Das Ergebnis von Muellers Ermittlungen ist: Kein einziger US-Staatsbürger hat sich der betrügerischen Absprache mit Russland schuldig gemacht.

Der zentrale Vorwurf, den es gegen den US-Präsidenten und sein Umfeld gab, ist damit widerlegt. Selbst wenn Mueller einzelne Indizien für betrügerische Absprachen gefunden haben sollte, reichen sie seiner Auffassung nach offenbar nicht für eine gerichtsfeste Anklage. Auch der Anfangsverdacht der Justizbehinderung, der nicht zu Muellers ausdrücklichem Ermittlungsauftrag gehörte, hat sich trotz „eingehender Prüfung“ nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Gewissheit bestätigt – auch wenn der Sonderermittler diese Frage letztlich offengelassen hat.

Die vorliegenden Informationen stützen sich auf einen vierseitigen Brief von Justizminister William Barr an die Vorsitzenden von vier Ausschüssen in Senat und Repräsentantenhaus. Bei dem am Sonntag verfassten und publizierten Schreiben handelt es sich um die „grundsätzlichen Schlussfolgerungen“ zu dem vertraulichen Report über die Untersuchung von russischer Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016.

Allein 19 Anwälte und 40 FBI-Agenten waren für den Bericht tätig. Es gab demnach mehr als 2800 Vorladungen, etwa 500 Zeugen wurden interviewt und 13 ausländische Regierungen kontaktiert. Auf gut Deutsch: Der gewissenhafte Sonderermittler, der sich während seiner anderthalbjährigen Untersuchungen nicht einmal öffentlich zu Wort gemeldet hat, hat gewissermaßen „jeden Stein umgedreht“ und darunter geschaut.

Dass Russland versucht hat, die Präsidentschaftswahlen 2016 zu beeinflussen, daran gibt es wenig Zweifel. Der Kreml präferierte damals den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, der öffentlich die Führungskunst von Russlands Präsidenten Wladimir Putin pries und die – infolge der Krim-Annexion gegen Moskau verhängten –Sanktionen infrage stellte. Trump war der für Moskau geschmeidige Kandidat, anders als seine Konkurrentin, die Demokratin und frühere Außenministerin Hillary Clinton.

Wie ist die Reaktion des Präsidenten auf den Bericht? Zunächst lautes Schweigen! (merkur.de) Während der US-Präsident sonst zu allen Tages- und Nachtzeiten auf Twitter aktiv ist und das Netzwerk als Kanal für Rechtfertigungen, Beschimpfungen und Selbstlob nutzt, äußert er sich bis jetzt noch gar nicht zum Bericht zur Russland-Affäre von Sonderermittler Mueller. Das ist so ungewöhnlich, dass es fast schon auffällig ist.

So eindeutig, wie der US-Präsident es darstellte, sind die Schlüsse aus dem Abschlussbericht des Sonderermittlers Mueller dennoch nicht. Bislang gibt es eine Zusammenfassung des Justizministers William Barr. Den eigentlichen Bericht soll auch Trump noch nicht gelesen haben (faz.net). Barr erklärt in seinem vierseitigem Papier: „Die Ermittlungen wiesen nicht nach, dass Mitglieder der Trump-Kampagne mit der russischen Regierung bei deren Versuchen, die Wahl zu beeinflussen, zusammenarbeiteten oder dass sie eine Verschwörung mit dieser bildeten“. Trump wurde demnach tatsächlich von dem Vorwurf einer direkten Verschwörung mit dem Kreml entlastet.

Muellers Verdienst ist es laut der Zusammenfassung von Barr, dass er detailliert herausarbeiten konnte, wie Russen versuchten, die Wahl 2016 zu beeinflussen. Die Ermittler sammelten Beweise für eine gezielte Desinformationskampagne in sozialen Netzwerken sowie für die Hacks der E-Mails der Demokraten. Trumps Kritiker wollen, dass alle Details über diese Angriffe veröffentlicht werden. Dem Bericht zufolge gab es auch Versuche von Russen, Kontakt mit Trumps Team aufzunehmen.

Die Demokraten wiederholten nach der Veröffentlichung von Barrs Zusammenfassung, dass der ganze Bericht Muellers öffentlich gemacht werden müsse. Das amerikanische Volk verdiene die ganze Wahrheit und volle Transparenz, so Nancy Pelosi, demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses (sueddeutsche.de). Vor rund zwei Wochen verabschiedete das Repräsentantenhaus in seltener Einstimmigkeit eine Resolution, die genau dies verlangt. Den Demokraten geht es um mehr: Sie wollen nicht nur den Bericht sehen, sondern auch das Material, das Mueller als Grundlage diente, etwa Protokolle von Zeugenbefragungen oder E-Mails.

„Widerruft Artikel 50 und bleibt in der EU“, fodert die auf der Internetseite des Unterhauses hochgeladene Petition,

Das Parlament muss den Inhalt jeder Petition mit mehr als 100.000 Unterzeichnern für eine Debatte berücksichtigen. Alle britischen Staatsbürger – auch im Ausland – und Einwohner in Großbritannien dürfen solche Online-Petitionen unterzeichnen.

Premierministerin Theresa May hatte einem „Exit vom Brexit“ erst wieder beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel eine klare Absage erteilt. Sie hat zudem angedeutet, die geplante dritte Abstimmung über den Austrittsvertrag mit der EU könnte auch ausfallen. Sie werde das Abkommen nach zwei früheren Nein-Voten nur dann kommende Woche abermals zur Vorlage bringen, wenn sich im Unterhaus eine „ausreichende Unterstützung“ abzeichne, so May Ende der Woche in einem Brief an die Abgeordneten (faz.net).

Viele Briten scheinen inzwischen das Gezerre um den EU-Austritt satt zu haben. Mehr als 2,2 Millionen Menschen unterzeichneten eine ans Unterhaus gerichtete Online-Petition, in der gefordert wird, den Brexit abzusagen (landeszeitung.de 22.03.2019).

Großbritannien kann die Erklärung zum EU-Austritt theoretisch einseitig zurückziehen. Den Weg hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil im Dezember bestätigt. Das Land bliebe wie bisher Mitglied der EU. Ein weiterer Austrittsantrag wäre damit nicht ausgeschlossen.

Beim Referendum über den EU-Austritt im Jahr 2016 stimmten 17,4 Millionen Briten für den Brexit. Kaum ein britischer Politiker will sich darüber hinwegsetzen, ohne nicht zumindest eine zweite Volksabstimmung abzuhalten.

Die britische Premierministerin Theresa May könnte laut Berichten von ihrem Kabinett zum Rücktritt gezwungen werden. Das berichteten britische Medien am Sonntag unter Berufung auf Regierungskreise.

Es gebe bereits Überlegungen, dass Vize-Premier David Lidington der Interimsregierungschef werden könnte (thetimes.co.uk). Er soll demnach einen neuen Kurs für den EU-Austritt prüfen. Im Herbst könnte dann ein dauerhafter Premierminister folgen. Die Zeitung berief sich auf elf ungenannte Regierungsmitglieder, die May stürzen wollen.

Nach ihrer ersten Niederlage im Parlament am 15. Januar hatte May mit der EU noch einmal nachverhandelt und Zugeständnisse erwirkt, wonach Großbritannien nicht auf unbestimmte Zeit an die sogenannte „Backstop-Regelung“ gebunden ist. Diese Regelung soll Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindern. Durch den Backstop würde das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleiben, falls nach einer Übergangsphase keine andere Vereinbarung getroffen wird.

Das Land sollte eigentlich am 29. März aus der EU austreten. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Großbritannien am Donnerstag noch einen Aufschub beim Brexit gewährt. Nimmt das britische Parlament kommende Woche das Austrittsabkommen doch noch an, wird der Brexit am 22. Mai stattfinden.

Sollte der Vertrag keinen ausreichenden Rückhalt finden, könne Großbritannien in Brüssel bis zum 12. April einen weiteren Aufschub beantragen, schreibt May. Dann müsste das Vereinigte Königreich allerdings an den Europawahlen im Mai teilnehmen. May ist nach eigenen Worten „zutiefst davon überzeugt“, dass dieser Schritt „falsch“ wäre (zeit.de).

Der Konflikt rund um den Brexit hat den britischen Parlamentarismus paralysiert. Es wird offen mit Notstandsmaßnahmen gedroht. Im Fall von „No Deal“ soll das Militär auf den Straßen patrouillieren. Die Bevölkerung wird zur Hortung von Lebensmitteln aufgefordert. Es wäre aber falsch zu analysieren, dass der Brexit in Großbritannien eine soziale Krise verursacht hat. Vielmehr haben Jahrzehnte neoliberaler Kahlschlagpolitik Zustände herbeigeführt, die eine Mehrheit für den Brexit erst ermöglicht haben. Das britische Gesundheits- und Sozialsystem liegt am Boden. In den Kommunen sind Einrichtungen wie Bibliotheken oder Schwimmbäder zu Mangelware geworden. Wurden im Jahr 2010 noch 40.000 Nahrungspakete von „Food Banks“, also Tafeln verteilt, waren es 2018 1.3 Millionen Pakete (heise.de).

Nochmal: Brexit!

Am Dienstag stimmt das Unterhaus erneut über den Brexit-Plan von Theresa May ab, und je näher dieses Votum rückt, desto größer wird die Nervosität und damit auch die Kreativität. Denn niemand geht wirklich davon aus, dass der Deal der Premierministerin diesmal eine Mehrheit erhält. Deshalb will die Regierung gleich am Mittwoch über eine Initiative abstimmen lassen, mit der das Parlament einen Austritt ganz ohne Deal ausschließt. Und am Donnerstag wird über Vorschläge beraten, den Brexit zu verschieben.

Wie lang der Aufschub dauern könnte, weiß derzeit niemand. Und vor allem weiß niemand, wie in dieser Zeit das Hauptproblem zwischen London und Brüssel ausgeräumt werden soll – der Streit über den Backstop, also um die Forderung der EU, dass die Briten in der Zollunion verbleiben müssen, solange eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nicht ausgeschlossen ist. Dieser Regelung hatte May in ihrem Deal zugestimmt, viele ihrer Abgeordneten lehnen sie aber ab. Das ist der Hauptgrund für das erwartbare Scheitern des Deals am Dienstag. Doch ohne eine Lösung in diesem Punkt wird es keinen Deal geben und damit wird ein riskanter No-Deal-Brexit immer wahrscheinlicher.

Im Fall eines harten Brexits, bei dem Zölle und nichttarifäre Hemmnisse auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) eingeführt werden, sagte die Regierung für den Nordosten Englands eine um 16% tiefere Entwicklung der Wirtschaftsleistung als beim Status quo voraus. Bei einem Freihandelsabkommen mit der EU beträgt die Einbusse noch 11%, und selbst bei einem Eintritt in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind es knapp 4% (nzz.ch).

Am zweitschlimmsten erwischt es die westlichen Midlands, dem englischen Nordwesten ergeht es nicht viel besser. Die geringsten Verluste müssten der Südwesten und London verkraften – aber gewinnen wird durch den Brexit niemand.

In der Londoner City werden die Folgen des Brexits zunehmend sichtbar. Rund 270 Finanzfirmen haben Teile ihres Geschäfts aus der britischen Hauptstadt in die EU verlagert oder planen einen Umzug.

Die Städte, die am meisten profitieren, sind Dublin, Luxemburg, Paris, Frankfurt und Amsterdam. (New Financial, Thinktank in London).

Was bisher in London konzentriert ist, verteilt sich künftig auf mehrere Standorte in der EU. Laut der New-Financial-Studie gehen 100 Firmen nach Dublin, 60 nach Luxemburg, 41 nach Paris, 40 nach Frankfurt und 32 nach Amsterdam. Viele Großbanken tauchen in den Zählen mehrfach auf, weil sie sich bei der Geschäftsverlagerung für mehrere Städte entschieden haben (handelsblatt.com). Die Anleger streuen das Risiko …

Die Ratingagentur Fitch drohte Großbritannien schon im Fall eines ungeordneten Austritts aus der EU mit einer Abstufung seiner Kreditwürdigkeit. Die Experten setzten deshalb das Rating für Großbritannien auf „Watch Negativ“. Dennoch weicht die britische Regierung in Brüssel keinen Millimeter von ihrer Linie ab (manager-magazin.de am 21.02.2019).

Das Unterhaus wird morgen erneut über den Brexit-Vertrag abstimmen. Da es aber aktuell keine Änderungen an dem Vertragswerk gibt, wird erwartet, dass sie bei dieser Abstimmung ebenso scheitern wird wie bei der ersten Abstimmung im Januar. In diesem Fall will May am Mittwoch dann einen ungeregelten Brexit zur Abstimmung stellen. Wenn auch dieser abgelehnt wird, soll das Parlament schließlich über eine Verschiebung des Austritts votieren. Besser so!

Denn nur zwei der Horrorszenarien lauten:

Die Bank von England rechnet mit einem Absturz des britischen Pfundes bei einem Brexit ohne Abkommen. Es würde um 25 Prozent an Wert verlieren. Auch der Immobilienmarkt würde schwer getroffen. Die Zentralbanker gehen von einem Fall der Hauspreise um 30 Prozent aus.

Die britische Exportwirtschaft würde nach Einschätzung des Kreditversicherers Euler Hermes im ersten Jahr Ausfuhren im Wert von 30 Milliarden Pfund verlieren. Auch die Kontinentaleuropäer würden wegen der engen Wirtschaftsbeziehungen getroffen (tagesschau.de). Für die deutschen Exporteure mit Exporten in Höhe von acht Milliarden Euro steht dabei laut Euler Hermes am meisten auf dem Spiel.

Das will keiner!

Kinderarbeit

1828:

„Vollends zerrissen hat mir das Herz der Anblick der Kinder, welche in diesen Fabriken um den Frühling ihres Lebens gebracht werden. Ich sehe hier nur allgemeinen Jammer und schleichendes Elend neben einigen scheinbar Glücklichen, welche sich durch das Blut der Armen, durch die Arbeit der Kinder bereichern“ (deutschlandfunk.de).

So schildert der Reformpädagoge Adolph Diesterweg seine Eindrücke aus Wuppertal Elberfeld, einem Zentrum der preußischen Textilindustrie. Den wenigen „scheinbar Glücklichen“ standen die dicht bevölkerten Elendsviertel gegenüber – und damit: Armut, Hunger, katastrophale hygienische Verhältnisse. Schon Fünfjährige mussten den kargen Lohn der Familien aufbessern.

Alle mussten für den Familienunterhalt aufkommen – auch die Kinder: Das war normal während der Industrialisierung. Kinder schufteten in der Fabrik und gingen seltener in die Schule. Am 9. März 1839 verabschiedete Preußen erstmals ein Gesetz, das Kinderarbeit reglementierte.

Schon in den 1820er-Jahren gab es unter Friedrich Wilhelm III. erste Bemühungen, die Kinderarbeit einzuschränken. Teilweise, weil das Militär fürchtete, keine geeigneten Rekruten mehr zu finden.

Die wichtigste Gruppe, die sich gegen diese Kinderarbeit in den Fabriken einsetzte, waren einerseits Reformpädagogen, wie Diesterweg. Und es waren zum anderen Reformbeamte, die versuchten, dieses Preußen zu modernisieren und leistungsfähig zu machen und gleichzeitig auch gesellschaftlich, sozial, moralisch zu verbessern. So sah es aus vor 180 Jahren …

Für Kinderhändler, Fabrikbesitzer und ganze Industrien ist das Geschäft mit Kinderarbeitern sehr lukrativ. Kinder lassen sich leicht ausbeuten, können sich nicht wehren und sind fast nie gewerkschaftlich organisiert. Und sie sind wesentlich billiger als erwachsene Arbeiter.

Die Ursachen von Kinderarbeit liegen im wirtschaftlichen Ungleichgewicht dieser Welt und in einem Teufelskreis von mangelhaften Sozialsystemen, fehlender Bildung, Armut und Ausbeutung.

Laut Statistiken der Vereinten Nationen haben in den Entwicklungsländern mehr als eine Milliarde Menschen weniger als einen US-Dollar pro Tag zur Verfügung (planet-wissen.de). Das reicht nicht, um eine Familie zu ernähren.

Diese Tradition kann allerdings von kleinen Jobs und etwas Mithilfe bis hin zu brutaler Ausbeutung reichen. Nicht selten bedeutet das: Die Kinder müssen Geld heimbringen, egal wie!

Die Eltern können sich einen Schulbesuch der Kinder nicht leisten oder sehen zum Teil auch gar keine Notwendigkeit dafür. In manchen Kulturen gilt es als selbstverständlich, dass Kinder als Zeichen ihrer Dankbarkeit mitarbeiten müssen, um die Familie zu ernähren.

Baumwolle, T- Shirts, Kaffee, Kakao, Tee, Natursteine, Kosmetik, Reis und Früchte. Die Liste der aus Kinderhand produzierten Waren ist lang und sie werden in die ganze Welt exportiert. Mehr als die Hälfte des Kakaos, der in Deutschland verarbeitet wird, stammt von der Elfenbeinküste, wo mehr als 600.000 Kinder in der Kakaoherstellung arbeiten.

Wer in den ärmsten Ländern der Welt über lange Lieferketten produzieren lässt, kann Kinderarbeit nicht ausschließen (UNICEF Deutschland). So können und/oder wollen Discounter, aber auch Edelmarken selten Auskunft geben, ob Kinder in ihren Zulieferbetrieben beschäftigt werden. Es sind die westlichen Märkte, aber auch wir als Konsumenten, die am Ende dieser Lieferkette von den niedrigen Preisen profitieren.

Wer wirksam gegen die Ausbeutung von Kindern vorgehen will, muss dafür sorgen, dass Erwachsene für ihre Arbeit faire Löhne erhalten bzw. Selbstständigen, zum Beispiel Kleinbauern, faire Preise gezahlt werden, die den Wert der Arbeit, welche in einem Produkt steckt, spiegeln. Wenn Eltern ein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften, können ihre Kinder zur Schule gehen, anstatt zum Familieneinkommen beitragen zu müssen.

Wir müssen – vor allem in den westlichen Industriestaaten – unser Bewusstsein ändern. Gute Ware hat ihren Preis und muss ihn auch haben. Hier gibt es ein Ungleichgewicht. Qualitativ hochwertige Ware wird teilweise zu Ramschpreisen verhökert. Das muss ein Ende haben – auch wenn wir uns mittlerweile daran gewöhnt haben. Lassen wir die Kinder dieser Welt nicht den Preis für unseren „billigen Luxus“ zahlen.

Anders ausgedrückt: Bekämpfen wir Armut und Elend und respektieren die Kindheit als „Schutzraum“.

Die Faschingstage sind vorbei, so richtig zum Lachen war einem nicht. Das Wetter tat sein Übriges; doch daran kann man nichts machen. Wie heißt es so schön? Höhere Gewalt! Wie sieht es aber aus mit dem menschlichen Humor, dem dieser Tage so viel gefrönt werden sollte?! Empörte Doppelnamenträgerinnen, AKK vergreift sich „im guten Ton“ bei Toiletten und dem dritten Geschlecht. Was wollen wir eigentlich? Political Correctness oder schlicht lachen?!

Ein paar Überlegungen:

Bei uns fängt man am besten mit Goethe an, darum hier seine Selbst-Einschätzung: Vom Vater hatte er die Statur, vom Mütterlein die Frohnatur. Dagegen ist nichts zu sagen: Goethe stand zweifellos als staatliches Mannsbild da. Aber wie sieht es mit der Frohnatur mütterlicherseits aus? Als großer Humorist ist der Herr Minister nicht in die Kulturgeschichte eingegangen. Aber Frohnatur und Humor sind nicht deckungsgleich. Vielleicht war er als Frankfurter mehr dem Fastnachtsfrohsinn zugetan. Aber das will ich ihm eigentlich nicht unterstellen. Wie auch immer: Macht nichts. Goethe war Deutscher und kein Engländer. Und in Deutschland gab und gibt es – anders als in England – keine Humor-Pflicht. Shakespeare hingegen ist ohne seine Komödien nicht denkbar.

Bei den Briten ist der Humor ein gesellschaftliches Muss. Ein humorloser Redner wird bei uns als seriös geachtet, in England wird er nicht wieder eingeladen. Die Briten (und nicht nur sie) halten uns Deutsche für humorlos. Wir Deutsche halten den britischen Humor für überaus fein, wobei der adelige Loriot als Verkörperung des exquisiten britischen Humors deutscher Bauart galt. Ach ja. Auch die Welt des Humors ist voller Missverständnisse.

Es war einst vor vielen Jahren: eine Gesellschaft, die das Erwachen von Natur und Frühling feierte. Die von Mesopotamien über Ägypten bis hin zu Kelten und Germanen die Götter ehrte. Die vor der sechswöchigen Fastenzeit noch einmal so richtig auf den Putz haute.

Der Kleinkünstler Christian Felsner sagte Ende der 1980er Jahre: „Karneval ist das aus tiefem Herzen kommende Bekenntnis des Deutschen zur Humorlosigkeit“ (oberhessen-live.de). Leider hatte der Mann recht. Der Narre aus weiter Ferne ruft nun: „Nicht immer alle über einen Kamm scheren!“ Nein, das geht natürlich nicht. Denn wer in das eine oder andere Gemeindehaus rein schaut, wer bei so mancher Festlichkeit Mäuschen spielt, der wird wahrlich enttäuscht sein: Derbe Sprüche unter der Gürtellinie, witzlose Späße um den Raum mit Worten zu füllen. Und sie da: ein Tusch als Antwort, gemeinschaftliches Schunkeln, gehaltloses Gelächter, hier und da ein wenig Fremdscham – je frivoler, desto mehr Zustimmung. Wohin sind die gut durchdachten Sketche? Die charmanten Witze auf Kosten des Bürgermeisters? Das politische Fünkchen Wahrheit in dem Meer von profanem und schmierigem Gerede?

Wohin ist der Geist der Fastnacht?!

Denn wie heißt es so schön: Was in Las Vegas passiert, bleibt in Las Vegas. Bedeutet das denn nicht auch: Was an Karneval passiert, bleibt an Karneval? Nachtreten ist nicht!

Was bedeutet Fasching für uns? Ist es eine Lebenseinstellung, ein Brauch? Doch wenn wir darauf pochen, dass die Fastnacht eine zu wahrende Tradition ist: Sollten wir uns dann nicht auch Gedanken über das Woher machen, über die Ursprünge, über die Fundamente dieser Feierlichkeit? Und wenn wir jedes Jahr aufs Neue den Elferrat preisen, die Bütten mit Gelächter huldigen und jeden Tusch mit Schunkeln glorifizieren – sollten wir dann nicht auch darauf bedacht sein, uns entsprechend zu verhalten?!

Warum also gehen Humorlose auf Faschingsveranstaltungen? Man möge zu Hause bleiben und die anderen lachen und feiern lassen. Und ist unsere Politik und die Politiker/-innen mittlerweile so humorlos?!

Ein Blick über den Atlantik: In Washington gibt es jedes Jahr ein festliches Dinner der im Weißen Haus akkreditierten amerikanischen Korrespondenten. Da fällt es jedes Mal dem amtierenden Präsidenten zu, als Star-Gast mit einer launigen Rede aufzuwarten. Das gelingt nicht jedem. Aber Barack Obama war ein Meister dieses Fachs. Er hatte die lockere Körpersprache, wusste, wie man Pointen setzt, hatte einen fast untrüglichen Sinn für das Timing und die wirkungsvolle Pause. Was immer man von seiner Politik halten mag, Obama war der Entertainer im Weißen Haus.

Es naht die Zeit des Fastens und der Kontemplation. Überlegt Euch Eure Witze für 2020, Ihr Narren!

Smartphone, Tablet, Computer – Digitale Medien gehören zum alltäglichen Umfeld von Kindern und Jugendlichen. Vor allem Jugendliche nutzen die Geräte zur Kommunikation in ihrer Peer-Group, zur Informationsbeschaffung und als Freizeitbeschäftigung. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, dass digitale Medien das gesamte Leben von Kindern und Jugendlichen ausfüllen. Digitale Medien sind einer von vielen wichtigen Bestandteilen ihres Alltags.

In bildungspolitischen Kontexten wird die Nutzung digitaler Medien im Unterricht kontrovers diskutiert. Worin sich alle einig sind: Die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen spielt sowohl in den Fachdidaktiken als auch in den übergeordneten Bildungsstandards eine wichtige Rolle. Guter und moderner Unterricht muss ernst nehmen, was die Schülerinnen und Schüler bewegt und womit sie sich außerhalb der Schule beschäftigen. Das heißt: Digitale Medien müssen in den Unterricht integriert und als Gestaltungschance begriffen werden.

Rechnen am Tablet im Mathematikunterricht, virtuelle Museumsbesuche im Geschichtsunterricht und Trickfilme erstellen im Fremdsprachenunterricht. Keine Utopie, sondern die Realität an vielen Schulen. Digitale Medien halten Einzug in die Klassenzimmer und das Thema kommt allmählich auch auf die politische Agenda, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem DigitalPakt zeigt. Allein fünf Milliarden Euro sollen laut diesem in den nächsten fünf Jahren in die Digitalisierung der deutschen Schulen fließen. Eine Summe, die zeigt, dass das Thema an Gewicht gewinnt.

Die klassische Arbeitsweise mit dem Schulbuch wird sich in Zukunft ändern. Auch die Schulbuchverlage stellen sich auf das Leben in der digitalen Welt ein. Wie die Literatur- und Zeitungshäuser sehen sie sich neuen technischen Möglichkeiten und neuen Gewohnheiten der Mediennutzung gegenüber. Die Fragen, die sie umtreiben, lauten: Wie viel davon macht man sich zu eigen? Wie sehr muss man mit der Zeit gehen? Wo liegen die Chancen der Digitalisierung für die Schülerschaft – und wo ist sie schlicht nicht rentabel?

Das Problem ist oft, dass viele Lehrer noch nicht zu den Digital Natives gehören. Aktuell hängt es noch häufig vom Zufall ab, ob und in welcher Form angehende Lehrkräfte im Studium mit digitalen Medien in Berührung kommen, wie eine Erhebung zeigt, die der Monitor Lehrerbildung unter den lehrerbildenden Hochschulen in Deutschland durchgeführt hat (digitalisierung-bildung.de). Für die Sekundarstufe II gibt es derzeit derzeit nur sieben Hochschulen, die wirklich in allen angebotenen Lehramtsfächern verpflichtende Lehrformate vorsehen, in denen Lehramtsstudierende entweder Medienkompetenz oder mediendidaktische Kompetenzen erwerben können. In Lehramtsstudiengängen für andere Schulformen sind es sogar noch weniger. An den meisten Standorten hängt es hingegen vom jeweiligen Fach ab, ob es verpflichtende Lehrformate gibt oder nicht. Vielfach befinden sich solche Angebote außerdem im Wahlpflichtbereich, so dass die Studierenden selbst entscheiden können, ob sie sich mit der Thematik beschäftigen möchten oder nicht.

In puncto Bildung der Lehrer wir es im digitalen Bereich noch viel zu tun geben.

Die alltägliche Nutzung digitaler Medien, der Vorgang der Informationsbeschaffung und -verarbeitung der Kinder und Jugendlichen, hat sich verändert. Digitale Medien ermöglichen einen direkten und schnellen Austausch und eine Fülle verschiedener Informationskanäle. Die Auseinandersetzung mit fremden, vielfältigen Einstellungen und Meinungen erfordert eine ausgeprägte Medien- und Reflexionskompetenz, die nicht ausschließlich Zuhause gelernt werden kann.

Wichtig ist: Digital Native zu sein, bedeutet lediglich von Anfang an mit der Präsenz digitaler Medien aufzuwachsen. Es bedeutet nicht, von Geburt an eine Kompetenz im Umgang mit diesen zu besitzen. Daher ist es überaus wichtig, auch den Schulunterricht zu nutzen, um diese Kompetenz auf- beziehungsweise auszubauen. Digitale Medien schaffen hierzu die Möglichkeit, dies auf individuellere, differenziertere und alltagsgerechte Weise als der rein analoge Unterricht zu tun.

Die Zukunft könnte also so aussehen:

Wenn man den Forderungen aus den Arbeitgeber-, IT- und Wirtschaftsverbänden folgt, scheint es für Bildungseinrichtungen nur noch ein Ziel zu geben: Volldigitalisierung. Idealiter als Frühdigitalisierung. Programmieren schon im Kindergarten. Einmaleins und ABC nur noch mit PC. Und das lebenslang – „life long learning“ – alles digital!

Aufgrund der Dummheit von Rasern – oft bei Wettrennen in Innenstädten – kamen in der jüngeren Vergangenheit Menschen zu Tode.

Mord ist qualifizierter Totschlag. Totschlag ist das vorsätzliche Töten eines Menschen. Bevor man über Qualifikationen (Schärfungen) des Totschlags nachdenkt, muss man daher über den Vorsatz nachdenken. „Fahrlässigen Mord“ gibt es nicht.

Vorsatz gibt es in drei Formen: Absicht, direkter Vorsatz, bedingter Vorsatz. Absicht ist gegeben, wenn der Erfolg einer Tatbestandsverwirklichung das Motiv des Täters ist: A schießt auf B, weil er ihn hasst und töten will. Direkter Vorsatz liegt vor, wenn der Täter als sicher annimmt, dass seine Handlung zu dem Taterfolg führen wird, auch wenn ihm dieser Erfolg nicht wichtig ist oder er ihn sogar bedauert: A zündet ein Wohnhaus an, um die Versicherung zu betrügen; dass der Mieter B ums Leben kommt, tut ihm leid, ist aber „nicht zu vermeiden“.

Die Raser beabsichtigen den Tod der Passanten nicht – die Frage lautet aber: Haben sie ihn billigend in Kauf genommen? Dann hätten sie mit Eventualvorsatz gehandelt.

Kompliziert ist der bedingte Vorsatz: Die Rechtsdogmatik trennt zwischen „kognitivem Element“ (Täter weiß, dass der Erfolg eintreten kann) und „voluntativem Element“ (Täter nimmt den Erfolg „billigend in Kauf“) (Fischer in zeit.de 07.03.2017).

Die nächste Frage muss heißen: Reicht diese Art von Vorsatz, um die Raser wegen Mordes zu verurteilen?

Das Landgericht Hamburg hatte das in seinem Urteil so gesehen, der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies nunmehr bestätigt durch Zurückweisung der Revision mittels Beschluss.

Der Sachverhalt:

Ein Mann stiehlt ein Taxi und rast mit dem unbeleuchteten Fahrzeug betrunken auf der Flucht vor der Polizei durch Hamburg. Dabei stirbt ein 22-Jähriger (welt.de).

Das ist Mord, bestätigte jetzt der BGH.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wies in dem neulich veröffentlichten Beschluss die Revision des Angeklagten als unbegründet zurück. Das Landgericht Hamburg hatte den Mann vor einem Jahr verurteilt, weil er mit einem gestohlenen Taxi einen tödlichen Unfall verursacht hatte. Der damals 24-Jährige war betrunken und mit dem unbeleuchteten Fahrzeug auf der Flucht vor der Polizei. Dabei fuhr er mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130 Kilometer pro Stunde auf die dreispurige Gegenfahrbahn und prallte frontal mit einem entgegenkommenden Taxi zusammen. Ein Mensch kam bei dem Unfall ums Leben, weitere zwei wurden schwer verletzt. Das Landgericht Hamburg hatte einen „bedingten Tötungsvorsatz“ festgestellt, weil ihm das Leben anderer und auch das eigene Leben gleichgültig gewesen seien. Es hatte den Raser deshalb wegen Mordes und versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, was der BGH jetzt bestätigte (Beschluss vom 16.01.2019, Az.: 4 StR 345/18).

Für ein Mordurteil muss ein Gericht mindestens ein Mordmerkmal nach Paragraf 211 des Strafgesetzbuches feststellen. Dazu gehören zum Beispiel Mordlust, Habgier, Heimtücke oder die Absicht, eine andere Straftat zu verdecken. Nach dem Beschluss des BGH hat das Landgericht Hamburg die Verdeckungsabsicht des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Mann habe kompromisslos der Polizei entkommen wollen.

2018 entschied er in einem ähnlichen Fall noch anders. Damals hatte der BGH in einem anderen Fall aus Berlin das bundesweit erste Mordurteil nach einem illegalen Autorennen zweier junger Männer aufgehoben. Die beiden hatten sich auf dem Kurfürstendamm mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde ein Rennen geliefert und dabei rote Ampeln missachtet. Einer der Fahrer rammte einen Geländewagen, dessen Fahrer starb. Das Landgericht Berlin hatte den Fahrern einen „bedingten Vorsatz“ bescheinigt: Sie hätten den Tod anderer billigend in Kauf genommen. Der BGH sah aber den Vorsatz – Voraussetzung für ein Mordurteil – nicht als ausreichend belegt an.

Was folgt daraus? Ein neuer Straftatbestand (nach dem neuen Paragrafen 315d StGB werden illegale Autorennen mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft, wenn dabei Menschen schwer verletzt oder getötet werden) ist geschaffen worden; aber an Sanktionsmöglichkeiten gibt es eigentlich keinen Mangel. Man muss kriminelle Fetischisten da treffen, wo es wirkt. Aber nicht die Allgemeinheit (faz.net). Raserei ist durch Tempolimits nur bedingt einzudämmen. Denn gerast wird überall, innerhalb und außerhalb von Geschwindigkeitsbegrenzungen, und zwar mit lebensgefährlicher Wirkung – in verkehrsberuhigten Zonen, vor Schulen, auf Landstraßen.

Das ist ein Erfolg für die AfD. Sie darf einstweilen vom Bundesamt für Verfassungsschutz nicht mehr als „Prüffall“ bezeichnet werden. Eine inhaltliche Bewertung ist damit nicht verbunden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln bedeutet natürlich auch nicht, dass der Verfassungsschutz nicht prüfen durfte oder darf, ob die AfD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Aber für die öffentliche Brandmarkung einer Partei braucht das Bundesamt eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Deswegen war das Gesetz eigens geändert worden. Das mag man auch anders sehen, und noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. Aber die Art und Weise, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz unter neuer Führung ganz offensichtlich ein Zeichen setzen wollte, mit großem öffentlichem Auftritt und deutscher wie englischer Mitteilung, war geeignet, in Rechte der Partei einzugreifen.

Gegen eine Beobachtung durch die Öffentlichkeit kann niemand klagen. Denn politische Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit und müssen etwa ihre Finanzen offenlegen – was gerade die AfD zu spüren bekommt. Der Staat aber braucht, gerade weil die Parteien eine so wichtige Rolle in ihm spielen, eine besondere Ermächtigung, um gegen einzelne von ihnen vorzugehen. Und auch das Handeln des Verfassungsschutzes unterliegt richterlicher Kontrolle. Insofern ist die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts auch ein Sieg für den Rechtsstaat. Er behauptet sich gerade dann, wenn er über Leute richtet, mit denen sonst kaum jemand etwas zu tun haben will. Die AfD ist eine erfolgreiche Partei, merkwürdig nur, dass sich kaum jemand öffentlich zu ihr bekennt. Es ist und bleibt wichtig, sich auf verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu konzentrieren – da gibt es heutzutage genug zu prüfen.

Was die Kölner Verwaltungsrichter beanstanden, ist der Zwischenton: Die Gesamtheit der AfD werde als „Prüffall“ geführt. Ob dieses erstinstanzliche Eilurteil nun Bestand haben mag, oder nicht: Es ist zumindest plausibel, dass die Kölner Richter an dieser öffentlichen Erklärung Anstoß nehmen. Denn die rechtliche Kategorie des „Prüffalls“ sieht das Gesetz nicht vor. Nur darum aber geht es, zumindest bei Äußerungen des Inlandsgeheimdienstes nach außen. Denn dessen Aufgabe ist es nicht, Haltungsnoten zu erteilen.

Nachrichtendienste haben besondere Befugnisse, die Öffentlichkeit kann nicht beurteilen, wie sie zu Wertungen kommen. Umso gewichtiger sind diese, wenn sie bekannt werden. Und umso schmallippiger müssen die Verantwortlichen deshalb damit umgehen. Trotzdem muss Thomas Haldenwang, Nachfolger und früherer Stellvertreter von Hans-Georg Maaßen beim Bundesamt für Verfassungsschutz – auch wenn Alice Weidel das will – beileibe nicht gehen. Denn wenn auch seine Äußerungen nicht glücklich waren – aus der Luft gegriffen waren sie nicht. Bevor der Verfassungsschutz entscheidet, ob er eine Gruppierung beobachtet, muss er sich über diese Frage ein Bild verschaffen.

Die politischen Positionen der AfD waren nicht Gegenstand des Verfahrens (welt.de). Ebenso wenig zwei andere Einstufungen, die viel gravierender sind: Den völkischen „Flügel“ und die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative kategorisiert das Bundesamt für Verfassungsschutz als „Verdachtsfälle“, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlaubt. Untersagt wurde dem Amt jetzt nur die öffentliche Bekanntmachung der „Prüffall“-Einstufung für die Gesamtpartei.

Für Verdachtsfälle gibt es so eine Grundlage in Paragraf 16 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Darüber durfte die Öffentlichkeit also informiert werden. Und darum dürfen die „Junge Alternative“ und der „Flügel“ auch weiterhin offiziell als solche Verdachtsfälle bezeichnet werden. Für Prüffälle allerdings fehlt eine vergleichbare Regelung im Gesetz.

Vertrauensselige Zeitgenossen mögen glauben, dass der Verfassungsschutz das natürliche Recht habe, alles zu sammeln, zu beschnüffeln auszuwerten und zu archivieren, was offen ausgesprochen, irgendwo aufgeschrieben oder gedruckt wird. Dem ist aber nicht so. Die Verfassungsschutzbehörden sind nicht die Stasi. Sie unterliegen engen gesetzlichen Vorgaben, deren Einhaltung gerichtlich überprüft werden kann.

Alles in allem: Ein Sieg für die Demokratie!

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die AfD wissen, woran sie sind.