Ein bekanntes, aber wichtiges Thema für Männer und Frauen gleichermaßen. Als Verfechterin der absoluten Toleranz oder vielmehr Akzeptanz (Toleranz wäre lediglich „tolerieren“) von Tätowierungen und Piercings am Arbeitsplatz, muss ich den tatsächlich immer noch herrschenden Vorurteilen entgegenwirken. In der heutigen Zeit darf das nicht zum Thema bei Bewerbungsgesprächen und der Auswahl der richtigen Jobpartner werden. Das Business gleicht in Deutschland mehr und mehr der Pfeife-rauchenden Schlipsträger, die dermaßen verklemmt sind, dass sie ganz normale Dinge nicht dulden. Eine Personalberaterin warf eine Bewerberin mit den Worten „Tattoos lasse ich ja noch gelten, aber High Heels und Piercings, das geht nicht“ aus dem Büro. Die Dame hatte offenbar Angst um ihre eigene Wahrnehmung oder Komplexe, weil sie selbst an eine biedere Trockenpflaume erinnerte. Die Forderung nach mehr Professionalität im Business hat gar nichts mit den Äußerlichkeiten zu tun und ist eher eine Frage der Ausbildung und der bisherigen Referenzen. Das sollte eine professionelle Beraterin ebenso sehen und zumindest die Chance einräumen, der Bewerberin wenigstens die Möglichkeit zu geben, gleichberechtigt behandelt zu werden. Ich erlebe es leider in Deutschland immer wieder, dass exzentrisch aussehende Menschen im klassischen Industriebereich nicht erwünscht sind. In der Kunst, Musik oder Kultur-und Modewelt sind aber gerade das die Attribute, die wir damit verbinden oder sogar schon voraussetzen. Soll das nun heißen, dass eine tätowierte Fachkraft, die gerne hohe Schuhe und ausgefallene Kleidung mag, im klassischen Business ungeeigneter ist? Ich finde das vorurteilsbehaftet, engstirnig und diffamierend. Gerade die reservierten, hochgeschlossenen Businessdamen lassen sich auspeitschen und wehe dem, sie werden losgelassen. Dann geht´s aber entweder bestrapst mit Domina-Latex-Ausstattung frivol zur Sache, sie leben 24/7 nach Anweisung eines Don(ald)s als harmonisierenden Ausgleich ihres steifen und konservativen Gebahrens oder sind dauergeil bei „Fifty Shades Of Grey“ (und vergleichbarem Unsinn). Andersrum schauen wir uns die Business-Herren an: wie viele davon landen heimlich im Bordell? Jede Menge, glauben Sie mir.
Ich verabscheue als frei denkender und handelnder Mensch geistige Unfreiheit. Es grenzt an eine Klassifizierung und eine Kategorisierung aus längst vergangenen Zeiten, in denen wir noch ins Plumpsklo geschissen haben. Verzeihung, aber mich regt eine Einteilung in „Ich bin Business-tauglich und du bist zu exotisch und extravagant“ auf. Eine Gesellschaft lebt, indem unterschiedliche Interessen, Kulturen, Mode-Trends o.ä. zusammen kommen und es steht nirgends, dass eine hochdiplomierte, exzellent ausgebildete Fachkraft nicht tätowiert, gepierct oder appetitlich gekleidet sein darf. Wenn Frauen dann auf Frauen treffen und die „Machtfrau“ das Sagen hat, dann sage ich gute Nacht, denn das geht nicht gut. Das dürfte aber wohl kaum an dem vordergründigen Erscheinungsbild liegen sondern vielmehr an dem Neid, der Missgunst oder der versteckten Konkurrenz-Angst der Entscheider-Dame. Und wenn eine hübsche Frau nun einmal Lederkleidung mag oder Körperschmuck, was ist daran so schlimm? Es wird Zeit, dass das Business ein wenig aufmischt und die Karten neu verteilt werden. Eine derart verstaubte zähflüssige Geistes-Masse finden wir auch nur in Deutschland. Kreativität bedeutet unangepasst-Sein und genau das verkörpern Menschen, die nicht nach der Etikette funktionieren oder sich an eine Industrie-Kleiderordnung halten. Liebe Entscheider im Business – wachen Sie auf aus Ihrer Lethargie. Menschen sind keine Puppen, die sie ankleiden und bewegen können wie SIE es wollen und ein wenig optisches Highlight hat auch im Business noch niemandem geschadet. Uns schaden eher der Balken der Etikette und die steifen Regeln im klassischen Business.
© Petra M. Jansen