus Boston mehr Inklusivität in der National Football League NFL, zudem sollten die Stadien glutenfreie Nahrung für Besucher im Angebot haben. Die Autoren dieses Tweets haben es allerdings versäumt, den Hinweis zu tilgen, dass der Tweet in Wladiwostok und nicht in Boston abgesetzt wurde.
Vor wenigen Monaten noch hatte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Vermutungen, russische Agenten könnten Facebook instrumentalisieren, als verrückt abgetan. Inzwischen hat sich Zuckerberg für diese Äußerung entschuldigt und umfassende Kooperation versprochen. Ob er selbst den Abgeordneten Rede und Antwort stellen wird, ist noch unklar.
Russische Auftraggeber haben wohl auch über den Suchmaschinenbetreiber Google versucht, Einfluss auf die amerikanische Präsidentenwahl zu nehmen. Der Konzern habe erstmals Hinweise auf entsprechende Anzeigen auf seinem Videoportal Youtube und anderen Produkten entdeckt, berichtet die „Washington Post“ und beruft sich dabei auf Insiderinformationen.
Dabei seien nach ersten Erkenntnissen Zehntausende Dollar ausgegeben worden. Hinter den Anzeigen stehe offenbar eine andere Gruppe als hinter denen auf dem sozialen Netzwerk Facebook. Dies könne darauf hindeuten, dass die mutmaßliche russische Desinformationskampagne größer angelegt worden sei als bislang bekannt. Eine Stellungnahme der Alphabet-Tochtergesellschaft war zunächst nicht zu erhalten. Google ist der weltgrößte Online-Anzeigenbetreiber und Youtube die größte Video-Plattform im Internet.
Wie oben ausgeführt, hatte Facebook letzten Monat erklärt, in den Monaten vor und nach der Wahl im vergangenen Jahr seien etwa 3.000 Anzeigen mit polarisierenden Inhalten geschaltet worden. Die Auftraggeber säßen vermutlich in Russland. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter sprach von Anzeigen, die von Russland ausgegangen seien. Die Vertreter aller drei Technologie-Unternehmen werden wohl am 1. November vor dem Kongress über die Vorgänge aussagen.
Das hat einen sehr brisanten Hintergrund, denn: Nach Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste beeinflusste die russische Regierung die Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Die Regierung in Moskau hat dies zurückgewiesen. Präsident Trump hat erklärt, es habe keine Kooperation zwischen seinem Wahlkampfteam und Russland gegeben – allerdings befassen sich mehrere Ermittler-Gruppen damit und immer wieder machen Berichte darüber die Runde, ob und wie Trumps Team-Mitglieder mit Vertretern des Landes Kontakt gehabt haben sollen.
Wir werden sehen, wie weit die westliche Welt fremdbestimmt ist. Im Zeitalter von „Digital Reality“ müssen neue Maßstäbe gesetzt werden.