Liebe Petra,

heute komme ich mit einem Thema, das mich beschäftigt und es geht um die heikle Frage, wie es den Familien besser gehen könnte. Der Druck ist sehr hart, wenn man Job und  Erziehung der Kinder unter ein Dach bringen muss, wie du weißt und noch schwieriger ist es, wenn man alleinerziehend ist. Meistens stehen die Frauen an der Front und wissen nicht so recht wie es weitergehen soll. Vor ein paar Tagen habe ich eine Reportage gesehen, in der Mütter, zwei bis drei Tätigkeiten täglich absolvieren mussten um über die Runden zu kommen. Das Beispiel der Hilde L. hat mich sehr bewegt: Eine halbe Stelle als Putzkraft in einem Großhandel, dann die Betreuung einer alten Dame, die an Alzheimer leidet und zuletzt Zeitungen austragen. Ihre Tochter ist zwangsläufig ein Schlüsselkind, kommt damit nicht zurecht und ihre Noten lassen zu wünschen übrig. Der Ex-Ehemann hat sich aus dem Staub gemacht und bezahlt keine Alimente. Kein Wunder, dass die Schulden diese Frau sehr belasten und dass sie gesundheitlich darunter leidet. Sie hat zu hohen Blutdruck und ist daher oft schwindelig. Was sagt die Politik dazu? Ob Horst Seehofer, Manuela Schwesig oder Karin Göring-Eckhardt der Grünen, alle sprechen wie der Weihnachtsmann. Klar, es soll sich verbessern, wir werden schon dafür sorgen.

Das gehört jetzt zum Timing. Warum? Gut erraten liebe Petra! In Deutschland fängt der Wahlkampf für den Bundestag an. Eine Zeit, in dem sich ganz speziell die Parteien um die Belange der Familie kümmern. Es soll ihnen besser gehen als bisher und das sowohl in Gestalt des Alltages als auch finanziell. Es soll flexibler zugehen, egal ob in der Firma oder zu Hause und das würde bedeuten, dass die Arbeitszeit reduziert werden sollte, um den Kindern mehr Zuwendung zu schenken oder um ihre gebrechlichen Großeltern besser pflegen zu können. Das klingt sehr human, aber woher soll das Geld für solche Vorhaben stammen? Darüber macht man sich zu Recht Gedanken. Ich habe immer ein fahles Gefühl, wenn sich die Parteien kurz vor einer Wahl als äußerst menschlich ausgeben, denn auf dem Papier sieht es gut aus, in der Realität weniger. Seien wir uns im Klaren, dass jede Verkürzung der Arbeitszeit mit weniger Einkommen eng gekoppelt ist und auch, wenn der Staat den Verdienstverlust teilweise abfedert, wird kaum alles gedeckt werden können. Die Pflegeversicherung sieht vor, das helfende Angehörige einen Teil ihres Aufwands zurückerstattet bekommen, aber das ist nur ein Bruchteil ihrer Ausgaben und wie wir wissen, können die meisten Familien nicht mit einem Gehalt überleben. Immer öfter müssen die Eltern zwei bis drei Jobs ausüben, um zurechtzukommen. Hier sollte sich zuerst etwas ändern und das hieße, bessere Löhne auszubezahlen, um die Familien zu stabilisieren. Wer ständig nach dem Geld rennt, hat keinen freien Kopf und das hat zweifellos Konsequenzen für die Kinder. Wäre es nicht angebrachter hier aus staatlicher Sicht zu investieren? Ich denke schon. Auch die ständige Angst seinen Job zu verlieren, sorgt für Spannungen. Jeder weiß, dass für eine gute Erziehung Gelassenheit notwendig ist. Wenn aus äußerlichen Gründen Spannungen angesagt sind, kann es schreckliche Konsequenzen für die Kinder haben. Klar, die Übernahme der Kita-Kosten zum Beispiel, wäre ein Schritt in die richtige Richtung, aber das ersetzt nicht ein sicheres Einkommen. Eine effektive Familienpolitik ist eng mit dem Job verbunden, hier müsste angesetzt werden und das sowohl für die Gehälter als auch für die interne Arbeitsverteilung. Mütter sollten die Möglichkeit haben, ihren Zeitplan selbst zu organisieren und das sollte gesetzlich vorgegeben werden.

Gerade in einer Zeit, in der das virtuelle Leben solch ein Gewicht hat, sollte alles getan werden, um die Menschen näher zu führen. Wollen wir nur noch Autisten haben? Ich finde schon, dass es die Rolle des Staates ist, dafür zu sorgen, dass die Bedingungen geschaffen werden sollten, um jedes Mitglied einer Familie nicht in die Isolation zu treiben. Wenn zu wenig Zeit für die Fürsorge übrig bleibt, darf man sich nicht wundern, dass viele junge Leute auf der Strecke bleiben. Ich würde gerne deine Meinung diesbezüglich hören.

Sei umarmt, liebe Petra. Ich hoffe, dass die Sonne auch in dein Herz strahlt.

Alles Liebe

Pierre

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